Profilbild von Girdin

Girdin

Lesejury Star
offline

Girdin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Girdin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2021

Bewegender, abwechslungsreich erzählter und unterhaltsamer historischer Roman

Die verstummte Liebe
0

In den Fokus ihres historischen Romans „Die verstummte Liebe“ stellt Melanie Metzenthin die Engländerin Helen Mandeville, die den Lesern ihres Buchs „Im Lautlosen“ als Mutter der Figur Fritz Ellerweg schon ...

In den Fokus ihres historischen Romans „Die verstummte Liebe“ stellt Melanie Metzenthin die Engländerin Helen Mandeville, die den Lesern ihres Buchs „Im Lautlosen“ als Mutter der Figur Fritz Ellerweg schon bekannt ist. In der zuletzt genannten Geschichte kommt Helen nur eine Nebenrolle zu und dem Leser wird dabei nur wenig bekannt, denn sie hat ihre in Hamburg wohnende kleine Familie Richtung England verlassen, als Fritz zwölf Jahre alt war, worauf der Titel Bezug nimmt.

Im November 1945 steht Helen mit ihren inzwischen erwachsenen Kindern Thomas und Ellinor am Grab ihres Ehemann James, einem angesehenen englischen Anwalt. Nach dem Leichenschmaus, den Helen frühzeitig verlässt, spricht sie in einem vertrauten Gespräch mit ihrer Tochter abwertend über James. Ellinor möchte wissen, warum er ihren offensichtlichen Zorn und Unwillen auf sich zog. Bei der Beantwortung der Frage gehen Helens Gedanken zurück zum Jahr 1896 zu einem Tag, an dem sie als Siebzehnjährige den fünf Jahre älteren James kennen lernte, in der weiteren Entwicklung die Frau des Hamburger Arztes Ellerweg wurde und mit ihm den Sohn Fritz bekam. Für Ellinor ändert sich durch die Erzählung gänzlich ihre Meinung über ihre Eltern.

Der Roman „Die verstummte Liebe“ ist unabhängig von der Kenntnis des Buchs „Im Lautlosen“ lesbar. Aber es ist abzusehen, dass man nach dem Lesen mehr über Fritz und sein Leben in Deutschland erfahren möchte. Melanie Metzenthin greift mit ihrer Geschichte über Helen die Konventionen der damaligen Zeit auf, deren Beachtung von den Mitgliedern der gehobenen englischen Gesellschaft zur Wende ins 20. Jahrhundert und später erwartet wurde. Helens Vater stellt an die Protagonistin aufgrund schicksalhafter Entwicklungen die Forderung, einen Mann fürs Leben zu ehelichen, der die Familiengeschäfte weiterführt. Er setzt nicht auf Liebe, sondern auf Helens Verstand und daher erhält sie die besten Hauslehrer zur Förderung ihres Intellekts. Aber erste Verbindungen zu Frauenrechtlerinnen wecken in ihr den Widerstand gegen die väterliche Ordnung. Nicht nur Helen ist eine Figur im Roman, deren Handlungen nicht absehbar sind und die ihre Meinung im Laufe der Zeit ändert.

Die Autorin hat den Roman gekonnt in den entsprechenden historischen Kontext gesetzt. Dank bester Recherche mit fundierten Hintergründen wirkt die Geschichte realistisch und denkbar. Melanie Metzenthin bringt in der Schilderung und Behandlung bestimmter psychischer Krankheiten ihr Wissen ein als Psychiaterin und Psychotherapeutin. Behutsam, aber fundiert widmet sie sich dem Thema Schuldgefühle.

„Die verstummte Liebe“ ist ein bewegender, abwechslungsreich erzählter und unterhaltsamer Roman über eine Engländerin, die zu Beginn des Ersten Weltkriegs ungewollt zwischen die Fronten ihres Geburtslands und ihrer neuen Heimat Deutschland steht, mit weitreichenden Konsequenzen für ihre Zukunft. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.01.2021

Geschickt konstruiert, bis zum Ende fesselnd

Der Tausch – Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg.
0

Der Roman „Der Tausch – Zwei Frauen, zwei Tickets, ein Ausweg“ der US-Amerikanerin Julie Clark ist eine hochspannende und gefühlvoll erzählte Geschichte von Claire und Eva, die ihre Identität miteinander ...

