Profilbild von moni2506

moni2506

Lesejury Star
offline

moni2506 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit moni2506 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.01.2021

Amsterdam um 1600 zum Leben erweckt

Krone der Welt
0

„Krone der Welt“ ist der neue historische Roman aus der Feder von Sabine Weiß. An der Seite von Vincent, Betje und Ruben erleben wir die Entwicklung Amsterdams ab Ende des 16. Jahrhunderts für ca. 30 Jahre ...

„Krone der Welt“ ist der neue historische Roman aus der Feder von Sabine Weiß. An der Seite von Vincent, Betje und Ruben erleben wir die Entwicklung Amsterdams ab Ende des 16. Jahrhunderts für ca. 30 Jahre mit. Erschienen ist der Roman bei Lübbe im Dezember 2020.

Amsterdam, Ende des 16. Jahrhunderts: Amsterdam ist bereits jetzt eine wichtiger Handelsplatz, der durch den Glaubenskonflikt in den folgenden Jahrzehnten noch zunehmen soll. Die drei Geschwister Vincent, Betje und Ruben sind nach dem Ende der Belagerung Antwerpens hierhin geflohen und wollen sich ein neues Leben aufbauen. Vincent interessiert sich für die Baukunst und möchte unbedingt Architekt werden. Den ungestümen Ruben zieht es hinaus aufs Meer und Betje findet ihre Bestimmung in der Küche und im Ausprobieren von neuen Rezepten. Es ist eine Zeit vieler Umbrüche, in der die drei Kinder aufwachsen. Spanien und England kämpfen um die Vormacht auf dem Meer, Kaufleute gewinnen immer mehr an Bedeutung und die Auslegung des eigenen Glaubens sorgt für viel Konfliktpotenzial.

„Krone der Welt“ ist ein Buch, auf das ich mich in diesem Jahr sehr gefreut habe. Ich habe schon historische Romane gelesen, wo am Rande mal Brügge oder auch Amsterdam vorgekommen sind, aber noch keinen bei dem Amsterdam und die Niederlande im Mittelpunkt stehen.
Sabine Weiß Schreibstil hat mir wie immer gut gefallen. Amsterdam und seine Grachten werden vor dem inneren Auge zum Leben erweckt. Ihre Beschreibungen sind atmosphärisch und ich liebe es in diesen Bildern der Orte und Landschaften zu versinken. Geschickt wurden einige niederländische Anreden und Begriffe eingebaut, die in der Zeit üblich waren und dem Roman Authentizität verleihen.
Für mich war es kein Roman, bei dem kontinuierlich Spannung aufgebaut wurde, sondern ein Roman mit vielfältigen spannenden Themen. Die Entwicklung der Stadt Amsterdam und Architektur nehmen einen wichtigen Platz im Gefüge ein. Wir erfahren aber auch etwas über den Glaubenskonflikt jener Zeit, dem Kampf um die Beherrschung der Meere, dem immer wichtigeren Stellenwert der Kaufleute und des Handels und die schwierige politische Lage, in der sich die Niederlande in jener Zeit befanden.
Leider hatte ich teilweise das Gefühl, dass sich diese vielen Themen nicht in der richtigen Balance befunden haben. Teilweise war ich richtig gut im Buch drin und konnte es kaum aus der Hand legen, dann gibt es kleinere Abschnitte, in denen die Geschichte abgehackt war und ich teilweise ein wenig verwirrt zurückgelassen wurde. Es wirkt so, als ob das Thema noch schnell mit untergebracht werden sollte, um auch wirklich jeden Aspekt jener Zeit abzudecken. Ich finde das sehr schade, denn man merkt auf jeder Seite die Begeisterung für Amsterdam und wie viel Zeit die Autorin in die Recherche investiert hat. Für meinen Geschmack hätte das Buch noch dicker sein können. Ich hätte diese Themen gerne ausführlicher ausgearbeitet gehabt und ich glaube das hätte den Roman insgesamt runder gemacht.
Der Glaubenskonflikt war mir beispielsweise nicht greifbar genug. Es wird schon gesagt, was die Unterschiede sind und worum sich gestritten wird, aber ich wäre gerne dennoch näher am Alltag der unterschiedlichen christlichen Glaubensrichtungen dabei gewesen. Gut gelungen hingegen ist, dass keine Glaubensrichtung als die einzig wahre dargestellt wurde und es auf allen Seiten sowie gute als auch böse Menschen gab.
Mit den Personen im Buch habe ich mitgefiebert und die Geschwister erfüllen ihre Rolle als Sympathieträger wunderbar. Vincent und seine Entwicklung war mir allerdings zu sehr im Fokus. Betje und Ruben sind beides spannende Charaktere. Bei Vincent wird vieles ausführlich beschrieben, während die anderen Geschwister nur kurze Kapitel zwischendurch bekommen. Ich wäre gerne noch mehr beim harten Seefahrerleben von Ruben dabei gewesen oder hätte manche Szene von Betje gerne noch ausführlicher gelesen.
Die Bösewichte in diesem Roman sind sehr hassenswert, gerade Lazarus ist teilweise etwas überzeichnet in dieser Hinsicht. Es gibt aber auch Menschen, die sehr von ihrem christlichen Fanatismus sowie einer gewissen Profitgier geprägt sind. Andere wiederum waren Gefangene ihrer Angst und dem Unvermögen sich aus unkomfortablen Situationen aus eigener Kraft zu befreien.
Das Buch ist mit einigem an Zusatzmaterial ausgestattet. So gibt es in den Buchklappen eine Karte der Niederlande und von Amsterdam um 1600, ein Personenverzeichnis, ein Glossar und ein kurzes Nachwort. Auf der Homepage der Autorin findet ihr weiteres Infomaterial zum Buch, dass einige wichtige Themen des Buches ausführlicher beleuchtet.

