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Veröffentlicht am 02.08.2021

"Wer den Tod nicht versteht, kann das Leben nicht verstehen"

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Wenn ich den E-Reader mitsamt „Das Buch des Totenbändigers“ am liebsten mit unter die Dusche geschleppt hätte um weiterzulesen, dann war es ein verdammt gutes Buch! Der erste Teil der neuen Reihe aus der ...

Wenn ich den E-Reader mitsamt „Das Buch des Totenbändigers“ am liebsten mit unter die Dusche geschleppt hätte um weiterzulesen, dann war es ein verdammt gutes Buch! Der erste Teil der neuen Reihe aus der Feder von Oliver Pötzsch rund um den Polizeiinspektor Leopold von Herzfeldt, den Totengräber Augustin Rothmayer und die Telefonistin Julia Wolf hat mich erstklassig unterhalten - genau meine richtige Mischung zwischen Humor, Spannung und Recherche zu treffen, ist bei mir alles andere als leicht - aber Oliver Pötzsch hat es mit seiner Darstellung von Wien auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert geschafft.

Dienstmädchen werden grausam ermordet, eines nach dem anderen - alles deutet auf einen Serienmörder hin. Die Wiener Polizei ist in Aufruhr!

Leopold von Herzfeldt ist ein „Piefke“ wie er im Buche steht. Den Begriff musste ich übrigens auch erst mal wieder aus meinem Gedächtnis ausgraben ;) Ein wenig zu sehr von sich selbst überzeugt, lupenreines Hochdeutsch sprechend und oben drein noch ein brillanter Ermittler, der die „neumodischen Methoden“ schätzt - da lässt man den Neuen gern mal auflaufen in der Polizeiinspektion in Wien. Besonders da er gleich in der ersten Szene raushängen lässt, dass er alles ein bisschen anders macht als seine Kollegen, als er an den Tatort kommt und zuerst seinen Tatortkoffer und Kamera auspackt. Ich habe Leo wirklich geliebt. Er ist so oft gestolpert, hat sich aber immer wieder aufgerappelt und sein Revers gerade gerückt um weiter zu machen!

Die Spannung kommt in dieser Geschichte garantiert nicht zu kurz. Ob ich nun an Leos Seite über Akten gebrütet und über diese langweilige Tätigkeit geflucht habe, oder ob ich mit dem gebildeten Totengräber Augustin über den Wiener Zentralfriedhof gestreift bin, war eigentlich gleich. Pötzsch schafft eine Atmosphäre, die immer spannend und faszinierend bleibt. Gleichzeitig wirkt es authentisch. Die Figuren und das brodelnde Wien mit seinem typischen Dialekt. Ich habe zwischenzeitlich sogar nach der ein oder anderen neuen Errungenschaft der damaligen Zeit gegoogelt, weil sie mich nicht losgelassen hat. Für mich war das Wien im Aufbruch zu spüren, mit dem verbissenen Willen nicht abgehängt zu werden von der Welt und trotzdem noch Wien zu bleiben, wie die Einwohner es kennen.

Augustin Rothmayer stellt einen herrlich vielschichtigen Charakter dar - denkt man zuerst, dass dass er der typische gruselige eigenbrötlerische Totengräber ist - eine Figur am Rande der Gesellschaft, entpuppt er sich doch als ein Mann, der Geige spielen kann und eine wissenschaftliche Bibliothek sein Eigen nennt - und ein Buch über die Totengräberei schreibt, und zugleich noch viel (Galgen)Humor besitzt. Das macht ihn für mich zu einem ziemlich genialen Charakter.

Pötzsch hat ein geniales Händchen dafür, mich zwischen die Seiten zu saugen. Unversehens finde ich mich dann auf den Wiener Straßen, in Ballsälen oder Gräbern wieder - der Roman hat mich bis spät in der Nacht wach gehalten und mich gleich am nächsten Morgen, nachdem ich über dem Reader eingeschlafen war, wieder nach dem Gerät greifen lassen.

Ich hätte noch viel länger in Zeit in Wien verbringen können, viel länger den Zentralfriedhof erkunden - und war regelrecht empört, als die Geschichte ihr Ende fand. Sie hat mich einfach exzellent unterhalten - und ich freue mich darauf, im nächsten Jahr einen weiteren Ausflug nach Wien zu unternehmen.

