Spionageroman mit Spannungsauf- und -ab
GeigerDer Klappentext und die Leseprobe haben mich etwas in die Irre geführt, da man aufgrund dieser Informationen nichts davon ahnt, wie sehr man mit Politik, Spionage und Kaltem Krieg konfrontiert wird - meine ...
Der Klappentext und die Leseprobe haben mich etwas in die Irre geführt, da man aufgrund dieser Informationen nichts davon ahnt, wie sehr man mit Politik, Spionage und Kaltem Krieg konfrontiert wird - meine Erwartungen wurden leider nicht erfüllt.
So spektakulär das Buch auch beginnt – immerhin erschießt Agneta, eine alte Frau und Großmutter, nur aufgrund eines Anrufes kaltblütig ihren langjährigen Ehemann Stellan, der vor seiner Pensionierung ein allseits beliebter Fernsehmoderator war. Sie packt ihre Siebensachen und macht sich auf den Weg, um einen vor Jahrzehnten erhaltenen Auftrag auszuführen – so fulminant und actionreich endet es auch.
Aber zu diesem Ende muss man sich erst durchkämpfen, wenn man (so wie ich) an Politik, speziell an schwedischer Politik in der Nachkriegszeit, nicht wirklich sehr interessiert ist. Die politischen Hintergründe und Intentionen Schwedens zur Zeit des Kalten Krieges, die Haltung gegenüber der DDR usw. sind offensichtlich ausgiebig recherchiert. Wie viel davon Realität und wie viel der Fantasie des Autors entsprungen ist, war für mich nicht erkennbar. In die Handlung sind sehr detaillierte Informationen hinein verpackt. Ich fand es schwierig, die vielen Personen zuzuordnen, habe über so manche Passagen einfach hinweg gelesen. Die Spannung ging mir immer wieder verloren, obwohl es durchaus nicht an überraschenden Enthüllungen und Wendungen mangelt.
Im Prinzip werden zwei Handlungsstränge miteinander verbunden. Einerseits die Flucht von Agneta, die Frage nach ihrem Motiv, ihrer Aufgabe. Denn offensichtlich ist sie eine Spionin, eine Schläferin. Aber für wen oder gegen wen arbeitet sie? Andererseits die Ermittlungstätigkeit der Polizistin Sara, die ihre Kindheit im Haushalt von Agneta und Stellan verbracht hat und nun nicht nur skandalöse Dinge über diese stets angesehene Familie, sondern auch über ihr eigenes Leben ans Licht befördert und nebenbei mit beruflichen und privaten Problemen kämpft.
Was die Charaktere anbelangt, so ist vor allem Sara sehr eingehend dargestellt, in all ihren Gefühlen, Ängsten und Sorgen und ihrem unerschütterlichen Bestreben nach Gerechtigkeit. Meine volle Sympathie konnte sie mit ihren teils zu impulsiven, andere verletzenden Aktionen leider nicht gewinnen. Obwohl auch Agnetas und Stellans Eigenschaften im Zuge der Rückblicke auf ihr Leben beschrieben werden, blieb es ein oberflächlicher Eindruck.
Von den inhaltlich schwierigen Textpassagen abgesehen, liest sich das Buch recht flüssig, durch die gewisse Langatmigkeit ist es jedoch für mich (vom explosiven Ende abgesehen) kein Thriller, sondern primär ein Spionage-Roman.
„Geiger“ ist der Auftakt für eine Triologie. Ich bin mir noch nicht im Klaren, ob ich die Fortsetzung lesen möchte. Immerhin blieben am Ende Fragen offen, die mich neugierig machen …