Profilbild von Jackdeck

Jackdeck

Lesejury Star
offline

Jackdeck ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Jackdeck über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.02.2021

Glückskinder, der Krieg ist vorbei, die harten Jahre noch nicht

Glückskinder
0

Wenn man am Sonntagmorgen (halb 6) extra vor allen aufsteht um das Buch in Ruhe zu Ende zu lesen…
Ich muss gestehen das passiert mir nicht oft, aber beim Roman GLÜCKSKINDER von Teresa Simon schon.
Ein ...

Wenn man am Sonntagmorgen (halb 6) extra vor allen aufsteht um das Buch in Ruhe zu Ende zu lesen…
Ich muss gestehen das passiert mir nicht oft, aber beim Roman GLÜCKSKINDER von Teresa Simon schon.
Ein bewegendes Buch aus einer für mich, glücklicherweise, völlig weit entfernten Zeit.
München….Wir schreiben das Jahr 1945, der Krieg ist in den letzten grausamen Zügen. Ich lerne die junge Griet kennen, Zwangsarbeiterin und mit einem enormen festen Lebenswillen. Ihr Mantra um die Zeit zu überstehn: Ich. Bin. Griet. Van.Mook. Ich.Werde. Leben.
Sie wird nach dem Krieg im amerikanischen Sektor in eine Wohnung einquartiert, dort trifft sie auf Toni.
Toni ist ebenfalls im gleichen Alter wie Griet. Sie hatte Glück die Wohnung ihrer Tante, in der sie lebt, wurde von den Bomben verschont. Nun treffen in dieser Zwangs-WG viele unterschiedliche Charaktere aufeinander. Doch alle können ein von sich sagen, sie hatten Glück. Sie haben die grausame Nazi-Zeit überlebt, jede Seele trägt unterschiedliche Erlebnisse und erbarmungslose Schicksale in ihrem Koffer.
Der Krieg ist zwar vorbei, doch die Zeit danach ist geprägt von Hunger, Not und Überlebenskämpfen auf den Straßen.
Ich möchte nicht zu viel von Inhalt verraten, nur so viel die Charaktere erleben enorme Reifungen und Schicksalsschläge. Teresa Simon versteht die Personen zu formen und ihnen Schliff und Stil zugeben. Ebenfalls bemerkenswert die Beschreibung der Straßen von München und der neuwachsenden Kulturszene. Ein wirklich gelungenes Abbild der damaligen Zeiten und eine Mahnung (man kann es nicht oft genug sagen), dass sich solche furchtbaren Zeiten nie wiederholen.
Mehr als einmal hatte ich beim Lesen meine beiden Großmütter vor Augen, sie waren ungefähr so alt wie die beiden Hauptprotagonistinnen… in der Blüte der jungen, unbeschwerten Jahre, durch solche Zeiten zu gehen und sie zu überstehen, davor ziehe ich meinen Hut.

Ich bedanke mich aus tiefsten Herzen für dieses enorm bereichernde Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.01.2021

Anspruchsvoll

Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens
0

Wie immer fesselt Prechts Schreibstil, der Streifzug durch die Welt der Künstlichen Intelligenz unterhält und regt gleichermaßen zum Nachdenken an. Wenn Precht erklärt, wie eine KI die Welt "erleben" muss ...

Wie immer fesselt Prechts Schreibstil, der Streifzug durch die Welt der Künstlichen Intelligenz unterhält und regt gleichermaßen zum Nachdenken an. Wenn Precht erklärt, wie eine KI die Welt "erleben" muss oder wenn er aufzeigt, wie KIs sich für manche Forscher aus der Evolution natürlich ergeben, kann man nur Staunen, ob aus Faszination oder kopfschüttelnd. Es gelingt Precht zu zeigen, dass von den Maschinen zwar keine Gefahr à la "Terminator" ausgeht, dass sie jedoch Probleme schaffen, die wir ohne sie nie gekannt hätten. Das in meinen Augen spannendste Kapitel behandelt die Aspekte der moralischen Programmierung einer Maschine, wo Precht das klare und argumentativ sehr gut vorgetragene Fazit "geht gar nicht" ziehen muss. Auch die Darstellung der Unmöglichkeit eines wirklich sich durchsetzenden autonomen Autos kann mich überzeugen.
Precht wirkt auf einer eher persönlichen Ebene, die Politik erreicht er mit seinen Darstellungen leider nicht (sonst hätte sich nach seinem besten Buch, "Tiere denken", vieles am politischen Umgang mit Tieren ändern müssen), immerhin aber kann er bewirken, dass manch einer umdenkt - etwa, wie nach der Lektüre dieses Buchs, bei der Einstellung zur sakrosankt wirkenden Technologie, deren Verselbständigung zur KI, wie Precht eindringlich darstellen kann, alles andere als festgemeißelt ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.01.2021

Ein Garant für gute Lesezeit

Verbrechen
0

Faszinierend, wie Ferdinand von Schirach mit der Präzision und Kühle eines chirurgischen Skalpells sowohl inhaltlich als auch ethisch-moralisch die Vorgeschichte und den Kern realer Kriminalfälle herausarbeitet. ...

