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Veröffentlicht am 26.01.2021

Eine zweite Chance

Die Mitternachtsbibliothek
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Die Welt der Mittdreißigerin Nora Seeds gerät aus den Fugen und das macht sie so schwach, dass sie beschließt, nicht mehr leben zu wollen. Auf dem Weg ins Jenseits landet sie in der Mitternachtsbibliothek. ...

Die Welt der Mittdreißigerin Nora Seeds gerät aus den Fugen und das macht sie so schwach, dass sie beschließt, nicht mehr leben zu wollen. Auf dem Weg ins Jenseits landet sie in der Mitternachtsbibliothek. Hier trifft sie auf die Bibliothekarin ihrer Schulzeit, Louise Elm. Diese erklärt ihr, dass sie in dieser Bibliothek die Bücher ihrer nicht gelebten Leben findet. Jede Entscheidung, die man trifft, führt zu einem anderen Parallel-Leben im Universum. Nora hat nun die Möglichkeit, in jedes dieser Leben zu schlüpfen, um zu einer endgültigen Entscheidung zu gelangen und das Leben zu leben, das perfekt für sie ist. Nora ist fasziniert und weiß gar nicht, wo sie anfangen soll …

Matt Haig hat eine wunderbare Gabe, völlig unrealistische Dinge so zu erzählen, dass sie möglich werden. Man versinkt in seinen Romanen geradezu. Er zeichnet mit Worten herrliche Bilder, lässt neue Welten entstehen und geht sogar noch darüber hinaus, lässt das Universum wachsen und den Leser darin reisen.

Nora ist mir von Anfang an sympathisch und ebenso schnell geht es mir ans Herz, wie unglücklich sie ist. Dabei empfinde ich kein Mitleid, denn das wäre unpassend. Aber in mir ist der Wunsch, Nora zu helfen, glücklich zu werden. Sie auf den Reisen durch ihre möglichen Leben zu begleiten ist sehr aufschlussreich und lässt mich über mich selbst vieles lernen. Auch die Sicht auf mein eigenes Leben wurde durch Matt Haigs Roman und seine wunderbare Protagonistin Nora – aber auch durch Mrs Elm – verändert. Das muss ein Autor erst mal schaffen!

Die Personen, denen Nora in ihren unterschiedlichen Leben begegnet, bereichern ebenfalls. Jede einzelne trägt dazu bei zu beeinflussen, welche Entscheidung Nora am Ende trifft. Viele Stellen sind herzergreifend traurig, aber es gibt, wie im wahren Leben, auch viel Freude und Spaß, Gefühle jeglicher Art und insgesamt eine Menge Arbeit.

Die einzelnen Aufenthalte in den Leben sind teils extrem kurz, doch das genügt völlig. Viel längere Schilderungen hätten mich nur gelangweilt. Ab einem gewissen Punkt hatte ich sogar das Bedürfnis, Nora mitteilen zu dürfen, dass sie in diesem gewählten Leben, das sie gerade probiert, nicht wirklich gut aufgehoben ist. Nach und nach erkennt der Leser, welches Leben Nora wählen sollte und ab da ist es spannend zu beobachten, ob sie diese Erkenntnis auch haben wird.

Ein Hauptthema ist Reue. Wie Haig dies behandelt, zeigt, dass er dieses Gefühl sehr gut kennt und weiß, wie sehr es einen fesseln, ausbremsen, blockieren und vor allem deprimieren kann. Wie man loszulassen lernt und sich selbst verzeiht und eine neue Chance gibt, davon handelt dieses Buch auf wunderbare, zauberhafte und unendlich liebenswerte Art. Dass er selbst gegen Depressionen ankämpft, macht ihn quasi zum Experten auf diesem Gebiet. Umso wunderbarer ist es, wie viel Kraft und Mut er mit diesem Buch zu machen imstande ist.

Ein liebenswertes Buch, das tief unter die Haut und mitten ins Herz geht und da ganz lange nachhallt! Ganz klare fünf Sterne von mir und mein Januar-Highlight.

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Veröffentlicht am 22.01.2021

Ein Blick in die Küchen und Künste von 26 Weltköchen

Die Weltköche zu Gast im Ikarus
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Mal im Ernst – wie viele von uns können sich ein Menü im IKARUS leisten? Zudem sind die Tische auf Ewigkeiten ausgebucht. Und aktuell ist ein Besuch so oder so gar nicht möglich, egal wie nah oder weit ...

Mal im Ernst – wie viele von uns können sich ein Menü im IKARUS leisten? Zudem sind die Tische auf Ewigkeiten ausgebucht. Und aktuell ist ein Besuch so oder so gar nicht möglich, egal wie nah oder weit man davon weg wohnt. Aber die Bücher über die Weltköche im IKARUS kann man jederzeit genießen. Auch das Auge wird immer verwöhnt und man ahnt, dass der Gaumen wahre Feuerwerke an Genüssen bekommen würde, hätte man die Chance, im IKARUS oder den Restaurants der Gastköche sich eines der Menüs servieren lassen zu können.

Martin Klein ist ein unheimlich sympathischer Mensch mit endlos viel Charisma. Das kommt auch in jedem Wort von ihm rüber und strahlt geradezu aus den Fotos mit ihm. Da wundert es nicht, dass auch in diesen schwierigen Zeiten Köche einsprangen, sobald es wieder möglich war. Und dadurch konnten statt der üblichen 13 sagenhafte 26 Köche die Gäste verwöhnen und verzaubern – in einem Jahr, in dem man gedacht hätte, dass es keine sechs schaffen werden! Wunderbar! Und genau so wunderbar ist das ganze Buch wieder geworden!

Ich liebe die Portraits der Köche, die Fotos ihrer Restaurants, ihrer Küchen, ihrem Werken. Eine wunderbare Idee ist, dass es immer ein großes, ganzseitiges Foto der Hände der Köche gibt. Am meisten freue ich mich aber über Martin Kleins eigenes Kapitel und Menü. Die vorgestellten Menüs sind sehr gut beschrieben und nachkochbar, wenn man ein wenig mehr Ahnung vom Kochen hat und an die ein oder andere doch sehr ausgefallene Zutat kommt. Ja, klar, so perfekt werden sie sicher nicht, aber man bekommt eine kleine Ahnung, wie toll es „dort“ schmecken muss. Allein schon, dass man nachlesen kann, wie die Köche die Gerichte machen, finde ich wunderbar, selbst wenn ich sie nicht nachkoche. Und ja, für Otto-Normalverbraucher sind es oft Minikleckse auf riesigen Tellern. Für den großen Hunger sind die Gerichte wahrlich nicht geeignet, aber für das Verwöhnen des Gaumens sind sie perfekt. Und das darf ja auch mal sein! Da sind wahre Kunstwerke auf den Tellern und ganz ehrlich – man wünscht sich, das doch einmal im Leben serviert zu bekommen.

Jeder dieser Bände ist Bildband und Rezeptsammlung vom Feinsten in einem. Edel aufgemacht, sehr schön zu lesen, noch schöner anzusehen. Für Kochanfänger sind die Rezepte ganz sicher nicht geeignet, aber das müssen sie auch nicht. Siehe oben – die Köche verraten, wie sie es machen. Es ist, als sähe man ihnen über die Schulter, dürfte in ihrem Reich bei ihnen und neben ihnen stehen und zusehen, wie sie mit ihrem Team diese Kunstwerke zaubern. Ich liebe es! Jedes Buch wieder! Fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 20.01.2021

Mit Käfern kennt sich Fellinger aus!

Sau am Brett
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Fellinger, seineszeichens Lebensmittelkontrolleur und Hobbyermittler, erlebt quasi live mit, wie ein Gast beim Löffelmacher-Wirt tot in sein Essen fällt. Nicht nur, dass Fellinger lieber Kriminalkommissar ...

Fellinger, seineszeichens Lebensmittelkontrolleur und Hobbyermittler, erlebt quasi live mit, wie ein Gast beim Löffelmacher-Wirt tot in sein Essen fällt. Nicht nur, dass Fellinger lieber Kriminalkommissar geworden wäre, dies aber aufgrund seines kaputten Knies nicht konnte, er befürchtet auch, dass man ihm ein Fehlverhalten bei der Kontrolle vorwerfen könnte. Also muss er ja quasi schon selbst ermitteln! Als sich herausstellt, dass der Gast vergiftet wurde, stellt sich die Frage, wer er ist – oder war – und warum er sterben musste. Fellinger stolpert von einer Katastrophe in die nächste und wurstelt sich wunderbar liebenswert grantelnd durch all die Rätsel und Fragen, die der Fall so mit sich bringen.

