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Veröffentlicht am 16.05.2021

Vom traurigen Leben und Sterben dementer Menschen auf der Straße

Tödliches Vergessen
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Ein Spaziergänger in der Berliner Hasenheide macht eine grausige Entdeckung: Unter einem blauen Regenschirm verborgen liegt eine tote Obdachlose, in ihrer Hand steht ein Psalm geschrieben. Hauptkommissar ...

Ein Spaziergänger in der Berliner Hasenheide macht eine grausige Entdeckung: Unter einem blauen Regenschirm verborgen liegt eine tote Obdachlose, in ihrer Hand steht ein Psalm geschrieben. Hauptkommissar Breschnow, frisch aus dem Alkoholentzug entlassen und noch auf dem Weg mit der neuen Situation klarzukommen, nimmt sich des Falles an. Doch bevor die Ermittlungen in Gang kommen wird ein weiterer toter Obdachloser gefunden, ebenfalls mit einem blauen Regenschirm. In welchem Zusammenhang stehen die beiden Toten? Und handelt es sich um einen Serienmörder? Breschnow taucht tief ein in die Welt der Berliner Obdachlosen und muss mit Erschrecken feststellen, dass eine sowieso schon grausame Krankheit wie Demenz auch vor den Ärmsten der Gesellschaft nicht Halt macht – mit dramatischen Folgen.
Bereits das Cover des Buches sticht direkt ins Auge: Der passend zum Titel blau-türkisene Schirm fällt auf dem schwarz-weiß gehaltenen Hintergrund sehr auf und stellt einen Eyecatcher dar. Insgesamt ist das Cover eher minimalistisch, aber durch die Hervorhebung des Schirmes wird sofort klar, dass er eine wichtige Bedeutung im Buch haben wird. Dass er defekt ist lässt ebenfalls darauf schließen, dass etwas Schlimmes geschehen ist – ein passendes Cover also für ein spannungsgeladenes Buch.
„Tödliches Vergessen“ ist der 4. Fall für Hauptkommissar Stefan Breschnow, wurde aber nicht als Teil einer Reihe angekündigt. Ich war somit zunächst einmal etwas verwirrt und hatte das Gefühl, wichtige Hintergrundinformationen zu Breschnows Vergangenheit überlesen zu haben. An manchen Stellen hätte ich mir etwas mehr Aufklärung gewünscht, aber insgesamt war der Fall dann doch abgeschlossen und auch ohne Kenntnis der ersten drei Teile gut verständlich.
Der Einstieg ins Buch beginnt spannend aus Sicht des ersten Mordopfers. Sofort wird der blaue Regenschirm als Symbol für das Unglück eingeführt. Gleich danach geht es gemächlicher weiter, der Leser lernt Hauptkommissar Breschnow in seinem aktuellen Zustand nach dem Alkoholentzug kennen. Sein erster Arbeitstag steht bevor und er weiß noch nicht wirklich mit der neuen Situation umzugehen. Dieser persönliche Kampf ums Trockenbleiben wird an vielen Stellen des Buches auf authentische Art und Weise eingebaut und zeigt die innere Zerrissenheit, denen sich ehemalige Süchtige stellen müssen. Auch weitere Beteiligte werden in den ersten Kapiteln langsam eingeführt und das Setting in der Berliner Obdachlosenszene beschrieben. Die Geschichte nimmt mit dem zweiten Todesfall an Dynamik zu und zieht mich immer tiefer in ihren Bann, das Motiv hinter den Morden und der tatsächliche Täter bleiben bis zum Schluss rätselhaft und überraschen mich in ihrer Auflösung. Des Weiteren rückt immer deutlicher das Krankheitsbild der Demenz in den Mittelpunkt des Geschehens und berührt mich emotional sehr. Es werden zahlreiche tragische Einzelschicksale beschrieben, die es tatsächlich so geben könnte und mich nachdenken lassen. Das Buch ist so authentisch beschrieben, dass man sich vorstellen kann, dass jeder in unserer Gesellschaft in eine derartige traurige Situation kommen kann – es zeigt somit die bittere Realität auf ungeschönte Art und Weise.
Auch wenn ich die im Buch geschilderten Themen als sehr wichtig empfunden habe kam bei mir nicht die große Spannung eines Thrillers oder Krimis auf, es wirkte eher wie ein gut recherchierter Tatsachen- oder Hintergrundbericht über die Berliner Obdachlosenszene. Diese empfand ich als sehr informativ und bedanke mich für diese schockierenden, aber wichtigen Einblicke. Inhaltlich gab es für meinen Geschmack etwas zu viele Zufälle, besonders hinsichtlich der früheren Verbindungen der Beteiligten und deren Zusammentreffen in ein und derselben Einrichtung. Auch ist für mich am Ende ein Tod unerklärt geblieben.
Insgesamt hat mir das Buch aber dennoch sehr gut gefallen, die Einblicke sowohl in die Welt der Obdachlosigkeit, als auch die der Demenz waren authentisch und nachvollziehbar geschildert. Und die Kombination aus beidem hat mich ehrlich betroffen gemacht und zum Nachdenken angeregt. Diese Menschen tun mir unendlich leid. Insofern ist es umso wichtiger, dass auch ihnen mal ein Buch gewidmet wird - ein ungewöhnliches, wie wichtiges Thema, das in "Tödliches Vergessen" eindrücklich geschildert wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.02.2021

