Ein spannendes Stück Zeitgeschichte und die Geschichte einer einzigartigen Frau
1945 liegt Deutschland in Trümmern. Die jüdische Journalistin Jella Lepman wollte eigentlich nicht zurückkehren, doch dann wird eine unglaubliche Aufgabe an sie herangetragen: Sie soll deutschen Kindern ...
1945 liegt Deutschland in Trümmern. Die jüdische Journalistin Jella Lepman wollte eigentlich nicht zurückkehren, doch dann wird eine unglaubliche Aufgabe an sie herangetragen: Sie soll deutschen Kindern die Welt der Bücher eröffnen und so dafür sorgen, dass die neue Generation mit einem neuen Gedankengut heranwächst. Als sie den Auftrag annimmt, weiß sie noch nicht was auf sie zukommt: Schwierigkeiten, angefangen bei der banalen Frage eines instandgesetzten Gebäudes, der unglaubliche Lesehunger der Kriegskinder und schließlich entsteht aus all ihren innovativen Ideen, ihrer Hartnäckigkeit und absoluten Hingabe an dieses Projekt, - und kleinen Wundern, die geschehen, wenn man etwas mit vollem Herzen ins Leben ruft – die Internationale Jugendbibliothek in München.
Die Lebenserinnerungen dieser unglaublichen Frau haben mir immer wieder die Tränen in die Augen getrieben. Den O-Ton der Kriegskinder, die völlig traumatisiert in einer Trümmerlandschaft heranwuchsen und für die der erste Bücherbus ein fast heiliges Traumland war. Er brachte ihnen Träum und, Hoffnung und wies ihnen den Weg zurück ins Leben. Die ganze Entwicklung der Einrichtung, die Schwierigkeiten und dann die wieder an ein Wunder grenzende Hilfsbereitschaft anderer Länder und Organisationen haben mir den Atem geraubt. Und der Dreh- und Angelpunkt war diese unglaubliche Frau, die dem Land der Täter gar nichts schuldete und ihm eine ganze Zukunft gab. Ihr Einsatz wirkt bis heute weiter. Besonders bewegt hat mich, dass dieses Buch das Feedback der Kinder von 1945 bis weit in die 1960er Jahre hinein wiedergibt. Von den ersten zaghaften Schritten einer Generation ohne Vergangenheit und mit fragwürdiger Zukunft bis hin zur kritischen Generation, die sich selbstbewusst, selbstkritisch und aggressiv mit ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzt und sich nicht scheut, Dinge bei Namen zu nennen.
Eine Lebensgeschichte, ein Stück Zeitgeschichte und auch ein fester Bestandteil unser aller Gegenwart, denn Jella Lepmans Projekt, prägt unsere Leselandschaft bis heute – ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Eine Autobiografie, die den Leser von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Mit zeitgenössischen Fotos, die einem alles noch eindrücklicher vor Augen führen und Buchtiteln, die ich sofort recherchieren musste. Ein beeindruckendes Buch, das mich noch lange beschäftigt hat.