Hach, so herrlich! So grantig Fellinger gern tut, hat er doch ein riesiges Herz! Die Frau, die es erobert, wird ein Leben wie eine Königin führen, das steht mal fest. Aber wer könnte sich in ihn verlieben und in wen könnte er sich wohl verlieben? Das ist ein ebenso großes Rätsel, wie der Giftmord im Ort.

Man kommt kaum aus dem Schmunzeln heraus, dennoch ist der Krimi nicht albern oder lächerlich. Im Gegenteil, die Spannung ist stets da und man kann kaum aufhören. Das liegt nicht zuletzt an den vielen „Originalen“ – denn hier ist jede einzelne Figur ein Unikat und trotz aller Klischees wunderbar gezeichnet. Ich möchte sogar behaupten, dass gerade das Spiel mit den vielen Klischees den Zauber dieses Krimis bewirkt. Man muss es ja nicht ernst nehmen, darf schmunzeln und lachen, einfach mal den bierernsten Alltag hinter sich lassen und trotzdem wunderbar unterhalten werden.

Immer wieder kommt es zu Situationskomik, die geradezu aus dem Leben gegriffen scheint. Ja, gut, ein bisschen überzogen erzählt, aber dennoch – nicht undenkbar! Oliver Kern wirft bei mir so lockerflockig leicht das Kopfkino an, dass es mich schon fast ängstigt. Mir kam es vor, als hätte in diesem Band der gute alte Fellinger stets und ständig Hunger und dürfte nie in Ruhe essen – und schon gar nicht satt werden. Das ist gleichermaßen komisch wie tragisch. Das alles in „gemäßigtem Bayerisch“, möchte ich mal sagen. Alles ist verständlich, man hat nicht das Gefühl, einen Dolmetscher zu benötigen.

Michael Schwarzmaier liest das Buch so gekonnt ein, dass man das Gefühl hat, er erzählt seine eigene Geschichte, ganz ohne Skript, einfach so, als wäre man befreundet. Ob Fellingers Privatleben, sein Beruf, sein Hobby – in jeder Situation passt die Sprachmelodie und das bei Freude, Ärger, Wut, Angst und Schadenfreude ebenso, wie bei Trauer, Mitgefühl und Anflügen von Verliebtheit. Auch wenn Berti Fellinger sich in eine Reihe mit Wilsberg, Kluftinger und Eberhofer stellen kann, ist er ein Original, kein Abklatsch. Und irgendwie der Sympathischste der Vier! Ja, ich hatte einen riesen Spaß mit seinem zweiten Fall und freu mich auf noch mehr von Oliver Kerns liebenswertem Lebensmittelkontrolleur! Dafür gerne (wieder) fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 19.01.2021

Mörderischer Unfug vom Feinsten!

Tod unter Gurken
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Die kleinen Krimi-Stücke sind herrlich unterhaltsam und dennoch spannend. Der Autor nennt es selbst „mörderischen Unfug“ und das trifft es wohl genau. Hier werden die skurrilsten Kriminalfälle geschildert, ...

Die kleinen Krimi-Stücke sind herrlich unterhaltsam und dennoch spannend. Der Autor nennt es selbst „mörderischen Unfug“ und das trifft es wohl genau. Hier werden die skurrilsten Kriminalfälle geschildert, die so abstrus sind, dass sie schon wieder real wirken. Aufgenommen wurde das Hörspiel in alter Tradition. Ich erinnere mich so gerne daran, wie ich als Kind ab und an mit meinem Vater vor dem Radio saß und den Hörspielen lauschte. Schade, dass es die so nicht mehr gibt! Vielleicht liebe ich aber gerade deshalb Hörbücher so sehr!

So ist es also kein Wunder, dass der etwas eigene, aber sehr liebenswerte Privatier und Hobbydetektiv Alfons Friedrichsberg seinen Zeitgenossen zwar gelegentlich auf die Nerven geht, aber immer wieder über Mordfälle stolpert, die nur er lösen kann! Dabei gibt es viel zu schmunzeln und zu lachen, aber die Spannung bleibt nie auf der Strecke. Geniale Wortspiele würzen das Ganze noch zusätzlich.

Die Sprecher-Truppe hätte man nicht besser wählen können. Gerade Annette Frier schafft es, in jeder Rolle, in die sie schlüpft, zu überzeugen. Herrlich, wie wandelbar sie ist! Man hat keinerlei Probleme, die Figuren/Stimmen auseinanderzuhalten und weiß immer, wer (welche Figur) und wo (welcher Kurzkrimi) man gerade ist. Allerdings muss ich auch extra noch betonen, wie gut ich den Anteil des Autors finde. Kai Magnus Sting dürfte tatsächlich von niemandem ersetzt werden. Insgesamt hört und spürt man, dass die Beteiligten ein echtes Team sind, das Spaß hat und zusammenhält, und das unseren Protagonisten Alfons Friedrichsberg ganz fest ins Herz geschlossen hat, so nervig der auch mal sein kann. Löst er die Fälle doch nicht, weil er der Polizei helfen möchte, sondern rein aus eigener Neugierde! Herrlich!