Der Roman „Der Tausch – Zwei Frauen, zwei Tickets, ein Ausweg“ der US-Amerikanerin Julie Clark ist eine hochspannende und gefühlvoll erzählte Geschichte von Claire und Eva, die ihre Identität miteinander tauschen. Das Cover zeigt den Blick aus einem Flugzeugfenster und symbolisiert dadurch, dass die beiden Frauen den Wechsel am Flughafen, kurz vor ihrem Einchecken zu ihrem jeweiligen Flug ausführen. Claire und Eva sind sich bewusst, dass es dadurch kein Zurück in ihr altes Leben ohne eine tödliche Bedrohung für sie geben wird.
Claires Ehemann Rory gehört zu einer erfolgreichen einflussreichen Politikerdynastie und führt die bisher geleistete Arbeit der Familie fort. Von der Kunstgeschichtlerin Claire wird erwartet, dass sie Repräsentationsaufgaben übernimmt. Um seine Ansichten durchzusetzen, wird Rory Claire gegenüber zunehmend gewalttätiger. Daher hat sie viele Wochen dazu benötigt, den perfekten Zeitpunkt abzupassen, um aus ihrem Leben zu fliehen. In letzter Minute führt eine Änderung bei der Übernahme von Verpflichtungen durch Rory dazu, dass ihr Plan auffliegt. Spontan ergibt sich stattdessen am Flughafen eine andere Möglichkeit, als sie dort auf Eva trifft, die ihr davon erzählt, dass sie sich mit Fragen zu Ungereimtheiten zum Tod ihres Manns auseinanderzusetzen habe und sie am liebsten an einen anderen Ort fliehen möchte. Ein Tausch der Bordkarten könnte für beide die Chance auf einen Neuanfang bedeuten. Allerdings hat Eva ihr nicht die Wahrheit erzählt.
Für beide Frauen ist es beängstigend, dass sie an einem Punkt stehen, an dem ihnen ein selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich erscheint. Denn durch ihr Umfeld werden sie auf eine je eigene Weise von anderen Personen fremdgesteuert, die Erwartungen an sie stellen. Die vermuteten Sanktionen bei Nichterfüllung der Ansprüche flössen ihnen Furcht ein. Es wird deutlich, dass Verschwinden zwar eine Option ist, aber sehr schwierig. Julie Clark versteht es, von Beginn an Spannung aufzubauen. Der Titel des Prologs weist darauf hin, dass die Handlung am Tag des Absturzes stattfindet. Für mich passte diese Angabe zunächst nicht zur Inhaltsangabe und allein durch die Überschrift war ich auf das Schlimmste gefasst, was mich auch schnell weiterlesen ließ.
Die Autorin lässt Claire als Ich-Erzählerin auftreten. Sie blickt zurück bis auf ihre Kindheit und die Anfänge ihrer Liebe zu Rory. Durch ihre Schilderungen konnte ich gut den Wandel in der Beziehung der Eheleute nachvollziehen und Claires zunehmende Angst. Evas Leben wird von Julie Clark als allwissende Erzählerin beschrieben. Auch hier wird deutlich, warum Evas Eigenständigkeit zunehmend eingeschränkt ist und sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, als ihre Identität zurück zu lassen.
Sowohl Claire als auch Eva lassen sich zwar einschüchtern, doch sie geben nicht auf, nach einer Lösung zu suchen. Während die Geschichte sich anhand der Schilderungen von Claire ständig in die Zukunft entwickelt, wird Evas Leben im Rückblick erzählt. Dadurch bleibt ein bestimmtes Detail bis zum Schluss offen und steigert zusätzlich die Spannung des Romans, die allein schon durch die Frage hoch ist und bleibt, ob die beiden Frauen in ihrem neuen Leben sich zurechtfinden werden.
„Der Tausch“ von Julie Clark ist ein geschickt konstruierter Roman, der mich bis zum Ende, das nochmal mit einer unerwarteten Wendung glänzt, ganz in seinen Bann gezogen hat und den ich daher sehr gerne uneingeschränkt empfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.01.2021

Amüsante Geschichte mit ernsten Untertönen

Auch die große Liebe fängt mal klein an
0

Ihren Roman „Auch die große Liebe fängt mal klein an“ lässt Sylvia Deloy in Köln spielen, dort, wo sie auch selbst mit ihrer Familie lebt. Man spürt es in den Schilderungen, dass die Autorin ihre Heimatstadt ...

