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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Früchte des verbotenen Baumes

Stumme Hechte
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„Stumme Hechte“ ist bereits der vierte Fall für den Berliner Kult-Kommissar Martin Nettelbeck. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ...

„Stumme Hechte“ ist bereits der vierte Fall für den Berliner Kult-Kommissar Martin Nettelbeck. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Rainer Wittkamp geht gleich in medias res: Eine Kugel, die einen Schädel durchschlägt! Mord oder Selbstmord? Vier hohe Tiere bei der Polizei machen Männerurlaub. Nun liegt einer von ihnen tot im Morast und die anderen werden verdächtigt, ihren Kollegen getötet zu haben. Wo liegt das Motiv?
Nettelbeck ist total verschnupft, zudem hat er mit privaten Problemen zu kämpfen: Die kleine Tochter seiner Lebensgefährtin Philomena wurde entführt. Der Leser fiebert mit Efua Marie mit, ob sie gerettet wird. Nettelbeck hingegen möchte man zurufen: Lass das mal die Frauen machen! Denn nicht nur Irina Eisenstein, die Freundin von Nettelbecks Partner Wilbert Täubner, ist wieder mit dabei, sondern auch Kriminalrätin Jutta Koschke ist zurück im Dienst.
Lange stoßen Nettelbeck und sein Team auf eine Mauer des Schweigens. Angeblich war der Tote durch und durch korrupt. Zudem soll er ein Verhältnis mit der Frau eines Kollegen gehabt haben. Es wird ermittelt, manch falsche Fährte begangen, überraschende Nebenwege tun sich auf und führen schließlich auf Umwegen zum Ziel, der sogenannten Wahrheit. Im Fall der kleinen Efua Marie führt die Spur zurück in die Vergangenheit. Zum Glück erinnert sich Nettelbeck rechtzeitig…
Entführung, Mord und Selbstmord. Viel Lokalkolorit und Atmosphäre. Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Nettelbecks Privatleben nimmt wieder einen breiten Raum ein. Doch das Thema Posaune, war mir diesmal etwas ‚too much‘. Auch die fein dosierte Bissigkeit aus „Kalter Hund“ und „Frettchenland“ kommt hier für meinen Geschmack ein bisschen zu kurz.

Fazit: Eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Gut, für mich aber nicht das beste Buch aus dieser Reihe!

Veröffentlicht am 06.02.2021

Mensch oder Maschine?

DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021
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In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Tag und Nacht arbeitet er an DAVE, einer künstlichen Intelligenz (KI). Bis Syz eines Tages „befördert“ wird und sich bei ihm erste Zweifel regen. ...


In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Tag und Nacht arbeitet er an DAVE, einer künstlichen Intelligenz (KI). Bis Syz eines Tages „befördert“ wird und sich bei ihm erste Zweifel regen.
DAVE von Raphaela Edelbauer ist keine leichte Kost. Ein düsteres Szenario, das die Autorin sich ausgedacht und mich an Orwells „1984“ erinnert hat. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist ein Zitat von T.S. Eliot:
„We shall not cease from exploration. And the end of all our exploring will to be to arrive where we started and know the place for the first time.“
Vieles hat mir gefallen. Das Thema KI an sich, auch das Zeitgeschichtliche, die Anfänge der Digitalisierung, fand ich sehr informativ. Der Ich-Erzähler Syz, der eine schlimme Kindheit hatte. Aber vieles war mir zu philosophisch. „Wer bin ich - und wenn ja wie viele?“ Nein, ich habe das Buch von Richard David Precht nicht gelesen. Aber ich denke, der Titel passt.
Dazu die vielen Namen und Fremdwörter. Ich mag da auch nicht immer alles gleich nachschlagen. Denn das stört meinen Lesefluss. Was also ist die Moral von der Geschicht‘? Ist es möglich, dass eine Maschine so etwas wie ein Bewusstsein entwickelt? Neu ist die Idee ja nicht. Das Ende hat mich nicht überrascht. Es ist logisch. Alles andere hätte nicht gepasst.

Fazit: Ein interessantes Buch, das den Leser fordert. Aber so richtig mitreißen konnte es mich nicht. 3,5*

Veröffentlicht am 09.01.2021

Mehr Jugendbuch als Thriller?

Der Mädchenwald
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Für die 13-jährige Elissa ist Schachspielen das wichtigste Hobby. Auf das bevorstehende Schachturnier freut sie sich daher besonders. In einer Pause geht sie zum Auto ihrer Mutter, kehrt aber nicht zurück. ...