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Veröffentlicht am 27.03.2021

Besonders!

Das Flüstern der Bienen
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Melancholisch, hoffnungsvoll, traurig, süß und witzig und voller kleiner und großer Wunder – ich glaube, es ist zu sehen, wie tief ich mit diesem Buch mitgefühlt habe und wie stark der Protagonist mein ...

Melancholisch, hoffnungsvoll, traurig, süß und witzig und voller kleiner und großer Wunder – ich glaube, es ist zu sehen, wie tief ich mit diesem Buch mitgefühlt habe und wie stark der Protagonist mein Herz berührt hat. Denn das hat er – das hat er wirklich.



Der Roman ist eine Erinnerung – und diese Erzählstruktur bringt es mit sich, dass eben nicht schön und entspannt nach der Reihe erzählt wird. Der Leser springt im Leben des eigentlichen Protagonisten und der Erinnerung von ihm an Erzählungen an die Zeit davor hin und her und verliert trotzdem nicht den roten Faden, der sich klar mit Simonopio und seinen Bienen und seiner Gabe der Voraussicht durch das gesamte Buch zieht – das ist eine Gabe, die die Autorin so gut einzusetzen weiß und die neben anderen Dingen das Buch für mich zu einem kleinen Juwel macht. Ihr Schreibstil liest sich so flüssig und samtig wie guter Honig, und sie versteht es, den Leser zu fesseln und um den Finger zu wickeln.



Das Buch spielt Anfang des 20. Jahrhunderts in Mexiko – Simonopio wird als Baby von einer Nana gefunden, über und über mit Bienen bedeckt. Er geht eine Symbiose mit ihnen ein, die im Buch nicht näher erläutert wird, die die Figuren mit anfänglichem Entsetzen, später mit zunehmendem Gleichmut hinnehmen. Gerade weil es nicht näher erläutert wird, hat das Buch für mich eine mystische Komponente und die Bienen werden spielend zu einem wichtigen Teil der Geschichte wie die menschlichen Figuren.



Was hat mich nun so fasziniert? Es ist unglaublich schwer zu beschreiben: Simonopio und die Figuren um ihn herum, besonders der kleine Sohn des Hacienda-Besitzers Francisco, strahlten so viel Wärme und Lebensfreude aus, sie wirkten echt und real und mussten auf hartem oder leichtem Weg die Lektionen des Lebens lernen. Ich habe ihre Angst, ihre Trauer, ihre unbändige Lebensfreude und die feinen Misstöne des Zusammenlebens gespürt und die Dramatik, die das Leben manchmal schreibt, am heftig klopfenden Herzen gefühlt. Es war einfach so berührend, es fällt mir unglaublich schwer, es in andere Worte zu kleiden. Das Buch hält so viele Wahrheiten bereit, erhebt aber nicht den mahnenden Finger, nein, so nicht. Mir kamen Gedanken in den Sinn, die nur zwischen den Zeilen stehen: Gedanken über Vergebung, Freundschaft, Abschied, Verlust und lose Fäden, die am Ende wieder verknüpft werden.



Sofia Segovia hat für mich ein tolles Setting erschaffen, ich fühlte mich zuhause auf der Hacienda zwischen den Orangenbäumen und Zuckerrohrfeldern, in der sengenden Hitze und dem Geruch nach Honig. Und das ist das wichtigste.

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Veröffentlicht am 23.01.2021

Tolles Debüt, das mit überzeugenden Figuren aufwartet

Feuer & Schatten
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Zens Welt gerät aus den Fugen, als er ein nächtliches Gespräch in der Feuergilde, seiner Heimat seit vielen Zyklen, belauscht. Er muss fliehen, verfolgt von Häschern, die seinen Tod wollen. Plötzlich kämpft ...

Zens Welt gerät aus den Fugen, als er ein nächtliches Gespräch in der Feuergilde, seiner Heimat seit vielen Zyklen, belauscht. Er muss fliehen, verfolgt von Häschern, die seinen Tod wollen. Plötzlich kämpft er nicht mehr nur gegen seine Feinde und um sein eigenes Leben, sondern auch um das Leben seiner Freunde und um das Schicksal eines ganzes Reiches.


Empfohlen wurde mir dieses Schmuckstück von Laurasgardenof_books. Du weißt nicht wie dankbar ich dir bin ;) Mit „Feuer und Schatten“ liefert Kai Herrdum sein Debüt ab - und was für eins. Das Debüt-Label habe ich „Feuer und Schatten“ auf keiner Seite angemerkt. Kai muss den ersten Band der „Andral Chroniken“ nicht vor anderen großen deutschen Fantasyplayern verstecken.

Er hat mich schon mit seinem Prolog gepackt - das stilistische Mittel, das er nutzt um dem Prolog einen Rahmen zu geben, hat mich erstaunt und gepackt. Er zeigt schon zu Beginn, dass er mit der Sprache spielen kann, dass sie ihm gehorcht - und dieses hohe sprachliche Level behält er über die gesamten 560 Seiten bei.

Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt: Da hätten wir Zen, den Lehrling der Feuergilde, der kurz vor seiner Prüfung steht. Seido, ein Magier der Wassergilde, der nach Anerkennung strebt und große Ziele vor Augen hat und schließlich Thoran Leinenhand, Wachhauptmann, Vater und Freund, und den Überlebenden, Taubenfreund und Stadtstreicher: Ihre Wege überkreuzen sich, das ist wahr, aber keiner der Protagonisten ist nur Mittel zum Zweck um die Handlung voran zu bringen. Ich habe sie alle lieb gewonnen und fieberte mit ihnen. Mein Herz klopfte und ich hoffte und bangte (ja, selbst um die Taube!).

Die Geschichte stellte sich als überraschend erwachsen heraus. Alle Protagonisten sind „angekommen“, haben zu Anfang ein Ziel vor Augen und einen klaren Blick auf die Welt. Genau das, was ich bei manch anderen Büchern vermisse. Keine Sorge, die Figuren geraten in genügend Schwierigkeiten für drei Leben ;) Das Beziehungsgeflecht der Figuren war dementsprechend nicht mit einer rosaroten Brille versehen.

Kais Stil und die Figuren haben mich durch das Buch getragen. Durch düstere Gänge und dichte Wälder, an den Rand großer Seen und durch enge Gassen und durch viele spannende Szenen. Der Autor sorgte dafür, dass ich oft atemlos an den Seiten klebte, fluchte und an den Nägeln knabberte.

Was bleibt mir zu sagen, außer dass ich vom zweiten Band, der im Mai erscheinen soll, viel erwarte und viele Fragen an das Buch habe. Habe ich mich in das Buch verliebt? Ja! <3

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Veröffentlicht am 13.10.2020

Eindringliche, exzellent ausgearbeitete Story

Zwei Leben in einer Nacht
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Zwei Leben in einer Nacht von Carolin Wahl

Eine Challenge, zwei verzweifelte Seelen und eine einzige Nacht, die das Ende, die Erlösung, die Freiheit bringen soll. Sam und Caspar haben sich zuvor nie ...

Zwei Leben in einer Nacht von Carolin Wahl

Eine Challenge, zwei verzweifelte Seelen und eine einzige Nacht, die das Ende, die Erlösung, die Freiheit bringen soll. Sam und Caspar haben sich zuvor nie getroffen, erst in dieser einen Nacht, zusammengebracht von Ghost - dem Admin des Challengeforums, auf das sie gestoßen sind. Den Sonnenaufgang wollen beide nicht mehr erleben, aber sie wollen laut aus dem Leben gehen. Frei sein. Regeln und Normen brechen.

Ich war neugierig. Ich habe zuvor schon Bücher von Carolin Wahl verschlungen - ihr Fantasydebüt und ihren Jugendthriller - mit „Zwei Leben in einer Nacht“ wendet sie sich jedoch einer ernsteren Thematik zu, einer, die noch viel zu sehr unter den gesellschaftlichen Teppich gekehrt wird - da es nicht in unsere normierte, leistungsorientierte Welt passt, keinen Platz hat - Suizid. Was muss ein Mensch durchmachen, was muss er fühlen, um solche Gedanken zu hegen? Wie weit muss er diesen düsteren Weg gehen, um über die Länge des Seiles und den optimalen Abstand zum Boden zu googeln. Es ist ein schwieriges Thema, ein Thema, das viele gerne umgehen oder an das sie nur rudimentäre Gedanken verschwenden. Auch ich - gerade deshalb finde ich die Themenwahl von Caro so mutig - es ist verdammt schwer, offen über solche Gedanken zu reden - oder über die Schuldgefühle derjenigen, die zurückbleiben. Es ist nicht leicht, ohne weiteres Hilfe zu finden.

„Zwei Leben in einer Nacht“ ist ein Einzelband - bisher Caros kürzestes Buch. Ich habe aber keine zusätzlichen Seiten vermisst. Man spürt, wieviel Schweiß und Herzblut sie in das Buch gesteckt hat und das jedes Kapitel wohl überlegt ist. Die Autorin hat auch nur eine sehr kurze Zeitspanne gewählt, um die Geschichte zu erzählen. Eine einzige Nacht - untergliedert in Sams und Caspars Perspektive, ein paar Chats von „Deathwish“ und einen Epilog. Gerade die Kürze der Geschichte gibt der Handlung einen besonderen Reiz. Caro Erzählt ohne Ausschweifungen, sie kommt schnell zum Punkt - und umso schockierender ist der Punkt für den Leser. Trotzdem hatte ich das Gefühl, das die Autorin wirklich tief in Sam und Caspar eintaucht, ohne dem Leser ihre Psyche auf einem Silbertablett zu servieren und so die Spannung aus der Geschichte zu nehmen. Nein, die Spannung, die sich am Anfang bedrückend aufbaut, steigert sich kontinuierlich.

Die Grundstimmung ist bedrückend - eindringlich. Der Leser weiß, dass es nicht einfach nur ein Treffen von Freunden ist, sondern dass die Nacht nie wieder kommen wird. Allein dieser Fakt verleiht dem Buch eine hohe Brisanz.

Deathwish ist ein Forum, worin Jugendliche von Ghost ein Datum genannt bekommen, an dem sie zu zweit vier Challenges bestehen und dann Suizid begehen sollen. Ghosts Identität bleibt zunächst rätselhaft, doch der Leser fühlt sich förmlich genötigt dazu, herauszufinden, wer hinter dem Nickname steckt.
Auch Sams Hintergründe möchte der Leser ergründen, wer ist diese Jugendliche mit den traurigen Augen, die zusammen mit Caspar am Ende der einen Nacht nicht mehr Leben will? Vor allen Dingen, da sie zu Beginn ein paar positive Erinnerungen dem Leser Preis gibt? Was hat sie an den Punkt getrieben. Bei Caspar habe ich ein paar Seiten mehr gebraucht, um Zugang zu ihm zu finden und ihn ein bisschen zu knacken. Er sehnt sich nach der Freiheit von Normen und Zwängen, nach der Freiheit, nicht ständig jemanden gefallen zu müssen - für manche mag das „sich lossagen“ einfach sein, man kann doch schließlich ganz einfach sein eigenes Ding machen, aber an seinem Beispiel sieht man, dass es auch nicht so einfach sein kann, seinem Leben eine andere Richtung zu geben.

Das Buch ist spannend, beklemmend, ernst - aber auch leicht und sarkastisch - schließlich haben Sam und Caspar nichts mehr zu verlieren - was kümmern sie also die verdammten Regeln? Ich wurde durch das Buch getragen. Caros Stil ist eindrücklich und bildhaft, sodass man sich nach kurzer Zeit in der Gefühlswelt von Sam und Caspar bewegt. Ganz großes Kino - ich hätte die beiden am liebsten in den Arm genommen. Die Wendung im letzten Drittel des Buches ist übrigens auch nicht von schlechten Eltern.

Alles in allem ein wichtiges Buch, eines, das ich jedem ans Herz legen würde - denn es lässt einen nach der letzten Seite so nachdenklich und erschüttert zurück. A

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Veröffentlicht am 22.04.2020

Transkontinental

Royal Blue
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Royal Blue von Casay McQuiston

Was tut man, wenn durch einen kleinen internationalen Tortenzwischenfall die Beziehung zwischen dem United Kingdom und den USA auf dem Spiel steht? Klar, denkt sich Alex. ...

Royal Blue von Casay McQuiston

Was tut man, wenn durch einen kleinen internationalen Tortenzwischenfall die Beziehung zwischen dem United Kingdom und den USA auf dem Spiel steht? Klar, denkt sich Alex. Dann muss ich wohl mit meinem Erzfeind, Prinz Henry, zum Schein Freundschaft schließen. So schwer wird’s doch wohl nicht sein! Aber als Alex merkt, dass sich hinter dem zweidimensionalen Prinzen mehr verbirgt, ist er erschüttert, und er bringt Henry auch mehr Gefühle entgegen als er eigentlich wollte. Werden die beiden in dieser transkontinentalen Beziehung glücklich werden? Und was bedeutet ein bisexueller Präsidenteninnensohn für die demokratische Wiederwahl?

Das Buch zog mich magisch an. Wer mich kennt, der weiß das ich hin und wieder zu solchen Büchern greife, fernab von Fantasy oder historischen Bezügen. Diese Standalone zog mich vor allen Dingen wegen dem Mix aus einer queeren Beziehung und amerikanischer Politik an. Natürlich gehe ich nicht davon aus, dass die gesamte Bandbreite der US-Politik darin wiedergegeben wird, noch das ich nach der Lektüre darüber bescheid weiß. Wäre ja auch noch schöner, aber die Beziehung vor dem Hintergrund der amerikanischen Politik hat mich persönlich schon sehr gereizt.
Also nahm ich das Buch zur Hand – ich bin mir nicht einmal mehr sicher, was ich für Erwartungen gehegt habe. Wahrscheinlich fluffige, wie ich zugeben muss. Der Einstieg an sich war mir etwas überhastet, wie lernen Alex, den Präsidentinnensohn und seine Familie kennen plus die Security und dann geht es auch schon über den großen Teich, um einer royalen Hochzeit beizuwohnen. Ich glaube, ich habe die ersten fünfzig Seiten unter dem Jet -Lag gelitten. Hochzeit, Tortencrash, gespielte Freundschaft – und mitten drin Alex, der Protagonist, mit dem ich mich zuerst anfreunden musste. Alex Carmen-Diaz – dem die Mädchen zu Füßen liegen und der hart schuftet für seine eigenen politischen Ziele. Doch nachdem ich den Jet-Lag überwunden hatte, kam er mir auf einmal ganz charmant vor – und ich konnte ihn … verstehen? Ja – seine Angst, einen falschen Schritt zu tun, seinen Willen, ein eigenes Leben zu führen, ja – plötzlich hat er mir sein Herz geöffnet – und Henrys gleich als Dreingabe. Ich mochte das Buch nicht aus der Hand legen, wollte immer wissen, was die beiden als nächstes für Höhen und Tiefen erleben – garniert mit wunderbaren Nebencharakteren. Einer Schwester zum Pferdestehlen, treuen Freunden und Angestellten, auf die man sich verlassen kann. Ich war ein Teil dieser Einheit – und der Stil der Autorin kam mir plötzlich nicht mehr überhastet vor, sondern genau richtig, farbenfroh und bunt und plastisch. Die Schauplätze waren greifbar nahe, die seltenen, kostbaren Momente der Freiheit und Ungezwungenheit fieberte ich regelrecht herbei. Weißt du noch, Alex? In dem Club? Oder am See? Die Szenen verfolgten mich auch noch Tage später! Und so soll ein Buch sein!
Auch der politische Hintergrund fügte sich gut in den Plot ein – Politik und Privates waren von Anfang an zu einem festen Strang verflochten, sodass man beides nur schwer trennen konnte. Ich wollte es auch gar nicht – die politische Ebene verlieh dem Buch noch einmal eine ganz andere Art von Tiefe, die meiner Ansicht nach sinnvoll und nachvollziehbar war.

Ich könnte jetzt hier einen viertel Punkt abziehen für den Jetlag-Beginn, hier einen halben für das ständig wechselnde Setting. Pustekuchen – fest steht, „Royal Blue“ hat mich zum Lachen und zum Weinen, zum Giggeln und Fluchen gebracht – und es steht für mich für eine fluffige Welt, in die ich irgendwann auch zurückkehren möchte. Natürlich ist es ein bisschen fluffig – das stört mich aber in diesem Fall nicht, weil Alex und Henry einfach nur Charaktere zum Niederknien sind, zu Freunden für mich geworden sind.

Deshalb vergebe ich fünf Sterne.

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