Ihren Roman „Auch die große Liebe fängt mal klein an“ lässt Sylvia Deloy in Köln spielen, dort, wo sie auch selbst mit ihrer Familie lebt. Man spürt es in den Schilderungen, dass die Autorin ihre Heimatstadt mag. So bunt und abwechslungsreich wie das Cover gestaltet ist, so wechselvoll ist auch das Leben der Protagonistin Marie mit Höhen und Tiefen. Maries große Liebe ist schon vor längerer Zeit in die Brüche gegangen, aber in dieser Hinsicht steht noch eine Überraschung für sie bereit. Aus einer kleinen, wieder aufflackernden Zuneigung wird sich deutlich mehr entwickeln, die Frage ist nur, wie beständig die Gefühle der Protagonisten sind.

Marie leitet seit dem Tod ihres Vaters das Restaurant „Petite Pauline“ in Köln, das sich der französischen gehobenen Küche verschrieben hat. Der inzwischen an Demenz erkrankte und daher im Pflegeheim lebende Großvater hat die Gaststätte gegründet und seither hat sich weder am Interieur noch am Angebot wenig verändert. Die Kölner wenden sich inzwischen lieber angesagteren Locations zu.

Um das Restaurant zu retten und das Geld für dringend notwendige Reparaturen aufzubringen, schließt Marie das Restaurant und beginnt kurzfristig in der Küche eines Brauhauses. An ihrem ersten Tag trifft sie auf ihren ebenfalls dort arbeitenden Ex-Freund Anton. Die Zubereitung der Gerichte erfordert unvermeidbar eine Zusammenarbeit unter den Kollegen. Für die beiden führen die Umstände dazu, dass sie sich mit ihrer Beziehung auseinandersetzen.

Sylvia Deloy schafft es, locker und leicht zu erzählen, aber dennoch ernste Thematik dabei zu berücksichtigen. Diesmal greift sie dabei die Themen Demenzerkrankung, sich der Familiengeschichte verpflichtet fühlen und an eine alte Liebe wieder anzuknüpfen, auf. Glücklicherweise führte auch diese romantische Komödie wieder zu einem versöhnlichen Ende, aber bis dahin muss Marie einiges an Beziehungsarbeit leisten und über die langen Schatten springen, den die Familienangelegenheiten werfen. Sowohl hier wie da ist es das Problem der Protagonistin, dass sie ihre Entscheidungen auf den Erfahrungen in der Vergangenheit zu treffen versucht.

Die Figuren wie überhaupt die gesamte Erzählung scheinen aus dem Leben gegriffen und vorstellbar. Marie fand ich als Person liebenswert, dennoch gehört es zur Geschichte, dass mir nicht jede Figur sympathisch war. Über den Besuch bekannter Orte, Sprache und auch Rezepte vermittelt die Autorin einiges an Kölner Lokalkolorit. Am Ende des Buchs findet sich die Zubereitung von ein paar einfachen, für die Stadt und Region Köln bekannten Gerichten. Der Roman wird abwechslungsreich durch freundlich ausformulierte, interessante Erzählungen in Nebenhandlungen.

Mit dem Roman „Auch die große Liebe fängt mal klein an“ hat Sylvia Deloy eine amüsante Geschichte mit ernsten Untertönen geschrieben, die mich bestens unterhalten hat und die ich daher gerne weiterempfehle. Das Buch ist ein Muss für Fans von romantischen Liebeskomödien.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.12.2020

Eine mit vielen kreativen dramatischen und erfreulichen Ideen gespickte Geschicht

Miss Bensons Reise
0

In ihrem Roman „Miss Bensons Reise“ erzählt die Engländerin Rachel Joyce von dem großen Wunsch ihrer Protagonistin Margery Bensons, den goldenen Käfer von Neukaledonien zu finden. Titel und Cover weisen ...

