Ganz okay, aber kein Hörgenuss
Elissa ist ein cleveres, 13jähriges Mädchen, das für ihr Leben gerne Schach spielt. Und da sie das Spiel auch sehr gut beherrscht, darf sie auf einem großen Schachturnier gegen andere Kinder antreten. ...
Elissa ist ein cleveres, 13jähriges Mädchen, das für ihr Leben gerne Schach spielt. Und da sie das Spiel auch sehr gut beherrscht, darf sie auf einem großen Schachturnier gegen andere Kinder antreten. Das Turnier läuft gut für Elissa, doch als sie in der Mittagspause nach draußen geht geschieht das Unglück: Sie wird in einen Lieferwagen gezerrt, betäubt und entführt. Als Elissa erwacht befindet sie sich in einem schmutzigen, dunklen und kalten Kellerverlies. Ihr Entführer, den sie für sich den „Guhl“ nennt, zwingt sie zu absolutem Gehorsam. Ihr trister Alltag wird lediglich durch die Besuche von Elijah durchbrochen, doch dass mit diesem etwas nicht stimmt, bemerkt Elissa schnell. Elijah ist ein Einzelgänger, er lebt isoliert von der Außenwelt, möchte gerne ihr Freund sein, weigert sich aber ihr aus der ausweglosen Lage zu helfen. Er scheint sein eigenes Spiel zu spielen und nun entscheidet sich wer cleverer ist: Kann Elissa ihn dazu bewegen, ihr zur Flucht zu verhelfen oder erreicht Elijah seine eigenen Ziele?
Das Cover zu „Der Mädchenwald“ zeigt eine kleine, einsam gelegen Hütte inmitten eines Waldes mit hohen Bäumen im Nebel. Die einzigen Farbkomponenten sind die orangene Schrift und die in gleicher Farbe gehaltene Hütte – ein Cover, das düster und geheimnisvoll wirkt und somit perfekt zum Genre des Thrillers passt.
Kreativ fand ich an der Hörbuchversion, es als Hörspiel mit drei Sprechern zu gestalten. Die Idee passt sehr gut zu den drei Perspektiven, aus denen im Buch erzählt wird. Leider hat mir die Umsetzung allerdings nicht besonders gut gefallen. Elissas Stimme war an sich passend solange sie nur Elissa gesprochen hat, kamen aber andere Personen durch sie zu Wort hatte die Sprecherin Probleme. Insbesondere das Flüstern des Entführers habe ich kaum verstanden und trotz mehrmaligem Zurückspulen irgendwann frustriert weiterlaufen lassen. Im Myriets Stimme hat mir jegliches Gefühl gefehlt, sie war seltsam sachlich, selbst in emotionalsten Momenten, was ich nicht besonders passend fand. Ich hatte Schwierigkeiten, aufmerksam zu bleiben. Sobald sie männliche Stimmen, wie die eines anderen Polizisten, gesprochen hat, klang sie mir zu verstellt und nicht mehr glaubwürdig. Elijahs Stimme, Gerrit Schmidt-Foss, hingegen war passend und stimmig intoniert.
Die Handlung des Hörbuches war schockierend und verstörend, insbesondere der Anfang war hochspannend und hat mich sofort gefesselt. Ab dem Moment, in dem Elissa im Kellerverlies aufwacht, hat sich die Handlung allerdings wahnsinnig gezogen. Ich musste mich sehr konzentrieren, bei der Sache zu bleiben, so langweilig wurde es. Elijah fand ich sehr unsympathisch und einfach nur plump, sein ständiges hin- und her hat mich irgendwann nur noch genervt und auch das künstliche Hinauszögern, bis sein wahres Ich enthüllt wurde, war langatmig und unnötig. Myriet, die Ermittlerin im Fall, hatte nicht nur mit der Suche nach Elissa, sondern auch mit ihren persönlichen Problemen zu kämpfen. Ich habe nicht wirklich verstanden, was das zur Handlung beitragen sollte. Vielmehr erschien mir die Figur dadurch absolut unrealistisch – in ihrer gesundheitlichen wie psychischen Verfassung rund um die Uhr eine derartige Ermittlung zu leiten erscheint mir nicht möglich. Sie war deshalb für mich absolut unglaubwürdig. Elissa hingegen habe ich als tolles Mädchen wahrgenommen, wenn auch vielleicht etwas zu reif für ihr Alter.
Insgesamt konnte ich mit Handlung und Figuren nicht wirklich warm werden, viele Aktivitäten fand ich einfach nur verwirrend und auch etwas widersprüchlich. Einige Aspekte werden nicht aufgeklärt und der eigentliche Grund für die Entführungen, was eigentlich der Auslöser war und was dahintersteckt, wurde nie aufgeklärt. Das hat mich enttäuscht und unbefriedigt zurück gelassen. Gut gefallen hat mir nach der langwierigen Episode der Gefangenschaft, die folgenden Überraschungen, mit denen ich keineswegs gerechnet habe. Sowieso ist dem Autor mehrfach gut gelungen, mich in falschen Sicherheiten zu wiegen und auf falsche Fährten zu führen – das war sehr clever gemacht!
Insgesamt muss ich aber sagen, dass ich das Hörbuch okay, aber nicht begeisternd fand. Teilweise war das perverse Spiel mit den Kindern auch sehr (unnötig) brutal geschrieben und hat mich mit dem großen offenen Punkt des Warum? Zurückgelassen. Das hätte ich schon noch gerne aufgeklärt gehabt. „Der Mädchenwald“ als Hörbuch war leider nicht unbedingt mein Geschmack und ich war zugegebenermaßen froh, als ich es beendet hatte.