Hin und hergerissen
An der Überschrift erkennt man es bereits: Einerseits finde ich es unheimlich wichtig, ein solches Thema mal zu Papier zu bringen. Denn im Rechtsstaat Deutschland läuft tatsächlich manches tatsächlich ...
An der Überschrift erkennt man es bereits: Einerseits finde ich es unheimlich wichtig, ein solches Thema mal zu Papier zu bringen. Denn im Rechtsstaat Deutschland läuft tatsächlich manches tatsächlich eher in die falsche Richtung und Justizia ist manchmal noch blinder als die Polizei erlaubt. Von daher finde ich es gut, dass der "Lügenprofessor" Steller sich des Themas annimmt. Offensichtlich gibt es jede Menge Bedarf an Menschen wie ihm, die anderen Menschen, wenn schon nicht an der Nasenspitze, so doch durch ihre Aussagen auf den Kopf zusagen können, wenn sie lügen.
Doch:
Das ist ein großes DOCH.
Herr Steller macht es zumindest mir nicht leicht. Er erklärt ein paar Theorien, anhand derer man wohl Lügen oder Wahrheit voneinander unterscheiden kann oder zumindest die Wahrscheinlichkeit von Lüge oder Wahrheit besser herausfindet. Er erzählt von Anzeichen, von gewissen Merkmalen, von kleinsten Widersprüchen. Er versucht seine Theorien anhand von Fallbeispielen zu untermauern, und genau da haperte es dann meistens bei mir. Ich fand die Art, wie er Theorie und Wirklichkeit interagieren lässt, nicht immer überzeugend, nicht wissenschaftlich haltbar. Nun bin ich natürlich kein Wissenschaftler und entscheide das aus dem Bauch heraus, was Herr Steller sicherlich schmunzeln ließe. Sei es, wie es sei.
Unglücklich gewählt fand ich auch, dass sich die meisten seiner Fallbeispiele auf sexuelle Taten bezogen. Bzw. auf angebliche sexuelle Übergriffe. Ja, ich bin überzeugt davon, dass es auch in diesem Anzeigenbereich Lügen gibt. Nicht gut hingegen finde ich, dass man den Eindruck gewinnen könnte, nahezu 90 Prozent aller Anzeigen in Bezug auf sexuelle Nötigung, Vergewaltigung oder Angriffe seien erlogen und erstunken. Das macht es tatsächlichen Opfern von Übergriffen sicherlich nicht einfacher, wenn sie ohnehin einem besonders männlichen Polizisten gegenübersitzen, der das für ein Kavaliersdelikt hält.
Zusammengefasst: Ja, richtig und wichtig, über Lügen, blinde Justiz und Opferschutz in jeder Hinsicht zu schreiben. Nur die Umsetzung zeugt nicht unbedingt von Sensibilität.