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Veröffentlicht am 11.02.2021

Aufwühlende Erzählung über Diskriminierung von Frauen

Kim Jiyoung, geboren 1982
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„Auch wenn sich viel in der Welt getan hatte in puncto Gleichberechtigung, all die kleinen Regeln, Selbstverständlichkeiten oder Gewohnheiten innerhalb der Gesellschaft hatten sich nicht erkennbar geändert.“ ...

„Auch wenn sich viel in der Welt getan hatte in puncto Gleichberechtigung, all die kleinen Regeln, Selbstverständlichkeiten oder Gewohnheiten innerhalb der Gesellschaft hatten sich nicht erkennbar geändert.“ S. 156

„Kim Jiyoung, geborgen 1982“ beginnt im Herbst 2015: wie die meisten koreanischen Mütter hat sie ihren Job aufgegeben, um sich ganz ihrem Baby zu widmen. Plötzlich benimmt sie sich seltsam: verrückt, beinahe rebellisch, und verändert phasenweise ihre Persönlichkeit. Ihr besorgter Ehemann schickt sie zu einem Psychiater. Dieser erzählt chronologisch das gewöhnliche Leben seiner Klientin nach: Kim Jiyoungs Erziehung, ihre Kindheit, ihr Bildungsweg, ihr Leben als Frau und Mutter geprägt von Ungerechtigkeit, Frustration und Ohnmacht gegenüber den gesellschaftlichen Bewertungen und Erwartungen.

Die Autorin hat Interviews mit Frauen geführt und dessen Erfahrungen in ihre Geschichte einfließen lassen. Einige dieser Szenarien kommen Leserinnen bestimmt bekannt vor: wenn sich Familie und Beruf nicht mehr vereinbaren lassen, wenn nach dem Karriereabbruch ein Wiedereinstieg erfolglos bleibt, die ungerechte Lohnverteilung der Geschlechter oder anzügliche und abfällige Äußerungen von Männern am Arbeitsplatz.

„Ohne dass die jungen Mädchen sich dessen bewusst waren, führten derartige Ereignisse im Laufe der Zeit dazu, dass sie Männern gegenüber hauptsächlich Enttäuschung und Angst empfanden.“ S. 71

Beim Lesen ging es mir wie der Autorin Cho Nam-Joo beim Schreiben: ich hatte Mitleid mit Kim Jiyoung und empfand den nüchternen Schreibstil als bedrückend. Diese Einblicke in das koreanische Leben von Frauen schärfen das eigene Unrechtsbewusstsein und decken das Schicksal vieler Frauen auf, die trotz aller Bemühen den starren gesellschaftlichen Normen und Diskriminierungen hilflos gegenüberstehen.

Fazit: Anspruchsvolle Gegenwartsliteratur über die Diskrimierungen und Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen, die mehr Gleichberechtigung der Geschlechter in den Fokus rücken lässt. Ein kleines Buch das sachlich und provokant in seiner Struktur vielschichtig ist. Das Lesen lohnt sich spätestens dann, wenn man entweder tiefe Dankbarkeit für die eigenen Chancen verspürt oder den Antrieb, für eine gerechtere Welt zu kämpfen.

Veröffentlicht am 01.02.2021

Familiengeheimnis und Welpenhandel

Die Spur zum 9. Tag
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„Und so ändern wir, an diesem gewittrigen siebten Tag, als die Mücken uns fast auffressen und der Autogeruch von der Straße sich mit dem Duft von Bratwurst und Fleischklößchen aus den Dunstabzugshauben ...

„Und so ändern wir, an diesem gewittrigen siebten Tag, als die Mücken uns fast auffressen und der Autogeruch von der Straße sich mit dem Duft von Bratwurst und Fleischklößchen aus den Dunstabzugshauben mischt, den Lauf der Welt.“ S. 103

In dieser spannenden Geschichte erzählt der zwölfjährige Benedikt genannt Bene, wie es eigentlich dazu kam, dass er ausgerechnet seine Sommerferien bei seiner Oma in Duderstedt verbrachte. Daran war nämlich eigentlich nur der neue Freund von Mama Schuld. Bei der Oma fühlt Bene sich nicht besonders wohl: in ihrer Welt dreht sich alles um Teppichflusen und den neusten Tratsch der Adligen aus den Klatschzeitschriften. Zum Glück lernt Bene Mia kennen, die mit ihren Zöpfen aussieht wie Greta Thunberg und sich voller Eifer als Tierretterin engagiert. Mias Bruder Ole hat oft ziemlich abgefahrene Ideen: „in seinem Kopf muss es aussehen wie in einem riesigen Umleitungssystem, (…) wo ständig irgendwelche Straßen irgendwohin abzweigen (…) und er ist der Einzige, der sich in diesem Umleitungssystem zurechtfindet.“ Bene dagegen ist eher höflich und clever, weshalb die Drei ein tolles Team bilden und sich von fiesen Gangstern nicht einschüchtern lassen.

