Es lebe das Matriarchat?!
Würdiges Ende für eine starke, ungewöhnliche Reihe mit taffen Charakteren und überraschenden Ideen, an die ich mich sicherlich noch lange positiv werde erinnern können und in die ich auch gerne wieder ...
Würdiges Ende für eine starke, ungewöhnliche Reihe mit taffen Charakteren und überraschenden Ideen, an die ich mich sicherlich noch lange positiv werde erinnern können und in die ich auch gerne wieder zurückkehre!
Über ein Jahr warte ich nun schon auf Fortsetzung und Finale der von mir geliebten Hexenherz-Welt... ENDLICH ist es so weit!
Und - das nehme ich gleich vorweg - die Zeit in Annaburg hat mir wieder ausgesprochen viel Freude gebracht! Ich liebe die Welt, die Monika Loerchner zeichnet; wie gekonnt sie latent und offen frauenfeindliche Vorurteile unserer Welt umdreht und überspitzt; sie der Lächerlichkeit freigibt und zeigt: Kein Mensch ist von Geburt an so und so; zu irgendetwas bestimmt und für etwas nicht "gemacht"!
Kein Schwarzweißdenken - weder bei "männlich" und "weiblich" noch bei "gut" und "böse"; das ist es, was mir an den Büchern so gefällt. Helena ist eine schwierige Protagonistin; manchmal unausstehlich und dann wieder mit starken, berührenden Momenten. Keine strahlende Heldin, sondern menschlich. Mit Fehlern, Ecken und Kanten. Eine Person, der ich die Widersprüche und Zweifel abnehmen konnte, mit der ich mitfühlen konnte - selbst wenn ich anderer Ansicht war! Der Reiz des Lesens ist für mich genau das: Die Welt aus anderen Perspektiven sehen und erleben zu können; was mir mit Helena hervorragend gelingt. Zumal ich die göttinliche, generisch feminine Sprache einfach feiere, die vor keinem Sprichwort oder Stereotyp halt macht!
Bis wenige Seiten vor Buchende war mir nicht klar, wie die Autorin hier alles auflösen und abschließen will; worauf es hinausläuft. Und was soll ich sagen?! Ein unerwartetes, ungewöhnliches und für einige Leser*innen bestimmt auch unbefriedigendes Ende - das mir jedoch außerordentlich gefiel! Ich empfinde es als passend, der Reihe gerecht werdend und realistisch, zugleich aber auch hoffnungsvoll. Gerechtigkeit und Gleichheit - bis dahin ist es ein weiter Weg; den zu gehen aber unerlässlich ist! Wenn das in unserer Welt nur auch so funktionieren könnte; Einsehen braucht Zeit, kommt aber und wird verkrustete Strukturen aufbrechen...
Zwischen Auftakt und Finale hätte dieser Band ein wenig mehr Action vertragen können, zugleich war es der Vertracktheit der Situation angemessen, Zweifeln und Ängsten, Hoffnungen und Wut Raum zu geben - eine Gesellschaft verändern oder gar stürzen zu wollen ist das eine, die Frage nach dem und dann oder dem großen Wie kommt in Dystopien häufig ärgerlich zu kurz, sodass es mir auch gefiel, hier mehr in die Prozesse eingebunden zu sein... Und da ich von Schreibstil und Sprache sowie Charakteren und der Ausgestaltung von Helenas Welt mehr als angetan bin, gibt es an der Stelle auch keinen Abzug.
Neben Helena konnte mich auch die schöne Heidrun, wie sie weit über die Grenzen von Annaburg ehrfürchtig genannt wird, nachhaltig beeindrucken mit ihrer Stärke, Lebensklugheit und ihrem Rückgrat, für das einzustehen, woran sie glaubt. Der Zwiespalt zwischen ihr und Helena; die Erkenntnis wie ähnlich sie sich sind, und das sie auf der gleichen Seite hätten stehen können... ein wahres Drama.
Nebenbei: Den Umgang mit der für Fantasy so obligatorischen Liebesgeschichte, oder in diesem Fall der Nicht-Umgang damit, finde ich stark und sowohl der Reihe als auch Helena entsprechend!
Kurzum, eine starke Reihe über weit mehr als Magie und Matriarchat, sondern eine Beschäftigung mit Gleichheit und Gerechtigkeit, Vorurteilen und Sprache. Keine runde, glatt gefeilte Geschichte sondern eine, die sich real und wirklich anfühlt; desillusioniert und zugleich auch Mut macht. Ich kann nur empfehlen, sich auf diese Welt und ihre Figuren einzulassen!