Ein leises, wortgewaltiges Meisterwerk
WinterbienenZur Geschichte:
Es geht um Egidius Arimond, ein Schullehrer in den Jahren 1944/45. Mitten in den Wirren des 2. Weltkrieges in Kall; ein kleiner beschaulicher Ort irgendwo in der Eifel. Hier wohnt Egidius ...
Zur Geschichte:
Es geht um Egidius Arimond, ein Schullehrer in den Jahren 1944/45. Mitten in den Wirren des 2. Weltkrieges in Kall; ein kleiner beschaulicher Ort irgendwo in der Eifel. Hier wohnt Egidius und darf aufgrund seiner Epilepsie nicht mehr unterrichten. Mit seiner Krankheit taugt er nicht einmal für den Kriegsdienst, wie sein Bruder Alfons, der ein erfolgreicher Kampfpilot ist und so widmen er sich eben seinen Bienen, die er von seinem Vater nach dessen Tod übernommen hat. Egidius schmuggelt aber auch Flüchtlinge mit Hilfe seiner Bienenkästen über die Grenze und findet auch an den Frauen im Dorf gefallen, deren Ehemänner in den Krieg ziehen mussten. Ein gefährliches Unterfangen, da er sich eines Tages auch noch mit Charlotte, der Ehefrau des NSDAP-Kreisleiters einlässt.
Norbert Scheuer gelingt hier ein großartiger Roman, der mit ganz leisen Tönen auskommt und als Tagebuch geschrieben ist.
Ich habe die Lizenzausgabe der Büchergilde Gutenberg und der Einband ist aus feinem Leinen gearbeitet. Lesekultur pur. Der honigfarbene Schutzumschlag ist einfach aber ansprechend gestaltet.
Da der Roman als Tagebuch und dazu in der „Ich-Form“ geschrieben ist, habe ich schon nach wenigen Seiten das Gefühl, dass ich selbst der Verfasser bin. Einfühlsam, wortgewaltig und mit Liebe zum Detail beschreibt er den täglichen Ablauf unseres Protagonisten ohne jemals langweilig oder langatmig zu wirken.
So z.B.:
„Der Himmel ist grau wie Zement, die Wolken hängen tief, sodass man fürchtet, sich irgendwo weit entfernt am Horizont den Kopf zu stoßen“ (S. 26).
Großartig beschreibt Norbert Scheuer auch wie sich die krankheitsbedingten Anfälle seines Protagonisten ankündigen:
„Gestern hatte ich nach langer Zeit wieder einen epileptischen Anfall; er kündigte sich an wie ein Windhauch, als triebe ich an einem Sommertag auf einem Segelboot langsam aufs Meer hinaus“. (S. 39)
Er beschreibt die für Egidius immer schlechter und schwieriger werdende Situation im Dorf und den damit verbundenen Anfeindungen, parallel dazu das Leben seiner Bienen, so detailliert und kräftig, ja gefühlvoll und das Ganze völlig unaufgeregt und mit einer ganz leisen Stimme, dass es eine wahre Freude ist, es zu lesen. Wir tauchen tief ein in das Leben des Protagonisten und die damalige Situation zusammen mit den damit verbundenen Sorgen und Nöten der Menschen.
Mehr will ich über den Inhalt nicht verraten.
Die Danksagung am Ende ist meines Erachtens wichtig gelesen zu werden. Am Ende lässt mich das Buch nachdenklich, ja sogar ein wenig melancholisch, aber keineswegs traurig zurück. Ich wäre gern länger geblieben.
Eine ganz klare Leseempfehlung.