Absolut lesenswert!
In „Oha, können Sie denn auch operieren?“ erzählt eine junge Unfallchirurgin unter dem Pseudonym Dr.Lieschen Müller aus ihrem Klinikalltag als Ärztin in Weiterbildung.
Dabei geht sie wirklich sehr humorvoll ...
In „Oha, können Sie denn auch operieren?“ erzählt eine junge Unfallchirurgin unter dem Pseudonym Dr.Lieschen Müller aus ihrem Klinikalltag als Ärztin in Weiterbildung.
Dabei geht sie wirklich sehr humorvoll auf die Schwierigkeiten als Frau unter vielen Männern ein, beschreibt ihre eigenen Kategorisierungen von Ärzten und Patienten und typische Aufgaben, sowie die körperlichen und psychischen Belastungen durch Konkurrenzkampf, Druck, 100-Stunden-Wochen mit 24-Stunden-Diensten mit denen sie zu kämpfen hatte. Außerdem erläutert sie die Hierarchie und Bürokratie in Krankenhäusern. Am Ende geht sie besonders auf die wirtschaftliche Seite, die damit verbundenen Zwänge und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Dabei kommt auch ihre persönliche Entwicklung und medizinische side facts nicht zu kurz.
Mir hat die Chronologie des Erzählten gefallen, aber auch die zwischenzeitlichen aspektorientierten Einschübe (ja, ich habe in der Schule aufgepasst😂) haben immer gepasst und ich konnte problemlos folgen. Generell fand ich den Einstieg in das Buch sehr angenehm und der Schreibstil hat mich schon von Anfang an mitgerissen. Alles war verständlich, weil Fremdwörter oder fachspezifische Begriffe erklärt wurden. Durch die treffende Ironie war es auch direkt sehr lustig und ich wollte unbedingt wissen, wie sich die Assistenzärztin mit Kollege McSexy, Oberarzt SuperWichtig und Co. weiter schlagen würden. Zum Ende hin fand ich dann aber, dass die Spannung leider abgenommen hat, da es einige Wiederholungen gab und die wirtschaftlichen Aspekte für mein Empfinden etwas zu tief behandelt wurden. Abgesehen davon war ich aber von dem Fokus regelrecht begeistert, da keine unnötigen Nebeninformationen erläutert wurden.
Dr. Lieschen Müller beschreibt ehrlich, direkt und gnadenlos, wie sie die Arbeit im Krankenhaus fertig gemacht hat. Für mich war es schockierend und erschreckend diese Probleme nochmal so persönlich zu erfahren, aber allen Lesern sollte auch klar sein, dass das nur eine Sicht der Dinge ist. Zum Glück gab es auch noch einen runder Epilog, der mir wieder etwas Hoffnung gemacht hat haha.
Da ich gerade selber im Krankenhaus arbeite konnte ich die Einteilungen sogar auf die Ärzte übertragen, die ich getroffen habe, was mich das ein oder andere Mal zum schmunzeln gebracht hat. Wie gut, dass das unter der Maske niemandem aufgefallen ist hehe🤫😷 Zugegebenermaßen mochte ich das Buch wegen meines persönliches Bezuges wahrscheinlich lieber, als wenn ich gar keine Anhaltspunkte gehabt hätte.
Ein unterhaltsames und noch lehrreicheres Buch, was sich auch an Leute richtet, die gar nichts mit dem medizinischen Fachbereich zu tun haben, denn das Gesundheitssystem ist für Jeden von uns relevant!