Fazit: Ein solider historischer Roman über Amsterdam um 1600 und eine Zeit voller Umbrüche, der durch seine Vielfalt an Themen im Gesamtbild etwas unrund wirkt. Die Autorin glänzt durch tolle Beschreibungen der Schauplätze und einer Begeisterung für Amsterdam, die man auf jeder Seite merkt. Empfehlenswert für alle, die gerne historische Romane abseits der üblichen Schauplätze und Königshäuser lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.09.2020

Etwas schwächer als Teil 1, aber auf jeden Fall lesenwert

Die Hafenschwester (2)
0

Melanie Metzenthin erzählt in „Die Hafenschwester - Als wir wieder Hoffnung hatten“ die Geschichte von Martha und Paul weiter und bringt uns die Zeit des 1. Weltkrieges näher. Erschienen ist der Roman ...

Melanie Metzenthin erzählt in „Die Hafenschwester - Als wir wieder Hoffnung hatten“ die Geschichte von Martha und Paul weiter und bringt uns die Zeit des 1. Weltkrieges näher. Erschienen ist der Roman im September 2020 im Diana-Verlag.

Hamburg, 1913: Es ist eine Zeit der Hoffnung und des Fortschrittes. Martha und Paul leben zusammen mit ihren drei Kindern in Hamburg und genießen ihr Leben und die Annehmlichkeiten einer modernen Wohnung. Als eine Einladung von Milli aus Amerika eintrifft, ist die Freude groß. Gemeinsam reist die Familie auf der Imperator über den Atlantik. Doch die Tage des Glückes sind mit Ausbruch des 1. Weltkrieges bald gezählt. Auch Paul wird eingezogen und eine entbehrungsreiche Zeit beginnt. Als Paul dann auch noch entstellt aus dem Krieg zurückkehrt, steht die Familie vor ihrer größten Herausforderung.