In ihrem Roman „Miss Bensons Reise“ erzählt die Engländerin Rachel Joyce von dem großen Wunsch ihrer Protagonistin Margery Bensons, den goldenen Käfer von Neukaledonien zu finden. Titel und Cover weisen darauf hin, dass die Verwirklichung ihres Anliegens nicht im eigenen Land umsetzbar ist, sondern ihr eine lange Fahrt mit dem Schiff bevorsteht. Aber sie begibt sich nicht allein auf ihre große Reise. Die Frage, ob sie sich über ihre Begleitung freuen oder eher verzweifeln soll, macht einen Teil des Romans aus und gibt ihm einen besonderen Leseanreiz.

Margery war zehn Jahre alt, als ihre Familie die Nachricht vom Tod der im ersten Weltkrieg gefallenen vier Brüder erhielt, woraufhin der Vater sich erschoss. Just zu dieser Zeit beschäftigte er sich damit, den goldenen Käfer zu finden. Fünf Jahre nach dem zweiten Weltkrieg ist Margery Mitte Vierzig, weiterhin alleinstehend, unterrichtet als Lehrerin und hat infolgedessen wenig Mittel zur Verfügung. Nach einem alptraumhaften Morgen in der Schule beschließt sie, sich nun endlich ihren Wunsch zu erfüllen und in Neukaledonien nach dem Käfer zu suchen. Um vor Ort professionell zu wirken, benötigt sie eine Assistenz. Eine Stellenanzeige hat wenig Resonanz. Margery gibt sich bei den Bewerbungsgesprächen kultiviert und wählt schließlich Enid Pretty aus, eine junge Frau, die in Vielem das Gegenteil von ihr selbst ist. Auch Enid hat einen Traum, den sie sich erfüllen möchte. Aber sie verbirgt auch ein Geheimnis, dessen Schatten den Weg bis nach Neukaledonien findet.

Rachel Joyce lässt in ihrem Roman ihrer Fantasie vielfach blühen und bringt ihre Protagonistin in manche ungewöhnliche Situation. Sicherlich ist das nicht immer realistisch, aber sehr unterhaltsam und oft amüsant. Sie überdeckt damit die Sorgen und Probleme ihrer Figuren, die sie dennoch immer wieder in den Blick des Lesers hebt und ihn dadurch auf ihre ganz eigene Weise dazu auffordert, sich auch mit den weniger schönen Dingen und Ereignissen in der Welt zu beschäftigen. Ihre Geschichte hat sie in die 1950er Jahre eingebunden. Die britischen Konventionen und Werte der damaligen Zeit fließen in die Handlung ein. Selbst im fernen Neukaledonien finden die Lebensvorstellungen bei den im Land wohnenden Briten ihre Anwendung, wie Margery und Enid erfahren müssen.

Durch ihre einfühlsame Beschreibung der handelnden Personen gelingt ihr die Darstellung abwechslungsreicher Charaktere, die je ihr eigenes Päckchen zu tragen haben, sich aber ihren weiteren Weg mit viel Mut, Zuversicht und Hoffnung bahnen. Deutlich stellt sie heraus, wie viel es bedeutet, jemanden an seiner Seite zu haben, der sich auch mal uneigennützig kümmert und auf den man sich verlassen kann, auch wenn man nicht immer eine Meinung teilt. Eventuell gelingt es sogar, dadurch seinen Horizont zu erweitern. Obwohl man seine Vergangenheit nicht ändern kann, ist es möglich, sich und seine Ansichten zu ändern und dadurch sein zukünftiges Leben zu beeinflussen.

Zahlreiche unerwartete Wendungen und eine mit vielen kreativen dramatischen wie auch erfreulichen Ideen gespickte Geschichte, manchmal mit einem Augenzwinkern erzählt, machen „Miss Bensons Reise“ von Rachel Joyce zu einer großen Leseempfehlung für jeden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.12.2020

Zunehmende Spannung mit furioser Wendung zum Schluss

Hinter diesen Türen
0

Der Thriller „The Turn oft he Key“ von Ruth Ware führte mich nach Schottland. Dort sitzt die Protagonistin und Ich-Erzählerin Rowan Caine seit geraumer Zeit in einem Frauengefängnis und wartet auf ihren ...