Für die 13-jährige Elissa ist Schachspielen das wichtigste Hobby. Auf das bevorstehende Schachturnier freut sie sich daher besonders. In einer Pause geht sie zum Auto ihrer Mutter, kehrt aber nicht zurück. Elissa verschwindet spurlos. Detective Superintendent Mairéad MacCullagh ermittelt.
Inzwischen ist klar, dass Elissa entführt wurde und in einem dunklen Keller gefangen gehalten wird. Elijah lebt mit seinen Eltern im Wald. Eines Tages entdeckt er Elissa. Das Mädchen schöpft neue Hoffnung. Wird Elijah ihr helfen?
Die Story wird aus drei Perspektiven erzählt:
Einmal aus Elissas Sicht, die mir mit Abstand am besten gefallen hat. Sie wirkt sehr erwachsen für ihr Alter und macht das Beste aus ihrer Situation. Elissa ist sehr gut gezeichnet, mit ihr konnte ich mitfiebern.
Mit Mairéad bin ich nicht richtig warm geworden, sie ist eine Ermittlerin, die große private Probleme hat. Sie bleibt blass, von ihren Problemen mal abgesehen.
Elijahs Strang wird in der Ich-Perspektive erzählt, ihn konnte ich lange nicht einordnen. Es ist klar, dass er ein Geheimnis hütet, erst im Verlauf hatte ich eine Ahnung, in welche Richtung es geht.
Die Handlung läuft eher langsam an. Die Story ist zwar interessant, aber nicht wirklich spannend. Erst gegen Ende, als sich endlich eine heiße Spur ergibt, kommt Spannung auf. Die Twists im letzten Drittel haben mich überrascht.

Fazit: Das Buch hat mich nicht vom Hocker gehauen. Aber das letzte Drittel reißt es raus.

Veröffentlicht am 03.11.2019

Eine verstörende Geschichte

Blood Orange - Was sie nicht wissen
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Alison hat alles. Einen treusorgenden Ehemann, eine bezaubernde Tochter und eine Karriere als Anwältin. Gerade hat sie ihren ersten Mordfall erhalten. Aber Alison trinkt zu viel. Sie vernachlässigt ihre ...


Alison hat alles. Einen treusorgenden Ehemann, eine bezaubernde Tochter und eine Karriere als Anwältin. Gerade hat sie ihren ersten Mordfall erhalten. Aber Alison trinkt zu viel. Sie vernachlässigt ihre Familie und hat ein Verhältnis mit einem Kollegen. Doch irgendjemand weiß Bescheid. Denn Alison bekommt anonyme SMS.
Alisons Mordfall weist erstaunliche Parallelen zu ihrem eigenen Leben auf. Auch in Madeleines Ehe stand es offenbar nicht zum Besten. Edwin war ein Kontrollfreak. Immer wieder misshandelte er Frau und Sohn. Hat Madeleine ihn deshalb erstochen?
"Blood Orange - Was sie nicht wissen" ist das Debüt der britischen Schriftstellerin und Anwältin Harriet Tyce. Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Perspektive aus Sicht von Alison. Eine wendungsreiche Geschichte, die nach kleinen Anlaufschwierigkeiten deutlich an Tempo zulegt.
Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Alison kommt mega unsympathisch rüber. Professionell im Job, aber ihr Privatleben kriegt sie nicht auf die Reihe. Erst als sie unvermittelt an den Rand des Abgrunds getrieben wird, wächst sie über sich hinaus.

Fazit: Ein Buch, das häusliche Gewalt und Frauenfeindlichkeit thematisiert. Gut geschrieben, keine Frage. Aber auch vorhersehbar.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Was wäre, wenn…

Frei im Kopf
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„Frei im Kopf“, der Debütroman von Christina Reetz, ist die düstere Vision eines totalitären Überwachungsstaats, der den Menschen das Bedürfnis zum kritischen Denken und Hinterfragen nimmt.
Frei, weil ...

„Frei im Kopf“, der Debütroman von Christina Reetz, ist die düstere Vision eines totalitären Überwachungsstaats, der den Menschen das Bedürfnis zum kritischen Denken und Hinterfragen nimmt.
Frei, weil die Menschen ihr Gedächtnis in Mems, ähnlich einem Smartphone, ausgelagert haben. Erinnerungen werden geteilt und in der Cloud gespeichert. Alle sind irgendwie gleichgeschaltet, haben keine eigene Meinung mehr. Nichts wird mehr hinterfragt. Denn FB, Twitter & Co lügen nicht oder etwa doch?
Greta hat alles. Einen perfekten Partner, eine tolle Wohnung, einen gut dotierten Job und ist mehr als zufrieden. Bis sie eines Tages von Mo kontaktiert wird und sich bei ihr erste Zweifel regen…
Zitat: „Die Interaktion mit deinem Mem hat dich von Anfang an darauf gepolt, Informationen zu konsumieren. Wer aber nur noch konsumiert und nicht mehr produziert, dessen Gehirn wird zur Einbahnstraße, eingestellt auf Aufnahme.“
„Frei im Kopf“ spielt in einer nicht wirklich fernen Zukunft. Christina Reetz zeichnet in ihrem Roman ein düsteres, dennoch realistisches Szenario. Die beschriebenen Entwicklungen in der Technik befinden sich im Rahmen des Wahrscheinlichen. Mich hat die Geschichte ein wenig an 1984 von George Orwell erinnert. Gruselig!
Es geht um totale Überwachung und Kontrolle. Eine beängstigende Vision, die aber gar nicht so fern erscheint, wenn man bedenkt, wie transparent der Mensch durch das Internet und andere Überwachungsmechanismen bereits ist. Spannend geschrieben, keine Frage. Für einen Thriller hat mir jedoch der Thrill gefehlt. Zudem wird die Geschichte irgendwann vorhersehbar.
Mein Lieblingszitat: „Sicherheit vor dem System, Freiheit im Kopf!“ Für mich das genaue Gegenteil von „Frei im Kopf“.

Fazit: Spannende Zukunftsvision. Faszinierend und beklemmend zugleich!