Im Rhythmus der Gezeiten

Die vier Gezeiten
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Adda Kießlings Familie gehört zur kleinen Nordseeinsel Juist wie die Gezeiten – bereits ihre Mutter Johanne ist auf der Insel aufgewachsen und das Familienhotel „De Tiden“ ist das größte und schönste der ...

Adda Kießlings Familie gehört zur kleinen Nordseeinsel Juist wie die Gezeiten – bereits ihre Mutter Johanne ist auf der Insel aufgewachsen und das Familienhotel „De Tiden“ ist das größte und schönste der Insel. Addas Mann Eduard soll nun das Bundesverdienstkreuz aufgrund seiner Bemühungen für den Schutz des Nationalparks Wattenmeer verliehen bekommen und das setzt den Patriarch mächtig unter Druck. Mitten in die Generalprobe dieses wichtigen Ereignisses platzt eine junge Frau, die Adda wie aus dem Gesicht geschnitten ist: Helen kommt aus Neuseeland und behauptet, mit den Kießlings verwandt zu sein. Als Beweis legt sie ein Foto vor, dass Adda zeigt und behauptet, dies wäre das einzige, was ihre Adoptiveltern von ihrer leiblichen Familie wüssten. Die Familie ist schockiert, weder Adda noch eine ihrer Töchter kann sich Helens Existenz erklären. Doch Adda möchte Helen helfen und beginnt mit ihr gemeinsam in der Vergangenheit zu forschen. Dass dabei längst vergessene Familiengeheimnisse ans Licht kommen, die alles bisher geglaubte verändern, kann Adda zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

Das Cover zu „Die vier Gezeiten“ finde ich wunderschön! In seiner scheinbaren Schlichtheit wirkt es aufgrund der Farben und des rätselhaften Motives der jungen Frau vollbekleidet im Wasser sofort rätselhaft und interessant - ein Buchcover, das direkt neugierig macht! Auch der Titel lädt zum Spekulieren ein, er verweist bereits auf Ebbe und Flut im Wattenmeer und führt den Leser somit direkt ins Setting ein. Warum von vier Gezeiten gesprochen wird erscheint zunächst mysteriös, klärt sich aber im Laufe des Romans auf stimmige Art und Weise auf.

Das Buch startet bereits rätselhaft mit einem Tagebucheintrag, der direkt auf das Motiv des Covers verweist und bereits Trauriges erahnen lässt. Anschließend macht die Handlung macht einen Sprung in die Gegenwart und wir lernen Protagonistin Adda und ihre Familie kennen. Aufgrund des erzählenden Schreibstils der Autorin können die Personen gut voneinander unterschieden werden, auch wenn der Großteil gleichzeitig eingeführt wird. Insgesamt ist das Buch sehr vielfältig geschrieben, sei es durch häufige Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Rückblenden und den Tagebucheinträgen. Nach dem originellen Eintrag zu Beginn des Buches war ich überrascht, diese Erzählform ca. zur Hälfte plötzlich wieder zu finden, wobei es sich dann aber nur noch um Erzählungen aus Wandas Vergangenheit handelt, welche teilweise lediglich aus trivialen Alltagsbeschreibungen einer Jugendlichen bestanden. Auch wechselt die Zeitform von Präteritum in Präsenz, wenn es um Addas Vergangenheit geht, was ich leider nicht richtig verstanden und eher als irritierend empfunden habe. Sowieso springt die Handlung ständig zwischen verschiedenen Zeiten und Personen hin und her, was vom Leser eine erhöhte Aufmerksamkeit fordert. Der häufige Wechsel macht es ihm teilweise schwer, das Geschehen einzuordnen und zu verstehen. Anstrengend waren die vielen Wiederholungen und Introspektionen der Figuren sowie viele Allgemeinplätze. Das hat dazu geführt, dass mir das Erzähltempo zu langsam wurde, sich das Buch an manchen Stellen gezogen hat und somit etwas langatmig wurde. Lediglich im letzten Viertel überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und gefühlt werden alle Geheimnisse auf einmal aufgeklärt, was dann auf den wenigen Seiten wieder überfrachtet gewirkt hat. Eine ausgewogenere Verteilung der Geschehnisse wäre hier angenehmer gewesen.