Der Thriller „The Turn oft he Key“ von Ruth Ware führte mich nach Schottland. Dort sitzt die Protagonistin und Ich-Erzählerin Rowan Caine seit geraumer Zeit in einem Frauengefängnis und wartet auf ihren Prozess, denn sie soll ein Kind umgebracht haben. Jetzt sucht sie aus ihrer prekären Lage heraus nach einem Anwalt, der sie dabei vertritt, denn sie fühlt sich von dem ihr zur Seite gestellten Rechtsbeistand missverstanden.

Rowan ist 27 Jahre alt und gelernte Erzieherin. Sie war mit ihrer Arbeitsstelle in einer Kita in London unzufrieden. Als sie bei einer Google-Suche auf ein Stellenangebot im Internet stößt, entschließt sie sich spontan zu einer Bewerbung. Gesucht wird ein erfahrenes Au-Pair-Mädchen zur Betreuung der vier Kinder der Familie, die in einem abgelegenen, aber mit modernstem High-Tec ausgestatteten Haus im schottischen Hochland lebt. Besonders reizen Rowan die Höhe des Jahresgehalts und die zusätzlichen Leistungen. Gleich bei Antritt der Stelle wird ihr ganzes pädagogisches und kreatives Geschick gefragt, denn das Arbeitgeber-Ehepaar fährt einige Tage auf Dienstreise und Rowan bleibt mit den Kindern und zwei Hunden allein im Haus zurück.

Das gesamte Buch ist als Brief gestaltet. Ruth Ware baut von Anfang an Spannung an und spiegelte mir die Verzweiflung Rowans durch die von ihr begonnenen Briefe an ihren Anwalt auf den ersten Seiten des Buchs wieder. Die Protagonistin ist sich bewusst, dass ihre Aussage unschuldig zu sein, auf dem Prüfstand steht. Als Kindsmörderin hat sie im Gefängnis einen besonders schwierigen Stand. Obwohl sie sich wünscht, dass ihr Fall so schnell wie möglich aufgeklärt wird, nimmt sie sich die Zeit sämtliche Ereignisse, von der Bewerbung an bis zu den verstörenden Geschehnissen in jener Schicksalsnacht. Sie weiß, dass der Anwalt und damit auch ich als Leser nur auf diese Weise ihr Handeln verstehen und sich damit ihre Unschuld bestätigen wird.

Die Autorin spielt gekonnt mit der Angst, die viele empfinden, wenn sie allein im dunklen Zimmer ein unbekanntes Geräusch wahrnehmen, was besonders gruselig ist, wenn man sich in einem Haus befindet, dass abgelegen ist und keine Erwachsene zur Hilfe in der Nähe. Außerdem fand ich es beängstigend, sich rund um die Uhr den Möglichkeiten einer Smart Home Systems ausgesetzt zu sein, die natürlich auch ihre Vorteile bietet. Des Weiteren werden viele Leser die täglichen Herausforderungen kennen, die ein Haushalt mit mehreren Kindern bringt, auch hieraus ergeben sich einige brisante Situationen. Es gibt einige Menschen, die es gut mit Rowan meinen, oder vielleicht doch nicht?

Rowan fühlte sich als Kind oftmals unverstanden und möchte in ihrem Job einiges besser machen. Aber es ist unter den Bedingungen schwierig, ihren eigenen Ansprüchen zu entsprechen, so dass sich ihre Unzufriedenheit mit sich selbst ihre Nerven zusätzlich reizt. An einigen Stellen fügt die Autorin kurze Bemerkungen ihrer Protagonistin ein, die einen ganz kleinen unvollständigen Ausblick auf das bieten, was noch passieren wird und dadurch die Spannung noch zusätzlich steigern.

Im Thriller „Hinter verschlossenen Türen“ brilliert die Autorin durch die Erzeugung von Ängsten, die sich in unserem Alltag finden. Obwohl wir wissen, dass die meisten unbegründet sind, so gibt es doch eine Möglichkeit durch die unsere Angst bestätigt werden könnte.

Ruth Ware schreibt mit zunehmender Spannung auf den Punkt, an dem sie mit einer furiosen Wendung alles verändert. Fesselnd und schaurig bringt sie moderne alltägliche Probleme auf einen neuen verstörenden Level. Unbedingt lesen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere