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Veröffentlicht am 13.02.2021

Abwechslungsreicher, humorvoller Roman voller unerwarteter Wendungen, der die Lebenswirklichkeit einer 40-jährigen Singlefrau ohne erfolgreiche Karriere ehrlich, warmherzig und mit einer gehörigen Portion Selbstironie beschreibt

Je größer der Dachschaden, desto besser die Aussicht
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Penelope Stevens, genannt Nell, ist Anfang 40 und fühlt sich im Leben gescheitert. Das Büchercafé, das sie mit ihrem Verlobten in Kalifornien geführt hat ist Konkurs und die Beziehung zu Ethan an der Geschäftsaufgabe ...

Penelope Stevens, genannt Nell, ist Anfang 40 und fühlt sich im Leben gescheitert. Das Büchercafé, das sie mit ihrem Verlobten in Kalifornien geführt hat ist Konkurs und die Beziehung zu Ethan an der Geschäftsaufgabe zerbrochen. Nell kehrt wieder in ihre Heimat England zurück, wo ihre Freunde inzwischen alle verheiratet sind, Kinder und Eigentum haben. Nell dagegen wohnt fortan zur Untermiete in einem Zimmer in London und schlägt sich mit einem Job als Nachlassschreiberin durch. Dabei lernt sie die doppelt so alte Witwe Cricket kennen und freundet sich mit ihr an. Zusammen mit ihrem Podcast und ihrer täglichen Dankbarkeitsliste findet Nell neuen Mut und packt ihr Leben noch einmal von vorn an.

Das Buch ist äußerst unterhaltsam und voller Selbstironie geschrieben. Nell vergleicht sich mit anderen Frauen in ihrem Alter, blickt auf ihre beruflich und privat erfolgreichen Freunde und fühlt sich als Versagerin. So wirkt sie auf den Leser jedoch gar nicht. Nell ist ein authentisch gezeichneter Charakter, der sich von Rückschlägen nicht unterkriegen lässt, sondern nach vorn schaut. Auch wenn sie immer wieder mit sich und ihrem Leben hadert, ist sie ein grundsätzlicher positiver Mensch und hat das Herz auf dem rechten Fleck.
Der Roman ist voller witziger Dialoge und Gedanken von Nell - ob sie sich mit ihrem extrem umweltbewussten Vermieter einen Schlagabtausch liefert oder sich über die neue, neureiche Freundin Annabel ihrer ehemals besten Freundin Fiona ärgert.
Auch die ungewöhnliche Freundschaft zu Cricket wirkt nicht aufgesetzt. Während Nell der Witwe hilft, den Tod ihres Ehemanns zu verarbeiten, kann Nell von ihrer Lebenserfahrung profitieren. Beide werfen sie Ballast ab und haben auf diese Weise die Chance, Vergangenes versöhnlich hinter sich zu lassen.
Die neue Liebe, der Nell begegnet, macht nicht den Kern der Geschichte aus, was auch symbolisch dafür steht, dass es keine Schande ist, mit über 40 alleinstehend zu sein. Auch entwickelt Nell, die mit der Zeit merkt, dass das Gras auf der anderen Seite des Hügels nicht unbedingt grüner ist und das Leben ihrer Freunde nur augenscheinlich rosiger, wieder mehr Selbstvertrauen, so dass sie auch alleine durchs Leben gehen könnte.

"Je größer der Dachschaden, desto besser die Aussicht" ist wie der ungewöhnliche Titel ein abwechslungsreicher, humorvoller Roman voller unerwarteter Wendungen, der die Lebenswirklichkeit einer 40-jährigen Singlefrau ohne erfolgreiche Karriere ehrlich, warmherzig und mit einer gehörigen Portion Selbstironie beschreibt.
Bei allem Witz und Ironie kann man zwischen den Zeilen viele Wahrheiten erkennen, was dem Roman Tiefgang verleiht. Er handelt von Freundschaft und von einem "Happy (Neu-)Anfang" und davon sich nicht mit anderen Gleichaltrigen zu vergleichen, unnötig Druck aufzubauen und sich falschen Erwartungen zu unterwerfen. Denn das Leben ist so schon Herausforderung genug.
Der Schreibstil ist dabei so mitreißend, dass man auch über das ein oder andere Klischee getrost hinwegsehen kann.
Fazit: ein lebensbejahender und Mut machendes Buch - nicht nur für Frauen über 40.

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Veröffentlicht am 09.02.2021

"Was wäre wenn?" Zauberhafter Roman mit einer motivierenden Botschaft, dass das Leben viele Möglichkeiten bietet, die genutzt werden wollen

Die Mitternachtsbibliothek
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Nora Seed ist Mitte 30, als sie, gebeutelt von vielen Enttäuschungen in ihrem Leben, beschließt, zu sterben. Bevor sich der in diesem Moment sehnlichste Wunsch nach Erlösung erfüllt, befindet sich Nora ...

Nora Seed ist Mitte 30, als sie, gebeutelt von vielen Enttäuschungen in ihrem Leben, beschließt, zu sterben. Bevor sich der in diesem Moment sehnlichste Wunsch nach Erlösung erfüllt, befindet sich Nora in einer Zwischenwelt, der Mitternachtsbibliothek, wieder. Dort begegnet sie ihrer Schulbibliothekarin Mrs. Elm, die ihr von den Büchern erzählt, die jeweils für ein anderes Leben von Nora stehen. Ausgehend von dem Buch der Reue überlegt Nora, was sie in ihrem Leben gerne anders gemacht hätte und findet sich dann dort mit allen Konsequenzen wieder.

"Die Mitternachtsbibliothek" ist ein Buch, das sich mit der Frage "Was wäre, wenn?" beschäftigt. Es handelt davon, wie das Leben verlaufen wäre, wenn man an einer Stelle einen anderen Abzweig gewählt und andere Entscheidungen getroffen hätte. Diese Fragen stellt man sich in der Regel, wenn man mit seiner aktuellen Situation unglücklich oder unzufrieden ist, wenn man sich mit anderen Menschen vergleicht und neidvoll auf sie blickt.
Nora hat ihren Job verloren, hat kaum noch Familienangehörige oder Freunde, an die sie sich wenden kann, fühlt sich einsam und nutzlos und denkt deshalb, dass es das Beste ist, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Doch statt dem Jenseits erwartet sie eine zweite Chance. Sie bekommt die Möglichkeit, Entscheidungen, die sie bereut, rückgängig zu machen und anders zu treffen. In ihrem eigentlichen Leben hat sie ihr Potenzial aus Angst nicht ausgeschöpft. Sie hat weder die Möglichkeit ergriffen, mit ihrer Freundin einen Roadtrip nach Australien zu machen, mit ihrem Bruder den Traum einer Karriere als Rockstar zu verwirklichen oder erfolgreiche Olympiaschwimmerin zu werden. All diese Möglichkeiten, ihr Leben neu und zufriedenstellender zu leben, bieten sich ihr in der Mitternachtsbibliothek.

Als Leser begleitet man Nora auf ihren Reisen und fragt sich unweigerlich selbst, ob man in der Vergangenheit nicht auch schon Entscheidungen getroffen hat, die man gerne rückgängig machen würde und wie das eigene Leben dann aussehen würde.
Nora kann all diese alternativen Leben leben. Dabei ist es aufschlussreich, wie sie darüber nachdenkt und erkennt, was sie so unglücklich gemacht hat. Als sie dem Tod bei der Begegnung mit einem Eisbär in die Augen blickt, spürt sie, dass sie eigentlich noch gar nicht sterben möchte. Auch stellt sie fest, dass es Glück nicht ohne Traurigkeit geben kann, denn all ihre vermeintlich besseren Leben sind auch nicht perfekt. Auch wenn das Schicksal eine große Rolle spielt, sind es doch die eigenen Entscheidungen, die das Leben beeinflussen.
So bleibt zweifelhaft, ob es überhaupt EIN Wunschleben gibt, in dem man rundum glücklich ist und in dem man einen Sinn für sein Leben erkennen kann.