Schön hingegen war der plattdeutsche Dialekt, der in manche Dialoge eingebunden wurde und sehr passend zum norddeutschen Flair passte. Sowieso haben mir das Lokalkolorit und die anschaulichen Beschreibungen der Insel Juist sowie der Wattenmeerregion wahnsinnig gut gefallen. Anne Prettin hat sowohl geschichtliche Informationen der Insel und des Naturparks geschickt eingebaut, als auch das nordische Flair rund um Land und Leute so gut eingefangen, dass der Leser regelrecht den Schlick zwischen den Füßen und den Wind im Haar spüren konnte. Insgesamt ist die Insel Juist ein tolles Setting und versetzt mich direkt in Urlaubsstimmung.

Inhaltlich war die Geschichte rund um die Frauen der Familie Kießling zunächst interessant und die vielen Familiengeheimnisse haben mich zum Rätseln eingeladen. Die Beziehungen der Personen zueinander sind verworren, egal ob in der Vergangenheit oder Gegenwart. Nach und nach kommen immer mehr dunkle Geheimnisse ans Licht, die häufig auch einfach hausgemacht sind und durch weniger Lügen und mehr Kommunikation vermeidbar gewesen wären. Menschlich ist vieles nicht nachvollziehbar. Schnell wird die Geschichte aufgrund der Vielzahl an Schicksalen überladen – schade, weniger Handlungsstränge wären hier angenehmer gewesen. Ich fühlte mich vor Familiengeheimnissen regelrecht überschüttet und fand es schade, dass Helen als Auslöser irgendwann fast in Vergessenheit geriet. Auch sind einige Entwicklungen etwas zu vorhersehbar und entsprechen sehr den gängigen Klischees. Es gibt viel Drama um die immer gleichen Themen, jede Generation wird mit derselben (unwahrscheinlichen) Situation konfrontiert. Gerade das Thema der ungewollten Schwangerschaft kommt mir sehr konstruiert vor. Insgesamt kommt es mir so vor, als ob das Buch einfach viel zu viel will: Familiengeheimnisse und tragische Figuren in jeder Generation, Lügen und Verheimlichungen, unglückliche Liebe und dann noch zahlreiche übergeordnete Themen wie Umweltschutz, Lokalpolitik, Judenverfolgung und Alltag zur NS-Zeit… das war mir alles etwas zu viel.

Auch konnten mich die Protagonisten des Buches nicht wirklich überzeugen. Ich konnte ihre Denk-und Handlungsweisen nicht nachvollziehen und wirklich sympathisch war mir auch niemand. Adda ist an sich der Ruhepol, der die Familie zusammenhalten möchte. Dabei bleibt sie aber sehr passiv was ihre persönlichen Wünsche angeht und handelt häufig sehr widersprüchlich. Sie teilt ihr Schicksal mit ihrer Mutter Johanne, die in ihren Rückerinnerungen eine nette junge Frau ist, aber unbegründet in ihrer weiteren Entwicklung zu einer harten, kalten, egoistischen Person wird. Vermutlich meint sie es nur gut, aber ihre Motive sind nicht nachvollziehbar. Ihrem Sohn und der Enkelin gegenüber ist sie sehr liebevoll, Adda behandelt sie streng und unnahbar. Das lässt die Figur für mich sehr unstimmig und wenig authentisch wirken. Auch die drei Töchter sind sehr klischeehaft gezeichnet und bleiben insgesamt sehr blass am Rande der Geschichte. Patriarch Eduard ist ebenfalls wie Familie Heinsen ein lebendes Klischee. Lediglich für die eher kurz erwähnten Nebenfiguren wie Okke, Onno und Helen konnte ich Sympathie entwickeln.

Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen und es trotz oben genannter Kritikpunkte als unterhaltsam empfunden. Allerdings gab es schon sehr viele Zufälle und widersprüchliche Charaktere, die es unglaubwürdig gemacht haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Story
Veröffentlicht am 10.02.2021

Commissario Grauner legt sich mit der Mafia an

Das dunkle Dorf
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Mitten in der Ski-Saison wird Commissario Grauner zu einem rätselhaften Mordfall gerufen: Ein im Grödnertal bekannter Dorfpolizist wird ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden. Während sein neapolitanischer ...

Mitten in der Ski-Saison wird Commissario Grauner zu einem rätselhaften Mordfall gerufen: Ein im Grödnertal bekannter Dorfpolizist wird ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden. Während sein neapolitanischer Kollege Saltapepe inkognito als Gast im Hotel eincheckt und sogar Skifahren lernen möchte, stolpert er regelrecht über seine Vergangenheit – besser gesagt über die Tochter seines Erzfeindes, einem Mafiaboss, den er vor einigen Jahren ins Gefängnis gebracht hat. Die Ermittler glauben nicht an einen Zufall, auch wenn die Anwesenheit der Mafia nicht ins beschauliche Südtirol passt. Doch bevor sich Grauner die Zusammenhänge erschließen nimmt der Fall eine neue Brisanz an, denn plötzlich sind Grauners Frau und seine Tochter verschwunden…

„Das dunkle Dorf“ vom Südtiroler Autor Lenz Koppelstätter ist der sechste Fall der Krimi-Reihe rund um Commissario Grauner. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände werden die Zusammenhänge schnell verständlich, der Band lässt sich ohne Probleme auch als „Zwischeneinsteiger“ lesen. Ich hatte zu Beginn kurz Schwierigkeiten mit den vielen unbekannten Personen, da diese aber sehr individuell geschildert und Zusammenhänge erläutert werden hat sich das schnell gelegt. Irritierend fand ich lediglich, dass diese größtenteils nur mit Nachnamen beschrieben werden, was sie für mich unpersönlicher hat wirken lassen.

Das Cover gefällt mir sehr gut, es ist sehr atmosphärisch gestaltet und versetzt den Leser direkt in die richtige Stimmung für einen Südtirol-Krimi. Es zeigt zwar eine winterliche Idylle, durch die dunklen, eindrucksvollen Berge, die aufziehenden Wolken und vor allem die einsamen Fußspuren am unteren Ende wirkt es dennoch bedrohlich und macht neugierig, wer hier alleine in der verschneiten Landschaft unterwegs ist. Gut gefallen haben mir auch die geographischen Karten im Buch, auch wenn ich während des Lesens teilweise etwas enttäuscht war, dass diese leider nur wenig genutzt werden können, da einige erwähnte Orte nicht darauf abgebildet sind.

Zunächst habe ich den Schreibstil als etwas holprig empfunden und ich habe etwas gebraucht, bis ich Zugang zur Geschichte finden konnte. Die Perspektiven zwischen unterschiedlichen Personen wechseln häufig und es dauerte immer etwas, bis ich verstanden habe aus wessen Sicht und zu welcher Zeit gerade erzählt wurde. Das hat zunächst etwas Konzentration erfordert, als ich mich aber daran gewohnt hatte war das Buch flüssiger und stellenweise aufgrund von Situationskomik sehr humorvoll zu lesen. Gut gefallen hat mir auch, dass die Kapitel eine angenehme Länge haben.

Der Einstieg in das Buch hat mir unheimlich gut gefallen: Es startet recht allgemeingültig mit Bemerkungen über die Nachbar- und Gemeinschaft in einem kleinen Dorf mit all seinen Vor- und Nachteilen. Dann werden langsam verschiedene Handlungsstränge aufgebaut, die auf den ersten Blick kaum etwas miteinander gemein haben, so dass man als Leser zum miträtseln aufgefordert ist. Insgesamt ist der eigentliche Fall um den toten Dorfpolizisten aufgrund der vielen anderen Handlungsstränge leider etwas in den Hintergrund gerückt, so dass ich ihn zwischendurch fast vergessen hätte. Diese waren zwar interessant, entwickeln sich aber eher gemächlich – was gut zur Person Grauner und dem verschneiten Südtiroler Flair passt, ich mir aber trotzdem etwas mehr Spannung gewünscht hätte. Am Ende war es mir dann fast etwas zu viel an Ungeheuerlichkeiten und Verbrechen im kleinen beschaulichen Wolkenstein. Das Ende war zwar aufregender, aber ein großer Showdown blieb aus. Trotzdem haben sich alle Handlungsstränge logisch und sinnvoll verknüpft und auch die eine oder andere Überraschung war dabei. Richtig geärgert habe ich mich über den fiesen Cliffhanger im Epilog, da er die für mich eigentlich runde Geschichte etwas ruiniert hat. So scheint es als hätte noch schnell ein neuer Handlungsstrang eröffnet werden müssen, damit auch bloß jeder den Folgeband kauft. Schade, das hätte es nicht gebraucht.

Auch wenn es etwas länger gebraucht hat, bis mich „Das dunkle Dorf“ gepackt hat und ich mir mehr Spannung erhofft habe, hatte ich doch eine gute Lesezeit. Die südtiroler Ermittler sind allesamt Originale und mir trotz – oder wegen? – ihrer Eigenheiten ans Herz gewachsen. Auch die bildhaften Beschreibungen des Grödnertals haben mir wahnsinnig gut gefallen und richtig Lust auf einen Urlaub in den verschneiten Bergen gemacht.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Die Schuld der Vergangenheit

Ohne Schuld
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Ungewollt gerät Seargent Kate Linville in einen neuen Fall: Im Zug von London nach York rettet sie eine Frau, die von einem Unbekannten mit einer Pistole durch die Waggons gejagt wird. Kate schafft es, ...

Ungewollt gerät Seargent Kate Linville in einen neuen Fall: Im Zug von London nach York rettet sie eine Frau, die von einem Unbekannten mit einer Pistole durch die Waggons gejagt wird. Kate schafft es, die Frau zu retten, dem Täter gelingt allerdings die Flucht. Wenige Tage später wird ein Attentat auf eine junge Lehrerin verübt, hier fällt ebenfalls ein Schuss, der sie allerdings nicht tödlich verletzt. Zwei komplett unterschieche Fälle, die nur eines gemeinsam haben: Die Schüsse wurden aus derselben Waffe abgefeuert. Doch wo besteht der Zusammenhang? Kate Linville ermittelt und stößt auf Geheimnisse, die weit in eine Vergangenheit zurückreichen – eine Vergangenheit, in der Menschen eine tiefe Schuld auf sich geladen haben, ohne für diese jemals zur Rechenschaft gezogen worden zu sein.

„Ohne Schuld“ ist der dritte Band von Bestseller-Autorin Charlotte Links Reihe rund um die Ermittler Kate Linville und Caleb Hale. Die Hörbuch-Version wird von Schauspielerin Claudia Michelsen gelesen, deren Sprechstimme ich als angenehm weich und etwas rauchig wahrgenommen habe. Sie spricht deutlich und in passender Tonalität, dabei unaufgeregt und gut verständlich. Auch wenn ihre Sprechweise teilweise etwas monoton anmutet empfinde ich es doch – gerade bei diesem spannenden Inhalt – als angenehm, ihr zu lauschen.

Insgesamt kommen in „Ohne Schuld“ sehr viele Personen vor, man muss aufmerksam lauschen, da die Verwechslungsgefahr durchaus gegeben ist. Leider wurden mir diesmal etwas zu viele Klischees bedient und insbesondere Robert Stewart sehr überzeichnet. Charlotte Link spielt ihm in diesem Band übel mit – das hat er meiner Meinung nach nicht verdient, wenn man ihn aus den Vorgängerbänden kennt. Da ich aus diesen auch Kate Linville und Caleb Hale kenne, bin ich hinsichtlich dieser beiden wohl etwas voreingenommen. Auch in „Ohne Schuld“ bleiben sie ihren Charakteren treu, die ich trotz ihrer Ecken und Kanten zu schätzen gelernt habe und nach kleineren Anlaufschwierigkeiten doch mag. Interessant finde ich, dass sie in diesem Band ihre Rollen tauschen und Kate diesmal den "offiziellen" Part der Ermittlungen übernimmt und Caleb ihr im Hintergrund assistiert.