Faszinierend, wie Ferdinand von Schirach mit der Präzision und Kühle eines chirurgischen Skalpells sowohl inhaltlich als auch ethisch-moralisch die Vorgeschichte und den Kern realer Kriminalfälle herausarbeitet. Wie ein Absatz den Leser auf nächsten vorbereitet, wie logisch und folgerichtig ein Satz auf den folgenden zuläuft. Und bei aller Kühle und Sachlichkeit wird der tiefe Glaube des Autors an die Würde des Menschen deutlich. Ferdinand von Schirachs Intelligenz, gute Bücher zu schreiben, sucht derzeit unter deutschen Autoren ihresgleichen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.01.2021

Ich mag ihn einfach

Hamster im hinteren Stromgebiet
0

Einer meiner Lieblingsschriftsteller ist von Beruf Schauspieler. Nach vier großartigen, teils autobiographischen, Romanen bedarf Joachim Meyerhoff keiner großen Vorstellung mehr. Wenn also Meyerhoff ein ...

Einer meiner Lieblingsschriftsteller ist von Beruf Schauspieler. Nach vier großartigen, teils autobiographischen, Romanen bedarf Joachim Meyerhoff keiner großen Vorstellung mehr. Wenn also Meyerhoff ein neues Buch geschrieben hat, dann muß bei mir literarisch alles andere hintanstehen. Das ist nichts Neues.


Wie schon in den vier vorherigen Bänden von “Alle Toten fliegen hoch” erzählt Meyerhoff auch hier intelligent und mit viel Humor aus seinem Leben - obschon der Auslöser diesmal ein durchlittener Schlaganfall kurz nach dem 51. Geburtstag war.

Aber nicht nur der Schlaganfall und der daraus resultierende Krankenhausaufenthalt wird thematisiert, sondern - und das sind meines Erachtens auch die erzählerischen Höhepunkte - auch (in der Erinnerung verschüttete) Erlebnisse aus Meyerhoffs Leben, an die er sich (meist) gern erinnert und uns, seinen Lesern, davon erzählt. Der Mann, dessen funktionierender Teil des Gehirns denkt, fühlt, denkt, fühlt, hat keine Chance, den maroden Teil im hinteren Stromgebiet zu bewegen, seine Körperhälfte angemessen zum Funktionieren zu bringen. Noch. Und da ist schreckliche Angst, wie weiter machen? Einer, der an beiden Enden brennt, sich auf der Bühne bisher in den Rollen das ›Beuschel‹ rausgerissen hat, fragt sich, wie weiter?

Ein schönes Buch, bewegend, grauslich auch und lustig

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.01.2021

Film wurde sehr gut umgesetzt

Das Labyrinth des Fauns
0

Ich liebe den Film und diesmal gab es zuerst den Film und danach das Buch.Cornelia Funke schrieb „Das Labyrinth des Fauns“ auf Wunsch von Guillermo del Toro. Er bat sie, einen Roman zu seinem Film „Pans ...

Ich liebe den Film und diesmal gab es zuerst den Film und danach das Buch.Cornelia Funke schrieb „Das Labyrinth des Fauns“ auf Wunsch von Guillermo del Toro. Er bat sie, einen Roman zu seinem Film „Pans Labyrinth“ zu schreiben. Cornelia Funke ist seit langem ein großer Fan des Films und sagte gerne zu. Soviel zum Hintergrund des Buches und dessen Entstehungsgeschichte.

„Das Labyrinth des Fauns“ ist kein Kinderbuch. Die Geschichte ist grausam, nachdenklich und traurig. Mittendrin die 13 jährige Ofelia, welche mit ihrer hochschwangeren Mutter Carmen zu ihrem Stiefvater Hauptmann Vidal zieht. Um der Grausamkeit Vidals zu entkommen, flieht Ofelia in eine Phantasiewelt. Geführt von einer Fee gelangt Ofelia zu einem Faun. Dieser stellt Ofelia nacheinander drei Aufgaben. Ofelia soll diese Aufgaben lösen und damit beweisen, dass sie die lang verschollene Prinzessin seines Reiches ist, nach welcher der Faun schon so lange Jahre sucht. Als Prinzessin würde Ofelia in ein Reich gelangen, in dem alles besser ist, als in ihrem „echten“ Leben."Das Labyrinth des Fauns" von Cornelia Funke ist ein wunderschönes aber auch sehr trauriges und düsteres Märchen für Erwachsene. Der Schreibstil der Autorin ist echt klasse, sehr episch und fantasiereich. . Die Atmosphäre ist düster und beängstigend, ich kann sie förmlich spüren.
Beim Lesen bin ich gleichzeitig fasziniert und schockiert, ich muss einfach wissen, wie es weitergeht.

Die Charaktere sind lebendig und habe in meinem Kopf Gestalt angenommen. Ich habe Ofelia sofort in mein Herz geschlossen. Sie ist so mutig und tapfer, und dabei braucht sie doch auch Schutz vor dieser bösen Welt und besonders vor ihrem Stiefvater Vidal. Aber auch der Faun ist sehr sympathisch, obwohl man ihm ja nicht trauen soll. Und auch die Bösewichte sind gut beschrieben… Vidal ist der Böse und er wird nur mit negativen Charakterzügen beschrieben, an ihm ist nichts Sympathisches. Sogar seine Liebe zu seinem ungeborenen Sohn ist für mich nicht unbedingt positiv.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere