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Veröffentlicht am 18.03.2021

Etwas überladen

Zugvögel
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Die Vorstellung, dass mit dem Fortschreiten des Kllimawandels unsere Erde still wird, weil es keine Vögel mehr gibt und auch die meisten anderen Tiere ausgestorben sind oder zumindest kurz davor stehen ...

Die Vorstellung, dass mit dem Fortschreiten des Kllimawandels unsere Erde still wird, weil es keine Vögel mehr gibt und auch die meisten anderen Tiere ausgestorben sind oder zumindest kurz davor stehen für immer von unserem Planeten zu verschwinden, ist einfach furchtbar.

In ihrem Debütroman "Zugvögel" entwirft die australische Autorin mit irischen Wurzeln, Charlotte McConaghy, genau dieses leider gar nicht so undenkbare dystopische Szenario.

In dieser Zeit, nicht fern der unseren lebt Franny Lynch. Sie fühlt sich von jeher mit der Natur, dem Meer und besonders den Vögeln verbunden, die sie erforscht hat ohne je studiert zu haben. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, dem vermutlich letzten Vogelflug der Küstenseeschwalben auf ihrem weiten Weg von der Arktis in die Antarktis zu folgen. Nachdem sie die Vögel mit Peilsendern ausgestattet hat, gelingt es ihr eine Passage auf einem der selten gewordenen Fischerboote zu bekommen, indem sie den Kapitän überzeugt, dass ihre Mission auch den Fischern dienlich ist. Das Meer ist zwar quasi leergefischt, was Fischer und Umweltschützer immer wieder aneinandergeraten lässt, aber den Vögeln auf ihrerr Route zu folgen, heißt auch ihre Nahrungsquelle, die Fische zu finden.

Es beginnt eine abenteuerliche Reise, wobei es der Autorin eindrucksvoll gelingt die Schönheit der Natur zu beschreiben und gleichzeitig immer wieder auf ihre Zerstörung durch den Menschen hinzuweisen.

"Gerade jetzt sterben wieder Tausende von Spezies, ohne dass ihnen jemand Beachtung schenkt. Wir rotten sie aus. Lebewesen, die gelernt haben, alles und jedes zu überleben, alles nur nicht uns."

Mit der Protagonistin und den Nebenfiguren hatte ich allerdings meine Schwierigkeiten. Franny trägt eine komplizierte Familiengeschichte und jede Menge psychologischer Probleme mit sich herum. Sie ist nicht gerade eine Sympathieträgerin, genauso wenig wie die Mitglieder der grummeligen Schiffscrew mit dem eigenbrötlerischen Kapitän Ennis Malone, der mich ein bisschen an Kapitän Ahab in Moby Dick erinnerte. Franny und Ennis ist ihr unbändiger Freiheitsdrang gemein. Beide sind sie Getriebene,die ihre Leidenschaft und Liebe zur Natur verbindet und die im normalen Leben kaum zurechtkommen.

Charlotte McConaghy arbeitet immer wieder mit Zeitsprüngen, und zu den Hintergründen von Franny's Geschichte werden nur kleinste Andeutungen eingestreut, was natürlich einen Sog erzeugt, immer weiter lesen zu wollen, um diese rätselhafte Frau am Ende endlich zu verstehen.

Begeistert hat mich die poetische Sprache und die Beschreibungen der Natur, der interessante und fazinierende Plot. Für meinen Geschmack wollte die Autorin aber einfach zu viele Themen in ihrem Roman unterbringen, so dass ich ihn auch als überladen empfunden habe. Für mich war "Zugvögel" aber auf jeden Fall ein beeindruckender literarischer Debütroman mit kleinen Einschränkungen, den ich gerne gelesen haben und deshalb auch gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 26.02.2021

Der lange Weg zurück ins Leben - ein ganz besonderer Roadtrip

Marianengraben
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Da hat sich die junge Autorin Jasmin Schreiber (Jahrgang 1988) ein wirklich schweres Thema für ihren Debütroman vorgenommen. Über Tod und Trauer und das Weiterleben nach dem Verlust eines geliebten Menschen ...