Die Zeit verging wie im Fluge, das Hörbuch war an einem Stück weggehört. Ich wurde kein bisschen enttäuscht! Im Gegenteil – ich bin angefixt und muss nun unbedingt noch mehr davon haben! Ganz klare fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Wenn ein Auto ein Zuhause ist …

Gun Love
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Pearl lebt mit ihrer Mutter am Rande eines Trailer-Parks in Florida in einem Ford Mercury – und das seit ihrer Geburt. Sie kennt es nicht anders und so ist es für sie normal und nicht dramatisch. Auch ...

Pearl lebt mit ihrer Mutter am Rande eines Trailer-Parks in Florida in einem Ford Mercury – und das seit ihrer Geburt. Sie kennt es nicht anders und so ist es für sie normal und nicht dramatisch. Auch Schüsse sind keine Seltenheit. Waffen sind verbreiteter als Haustiere und im Zweifelsfall redet man sich die Schüsse schön, indem man an die Alligatoren denkt. Alles ist für Pearl in Ordnung, bis Eli das Herz ihrer Mutter gewinnt und mit ihm in ihrem Leben alles, wirklich alles anders wird …

Das Thema ist erschreckend, aber typisch für Amerika. Die allgegenwärtige Präsenz von Waffen machen diese zu einer so alltäglichen Sache, dass sie kaum noch erschrecken oder auch nur stutzig werden zu lassen. Da es sich hier um ein Jugendbuch handelt, wird einiges nur umschrieben, dennoch kommen Dinge zur Sprache, die verstörend wirken könnten. Mich als Erwachsene haben viele Stellen sehr ergriffen und bewegt, aber auch entsetzt und schockiert.

Dabei nutzt Jennifer Clement eine wunderbare Sprache mit viel Poesie und dem unerschütterlichen Glauben, den gerade Töchter in ihre Mütter und das Gute der Welt und der Menschen haben. Als Erwachsene möchte ich Pearl beschützen, da rausholen, ihr die andere Art zu leben schenken. Von einer romantisiert geschilderten Lebensweise steuert die Story unweigerlich auf den harten Bruch in die Realität zu und irgendwann ahnt man, dass all dies in eine Katastrophe führen muss. Nach und nach verändert sich das Verhältnis von Pearl und ihrer Mutter, sodass Pearl mit ihren vierzehn Jahren erwachsener erscheint, als Margo, die ihr immer davon erzählt, dass sie eines Tages in einem richtigen Haus leben werden.

Die Entwicklung von Pearl, das viel zu frühe Erwachsenwerden, wird eindrucksvoll geschildert. Am Ende bleibt aber Hoffnung, es endet nicht in hoffnungsloser Verzweiflung, auch wenn klar ist, dass es nie einfach sein wird. Das ist realistisch, aber auch versöhnlich, auch wenn Pearl die Waffen – real und im Kopf – wohl nie loswerden wird.

Auch die anderen Figuren in diesem vielschichtigen Buch sind außergewöhnlich, alles andere als alltäglich. Dennoch sind sie realistisch und glaubwürdig. Der Autorin ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen, die Situation in solchen Trailerparks und gerade in Bezug auf Waffen und Gewalt zu schildern. Leider ist das Thema wohl zeitlos und scheint sich eher hochzuschaukeln, denn nach und nach zu bessern.

Das Thema und die Verarbeitung regen zum Nachdenken an. Doch es geht nicht nur um Waffen, sondern auch um Besitz, Polizeiwillkür, Familie und Liebe. Ich kann nicht anders, als fünf Sterne zu geben.

Die Sprecherin Edit Stehfest war mir kein Begriff, obwohl ich so gerne Hörbücher höre. Sie macht ihren Job extrem gut und ist wohl ein Beispiel dafür, dass man sie sich niemals so vorgestellt hätte, wie sie heute aussieht. Vielleicht spricht sie aber gerade aufgrund ihres eigenen Erlebens dieses Buch so genial ein. Respekt und dickes Lob!

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