Charlotte Link wirft uns Leser direkt ins Geschehen, das Buch startet actionreich und aufregend. Typisch für die Autorin entwickelt sich auch der weitere Handlungsverlauf in rasantem Spannungsbogen, so dass man immer weiterhören möchte, um den Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Und davon gab es hier wirklich mehr als genug – teilweise sogar fast zu viele. Manchmal war es schwer, die einzelnen Handlungsstränge auseinander zu halten und oftmals habe ich kurz gebraucht bis ich verstanden habe, aus wessen Perspektive gerade erzählt wird. Link webt ein Netz aus Verstrickungen und Zusammenhängen, zahlreiche Andeutungen und die ein oder andere überraschende Wendung lassen den Hörer permanent miträtseln und Theorien entwickeln bzw. verwerfen. Wirklich emotional haben mich Sophias Perspektive und Saschas Schicksal mitgenommen, ansonsten habe ich den anderen Handlungssträngen eher gespannt als berührt gelauscht, da hohe Aufmerksamkeit gefordert war, um weiterhin durchzublicken und Zusammenhänge zu begreifen. Die losen Fäden entwickeln sich logisch aufeinander zu und ergeben am Ende ein stimmiges – wenn auch schockierendes – Ganzes. Schade nur, dass der spannende Beginn sich als Nebelkerze herausgestellt hat und nur Mittel zum Zweck war. Auch gab es für mich an einigen Stellen etwas viele „Zufälle“ und unlogische Szenen – wohlwissend, dass diese aber notwendig sind, um die Handlung voranzutreiben. Punktabzug gibt es für mich für das grausame offene Ende der einzigen kompletten Sympathieträgerin der Geschichte. Natürlich kann man sich als Leser denken, wie es mit ihr weiterging, ich hätte aber trotzdem gerne einen Abschluss gehabt – auch was das weitere Schicksal der wirklich Schuldigen anging. Das Ende war für mich einfach unbefriedigend.

Insgesamt hat mir das Hörbuch gut gefallen, insbesondere der permanent hohe Spannungsbogen und die eingebauten Überraschungen. Allerdings hat es auch seine oben genannten Schwächen, die mir auch nach Beendigung des Hörbuchs noch nachhaltig negativ aufstoßen, so dass ich nicht rundum glücklich bin. Im Vergleich fand ich "Ohne Schuld" mein bisher schwächstes Buch von Charlotte Link, hatte dennoch eine gute Hör-Zeit. Ich empfehle, möglichst lange Teile direkt hintereinander anzuhören, da man sich doch recht konzentrieren muss, um Personen auseinanderhalten und Handlungsfäden nachvollziehen zu können.

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Veröffentlicht am 08.01.2021

Zeit für neue Freunde…

Neuschnee
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In den schottischen Highlands steht abgeschieden von der Außenwelt eine luxuriös hergerichtete Lodge. Hier möchte eine Londoner Clique ihren Jahreswechsel verbringen. Ein Großteil der neun Freunde kennt ...

In den schottischen Highlands steht abgeschieden von der Außenwelt eine luxuriös hergerichtete Lodge. Hier möchte eine Londoner Clique ihren Jahreswechsel verbringen. Ein Großteil der neun Freunde kennt sich bereits seit Studientage, die meisten haben ihren Partner dabei. Innerhalb der Gruppe gibt es aber nicht nur viele Erinnerungen an die gemeinsame Jugend, sondern auch jede Menge Geheimisse und Intrigen, welche eine gefährliche Eigendynamik entwickeln. So ausgelassen die Silvesterfeier sich gestaltet, so tragisch endet sie: Eine Person aus dem Freundeskreis wird am nächsten Tag tot aufgefunden – und die Todesursache ist keine natürliche… Zusätzlich ist Neuschnee gefallen und die Lodge von der Außenwelt abgeschnitten. Was ist zwischen den „Freunden“ passiert und wer hat warum die Kontrolle verloren?

Das Cover von „Neuschnee“ empfinde ich als sehr ansprechend, eine einsame Hütte im Schnee umgeben von Wald und Bergen. Es ist düster und mysteriös. Besonders heraussticht der Titel: Halb verborgen hinter einer Baumreihe und abgesetzt ist er ein echter Hingucker. Beim noch genaueren Betrachten stellt man fest, dass in den Titel eine Art kleine Eisblumen eingearbeitet wurden – wunderschön! Nach dem Lesen des Buches stellt man aber leider fest, dass das abgebildete Haus sich doch sehr von dem in der Geschichte beschriebenen unterscheidet, was ich vermeidbar und deshalb sehr schade finde.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr leicht gefallen, auch wenn ich aufgrund der Vielzahl der Personen ab und an zurückblättern musste. Der Schreibstil von Lucy Foley liest sich angenehm und flüssig, das Tempo steigert sich permanent. Leider lässt die Spannung zunächst auf sich warten, vielmehr wird der Freundeskreis mit all seinen Verstrickungen und Beziehungsgeflechten beschrieben sowie mehrere Geheimnisse aufgeworfen. Gut gefallen hat mir hingegen das Setting: Die Lodge und ihr Standort in den Highlands werden anschaulich geschildert und ich konnte mir die Örtlichkeiten super vorstellen.

Aufgrund der Kapitelbezeichnungen wird jederzeit deutlich, auf welcher Zeitebene man sich befindet und wer gerade handelt. Es findet ein ständiger Wechsel zwischen Rückblenden und der „Jetzt“-Zeit statt, wobei letztere lange vage und geheimnisvoll bleibt und nichts davon verrät, was in den Tagen zuvor geschehen ist. Interessant war auch die Vielzahl der Perspektiven, aus denen erzählt wurde, wobei es sich bis auf eine Ausnahme (diese seltsamerweise in der dritten Person) ausschließlich um weibliche Ich-Erzähler. Spannend aber zu erfahren, was die einzelnen Personen an Geheimnissen mit sich tragen, wie sie den Freundeskreis und die gemeinsamen Erlebnisse wahrnehmen und was sie über die anderen denken. Leider arten die inneren Monologe manchmal etwas aus, aber das ist wohl notwendig um die Personen ausreichend einschätzen zu lernen.

Die Protagonisten in „Neuschnee“ erscheinen zunächst eher undurchschaubar, jedoch wird schnell klar, dass jeder dunkle Geheimnisse vor den anderen hat. Auch der Freundeskreis an sich hat sich eher aus alter Verbundenheit und Tradition zusammengefunden als aus Sympathie, die Stimmung ist permanent aufgeladen und der Umgang miteinander wirkt gekünstelt. Jeder möchte besser sein als der andere, verhält sich klischeehaft und unreif. Eine echte Freundschaft besteht hier nicht, die Spannungen in diesem Beziehungsgeflecht sind klar spürbar, es liegt ein ständiges Konfliktpotenzial in der Luft. Wirklich sympathisch ist hier niemand, da alle oberflächlich und falsch sind.

Was mich jedoch sehr enttäuscht und auch gestört hat ist die angekündigte Story um den Highlandripper. Achtung Spoiler!!! Der ominöse „Highlandripper“ spielt keine größere Rolle, als dass er zweimal kurz erwähnt wird. Im Ernst?! So groß wie er auf dem Klappentext angekündigt wurde erscheint mir dieser Kurzauftritt als reine Effekthascherei und ich fühle mich etwas veräppelt. Die Autorin wollte hier einfach nur Spannung erzeugen und verwirren – was ihr aber leider nicht gelungen ist. Sowieso gab es einige – mehr oder weniger geschickt eingebaute – falsche Fährten und dubiose Andeutungen, die meiner Meinung nach nicht notwendig gewesen wären. Auch die Geschichte mit den Drogen war überflüssig, da sie für die Ereignisse keine Rolle spielt.

Insgesamt handelt es sich bei „Neuschnee“ mehr um ein Psychogramm verschiedener Persönlichkeiten als um einen Thriller. Das Buch war angenehm zu lesen, aber für einen Thriller nicht spannend genug. Lucy Foley hat geschickt versucht, den Leser auf falsche Fährten zu schicken, dies aber nicht immer gelungen ungesetzt. Das Interesse an der toten Person geht teilweise in den Geheimnissen und Konflikten des Freundeskreises unter und die Zeilen zur Lösung des Falls plätschern vor sich hin. Erst im letzten Viertel kam es zu Auflösungen der Verstrickungen und somit etwas Aufregung und Dramatik. Selten habe ich ein Buch gelesen, bei dem die Diskrepanz zwischen Klappentext und Inhalt so deutlich war. Schade. Dennoch habe ich das Buch gerne gelesen und hatte eine angenehme Zeit dabei, das Beziehungsgeflecht der Clique auseinander zu fädeln. Auch wenn der Klappentext andere Erwartungen geweckt hat, hat mich das Buch gut unterhalten.

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