Streitbar par excellence
Das Setting ist ein sehr traditionell anmutendes galizisches Dorf. Die raue, stets alkoholisierte Männerwelt bestimmt das Leben auf dem Land. Zu den Mahlzeiten trifft Man(n) sich bei Álvaro in der Kneipe, ...
Das Setting ist ein sehr traditionell anmutendes galizisches Dorf. Die raue, stets alkoholisierte Männerwelt bestimmt das Leben auf dem Land. Zu den Mahlzeiten trifft Man(n) sich bei Álvaro in der Kneipe, regelt seine Probleme mit der Faust. Erst abends nach der Arbeit kehrt man heim. Frauen dagegen führen ein Leben im Hintergrund, treten kaum in Erscheinung.
Auf ihrem Weg zum Meer kommt Suiza in diese für sie unwirtliche Gegend. Die Männer halten dem Atem an. Mit ihren rotblonden Haaren, ihrem blaßen Teint, ihrer Zartheit verdreht Suiza, ohne es zu wollen, sofort allen den Kopf. Der Großbauer Tomás kann sich überhaupt nicht bremsen. Er fragt nicht, er flirtet nicht, er nimmt sie einfach. Die Gewalt, die dabei im Spiel ist, stößt mich ab. Gleichzeitig ist die Geschichte wie ein Sog. Ich kann nicht ganz einordnen, woran das liegt, vermutlich weil Suiza nicht bei erster Gelegenheit wegrennt. Was lässt sie bei ihm bleiben, obwohl sie doch ans Meer wollte?
Im weiteren Verlauf nähern sich Tomás und Suiza einander an, ein gewisser Ausgleich findet statt. Trotzdem verharrt Tomás in seiner patriarchalen Welt und ordnet Suiza in diese ein. Auch die Gewalt beim Sex bleibt erhalten. Selbst in Situationen, wo Suiza ihn zu sexuellen Handlungen animiert, bestimmt Tomás auf brutale Weise das Geschehen. Suiza lässt es geschehen, scheint sogar Gefallen daran zu finden.
Es ist eine amour fou. Wie ein Drogensüchtiger ist Tomás darauf angewiesen, seine unbändige Lust auszuleben, seine Gier nach ihr zu stillen. Suiza gibt sich Tomás körperlich hin, ist häuslich, tut alles, um ihrem Mann zu dienen. Sie betet ihn förmlich an. Ist es eine Liebe, die unterschiedliche Schwerpunkte setzt, die emanzipierte Erwartungen ignoriert oder ist es ein Abhängigkeitsverhältnis? Das muss letztlich jede(r) Leser*in selbst entscheiden.
Wenngleich ich manch beschriebene Handlung ablehne, hat mir der Roman selbst doch sehr gut gefallen. Die durchgehend geschürte Hoffnung auf ein anderes Ansehen Suiza’s im Dorf und ihre Besserstellung in der Beziehung zu Tomás hatten eine äußerst anziehende Wirkung auf mich. Ergänzt wird das Vergnügen durch eine ganz wunderbar bildhafte Sprache, die sich sogar den einzelnen Blättern des Waldes widmet.