Wir haben bereits „Die besten Tantenretter der Welt“ von Andrea Schomburg gemeinsam gelesen. Ihre Geschichten vereinen wichtige Themen, mutige Charaktere und originelle Ideen mit Witz und Spannung - bildhaft und mitreißend erzählt. In Schomburgs neuen Buch „Die Spur zum 9. Tag“ geht es um den Welpenhandel und ein Familiengeheimnis. Es geht außerdem um Freundschaft, Engagement, Tierwohl, Akzeptanz und Familienzusammenhalt. Das Highlight waren die Tierhelden Alice, ein Kaninchen und Carmencita, eine Hündin. Wie soll man außerdem ein Buch nicht mögen, das mehrfach Bezug zu Harry Potter nimmt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 26.01.2021

Spannender Abenteuerroman mit außergewöhnlicher Gestaltung

Der Ruf des Schamanen
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Der beeindruckende Roman spielt 1986 in Peru, zu einer Zeit, die von extremen sozialen Unterschieden und großer Not geprägt war. Es geht um die dreizehnjährige Laila, die an einer unheilbaren genetisch ...

Der beeindruckende Roman spielt 1986 in Peru, zu einer Zeit, die von extremen sozialen Unterschieden und großer Not geprägt war. Es geht um die dreizehnjährige Laila, die an einer unheilbaren genetisch bedingten Krankheit leidet und in Lima, in einem Krankenhaus, den eigentümlichen Jungen namens El Rato kennenlernt. Als sie in einem Tagebuch von der Legende einer Blüte mit geheimnisumwobener Heilkraft liest, schöpft sie Hoffnung. Gemeinsam mit El Rato stürzt sie sich in ein gefährliches Abenteuer, um in der grünen Unendlichkeit Amazoniens nach dieser Blüte zu suchen.
Davide Morosinotto ist es gelungen, einen fesselnden Abenteuerroman zu schreiben, der sich anspruchsvoll und trotzdem altersgerecht mit tiefgründigen Themen auseinandersetzt. Seine Helden könnten dabei nicht aus unterschiedlicheren Welten sein: Laila, ein intelligentes und bereistes Mädchen, aus reichem Hause und El Rato, ein unbedarfter Junge, der sich seine eigene Wahrheit zurecht bastelt, um sein großes Geheimnis zu hüten, aber ein ehrliches Herz besitzt. Ihre gemeinsame Entwicklung im Laufe der Reise ist dabei genauso mitreißend, wie berührend. Morosinottos Romane sind außerdem bekannt für ihre einzigartigen Handlungsorte und auch hier fügen sich Beschreibungen von Orten und Städten, historische Hintergründe und die Kultur des Landes harmonisch zusammen. Auf ihrer Reise begegnen Laila und El Rato mehreren ganz unterschiedlichen Charakteren, die auch zu Wort kommen: Sie erzählen chronologisch im Wechseln aus der Ich-Perspektive einen Teil der Geschichte, wobei es nicht zu Überschneidungen kommt. Gekennzeichnet sind diese durch kunstvolle Kapitelvignetten. Dieser lebendige Erzählstil lässt den Leser vielfältige Eindrücke, Gedanken und Gefühle erfahren und sorgt für Abwechslung.

Was den Band zusätzlich reizvoll macht, ist die kreative typografische Gestaltung - sie rundet diesen Buchschatz auf das Schönste ab und verleiht ihm eine ganz besondere Dynamik. So bilden beispielsweise Worte und Schwarz-Weiß-Illustrationen eine Einheit oder werden gänzlich durch kunstvolle Typografie ersetzt. Ausgestattet mit Karten, Grundrissen und ganz besonderen schwarzen Seiten wird eine einzigartige Atmosphäre geschaffen, die es erlaubt, die Gefühle der Charaktere zu veranschaulichen und Schwieriges verständlich zu machen.

Fazit: Inhaltsreicher Abenteuerroman und nachdenklich stimmende Geschichte über Vertrauen, Krankheit und Freundschaft, mit mutmachender Botschaft für das ganze Leben. Das außergewöhnliche Finale fügt alles harmonisch zusammen und hält einige Überraschungen bereit. Wer „Die Mississippi-Bande“ oder „Verloren in Eis und Schnee“ schon mochte, wird Morosinottos neustes Werk besonders lieben. Ich kann dieses tolle Buch uneingeschränkt empfehlen

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Veröffentlicht am 21.01.2021

Weihnachtliche Mäusegeschichte mit tollen Illustrationen

Mopsa – Eine Maus kommt ganz groß raus
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Es geht in diesem farbprächtigen Bilderbuch um die schauspielerisch talentierte Mäusin Mopsa, die unfreiwillig zu einem Abenteuer aufbricht und am Ende Unglaubliches vollbringt.

Charlotte Habersack hat ...

Es geht in diesem farbprächtigen Bilderbuch um die schauspielerisch talentierte Mäusin Mopsa, die unfreiwillig zu einem Abenteuer aufbricht und am Ende Unglaubliches vollbringt.

Charlotte Habersack hat eine Geschichte für jede Altersgruppe geschrieben: unterhaltsam und anspruchsvoll. Wir haben uns einen Spaß daraus gemacht, anhand der zahlreichen historischen Hinweise, herauszufinden, in welchem Jahrzehnt genau, die Geschichte spielt. Das Vorlesen hat mir viel Spaß gemacht: der Schreibstil ist wunderbar mitreißend, humorvoll und bildhaft. Wir waren immer gespannt, was sich auf der nächsten Seite verbirgt. Es gibt neben der schönen Geschichte auch eine ansprechende Aufmachung: ganzseitige, prächtige Farb-Illustrationen; kleine Details und farbige Hintergründe, mit weißer Schrift. Besonders die Umarmungen von Mopsa hat Laura Fuchs rührend eingefangen - ganz bezaubernd!
Es gibt ein paar französische Begriffe, nicht mehr gebräuchliche Ausdrücke, Dialekte und etwas schwierige Wörter wie Panoptikum oder Axolote, die Kinder wahrscheinlich noch nicht kennen. Das stört aber höchstens den Lesefluss, aber nicht uns - wir lernen gern gemeinsam neue Wörter kennen und mögen Geschichten, die man auch als Erwachsener liebt.

Mir hat Mopsa´s Lebensmotto sehr gefallen: „Immer der Schnauze nach und nie den Mut verlieren.“ Es geht um selbstständiges Denken und den Mut, neue Wege zu gehen. Auch um Demokratie, Freundschaft, Familie; ganz aktuelle Themen verpackt in einer wirklichen tollen Geschichte. Passend dazu eine schöne Widmung und ein Epilog, der Raum für Austausch bietet. Wir sind ganz begeistert und zählen „Mopsa“ zu den Buchhighlights 2020. Wer die Mäusegeschichten von Torben Kuhlmann liebt, dem sei „Mopsa“ sehr empfohlen. Ebenso wunderschön illustriert, katapultiert diese kleine Mäusegeschichte den Leser in die Vergangenheit und erzählt von einer talentierten und mutigen Mäusedame. Ein Buch für die Ewigkeit und schöne gemeinsame Lesestunden.

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Veröffentlicht am 30.12.2020

Mitreißend, unheimlich, originell

Der Mädchenwald
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Ohne Spoiler!

Die ersten Seiten katapultieren den Leser in die Zukunft: Der zwölfjährige Elijah wird bei der Polizei befragt. Zu diesem Zeitpunkt wird die dreizehnjährige Elissa bereits vermisst. Danach ...

Ohne Spoiler!

Die ersten Seiten katapultieren den Leser in die Zukunft: Der zwölfjährige Elijah wird bei der Polizei befragt. Zu diesem Zeitpunkt wird die dreizehnjährige Elissa bereits vermisst. Danach verläuft die Geschichte chronologisch und erzählt kapitelweise aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln: dem Jungen Elijah, dem Opfer Elissa und der zuständigen Detective Mairéad, die die Suche nach Elissa leitet und dabei mit eigenen Problemen zu kämpfen hat.

Ich möchte an diese Stelle nicht zu viel verraten, um den Lesespaß nicht zu verderben. Nur soviel: mir hat gefallen, dass Kinder die Hauptrolle spielen, dem Leser nicht alles auf dem Silbertablett serviert wird und Schach eine Rolle spielt. Es beginnt damit, dass Elissa mit ihrer Mum auf dem Weg zu einem Schachtunier ist. Die Charaktere entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter, geprägt von Tapferkeit und Einfallsreichtum.
Mir hat besonders gefallen, dass der Fokus auf steigender Spannung und der unheimlichen Atmosphäre liegt, statt nur auf Gewalt und Grausamkeit. Als Leser wusste ich nie ganz genau, in welche Richtung es geht und es blieb bis zum Schluss spannend. Sam Lloyd hat die Zerrissenheit, den unheimlichen Mädchenwald und die stetige Ungewissheit unglaublich gut eingefangen. Ich konnte es kaum aus der Hand legen und hatte ein rundum gutes Thrillerpacket fürs Wochenende!

Fazit: Eine unheimliche Kulisse, faszinierende Charaktere, ein fesselnder Sprachstil und ein überraschender Twist. Eine Leseempfehlung für alle, die originelle Thriller lieben, die man nicht so schnell vergisst.