Ich habe mich sehr auf diesen Roman gefreut, da mich bereits der erste Band überzeugen konnte und dieser in der für mich schönsten Stadt der Welt - Hamburg - spielt. In der Innenseite des Buches findet man eine Fotografie des Hafens aus dem Jahre 1913 und auf der Rückseite des Buches sieht man die Landungsbrücken. Es ist spannend durch diese Bilder einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Man erkennt die Plätze wieder, aber heute sehen diese Orte doch deutlich verändert aus.
Der Schreibstil ist gewohnt gut und flüssig zu lesen. Melanie Metzenthin versteht es eindrucksvoll die Verhältnisse jener Zeit greifbar darzustellen und die Schauplätze vor dem inneren Augen zum Leben zu erwecken. Für mich umso mehr, da ich in der Nähe von Hamburg lebe und die Schauplätze kenne - zumindest die, die es auch heute noch gibt.
Diese Zeit liegt nun etwas mehr als 100 Jahre zurück und was sich seitdem alles geändert hat, ist erstaunlich. Der Roman hält hier viele interessante Informationen bereit, aber gerade im ersten Drittel war es mir ein wenig zu viel. Ein Ereignis reiht sich an das nächste, viele unterschiedliche Themen werden angefangen und für mich wirkte es irgendwie überladen. Alles war toll und der Fortschritt war an allen Ecken zu spüren, aber irgendwie war es auch belanglos.
Ich war froh als sich das mit Ausbruch des 1. Weltkrieges änderte. Nun lag der Fokus eindeutig auf diesem Thema mit all seinen Facetten. Auch hier waren es viele neue Informationen, aber es konzentrierte sich um ein großes Thema herum, was mir deutlich besser gefallen hat. Vor Kampfszenen, die im Krieg spielen, muss man sich nicht fürchten. Melanie Metzenthin konzentriert sich auf Hamburg als Schwerpunkt. Wir erleben mit, welche Auswirkungen auch hier der anhaltende Krieg hat und mit dem Zurückkehren von Paul als Gesichtsverletzten hält auch die Medizin wieder Einzug in die Saga.
Während es mir am Anfang zu viele Themen waren, sind mir am Ende einige Themen zu kurz gekommen. Die Politik erhält erst im letzten Drittel mehr Aufmerksamkeit. Der Roman endet genau am Wendepunkt zur Weimarer Republik. Ich hoffe, dass der dritte Teil hier anknüpft und wir mehr über die sozialen Umwälzungen erfahren. Die Spanische Grippe kam mir auch etwas zu kurz und ich hätte gerne mehr als die wenigen Seiten gelesen.
Mit Martha, Paul, ihrer Familie und den Freunden habe ich mitgefiebert. Martha konnte mich mit ihrer positiven Einstellung begeistern und wie sie für den Zusammenhalt in der Familie kämpft. Ich mochte ihre anpackende Art und das sie sich jederzeit für andere einsetzt. Paul ist in diesem Roman vernünftiger geworden und stellt seine politischen Ziele nicht mehr über alles. Er hat ein schweres Schicksal zu meistern, aber für seine Familie ist er bereit zu kämpfen. Auch Heinrich gewinnt in diesem Roman an Profil und die Entwicklung von Moritz gefiel mir sehr. Ich habe das Leben aller Figuren gerne mitverfolgt und alle waren für mich nachvollziehbar geschildert.
Die Recherche für diesen Roman muss sehr umfangreich gewesen sein und man merkt das dem Buch auf jeder Seite an. Ich fand es toll, dass sich hier auf andere Themen fokussiert wurde, als die, die man in der Schule zum ersten Weltkrieg lernt. So konnte ich hier einiges an neuen Informationen für mich mitnehmen.
Im Nachwort geht die Autorin nochmal auf alle wichtigen Punkte ein und trennt Fiktion von Wahrheit, was mir sehr gut gefallen hat.

Fazit: Ein historischer Roman mit schwachem Start, der erst mit Fortschreiten an Kraft gewinnt, aber wieder mal viele neue Informationen insbesondere zum 1. Weltkrieg und den Fortschritt in der Medizin bereithält. Die Politik kam mir etwas zu kurz, aber ich hoffe, dass sich dies im dritten Teil der Saga wieder ändert. Empfehlenswert für alle, denen der Auftaktband der Saga schon gefallen hat und die gerne einen neuen Blickwinkel auf den 1. Weltkrieg und seine Auswirkungen erhalten möchten.

Veröffentlicht am 26.04.2020

Eine Familiensaga, die unterhält und gerade zum Schluss hin aufdreht

Der mutige Weg
0

„Der mutige Weg“ ist der mittlerweile 5. Band der erfolgreichen Hansen-Saga von Ellin Carsta und mutig ist der Weg, den die Familie Hansen in diesem Teil einschlagen muss. Tiefgreifende Veränderungen stehen ...

„Der mutige Weg“ ist der mittlerweile 5. Band der erfolgreichen Hansen-Saga von Ellin Carsta und mutig ist der Weg, den die Familie Hansen in diesem Teil einschlagen muss. Tiefgreifende Veränderungen stehen an. Erschienen ist der Roman Ende März 2020 bei Tinte & Feder.

Therese hat sich dazu entschieden mit ihren Kindern nach Kamerun zu gehen und dort das Leben an der Seite ihres Schwagers Robert Hansen zu verbringen. Kaum in Kamerun angekommen, wird die Plantage vor eine große Herausforderung gestellt.
Luise versucht hingegen ihr Leben als Mutter und Geschäftsfrau unter einen Hut zu bringen. Nicht immer einfach, denn sie liebt ihre Tochter über alles. Umso geschockter ist sie, als sie erneut Unregelmäßigkeiten im Kontor entdeckt. Kann sie die Sache aufklären und ist ihr Cousin Richard möglicherweise involviert?
Und auch in Wien ist nicht alles so rosig wie es scheint. Georg hat sich seinen Platz in der Familie Hansen zurückerobert, ist aber dennoch nicht glücklich. Zu sehr plagt ihn die heimische Situation mit seiner Frau, die tagein tagaus schlechte Stimmung verbreitet und auch die Rückkehr ins hanseatische Kontor hat ihm beruflich nicht das gebracht, was er sich erhofft hat.

Wie man sieht ist wieder Einiges bei der Familie Hansen los und selbst Dinge, die sich zum Guten gewendet haben, können sich auch schnell wieder ins Gegenteil verkehren.
Sehr gut gelungen ist Ellin Carsta wieder einmal, dass man von allen Charakteren die Beweggründe nachvollziehen kann, auch wenn man diese nicht teilt. Ich finde, das ist eine ganz große Stärke der Autorin. So manche Person möchte man schütteln und in die richtige Richtung drängen, aber meist lässt das der grundsätzliche Charakter ebenjener Person dann doch irgendwie nicht zu.
Ich habe insbesondere wieder sehr mit Luise, Therese und Robert mitgefiebert. Luise ist eine bewundernswerte junge Frau, die die Mutterrolle allein nicht ausfüllen kann und die konstant im Zwiespalt mit ihrer Entscheidung im Kontor zu arbeiten lebt. Das hat sie für mich sehr menschlich gemacht und man hat die Liebe zu ihrer Tochter immer gespürt.
Therese ist an sich so ein positiver Mensch, von dem sich jeder, glaube ich, eine Scheibe abschneiden kann, weil es manche Sachen einfacher macht. Mit ihrem Umzug nach Kamerun macht sie einen gewagten Schritt, doch ihre Art führt dazu, dass das Beste daraus erwächst.
Robert lässt sich nur zu gerne von dieser Art anstecken und ich bewundere ihn dafür, dass er hart anpacken kann, wenn es nötig ist. Zusammenhalt und Respekt ist für ihn wichtig und dies lebt er so auch vor.
Der Schreibstil der Autorin ist wieder einmal toll zu lesen. Ich konnte mir das Kontor, Hamburg, Kamerun und all die anderen Orte im Buch wunderbar vorstellen. Ich mag es, dass es niemals zu ausschweifend wird, aber dennoch ein richtiger Film im Kopf entsteht.
Die Handlungsstränge sind interessant, dennoch konnten mich nicht alle für sich einnehmen. Insbesondere mit Marthas Handlungsstrang konnte ich nicht so wirklich etwas anfangen und dieser kam mir auch ein wenig überflüssig vor. Die Handlung in Wien hatte positive sowie negative Seiten. Gut gefallen hingegen hat mir wieder Kamerun. Es hätte den Rahmen des Romanes wahrscheinlich wirklich gesprengt, dennoch hätte ich mir hier auch ein bisschen mehr zu den Schattenseiten der Kolonialisierung gewünscht. Die Ausführungen zu der Plantage und dem Anbau des Kakaos fand ich hingegen sehr interessant.
Von der Spannung her zog der Roman im letzten Drittel auf jeden Fall enorm an und verspricht viel Konfliktpotenzial für Teil sechs, der im Juni erscheinen soll. Gerade das Ende hat mir viel Lust gemacht, die Reihe weiterzuverfolgen, aber ich merke, ich muss bei Romanen wie diesen auch immer in der rechten Stimmung sein.
Im Nachwort erzählt die Autorin etwas zu den historischen Hintergründen, die in den Roman eingeflossen sind, aber eben auch, dass dies eine Reihe sein soll, die unterhalten soll und das schafft sie auf jeden Fall. Mir ist es dadurch manchmal einfach ein bisschen zu seicht und ich würde mir einen stärkeren historischen Bezug wünschen, aber ich kann eben auch mal zur Abwechslung diese Art der Erzählung genießen, wenn ich darauf eingestellt bin.

