Cover-Bild Salzgras & Lavendel
Band 48 der Reihe "AdR - Außer der Reihe"
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17,90
inkl. MwSt
  • Verlag: p.machinery
  • Themenbereich: Belletristik - Science-Fiction
  • Genre: Fantasy & Science Fiction / Science Fiction
  • Seitenzahl: 312
  • Ersterscheinung: 08.2020
  • ISBN: 9783957652089
Gabriele Behrend

Salzgras & Lavendel

Als Douglas den Tod eines Menschen verschuldet, stellt ihn die Strafverfolgung vor eine scheinbar einfache Wahl – entweder lebenslange Haft oder die Implantierung einer multiplen Persönlichkeit, so wie sie jeder andere um ihn herum bereits besitzt.
Diese Persönlichkeitssets ermöglichen es den Menschen, auf jede Situation angemessen zu reagieren. Das oberste Ziel? Effizienz.
Dass dieser Eingriff bei einem »Wilden« Risiken birgt, verdrängt Douglas und lässt sich auf die Therapie ein und damit auch auf seine medizinische Patin Kaynee.

Gabriele Behrend entwickelt ein faszinierendes Szenario, in dem die Weiterentwicklung psychischer Fähigkeiten industrielle Ausmaße angenommen hat.
Der gewohnt ausgefeilte Stil der Kurd-Laßwitz-Preisträgerin und ihr Einfallsreichtum packen den Leser von der ersten bis zur letzten Seite.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2021

klare Leseempfehlung

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Bei „ Salzgras & Lavendel“ von Gabriele Behrend handelt es sich um eine Geschichte, die man dem Genre „Inner Space“ zuordnen kann.

Der Plot ist wirklich sehr interessant und regt zum Nachdenken an. Douglas ...

Bei „ Salzgras & Lavendel“ von Gabriele Behrend handelt es sich um eine Geschichte, die man dem Genre „Inner Space“ zuordnen kann.

Der Plot ist wirklich sehr interessant und regt zum Nachdenken an. Douglas steht vor der Wahl. Entweder lebenslange Haft oder die Implantierung einer multiplen Persönlichkeit.

Der knackige Schreibstil der Autorin hat mir gefallen. Hier ist kein Wort zuviel. Klare, aussagekräftige Sätze. Die Geschichte fesselt einen von Seite zu Seite mehr an dieses Buch.

Die Autorin hat sich hier sehr viel Gedanken über die mögliche Weiterentwicklung der Technik gemacht. Dies hört sich so plausibel an, dass ich Gänsehaut bekommen habe.

Dies ist kein Buch , dass man mal soeben zwischendurch liest. Man sollte sich Zeit dafür nehmen, darüber nachdenken und sich emotional in die Protagonisten hineinversetzen.

Ich empfehle dieses Buch weiter.

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Veröffentlicht am 06.02.2021

Wie multipel darf es denn sein?

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Ein absolutes Highlight! Emotional mitreißend, bewegend, tragisch, melancholisch, ein Meisterwerk! Komplex, aber durchaus verständlich! Top!

Was das Genre Science Fiction angeht, kursieren noch immer ...

Ein absolutes Highlight! Emotional mitreißend, bewegend, tragisch, melancholisch, ein Meisterwerk! Komplex, aber durchaus verständlich! Top!

Was das Genre Science Fiction angeht, kursieren noch immer zahllose Klischees. Eines davon lautet, daß es ein "maskulines" Genre, von Männern hauptsächlich dominiert und Frauen unterrepräsentiert. 

Tatsache ist, daß viele Frauen SF schreiben, aber in der Rezeptionsgeschichte hauptsächlich Männer die Meriten eingestrichen haben. Arthur C. Clarke, Philipp K. Dick, Isaac Asimov, usw. Daß aber auch Doris Lessing SF verfasst hatte, wissen viele gar nicht. 

Eine deutsche SF - Autorin hatte bei Wikipedia einen Artikel über die Geschichte  deutscher SF - Autorinnen veröffentlicht. Ein männliches Mitglied der deutschen Sektion von Wikipedia hat den Artikel als irrelevant gelöscht. Frechheit! Wie überhaupt Wikipedia in Deutschland überwiegend von Männern beherrscht wird.

Dies hier ist das erste Buch von Gabriele Behrend, das ich gelesen habe. Ich bin über alle Maßen begeistert! Ich bin darüber sehr froh, daß mir dieses Juwel nicht durch die Finger geschlüpft ist. 

Sie schreibt elegant, komplex, verständlich, mit poetischem Impakt gesellschaftskritisch. Ihre Charaktere besitzen Tiefe, haben Ausdruck und sind äußerst facettenreich. Die Möglichkeiten der Technik, wie sie sich weiterentwickeln könnte, hat sie konsequent weitergedacht. Deswegen ist diese Geschichte durchaus auch eine Dystopie, aber nicht nur. Diese Kategorisierung würfe dem Werk nicht annähernd gerecht werden.

Ihr Figurenensemble und das Setting, die interpersonellen Dialoge sind sehr authentisch. 

Aber um was geht es überhaupt? 

Erst einmal etwas zur Erläuterung. Multiple Persönlichkeitsstörung, das ist jetzt, in unserer Zeit, eine ernsthafte psychische Störung, die infolge schwerer Traumatisierung getriggert wird, um zu überleben. Ein Zustand also, der nicht wünschenswert ist.

In jenem London der Zukunft, das der Schauplatz ist, ist aber genau dieses Multiple förder - und wünschenswert. Denn diese Prozedur erfolgt kontrolliert. Bereits bei den Kleinsten. Sie bekommen ein Implantat verpflanzt, das seinen Sitz im bzw. am Hirn hat. 

Das Ich des normalen Menschen stellt eine unifizierte Einheit dar, aber natürlich mit Facetten. Der arbeitssame Kollege, der Fürsorger, der Wächter, das sexuelle Ich, das Kind in einem selbst, der Organisator usw. 

Beim Menschen der Zukunft, der als lebendes, atmendes Wesen eine Entität darstellt, bekommt ein gesamtes Persönlichkeitsset verpasst. Die eben erwähnten Facetten und noch andere werden mit High Tech abgespalten und werden zu einem eigenen "Ich", das aber der Entität untergeordnet bleibt. So wird der Mensch zur multiplen Persönlichkeit, aber eben kontrolliert, zivilisiert und effizient, ohne lästige Ausfälle.

Es gibt dafür Zentren, Behörden und Gesetze, die den Prozess durchführen, überwachen und Mißbrauch vorbeugen bzw. bestrafen. Die ganze Gesellschaft ist nur noch auf Effizienz getrimmt und die wenigen, die nicht dergestalt konditioniert wurden, gelten als potentiell unkontrollierbar, als sogenannte "Wilde". 

Genau das passiert Douglas Hewitt, als Kind bereits zur Vollwaise geworden, in seinen Dreißigern und Datenarchäologe von Beruf. Er hat zwar im Waisenhaus lebend, noch als Heranwachsender nachträglich das Implantat, das Socket bekommen, aber eben nur die Basisbehandlung.

Er hat sein archaisches Privatich, von seinen inneren Dämonen geplagt und sein effizientes Arbeitsich. Und das ist alles.

Eines Tages tickt er scheinbar aus, als er einen Mann, den er nicht kennt, vor die U-Bahn schubst und dieser daraufhin stirbt. Doug besitzt jedoch keinerlei Erinnerung an den Vorfall.

Er hat großes Glück, daß sich Professorin Claire Paulson seiner annimmt. In ihrem progressiven Zentrum soll er ein ganzes Persönlichkeitsset erhalten. Eine Chance auf Bewährung, eine Chance, rehabilitiert zu werden, eine Chance, nicht inhaftiert zu werden. 

Der Prozess klappt zunächst erstaunlich gut. Kaynee ist seine Patin im Zentrum, eine charmante, bezaubernde, junge Frau, mit komplettem multiplen Set. Sie verstehen sich gut - zu gut?

Sanders, der Techniker, der für Doug zuständig ist, generiert immer destruktivere Eifersucht. Mit Kaynee selbst scheint etwas nicht zu stimmen, weil sie scheinbare Fehlfunktionen bemerkt, Claire gegenüber aber verschweigt, aus Angst um ihren Job. 

Bald schon überschlagen sich die Ereignisse mit unvorhersehbaren, weitreichenden Folgen. Wird es am Ende nur Verlierer geben?

Das Buch ist emotional packend, rührt tief an, in all den Aspekten der eigenen Seele und Psyche, sympathische Protagonisten und teils undurchsichtige Antagonisten. Eine durch durch humanistische Claire. Schwanger von Melancholie, tieftraurig, aber auch nicht einer gewissen Hoffnung entbehrend.

Mit wirklich überraschenden Aha- Wendungen und einem bittersüßen Ende. Poetisch gefärbt, niveauvoll und hypnotisch geschrieben.

Es gibt technische Details im Buch. Diese werden indes aber derart gut integriert und unaufdringlich erläutert, so daß das weder den Lesefluss stört und alles verständlich macht. Eine erschreckende Vision der Zukunft. Dieser "Fortschritt" sorgt zwar dafür, daß die Menschen friedlicher sind, also das Zusammenleben wesentlich besser funktioniert. Aber zu welchem Preis?  

Gabriele Behrend schreibt ungeschönt über die Schattenseiten und schlimmen Folgen, ohne daß sie jemals belehrend oder moralistisch wird. Sie versinkt ebensowenig in endlosem Pessimismus. Sie läßt dem Leser genug Spiel- und Freiraum sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich jedenfalls würde solch ein Implantat nicht haben wollen. Eine Gesellschaft, die nur noch auf Effizienz konditioniert ist, wird schnell inhuman und seelenlos, verliert ihre einzigartige Essenz.

Ein weiteres absolutes Highlight, dieses kongeniale Meisterwerk, sehr intelligent und mehr als "nur" Unterhaltung. Ich mußte auch weinen und werde zum intensiven Reflektieren angeregt. Danke, Gabriele Behrend!!!

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