"Die Mitternachtsbibliothek" ist ein Roman für ein breites Publikum. Es handelt von einer andauernden Sinnsuche, von dem Streben nach Glück, von ungelebten Träumen, dem Mut zur Veränderung und der Erkenntnis, dass das Leben unendlich viele Möglichkeiten bietet, die nur genutzt werden wollen.
Trotz der Selbstmordgedanken, Melancholie und Einsamkeit Noras ist es kein schwermütiges Buch, sondern eines, dass das Leben feiert und motiviert, trotz aller Sorgen nicht zu verzagen, sondern Schwierigkeiten anzupacken und selbst eine Veränderung herbeizuführen.

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Veröffentlicht am 04.02.2021

"Verweigerung" handelt von der Suche nach Wahrheit, von einem Kampf um Gerechtigkeit, aber auch von rassistischen Motiven in der Justiz und der Macht von Laien

Verweigerung
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2009 verschwindet Jessica Silver, die Tochter eines reichen Geschäftsmannes, in L.A. spurlos. Der Afroamerikaner Bobby Nock, mit dem Jessica eine heimliche Affäre hatte, wird daraufhin wegen Mordes angeklagt. ...

2009 verschwindet Jessica Silver, die Tochter eines reichen Geschäftsmannes, in L.A. spurlos. Der Afroamerikaner Bobby Nock, mit dem Jessica eine heimliche Affäre hatte, wird daraufhin wegen Mordes angeklagt. Die Jury aus zwölf Geschworenen spricht ihn aus Mangel an Beweisen frei. Maya Seale hatte zunächst als einzige auf "nicht schuldig" plädiert und den Rest der Geschworenen letztlich von ihrer Ansicht überzeugen können.
Zehn Jahre später will das damalige Jury-Mitglied Rick Leonard Beweise gefunden haben, dass Bobby Nock zu Unrecht freigesprochen wurde. Er hatte nie an dessen Unschuld geglaubt. Die Beweise möchte er in einer Fernsehsendung enthüllen, doch dazu kommt es nicht mehr. Rick wird tot in Mayas Hotelzimmer aufgefunden und Maya gerät unter Mordverdacht.

"Verweigerung" ist ein Justizkrimi, der auf zwei Zeitebenen handelt. In der Vergangenheit wird der Gerichtsprozess gegen Bobby Nock - von der Auswahl der Geschworenen, über die Zeugenaussagen bis zum Urteil - geschildert. Die Gegenwart handelt von einem Wiedersehen der Jurymitglieder, das von Rick initiiert wurde und den Ermittlungen gegen Maya und ihrer Verteidigungsstrategie.
Beide Erzählstränge sind spannend, denn auch zehn Jahre nach dem Prozess ist unklar, was überhaupt mit Jessica geschehen ist. Eine Leiche wurde nie gefunden. Um sich adäquat verteidigen zu können und ein Motiv für die Ermordung von Rick zu finden, macht sich Maya zusammen mit ihrem Anwalt auf die Suche nach Bobby Nock und sucht nach Verdachtsmomenten bei den übrigen Geschworenen, um herauszufinden, wer Ricks Enthüllung hatte verhindern wollen. Durch den Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit und die Einblicke in die Leben der Jury-Mitglieder durch die Rückblicke auf den Prozess treten immer mehr Details zutage, die auf verdächtige Personen schließen lassen.

"Verweigerung" handelt von der Suche nach Wahrheit, von einem Kampf um Gerechtigkeit, aber auch von rassistischen Motiven in der Justiz und der Macht von Laien - willkürlich ausgewählten Bürgern, die in einer Jury zusammenfinden - die über Schuld und Unschuld eines Angeklagten entscheiden können. Es ist eine authentische Darstellung eines amerikanischen Gerichtsverfahrens und ein fesselnder Kriminalroman um die Aufklärung zweier spektakulärer Mordfälle. Um so ernüchternder ist es am Ende zu sehen, dass es nicht die Wahrheit ist, die für eine Form von Gerechtigkeit sorgt.

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Berührende Geschichte über eine Frau mit einer bewegten Vergangenheit, von der sie eingeholt wird und der sie sich stellen muss, um endlich neu anzufangen

Die Schwimmerin
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Elisabeth - Betty - Strissel ist 32 Jahre alt und wohnt frisch verheiratet mit ihrem Ehemann Martin in Essen. Die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit haben sie geprägt und sie dachte, dass sie nie ...

Elisabeth - Betty - Strissel ist 32 Jahre alt und wohnt frisch verheiratet mit ihrem Ehemann Martin in Essen. Die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit haben sie geprägt und sie dachte, dass sie nie wieder glücklich sein könnte. Das Kennenlernen von Martin war für sie ein neuer Anfang. Er ist ein guter Ehemann, der sie begehrt und bei Krupp eine gute Arbeit hat. Betty muss deshalb nicht mehr als Verkäuferin arbeiten und geht vormittags schwimmen. Das Gefühl von Freiheit im Wasser ist seit der letzten Weltkriegsjahre ein Segen für sie. Dort kann sie die Vergangenheit ausblenden und auch ihr düsteres Geheimnis vergessen - bis eines Tages Claudia an der Kasse im Schwimmbad sitzt und Betty seitdem zu verfolgen scheint.

"Die Schwimmerin" ist ein Roman, der auf zwei Zeitebenen handelt. Die Vergangenheit erzählt die Jahre von 1942 bis 1946, als die junge Elisabeth zusammen mit ihrer Mutter von Düsseldorf in das schwäbische Weilerbach flieht, wo sie nach kurzen Anpassungsschwierigkeiten tapfer ihren Weg geht. Ihre Mutter ist eine ängstliche Frau, um die sich Elisabeth mehr kümmert, als umgekehrt. Durch die Freundschaft zu Susanne, der Pfarrerstochter, findet Elisabeth eine Gemeinschaft, in der sie sich wohlfühlt. Sie verliebt sich in Susannes Bruder Rüdiger, mit dem sie die Liebe zur Literatur verbindet, der jedoch in den Krieg eingezogen wird.
1962 verdrängt Betty ihre Vergangenheit, die sie in Träumen und Erinnerungen jedoch immer wieder einholt. Insbesondere die Angst vor einer Diakonisse, die ihr die Luft zum Atmen nimmt, sitzt tief und lässt vermuten, dass Betty auch nach Kriegsende noch Schlimmes widerfahren sein muss.

Die Zeit während des Zweiten Weltkriegs, wobei der Krieg an sich in dem schwäbischen Dorf nicht so vordergründig ist, sondern mehr Elisabeths Erwachsenwerden, ihre Einsamkeit und ihr Drang nach Freiheit und Selbstständigkeit sowie der Wunsch nach Unabhängigkeit von ihrer schwachen Mutter, im Fokus der Handlung stehen, wird lebendig beschrieben. Aber auch die Lebenswirklichkeit einer Hausfrau in den 1960er-Jahren ist bildhaft und authentisch erzählt. Unterstrichen wird dies durch den mundartlichen Dialekt der schwäbischen Landbevölkerung, aber auch der städtischen Rheinländer, der in den Dialogen Verwendung findet.
Sowohl in die junge Elisabeth als auch die erwachsene Betty kann man sich als Leser*in gut hineinversetzen, auch wenn zunächst nicht bekannt ist, welche Ereignisse und welches Geheimnis Betty noch in der Gegenwart quält. Das Schwimmen als Symbol für ein Abtauchen und Flucht aus der Wirklichkeit ist sowohl auf beiden Zeitebenen präsent und als Bettys Schutzanker gut gewählt.

"Die Schwimmerin" ist ein Roman über eine junge Frau mit einer bewegten Vergangenheit, die ein Trauma verdrängt hat, dass sie nach der Heirat mit ihrem Mann, dem gegenüber sie sich nie geöffnet hat, einholt, und dem sie sich stellen muss, um tatsächlich endlich neu anzufangen.
Es ist eine berührende Geschichte, bei der der Wechsel zwischen den Zeitebenen wunderbar gelungen ist und bei der sich allmählich immer mehr Puzzleteile zusammenfinden, um Bettys Persönlichkeit und ihre verdrängten Ängste in Gänze zu erfassen.

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Veröffentlicht am 30.01.2021

packender Generationenroman mit bewegenden Frauenschicksalen

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
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Hannah Borowski ist 27 Jahre alt, hat Germanistik studiert und arbeitet gerade an ihrer Dissertation. Einmal in der Woche besucht sie ihre betagte Großmutter Evelyn, die seit zehn Jahren in einem Altersheim ...

Hannah Borowski ist 27 Jahre alt, hat Germanistik studiert und arbeitet gerade an ihrer Dissertation. Einmal in der Woche besucht sie ihre betagte Großmutter Evelyn, die seit zehn Jahren in einem Altersheim in Berlin wohnt. Die beiden haben sich wenig zu sagen, denn Evelyn hat mit ihrem Leben abgeschlossen und auch Hannah ist alles andere als zufrieden. Als sie einen Brief einer Kanzlei aus Israel bei Evelyn findet, der bescheinigt, dass diese Erbin eines Kunstvermögens ist, wird Hannah neugierig. Sie weiß nichts von jüdischen Wurzeln ihrer Familie und einer Zwangsenteignung. Evelyn möchte mit dem Erbe nichts zu tun haben und schweigt beharrlich in Bezug auf Hannahs Fragen. Durch ihren Doktorvater gerät Hannah an Jörg Sudmann, der sich sehr engagiert für die deutsch-jüdische Freundschaft stark macht und sich für Hannahs Familie interessiert. Durch seine Hilfe und eine Niederlassung der israelischen Kanzlei in Kreuzberg erfährt Hannah mehr über ihre Urgroßmutter Senta und ihre jüdische Verwandtschaft.

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Gegenwart im Jahr 2017 in Berlin wird aus der Sicht von Evelyn und Hannah erzählt, aber auch die Nebencharaktere wie Jörg Sudmann oder ihr Doktorvater Andreas Sonthausen erhalten ihre Berücksichtigung. Die Vergangenheit an wechselnden Orten an der Ostseeküste und in Berlin wird chronologisch von 1922 bis 1950 erzählt, wobei die Perspektiven zwischen Senta, ihrer Schwägerin Trude und der noch jungen Evelyn wechseln.
Neben der Geschichte um die Enteignung der jüdischen Familie Goldmann, in die Senta hineingeheiratet hatte, berührt insbesondere die familiäre Konstellation der vier Generation von Frauen. Jede von ihnen hatte mit leidvollen Erfahrungen zu kämpfen und suchte nach ihrem Platz im Leben. Insbesondere an Evelyn, die sich Zeit ihres Lebens von ihrer Mutter im Stich gelassen gefühlt hat, zeigt sich, wie prägend ein schwieriges Mutter-Tochter-Verhältnis ist und noch nachfolgende Generationen beeinflusst.

Mir hat gut gefallen, dass der Fokus der Geschichte auf den Frauen und ihren Lebenserfahrungen lag, da alle (bis auf Silvia, über die man nur wenig erfährt) sehr interessante, individuell gezeichnete Charaktere mit Ecken und Kanten sind. Das Verhältnis zu ihnen ist dabei ambivalent. Man kann sich selbst kaum entscheiden, ob man sie aufgrund ihrer Charakterstärke schätzen oder aufgrund ihrer Fehlentscheidungen und Gefühlskälte ablehnen soll.
Die Suche nach Hannahs Wurzeln und den verschwundenen Gemälden ist nicht so fesselt, wie man es vielleicht erwartet hätte. Die in die Tiefe gehenden, aber gleichzeitig auch sehr unterhaltsamen zwischenmenschlichen Beziehungen entschädigen jedoch dafür. Neben so mancher Tristesse in der Erzählung aufgrund der gebeutelten Schicksale, ist es insbesondere in der Gegenwart Hannahs trockener Humor und das Spielen der Autorin mit Klischees, was der die Geschichte die Schwere nimmt.
Fazit: Ein packender Generationenroman mit bewegenden Frauenschicksalen.

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