Fazit: Eine Familiensaga, wo der Name Programm ist und ein fünfter Teil, in dem wieder Einiges passiert, bei dem aber nicht alle Handlungsstränge zu überzeugen wissen. Ich persönlich würde einen stärkeren historischen Bezug befürworten. Daher meine Leseempfehlung an alle, die Familiensagas lieben, bei denen die Familie im Vordergrund steht und die die typischen Intrigen sowie Auf und Abs mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.04.2020

Wichtige historische Ereignisse mit dem Schicksal einer Uhrmacherfamilie verbunden

Das Erbe der Altendiecks
0

In „Das Erbe der Altendiecks“ von Hendrik Lambertus verfolgen wir das Schicksal einer Bremer Uhrmacherfamilie über 4 Generationen hinweg. Erschienen ist der historische Roman im März 2020 bei rororo.

Bremen ...

In „Das Erbe der Altendiecks“ von Hendrik Lambertus verfolgen wir das Schicksal einer Bremer Uhrmacherfamilie über 4 Generationen hinweg. Erschienen ist der historische Roman im März 2020 bei rororo.

Bremen im 18. Jahrhundert: Die Familie Altendieck ist eine angesehene Uhrmacherfamilie, die die Änderungen der Zeit hautnah miterlebt und sich den Gegebenheiten immer wieder aufs Neue anpasst.
Johann Altendieck wird eine Chance beim Haarschopf packen und scheitern, seine Tochter Gesche wird durch ihre Tatkraft den Familiennamen wieder herstellen, sein Enkel Nicolaus wird die Kriege miterleben, die Napoleon über ganz Europa bringt und Ernst Theodor wird die ersten Schritte hin zur Demokratie erleben. Turbulente Zeiten stehen der Familie Altendieck bevor, die sie nur gemeinsam schaffen können.