Da hat sich die junge Autorin Jasmin Schreiber (Jahrgang 1988) ein wirklich schweres Thema für ihren Debütroman vorgenommen. Über Tod und Trauer und das Weiterleben nach dem Verlust eines geliebten Menschen zu schreiben, und das Ganze noch so zu verpacken, dass man positiv aus der Geschichte geht, ja zwischendurch auch mal schmunzeln, sogar lachen kann, ist schon eine Kunst.

Zum Inhalt: Paula's geliebter kleiner Bruder Tim ist mit gerade einmal 10 Jahren gestorben und das zerreißt seiner Schwester das Herz, Sie hat Depressionen und ist deswegen auch schon in Therapie. Das Grab von Tim kann sie nicht besuchen. Auf dem Friedhof sind ihr einfach zu viele Menschen, deren Nähe sie nicht erträgt. Ihr Therapeut rät ihr trotzdem zum Friedhofsbesuch, aber vielleicht zu einer Zeit, in der weniger Menschen unterwegs sind. Also bricht Paula nachts auf das Friedhofsgelände ein und ist aber wider Erwarten nicht allein, sondern trifft auf Helmut, einen alten Mann, der sich mit einem Spaten am Grab gegenüber zu schaffen macht. Hier kreuzen sich die Lebenswege einer jungen Frau, die jeglichen Lebensmut verloren hat, mit dem eines alten Mannes, der schon viele Verluste erleben musste und noch so einiges zu erledigen hat. Die beiden finden sich nur wenig später auf einem besonders langsamen Roadtrip zusammen, der gleichzeitig intensive Trauerarbeit ist.

Zugegeben ich hatte so meine Startschwierigkeiten mit diesem Buch. Skurile und überzeichnete Figuren mag ich in der Regel überhaupt nicht. Helmut war schon extrem übellaunig und knurrig und die Aktion auf dem Friedhof natürlich etwas schräg. Er ist mir dann aber immer mehr ans Herz gewachsen und man merkt im Laufe der Reise, wie die beiden Hauptakteure des Romans gegenseitig voneinander profitieren. Das hat mir sehr gefallen. Paula steckt irgendwie in ihrem Leben fest. Vor lauter Trauer kommt sie mit ihrer Doktorarbeit nicht voran und hat sich sehr in sich selbst zurückgezogen. In Helmut findet sie einen Menschen, der sie versteht, weil er Ähnliches durchgemacht hat. Auch von Tim erfahren wir viele kleine, liebenswerte Geschichten. Er hat das Meer geliebt und wollte am liebsten mal in der Tiefsee forschen,um einen Fisch zu entdecken, dem er dann seinem Namen geben könnte, einen Tim-Fisch sozusagen.

Der Marianengraben, Titel des Buches und mit 11 000 Metern tiefste Stelle des Weltmeeres, symbolisiert Paula's Trauer. So sind die Kapitel mit Tiefenangaben gekennzeichnet, und im Laufe des Buches taucht Paula langsam aus ihrer Trauer auf an die Oberfläche und zurück ins Leben. Eine tolle Idee!

Neben den menschlichen Akteuren gibt es noch zwei tierische Begleiter auf diesem Roadtrip. Ein Hund und ein Huhn bringen etwas Leichtigkeit in die Geschichte.

Mir hat der Roman von Jasmin Schreiber gut gefallen. Das Zusammenspiel zwischen Jung und Alt ist hier wirklich gelungen, und Helmut hat für Paula und die Leser eine ganze Menge Lebensweisheiten im Gepäck. Mit Paula bin ich leider nicht so ganz warm geworden.

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Veröffentlicht am 31.01.2021

Das Leben in all seinen Facetten

Die Mitternachtsbibliothek
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Mit riesigen Erwartungen habe ich den neuen Roman von Matt Haig zur Hand genommen, denn bisher haben mir alle Bücher, die ich von ihm gelesen habe ausgesprochen gut gefallen.

Matt Haig schreibt sehr eingängig ...

Mit riesigen Erwartungen habe ich den neuen Roman von Matt Haig zur Hand genommen, denn bisher haben mir alle Bücher, die ich von ihm gelesen habe ausgesprochen gut gefallen.

Matt Haig schreibt sehr eingängig und fantasievoll, immer auch mit einer Prise britischem Humor und schafft es seinen Figuren soviel Gefühl einzuhauchen, dass man die Empfindungen seiner Protagonisten als Leser absolut nachfühlen kann. So ging es mir auch mit "Die Mitternachtsbibliothek". Hier geht es um Nora Seed, Mitte 30, die genug vom Leben hat. Sie glaubt in ihrem Leben alles verpfuscht zu haben, was nur möglich war, und ist fest davon überzeugt, dass sie besser sterben sollte. Es würde sie sowieso keiner vermissen. Diese depressiven Passagen sind so eindringlich geschrieben, dass sie mich ebenfalls runtergezogen haben. Man merkt, dass der Autor seine eigenen Erfahrungen mit Depressionen in diesen Roman mit einfließen lässt.

Als Nora ihrem Wunsch zu sterben schließlich nachgibt, landet sie in einer Zwischenwelt, die sich als Bibliothek darstellt, in der ihre frühere Schulbibliothekarin Mrs Elm das Regiment führt. Sie fordert Nora auf genau darüber nachzudenken, welche Entscheidungen sie in ihrem Leben bereut. Hätte sie in ihrem Leben anders entschieden, hätte sich ihr Leben zweifellos anders entwickelt. In der Mitternachtsbibliothek eröffnet sich für Nora die Chance alternative Leben auszuprobieren, um das Leben zu finden, dass sie wirklich führen möchte. Die Buchidee fand ich toll, und ich kann mir vorstellen wieviel Spaß Matt Haig beim Schreiben der folgenden Kapitel gehabt hat, denn hier konnte er sich in seiner Kreativität voll austoben, was wiederum den Leser erfreut. Trotzdem hat er es hier auch ein bisschen übertrieben. Es gab tatsächlich ein Kapitel, dass ich nur noch überflogen habe. Der Fortgang des Roman's, der optimistische Ausblick auf das Leben und die gelungene Auflösung der Geschichte haben mich aber wieder versöhnt, so dass ich das Buch sehr gerne weiterempfehle. Mir jedenfalls gefallen besonders auch die Ausflüge in die Philosophie in diesem Buch, die auch zum Reflektieren des eigenen Lebens einladen.

Vielleicht wird das Buch ja demnächst verfilmt, was ich mir auf jeden Fall auch gut vorstellen könnte.

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Spannender 1. Teil der Westpreußen-Saga

Die Frauen von Gut Falkensee
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Inspiriert durch Erzählungen ihrer Großmütter und ihrer Großtante hat Luisa von Kamecke ihre Westpreußen Saga entworfen, wobei auch ihre Mutter mit ihren Erinnerungen immer wieder Ideen beigesteuert hat. ...

Inspiriert durch Erzählungen ihrer Großmütter und ihrer Großtante hat Luisa von Kamecke ihre Westpreußen Saga entworfen, wobei auch ihre Mutter mit ihren Erinnerungen immer wieder Ideen beigesteuert hat. Beginnend im Jahre 1904 erstreckt sich der Roman über 5 Jahre, in denen wir als Leser in das bewegte Leben der Familie von Bargelow auf Gut Falkensee eintauchen dürfen.

Wir lernen die Familie zu einem Zeitpunkt kennen, wo es um das wirtschaftliche Überleben des Familiensitzes geht. Frisches Kapital ist unbedingt von Nöten um einen Ruin noch abzuwenden, und da beide Töchter des Hauses, Charlotte und ihre jüngere Schwester Alice im heiratsfähigen Alter sind, liegt die Lösung der Probleme auf der Hand. Alice hat schon einen Mann gefunden, den sie heiraten möchte, Charlotte, die nach einem Auslandsjahr aus Paris zurückkehrt, erklärt sich zähneknirschend mit einer arrangierten Ehe zur Rettung von Gut Falkensee einverstanden, obwohl sie kurz vor der Hochzeit den Mann kennenlernt, der ihr Herz wirklich höher schlagen lässt, der aber als Ehemann nicht in Frage kommt.

Charlotte ist eine sehr fortschrittliche, selbstständige Person. So hat sie sich bei ihrem Kunststudium in Paris immer wieder in die für sie viel interessanteren Vorlesungen über Agrarwirtschaft geschlichen. Die Konventionen ihrer Zeit legen ihr sprichwörtlich ein Korsett an, in das sie so gar nicht passen will. Ihre Schwester Alice ist das komplette Gegenteil und wünscht sich nichts mehr als einem hochherrschaftlichen Haushalt vorzustehen und das Geld ihres Mannes auszugeben. Und dann gibt es da noch den kleinen Bruder Frederick, der zum Leidwesen der Familie sehr kränklich ist und liebevoll von dem Kindermädchen Hedi umsorgt wird. Ich wurde beim Leser immer wieder an Downton Abbey erinnert. Auch in Luisa von Kamecke's Geschichte verlagert sich der Blickpunkt immer mal wieder in den Dienstbotentrakt und man bekommt als Leser ein gutes Gefühl für die hierarchischen Strukturen der damaligen Gesellschaft. Am Anfang eines jeden Kapitels steht nicht nur ein Datum, sondern auch die Person, aus deren Sicht dieses Kapitel erzählt wird. So gibt die Autorin ihrer Geschichte eine Struktur, an der sich der Leser gut orientieren kann. Ihr eingängiger Sprachstil und die liebevoll gezeichneten Figuren machen diesen historischen Roman zu einer guten, unterhaltsamen Lektüre, in die ich regelrecht versinken konnte. Die Historie selbst, die Polen, ein Volk, denen man ihr Heimatland genommen hat, kommt mir allerdings etwas zu kurz.

Der Roman endet mit einem Cliffhanger, und so darf man gespannt sein wie es im 2. Teil dieser interessanten Familiensaga weitergeht.

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Veröffentlicht am 21.01.2021

Im Hier und Jetzt leben

Das Gewicht von Seifenblasen
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In "Das Gewicht von Seifenblasen" von Jessica Winter geht es um Liza und ihre Familie und eine Liebesgeschichte, die so gar nicht geplant und gewollt ist, da der Fokus ganz eindeutig auf Liza's kranker ...

In "Das Gewicht von Seifenblasen" von Jessica Winter geht es um Liza und ihre Familie und eine Liebesgeschichte, die so gar nicht geplant und gewollt ist, da der Fokus ganz eindeutig auf Liza's kranker Schwester Becca liegt und sie oberste Priorität haben sollte. Becca leidet an der unheilbaren Krankheit Mukovizidose, und so lange wie sie auf eine neue Lunge wartet, hat sich Liza ein eigenes Liebesleben eigentlich verboten. Natürlich kommt es anders, denn der junge Assistenzarzt River, der ausgerechnet in dem Haus wohnt, in das die Schwestern gerade einziehen, scheint genau der Herzensmensch zu sein, den Liza gerade braucht.

Nachdem ich Liza anfänglich bei dem Kennenlernen mit River in der Lobby des Hauses ein bisschen albern fand, auch wenn die Szene durchaus humorvoll geschildert wurde, war ich doch angenehm überrascht, dass die Geschichte sich für mich nicht als seichte Liebesgeschichte entpuppte. Der Leser lernt Liza schnell als warmherzigen, empathischen Menschen kennen, mit einem besonderen Verhältnis zu Becca, der von Geburt an kranken Schwester. Auch die Krankheit und deren Verlauf fand ich ausgesprochen realistisch wiedergegeben. Ich hatte selber eine liebe Freundin, die viel zu früh an dieser Krankheit gestorben ist. Ich fand es beeindruckend wie Liza sich um ihre Schwester gekümmert hat, ohne ihr ständig das Gefühl zu geben, dass sie die Kranke ist. Und Becca war eine Traumpatientin, fast immer positiv trotz ihres Schicksals und darauf bedacht jeden guten Moment im Leben auszukosten. Wenn man von einer Person lernen kann achtsam das Hier und Jetzt zu schätzen, dann von ihr.

Jessica Winter ist ein sehr emotionaler und berührender Liebesroman mit Tiefgang gelungen, der sich spritzig liest und den Leser auch manches Mal schlucken lässt. Dass sich Liza sofort in River verliebt, ist absolut nachvollziehbar, denn er ist ein Traum von einem Mann. Man kann aber auch gut nachvollziehen, dass sie zögert eine Beziehung mit ihm zu beginnen, denn Becca's Krankheitsverlauf entwickelt sich nicht so positiv wie es alle gehofft haben. Die Konflikte mit ihren Eltern hätten in der Geschichte vielleicht noch etwas mehr Raum bekommen können. Auch River's Probleme mit seinem Vater sind mir zu sehr am Rande behandelt worden. Ansonsten bin ich aber wirklich begeistert von dem Buch und habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.

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