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SofieWalden

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Die Insel Juist, dicht gepackt mit Leben

Die vier Gezeiten
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Nun ist es endlich soweit, Eduard Kießling soll das Bundesverdienstkreuz bekommen, für seine Verdienste um das Fortkommen des Tourismus der Insel Juist und seiner Menschen, über eine so lange Zeit hinweg. ...

Nun ist es endlich soweit, Eduard Kießling soll das Bundesverdienstkreuz bekommen, für seine Verdienste um das Fortkommen des Tourismus der Insel Juist und seiner Menschen, über eine so lange Zeit hinweg. Seine Frau Adda und die vier Töchter bemühen sich, es wirklich zu seinem Tag werden zu lassen. Das Bild einer stolzmachenden Vorzeigefamilie, das versuchen sie auch und gerade zu diesem Fest zu wahren, denn der Familienpatriarch, er hat es ja wirklich verdient. Doch dann betritt ein unerwarteter Gast 'die Szene', Helen, eine junge Frau, Adda wie aus dem Gesicht geschnitten und sie fordert ein, Aufklärung. Und die Fassade bröckelt. All die Geheimnisse, die hinter den Gesichtern der einzelnen Familienmitglieder zurückgehalten werden, all die 'Verbrechen', die da mitsamt dieser ehrenwerten Gesellschaft im Raum sitzen, sie verschaffen sich nun Gehör, mal mehr, mal weniger, auf die ein oder andere Weise. Da geht es um die Geschichte ihrer Insel, den Nationalsozialismus, der auch hier in den 1930er Jahren seine Wege fand, später um DDR-Aspekte, um Enteignung und das Flüchten müssen und dann weiter, hin zu den Themen unseres Heute, wie dem Umweltschutz. Und dazu gibt den ganz großen Block der persönlichen Dramen mit großen Gefühlen, und dem, was daraus entsteht bzw. wer darunter zu leiden hat.
Das, zusammengenommen, wäre wohl Stoff für eine mehrbändige Inselsaga gewesen, aber hier muss alles hinein in einen Rahmen, der einfach nicht genug Platz bietet, um sagen zu können, dass die Geschichte so ganz hundertprozentig funktioniert. Es funktioniert, aber eben nicht so stimmig, wie es die Ambitionen der Autorin verdient hätten. Der Roman bietet durchaus gute, ansprechende Unterhaltung. Der Funke aber springt vor allem beim Drumherum so richtig über, dem Flair der herrlichen Insel Juist, das die Autorin so wunderbar authentisch und voller echter Verbundenheit zu diesem meerumspülten Eiland, eingefangen an.
Ein Roman mit besonderen Stärken.

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Eine sehr vorsichtige zarte Annäherung an ihren Vati

Vati
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Die Familienerinnerungen der Autorin Monika Helfer beschäftigen sich in ihrem neuesten Buch, wie es der Titel ja schon sagt, mit ihrem Vater, der von seinen Kindern Vati genannt werden wollte, weil er ...

Die Familienerinnerungen der Autorin Monika Helfer beschäftigen sich in ihrem neuesten Buch, wie es der Titel ja schon sagt, mit ihrem Vater, der von seinen Kindern Vati genannt werden wollte, weil er meinte, das sei modern. Auch die anderen Verästelungen der Familie, wie die Herkunft ihrer Eltern und die vielen Onkel und Tanten, werden mit aufgenommen in diese Erzählung. Aber die entscheidende Figur ist eben dieser Josef, ihr Vater, der aus ärmlichen Verhältnissen kommend, das Gymnasium besuchen durfte und dessen Hoffungen auf ein Studium und vielleicht ein anderes Leben, wie es denn dann gekommen ist, schon früh zerstört wurden, als er, kurz vor der Matura, im 2. Weltkrieg als Soldat an die Front geschickt wird. Zurück aus dem Krieg kam er mit einem erfrorenen Unterschenkel; die Zeit im Lazarett schenkte ihm seine erste Frau. Und mit, im wahrsten Sinne des Wortes, nichts, begann dann dieses, ihr Leben. Der Vater ist ein eigner Mensch, er redet nicht viel, aber was er ganz besonders liebt, sind Bücher. Diese Liebe begleitet ihn schon von Kind an und man merkt sehr bald, das diese Leidenschaft für das geschriebene Wort auch die Antwort darauf ist, warum es da diese besondere Beziehung gibt, zwischen Vater und Tochter und sich die Autorin hier auf so fast schon vorsichtige Art an das herantastet, was und wer ihr Vater ist. Man merkt, sie möchte sein Andenken auf keinen Fall verletzen, nicht urteilen, aber sie möchte, geradezu sehnsüchtig, verstehen. Ob es ihr persönlich so gelungen ist, wie sie es sich gewünscht und vorgestellt hat, kann ich nicht beurteilen. Ich für meinen Teil fand das Buch auf jeden Fall lesenwert. Ein bisschen mehr Direktheit und das ein oder andere Mal etwas mehr eigene 'Haltung' hätte ich begrüßt, aber bei einer so persönlich gehaltenen Geschichte möchte ich das auch nicht als Wertung verstanden wissen. Dieses Buch ist anders, ein eher kleineres Bändchen Literatur und auf jeden Fall ein Leseangebot, das man nicht ausschlagen sollte.

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Veröffentlicht am 02.01.2021

Tierisches klingelt an der Tür und herein kommt, ganz langsam, das Leben

Mookie – Weihnachten mit Schwein
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Mookie ist ein Schwein und steht, eingepackt in ein mit Luftlöchern versehenes Postpaket, vor einer Tür, vor Joachims Tür. Ein etwas skurriles Geschenk zu Weihnachten, würde man denken, doch Mookie ist ...

Mookie ist ein Schwein und steht, eingepackt in ein mit Luftlöchern versehenes Postpaket, vor einer Tür, vor Joachims Tür. Ein etwas skurriles Geschenk zu Weihnachten, würde man denken, doch Mookie ist mehr, nämlich die Eintrittskarte für eine Freifahrt zurück ins Leben. Seit Monaten verkriecht sich Joachim in seinen vier Wänden und ertränkt seine Depressionen im Alkohol. Er war wahrscheinlich noch nie ein sonderlicher Menschenfreund, aber jetzt verschließt er sich vollends, auch vor allen Versuchen, ob seitens der Mutter oder des bester Freundes, ihn aus seiner Krise heraus zu holen. Täglich wird er bitterer und das seine Exfreundin ein neues Glück gefunden hat, macht das Ganze nicht besser, jede Menge Selbstmitleid inklusive. Aber dann kommt Mookie, Absender unbekannt. Joachim ist nicht erfreut über dieses Geschenk, aber immerhin passiert mal etwas. Erst lernt man sich langsam kennen, aber dann kommt sehr bald die Frage auf, woher ist das Schwein. Und das erste Mal seit langem ergreift Joachim die Initiative und macht sich auf, um eine Antwort darauf zu finden, natürlich mit Mookie im Schlepptau, sprich an der Leine. Und, nur der Vollständigkeit halber, Madelaine, gerade eben so kennengelernt, ist die Dritte im Bunde. Auf seiner Suche trifft Joachim auf jede Menge Leute, die mit ihm, meist sehr geduldig und freundlich, was man von Joachim selbst erst einmal wirklich nicht sagen kann, ernste, humorvolle, tiefsinnige und auch mal schräge Gespräche führen und damit auch den Gesamttenor der Geschichte widerspiegeln.
Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Es ist alles sehr echt und, das hier vielleicht als kleine Warnung, eher unweihnachtlich dazu, bis auf ein kleines Happy End, aber eben nur ein kleines.
Und mit dem Fest der Liebe hat diese Geschichte nur insoweit zu tun, dass man vielleicht am Ende darüber nachdenkt, ob man seinem einsamen Nachbarn nicht ein bisschen mehr wie nur ein 'Frohes Weihnachten' über den Gartenzaun hinüber, schenken könnte.

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Veröffentlicht am 29.12.2020

Das Mädchen Johanna und ein erster Schritt auf dem Weg, kein Kind mehr zu sein

Elchtage
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Die Sommerferien sind vorbei und Johanna geht jetzt in die siebte Klasse. Eigentlich nichts besonderes, aber die Veränderungen in ihrem Umfeld bringen doch ein wenig Traurigkeit und Verunsicherung in ihr ...

Die Sommerferien sind vorbei und Johanna geht jetzt in die siebte Klasse. Eigentlich nichts besonderes, aber die Veränderungen in ihrem Umfeld bringen doch ein wenig Traurigkeit und Verunsicherung in ihr Leben. Ihre beste Freundin Sandra, mit der sie in den Ferien noch viel Zeit in der selbstgebauten Waldhütte verbracht hat, wendet sich nun einer Gruppe von Mädchen zu, die sich stylen und für die Jungs das Hauptthema ist. Für Johanna ist das einfach nichts und so verbringt sie ihre Zeit alleine in der Natur. Dort trifft sie auf eine Elchkuh, die schnell sehr zutraulich wird. Doch dann ist diese eines Tages verschwunden und Johanna wird bewusst, das das Tier jetzt, in der Zeit der Jagd, in Gefahr sein könnte. Als sie dann jedoch auf Six trifft, einem recht eigenen Jungen, gerät dies in den Hintergrund, denn sie mag diesen Six gleich sehr.
'Elchtage' ist eine sehr nette, ruhige Geschichte über ein junges Mädchen und eine erste Liebe oder vielleicht eher einem Hauch davon. Sie ist berührend in ihrer Zuwendung sowohl erst zu einem Tier und dann, so ganz neu und wunderschön, hin zu einem anderen Menschen. Das Ende ist allerdings ein wenig abrupt und, positiv ausgedrückt, sehr offen. Als Erwachsenem kommt es einem so vor, als hätte die Autorin auf den letzten Metern 'die Geduld mit der Geschichte verloren' und so lässt das Buch einen dann doch ein wenig enttäuscht zurück. Ein bisschen mehr Konkretheit, in welche Richtung auch immer, hätte man der jugendlichen Leserschaft ruhig schenken können. Sie hätte es der Erzählerin mit einem weit besseren Gefühl für diese Geschichte gedankt.

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Veröffentlicht am 18.12.2020

Mexiko in seiner ganzen realen Härte und ein Thriller dazu

Der erste Tote
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Das auch privat verbandelte Reporterpaar Andrew und Carlos findet auf dem Rückweg von Reportagerecherchen über die Fracking-Industrie des Landes, die Geschichte spielt im touristisch ach so schönen Mexiko, ...

Das auch privat verbandelte Reporterpaar Andrew und Carlos findet auf dem Rückweg von Reportagerecherchen über die Fracking-Industrie des Landes, die Geschichte spielt im touristisch ach so schönen Mexiko, die schlimm zugerichtete Leiche eines jungen Mannes. Carlos, der taffere des Duos und zuständig für die visuellen Fakten, will noch ein paar Fotos schießen, als er von der gerade erschienenen Polizei mit robustem Körpereinsatz davon abgehalten wird. Wie sich später herausstellt, war der Tote Student und Führer einer Gruppe von Umweltaktivisten. Carlos, durch die Geschehnisse vor Ort angestachelt, will erfahren, was dahinter steckt und bezahlt dies, mit seinem Leben. Sein auch sonst eher zögerlicher Partner Andrew flieht, verängstigt und von der Trauer um seinen Freund überwäligt. Doch schon bald wird ihm klar, er muss herausfinden, was hier geschehen ist, für Carlos und auch für sich selbst.
Dieses Buch ist von einer so packenden Realität geprägt, von einer solchen Härte an echtem Leben in diesem lateinamerikanischen Land, dass einen das als Leser sehr 'mitnimmt'. Und das soll es ja auch, denn die auf dem Buchcover als Thriller ausgewiesene Geschichte ist eine vom Autor auch als solche angelegte Cronica, einer Art Dokudrama in Buchform, einer Mischung aus fiktionalem Roman und Reportage. Das ist an sich schon eine sehr interessante Sache und könnte der Geschichte noch eine Portion Spannung und Intensität mehr mit auf den Weg geben, aber in diesem Fall bremst der dokumentarische Teil die Handlung selbst etwas aus. Die beiden Teile treten sich sozusagen gegenseitig auf die Füße, was etwas schade ist, denn an sich stimmt ja alles, für sich gesehen. Aber das kommt sicherlich bei jedem Leser auch etwas anders an. Und da es sich hier um den ersten Band einer auf drei Teile angelegten Reihe handeln soll, macht es der Debütautor
Tim Macgabhann bei seiner Nummer Zwei einfach noch ein bisschen besser. Dann passt es auch für mich.

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