Tiefgründig und außergewöhnlich
Erinnerungen aus GlasDie Handlung beginnt in den Niederlanden um das Jahr 1942. Josie, ihr Bruder Samuel und Freund Klaas lernen das jüdische Mädchen Eliese kennen. Als der Nationalsozialismus in Holland die Oberhand ergreift, ...
Die Handlung beginnt in den Niederlanden um das Jahr 1942. Josie, ihr Bruder Samuel und Freund Klaas lernen das jüdische Mädchen Eliese kennen. Als der Nationalsozialismus in Holland die Oberhand ergreift, reist Eliese nach England aus und heiratet den amerikanischen Geschäftsmann William Kingston. Schon bald erwartet sie ein Kind von ihm.
Samuel arbeitet in einer Bank und ist heimlich im Untergrund für den Widerstand tätig. Auch seine Schwester Josie engagiert sich als Botin, während sie offiziell ihren Dienst in der Kinderkrippe leistet, die einem Theater gegenüber liegt, das nun aber für den Aufenthalt der jüdischen Mitbürger bis zu ihrer Deportation herhalten muss.
Eliese, die zwischenzeitlich nach Amsterdam zurückgekehrt ist, muss die jüdische Bevölkerung in diesem umgebauten Theater vor deren Deportation registrieren. Josie und Eliese kommen auf die Idee wenigstens einige der jüdischen Kinder vor der ungewissen Zukunft zu retten. Unter größter Geheimhaltung und einigen wohlwollenden Familien und mutigen Menschen die sich unter Lebensgefahr bereit erklärten die Kinder kurzfristig aufzunehmen und auch bei deren Weitertransport in die Sicherheit zu
helfen, gelingt ihnen die Rettung von einigen hundert Kindern.
Ein zweiter Erzählstrang des Romans setzt mehr als 75 Jahre später in Amerika damit ein, dass die Geschichte von Ava Drake erzählt wird, die für die Kingston Stiftung nach Uganda fliegt um die Bishara-Kaffeeplantage zu besuchen. Dort lernt sie Landon und später in Amerika deren Großmutter kennen, die nun schon 94 Jahre ist und als junge Frau an der Rettung der Kinder in Amsterdam beteiligt war. Der atemberaubende Zusammenhang beider Erzählstränge ist ein ganz besonderes und berührendes Erlebnis, das ich auf keinen Fall auch nur andeuten möchte.
Nur so viel sei gesagt: Melanie Dobson hat mit dem Roman "Erinnerungen aus Glas" eine emotional herzergreifende Geschichte erzählt, die mehr als nur lesenswert ist. Was die Story ganz besonders macht ist die Tatsache, dass diese auf eine reale Geschichte zurückgeht, was das Gelesene um so schwerer und berührender macht. Die sehr schöne, einfühlsame Sprache billiert durch ihre eindrucksvoll plastische und im besten Sinne bildgewaltige Erzählung, deren Story von bemerkenswert herausgearbeiteten und lebensecht agierenden Charakteren getragen wird.
Obschon die grausamen Taten der Nazis und deren finanzielle Unterstützung durch Industrielle größtenteils bekannt ist, kommen auch hier für mich recht überraschende neue Aspekte hinzu. So wusste ich nicht, dass die Nazis auch durch amerikanische Geschäftsmänner großzügig unterstützt wurden.
Die besonders wertvollen Themen des Roman zeigen auf beeindruckende Weise was Vergebung, Nächstenliebe und herausragende Hilfsbereitschaft, die bis zur Selbstaufgabe geht, durch beherzte Menschen auch in schlimmsten Zeiten bewirken kann.
Der Roman weist so viele sympathische Protagonisten auf, dass es schwerfällt echte Lieblingscharaktere zu benennen. Mein Herz eroberten sofort, die mutige Josie, aber auch Mrs. West und natürlich Landon sowie Ava, ganz selbstverständlich wuchs mir auch das afrikanische Mädchen Faith sofort an's Herz.
Dieser historische Roman ist, schon aufgrund seiner Authentizität, außergewöhnlich und sehr lesenswert. Bestimmt ist seine Lektüre schon durch den realen Hintergrund keine leichte Kost. Doch erfährt der Leser auch von Menschen die füreinander kämpfen und ihr Leben für das Gute riskieren. Sieht man nicht gerade in ihren beherzten, selbstlosen Taten unter Lebensgefahr, den Beweis für die mutspendende Existenz Gottes und den Segen den er uns durch sie und ihre kühnen Taten zuteil werden lässt?
Einen herzlichen Dank an Francke Verlag für das hervorragende Buch und Vorablesen.de.