An den Familiengeschichten kommt man im historischen Genre gerade nicht vorbei, aber natürlich gibt es auch hier unterschiedliche Arten von Geschichten. Manche wollen einfach unterhalten und sind eher seicht, andere behandeln interessante Themen, die auch für unser modernes Leben heute enorme Bedeutung haben. Egal welche Art von Familiengeschichte es ist, alle haben ihre Daseinsberechtigung und haben mir in den letzten beiden Jahre so manche Lesestunde versüßt.
Die Altendiecks haben mir eine gute Mischung präsentiert. Auf der einen Seite lernen wir die Uhrmacherkunst kennen und welch große Bedeutung dieses Handwerk für die Familie hat, andererseits lernen wir Bremen kennen und welche Änderungen sich über 4 Generationen ergeben haben. Das fängt bei der Kleidung und Gepflogenheiten an, geht über den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt bis hin zu politischen Veränderungen. Angesichts der Länge des Buches ist es nur ein Überblick, aber ich finde dieser ist gelungen und die Zeitpunkte wurden gut gewählt.
Die gewählten Zeitpunkte sorgen dafür, dass wir ein breites Themenspektrum haben. Dieses reicht von der Ständegesellschaft Mitte des 18. Jahrhunderts über das Zeitalter der Aufklärung und die französische Revolution bis hin zum Vormärz ab dem 19. Jahrhundert. Wir erleben hierbei kriegerische Auseinandersetzungen und die ersten Schritte hin zu der Demokratie wie wir sie heute kennen und auch die Industrialisierung spielt gerade zum Ende des Buches eine wichtige Rolle.
Der Schreibstil des Romanes hat mir gut gefallen. Ich konnte mir alles gut vorstellen und habe viele Informationen aus dem Buch für mich mitgenommen. Ein sprachliche Besonderheit ist, dass auch die gestelzte Sprache jener Zeit sowie Plattdeutsch verwendet wurde. Dies passiert aber nur in kleinem Maße und nimmt an keiner Stelle überhand.
Mit der Familie Altendieck habe ich die meiste Zeit des Buches mitgefiebert. Besonders in Erinnerung bleiben wird mir aber auf jeden Fall Gesche mit ihrer Tatkraft und der Einstellung aus jeder Situation das beste zu machen. Sie stellt das Wohl der gesamten Familie vor ihr eigenes Glück was mir sehr imponiert hat.
Mit Johannes Altendieck konnte ich nicht so viel anfangen, weil mir gerade in seinem Abschnitt einige Entwicklungen zu schnell kamen. Hier hatte ich das Gefühl, dass der Geschichte nicht der nötige Raum gegeben wurde, um sich zu entfalten. Dieses Gefühl hatte ich bei allen nachfolgenden Generationen nicht und so habe ich in den weiteren Abschnitten das Schicksal der Familie gerne mitverfolgt.
Der Roman ist mit einem umfangreichen Glossar ausgestattet, das viele zeitgenössische Begriffe erläutert und erklärt. Ich empfand den Roman zu jeder Zeit als gut recherchiert, was durch das Nachwort nochmals betont wird. Die Idee, die dahinter steckt, gefällt mir sehr, allerdings bin ich kein Fan von den Abweichungen, die nötig waren, um die Geschichte so erzählen zu können, wie es in diesem Buch geschehen ist. Die Erklärungen sind für mich allerdings schlüssig und nachvollziehbar.

Fazit: Ein historischer Roman, der fast 100 Jahre Geschichte erzählt und dabei geschickt wichtige historische Ereignisse mit dem Schicksal der Uhrmacherfamilie Altendieck verwebt. Empfehlenswert für alle die Familiengeschichten mit einem guten historischen Hintergrund mögen und sich für die tiefgreifenden Änderungen ab Mitte des 18. Jahrhunderts interessieren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.01.2020

Ein gut recherchierter Roman über die Verteidigung des Abendlandes

Der Herzog von Aquitanien
0

In „Der Herzog von Aquitanien“ erzählt Mac P. Lorne von Eudo, dem Herzog Aquitaniens im 8. Jahrhundert, und der Verteidigung seines Herrschaftsgebietes gegen die Mauren. Erschienen ist der Roman im November ...

In „Der Herzog von Aquitanien“ erzählt Mac P. Lorne von Eudo, dem Herzog Aquitaniens im 8. Jahrhundert, und der Verteidigung seines Herrschaftsgebietes gegen die Mauren. Erschienen ist der Roman im November 2019 bei Droemer-Knaur.

Aquitanien, 8. Jahrhundert: Herzog Eudo träumt davon sein Herzogtum in ein unabhängiges Königreich mit ihm als König zu verwandeln, doch der Weg dorthin ist schwer. Um sein Ziel zu erreichen, muss er sich von seinem Lehnsherren, dem Merowinger-König der Franken, der durch seine Hausmeier vertreten wird, lösen. Darüber hinaus haben im Süden die Mauren das Visigotenreich im Handstreich genommen und bedrohen nun die Südgrenze. Um diese zu schützen, verheiratet er seine Tochter mit dem Berberfürsten Munuza. Mit ihm an seiner Seite kann er die erste große Offensive der Mauren Aquitanien zu erobern abwehren. Doch das Glück soll in vielerlei Hinsicht nicht auf seiner Seite bleiben.

Ich habe schon einige gute Romane des Autors gelesen und so war ich auch diesmal neugierig zu erfahren, welche Geschichte hier ausgegraben worden ist. Aus dem 8. Jahrhundert habe ich noch nicht viel gelesen und daher gab es hier sehr viel für mich zu entdecken.
Angefangen beim Personenverzeichnis, das viele ungewöhnliche Namen für mich bereithielt, wie z.B. Lampegia oder auch Chilperich. Letzteres klingt ein bisschen wie ein Name für einen Vogel für mich. Ich lese diese Namensauflistung gerne am Anfang eines Buches, weil diese schon kleinere Informationen zur Geschichte enthält und man so ein wenig spekulieren kann, was passieren wird.
Der Einstieg ins Buch ist ganz gut gelungen, geht es doch direkt spannend und mit einem wichtigen historischen Ereignis los, dennoch hatte ich schnell Probleme mit den vielen Informationen, die auf mich eingeprasselt sind. Hinzu kam noch, dass ich lange Zeit keine wirkliche Person zum mitfiebern für mich gefunden habe und so zog sich die erste Hälfte des Buches sehr für mich hin. Ich kann aber an dieser Stelle schon sagen, es lohnt sich durchzuhalten.
Wenn man die Grundprämisse dieses Romanes und die vielen Informationen hierzu erstmal durchdrungen hat, dann wird es besser. Als sich die Wege Eudos und Munuzas zu kreuzen beginnen, fing ich langsam an, mich besser in die unterschiedlichen Personen hineinversetzen zu können. Sowohl Munuza als auch Eudo sind sehr interessante Personen.
Eudo konnte mich mit seiner umsichtigen und klugen Art zu herrschen von sich überzeugen. Manchmal erschien mir seine Art des Denkens fast schon ein wenig zu modern, aber ich mochte es sehr gerne, dass ihm seine Kinder wirklich wichtig sind und sie das nötige Rüstzeug fürs Leben mitbekommen. Darüber hinaus war er aber auch ein guter Stratege, der die politischen Verhältnisse mit Leichtigkeit durchschauen konnte.
Munuza konnte mich mit seiner gemäßigten Einstellung zur Religion und seiner umgänglichen Art von sich überzeugen. Ich fand es eine gelungen Abweichung von dem unbändigen Willen der Araber ihre Religion mit dem Schwert zu verbreiten und absolut keine Toleranz in dieser Hinsicht zuzulassen. Die Araber kommen in diesem Buch charakterlich gesehen eher schlecht weg, was mit Sicherheit etwas stereotyp ist. Mit dem Druck aus dem Kalifat ist ihre Vorgehensweise in gewisser Weise aber auch nachvollziehbar.
Der gesamte Roman hat mir einen sehr interessanten Einblick in die Ereignisse jener Zeit verschafft. Angefangen bei der Eroberung Spaniens durch die Mauren über das Verhältnis der unterschiedlichen Völker innerhalb der Mauren (Araber und Berber) zueinander bis hin zur ungewöhnlichen Form des Regierens durch Hausmeier im Frankenreich. Die ganzen Belagerungen, Kämpfe und Beutezüge waren mir manchmal ein bisschen zu viel, aber man merkt diesem Buch an, dass viel Recherche hineingesteckt worden ist und der Autor wahrscheinlich seine liebe Not hatte, welche Informationen unbedingt ins Buch müssen und welche nicht.
In diesem Roman konnte ich tatsächlich nicht das typische Vorgreifen feststellen, dass mich zu den kommenden Ereignissen spoilert und mir so den Spaß an den folgenden Seiten nehmen konnte. Wenn ein bisschen in der Geschichte vorgegriffen wurde, so wurde es gut gesetzt und hatte interessante Informationen parat.
Abgerundet wird das Ganze durch ein ausführliches Nachwort sowie einem Personenverzeichnis, einem Glossar, einer Zeittafel und einer Karte im Buchumschlag. Extras, die ich in historischen Romanen sehr zu schätzen weiß und denen ich gerne zusätzliche Zeit widme.

Fazit: Ein historischer Roman, aus dem ich viel Neues an geschichtlichem Wissen für mich mitnehmen konnte, auch wenn es mich anfangs etwas erschlagen hat. Das Durchhalten lohnt sich und es ist gut nachvollziehbar, warum der Autor gerade Eudo in den Mittelpunkt gestellt hat. Empfehlenswert für alle, die gut recherchierte historische Romane zu schätzen wissen und gerne etwas zur Eroberung des Abendlandes durch die Mauren erfahren möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere