„Für ihn war Tanzen so wie atmen, aber für mich bedeutete es Schmerz. Echter, tiefsitzender und beklemmender Schmerz.“
(Gillian über Jaz in One last dance)
Worum geht’s?
Tanzen war ihre große Leidenschaft. Doch durch einen Schicksalsschlag hat Gillian ihre Zukunft als Ballerina aufgegeben. Stattdessen leitet sie jetzt die NYMSA-Akademie, die ihr Vater gegründet hat. An der Schule läuft einiges schief und Gillian verliert sicher immer mehr in der Bürokratie und in ihren Zweifeln. Bis sie Jaz begegnet, der auf der Straße lebt und nichts hat außer seinem wahnsinnigen Talent als Streetdancer. Und Jaz schafft es, in Gillian eine Flamme zu entzünden, die sie längst vergessen hat. Aber wenn Welten aufeinandertreffen, verläuft dies nicht immer problemlos…
One last dance ist Band 2 der „One last“-Reihe, die sich verbindend um eine Akademie in New York dreht. Die Geschichte ist in sich geschlossen und komplett unabhängig lesbar. Die Protagonisten aus Band 1 und 3 kommen jedoch als Randfiguren vor.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird wechselnd durch Jaz und Gillian in der Ich-Perspektive erzählt. Die Geschichte verläuft linear. Der Schreibstil ist locker, angenehm lesbar und kann einen mitreißen. Das Buch enthält mehrere Intimszenen.
Meine Meinung
One last song war für mich ein unglaublicher Überraschungshit. Oft stehe ich deutschsprachigen Autoren ein wenig skeptisch gegenüber, da die Bücher oft Längen haben und sehr seicht verlaufen. Und dann kam da eine sympathische, mitreißende Liebes- und Lebensgeschichte, die mich fast restlos begeistern konnte! Entsprechend hoch war meine Erwartung an One last dance, denn Tanzen in Büchern ist doch eher eine Seltenheit. Und ich kann nur sagen: Nicole Böhm hat wieder geliefert!
Dieses Mal geht es um Gillian, die bereits in Band 1 einige kurze Auftritte hatte. Sie hat die Führung der NYMSA übernommen, nachdem ihr Vater erkrankt ist. Doch an allen Ecken und Enden gibt es Probleme, von fehlendem Geld über ein marodes Bauwerk bis hin zu Sorgen bezüglich des Wachstums. Jaz hingegen kennt der Leser noch nicht, man lernt ihn aber sehr schnell kennen – und lieben. Seit langer Zeit lebt er bereits auf der Straße, hält sich mit Tanzauftritten vor Touristen über Wasser und schläft nachts in einem verlassenen Fabrikgebäude. Unterschiedlicher können die beiden kaum sein, aber eines verbindet sie, nämlich die Liebe zum Tanzen. Gillian hat früher Ballett getanzt, aber aufgehört und seitdem nie wieder einen Schritt in die Richtung gemacht. Wieso? Das bleibt zunächst ihr Geheimnis. Als sie Jaz beim Tanzen beobachtet, ist sie wie im Rausch. Zwischen den beiden entwickelt sich eine interessante Freundschaft, bei der es schon bald knistert. Aber funktionieren diese beiden gegensätzlichen Welten zusammen?
Ach, wo kann ich nur anfangen, um zu erzählen, wie sehr mir dieses Buch gefallen hat? Zunächst bei offensichtlichem: One last dance ist wieder sehr facettenreich. Neben Einblicken in Gillians Arbeitsalltag, den mit der Akademie verbundene Problemen, einer spannenden Hintergrundgeschichte, Jazs mitreißenden Auftritten, den Einblicken in sein Straßenleben und die hiermit verbundenen Gefahren geht es natürlich vor allem um die Liebe zum Tanz. Jaz merkt schnell, dass Gillian Tanzen liebt, aber merkt auch, dass sie etwas betrübt. Langsam, behutsam, mit einer wirklich tollen Energie und jeder Menge Feingefühl fängt er an, diese wunderschöne Frau zum Lächeln zu bringen – und langfristig auch dazu, Tanzen nicht mehr als reine Qual zu betrachten. Es ist eine Kunst, in glaubwürdiger Weise ein Trauma überwinden zu lassen, und Nicole Bähm hat das hier super hinbekommen. Sie gibt ihren Figuren Zeit, sie gibt ihnen Raum für Entwicklung, Impulse für Überlegungen und vor allem jede Menge Liebe, denn selten sind Charaktere so gut und greifbar ausgearbeitet gewesen wie bisher in dieser Reihe. Und so fesselt bereits von Anfang an diese ungewöhnliche Liebesgeschichte das Herz an das Buch und lässt es bis zum Ende nicht mehr los. Ich habe ehrlich gesagt das komplette Buch in einem Rutsch gelesen, weil ich es nicht weglegen konnte, zu sehr haben mich Jaz und Gillian gefangen genommen und mitgerissen. In diesem Buch passiert eigentlich gar nicht so viel und gleichzeitig jede Menge. Es ist ein Lernprozess, ein Miteinander, ein Voneinander und auch ein Wegen-Einander. One last dance ist mehr als eine Liebesgeschichte mit ein wenig Tanz. Es geht um das Lebensgefühl, was Tanzen einem geben kann. Es geht um Hoffnung, Verzweiflung und um jede Menge Liebe. Mit einer wunderbaren Dosierung von kleineren Dramen, größeren Problemen und überraschenden Ereignissen schafft die Autorin es, einfach eine rundum angenehme, stimmige und emotionale Geschichte zu Papier zu bringen. Schon bei Band 1 war ich von der Entwicklungsgeschwindigkeit begeistert und auch hier kann ich es nur wieder betonen: Es gibt genug Drumherum, dass man zwischendurch auch etwas verschnaufen kann, aber es wird sich nicht in seitenfüllenden Nebensächlichkeiten verrannt, sodass man sich von Längen erschlagen fühlt. Gleichzeitig eilt die Autorin aber auch nicht durch die Geschichte, was für Tiefe, Gefühl und Greifbarkeit von hoher Bedeutung ist. Ganz ehrlich? Hier versteht jemand etwas von seinem Handwerk. Und so war auch bis fast zum Schluss dieses unglaublich zufriedene Gefühl da, eine wunderbar stimmige Geschichte vor sich zu haben.
Für mich eine der größten Stärken im Buch ist die glaubhafte Thematisierung von Jaz‘ Leben. Nicht selten hat man Bücher, wo das Leben als Obdachloser romantisiert wird. Hier nicht. Von Anfang an berichtet Jaz davon, wie schwer es teilweise ist, sein Einkommen zu generieren, um sich was zu essen zu kaufen. Ist er verletzt, muss er zweimal überlegen, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Packend, ehrlich und schonungslos, aber gleichzeitig wunderbar lebensbejahend baut die Autorin die Geschichte um Jaz auf. Von Überfällen, Gefahren durch verfeindete Gangs, Schlagestehen fürs Essen bis hin zu einem starken Zusammenhalt untereinander spricht sie sehr viele Aspekte des Lebens an. Und das hat mich so sehr begeistert, weil es einfach so ehrlich ist. Und gleichzeitig hat sie mit Jaz eine Persönlichkeit geschaffen, die Spaß macht, die man sofort als Kumpel wahrnimmt. Mit seiner positiven Einstellung, seiner Energie reißt er einem mit und es ist so verständlich, wieso auch Gillian dieser Magie verfällt. Anfangs vielleicht noch ein wenig mehr auf die körperliche Anziehung ausgerichtet, merkt man sehr bald auch das emotionale Bonding der beiden. Gillian lässt Jaz in ihr Leben – was eben auch bedeutet, dass der Straßenjunge jetzt in einem normalen Bett schläft. Jaz fällt das nicht leicht und so kommt diese ungleiche Beziehung immer wieder ins Straucheln. Als dann noch äußere Umstände dazukommen, wird es kompliziert. Und hier setzt leider mein großes Aber im Hinblick auf das Buch an.
Ok, es ist eigentlich gar kein großes Aber, um ehrlich zu sein. Aber es ist ein Aber. Die einzige Sache, die mich irgendwie an diesem Buch gestört hat, weil es nicht notwendig war oder vielleicht auch innerlich ein gewisses Störgefühl in mir auslöst. Worum es geht? Das große Finale mit dem obligatorischen Knall. Natürlich passiert etwas, was beide alles in Frage stellen lässt. Es war vorhersehbar und überraschend zugleich. Aber vor allem war es leider eins: Gar nicht nötig. Denn das Buch hätte das Drama einfach gar nicht gebraucht. Es hat alles gepasst, es gab auch so genug Höhen und Tiefen. Sicher ist eine gewisse Sozialkritik in dem Knall eingebaut, aber irgendwie wirkte es für mich zu gewollt. Das gipfelte leider dann auch darin, dass die Autorin den Konflikt einige Seiten brodeln lässt, dann aber die Lösung in einer gigantischen Geschwindigkeit durchhaut, dass es für das Buch unpassend ist. So ein gewichtiges Problem und so wenig Input zwischen Gillian und Jaz? Das habe ich nicht verstanden. Das Ende war zu schnell, zu gekünstelt und für mich zu wenig geklärt. Wer so ein Thema aufmacht, muss sich auch Mühe beim Schließen geben. Und das Gefühl hatte ich hier nicht. Es wurde eher ein wenig drüber gebügelt und dann mit einem fast schon überzogenen Epilog geschlossen, der leider auch Fragen aufwirft, weil er in meinen Augen zu einigen vorherigen Punkten im Widerspruch steht. Ach, warum nur das Ganze? Es war doch alles gut. Dennoch muss ich gestehen, dass es Meckern auf sehr hohem Niveau ist. Denn es geht wirklich nur um die letzten Irrungen und Wirrungen des Buches. Und bei New Adult Romanen sage ich sowieso immer, dass der Weg das Ziel ist – und der Weg war hier einfach wieder großartig. Abzüge bei der B-Note in meinem Herzen gibt’s zwar, aber die Gesamtbewertung sagt einfach wieder: Mega Buch! Ich freue mich extrem auf das Finale und hoffe so sehr, dass von der Autorin weitere New Adult Romane kommen werden.
Mein Fazit
Auch One last dance ist wieder ein tolles, wunderbar vielseitiges und mitreißendes Buch. Auch wenn das Ende eigentlich etwas überflüssig war, habe ich die Seiten vorher geliebt und weginhaliert. Die Energie des Buches ist wunderbar, die Liebesgeschichte kann einen fesseln und auch sonst zeigt die Autorin einfach nur wieder, wie wunderbar sie Bücher aufbauen kann. Absolute Leseempfehlung und für mich definitiv ein Anwärter auf „eines der besten deutschsprachigen New Adult Bücher ever“.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]