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Veröffentlicht am 17.02.2021

Originelle, turbulente Superheldengeschichte mit allem und extraviel Witz

Fräulein Kniffkes geheime Heldenschule 1: Stinkesocken auf 12 Uhr
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Arthurs Eltern haben sich getrennt, der Junge zieht daraufhin mit seiner Mutter in eine neue Wohnung in einer fremden Stadt. Arthurs Start in der dortigen Schule läuft leider suboptimal, zwei Klassenkameraden ...

Arthurs Eltern haben sich getrennt, der Junge zieht daraufhin mit seiner Mutter in eine neue Wohnung in einer fremden Stadt. Arthurs Start in der dortigen Schule läuft leider suboptimal, zwei Klassenkameraden haben es gleich auf ihn abgesehen. Mit seiner Mutter gibt es oft Ärger, weil Arthur permanent Socken verliert und einzelne Socken herumliegen lässt. Außerdem leidet Arthur seit Jahren unter dem immer wieder gleichen Albtraum. Und dann schlägt seine Mutter Arthur auch noch vor, an einem Blockflötenkurs teilzunehmen. Doch der Blockflötenkurs bei Fräulein Kniffke entwickelt sich schließlich völlig anders als erwartet. Nicht Blockflöte, sondern Superheldenfähigkeiten trainieren steht dort auf dem Lehrplan. Ganz unvermittelt findet sich Arthur in seiner ersten Weltrettungsmission wieder. Es gilt, einer völlig durchgedrehten Sockensuchmaschine das Handwerk zu legen.

Lena Havek erzählt erfrischend, klar verständlich und witzig aus Arthurs Perspektive in Ich-Form. Jan Birck hat zur Geschichte passende lebendige Illustrationen angefertigt, die sich aber öfter wiederholen, was meine Mitleser etwas enttäuschte. Leser ab acht, neun Jahren dürften keine Probleme haben, die Geschichte selbstständig zu lesen. Sie spricht Jungen und Mädchen gleichermaßen an.

Arthur hat es gerade echt nicht so leicht. Sich in einer neuen Stadt, einer neuen Schule, einer komplett neuen Situation zurechtzufinden, das ist alles andere als einfach. Arthur hat viel Humor, ist ein netter, gewitzter Kerl, er hält sich selbst aber für mittelmäßig und uninteressant. Sein immer wiederkehrender Albtraum zeigt, dass er wenig Selbstbewusstsein und viel Angst hat. Fräulein Kniffkes geheime Heldenschule eröffnet Arthur völlig neue Möglichkeiten, von denen er bisher nicht zu träumen gewagt hat. Er erkennt, dass auch er Superheld sein und über sich hinauswachsen kann.
Besonders gut hat mir und meinen Mitlesern der Charakter Fräulein Kniffke gefallen. Als spießige, ältliche Flötenlehrerin mit dreckigem Schneeballdutt getarnt, verblüfft sie nicht nur Arthur mit ihrer eigentlichen Erscheinung. Sie steht den genialen Erfindern in ihrer Familie in nichts nach, ist supersportlich und durchtrainiert. Gegen Fräulein Kniffke können Superman und Co einpacken. Eine echt schräge, besonders originelle Figur. Ihre Schüler die mürrische Maxi und der zurückhaltende Tim sind ebenso für Überraschungen gut. Insgesamt eine überzeugende Figurenauswahl!

Nicht nur die Figuren sind originell, auch die Handlung ist es. Tatsächlich habe ich mich auch schon immer gefragt, wo die einzelnen Socken der Männer in meinem Haushalt abgeblieben sind. Jetzt kenne ich die Antwort.
Fräulein Kniffke und ihre Schützlinge bekommen es mit der Sockensuchmaschine mit einem Bösewicht der etwas anderen Art zu tun. Und Arthur erkennt, dass manche Sachverhalte, manche Menschen, bestimmte Träume ganz anders sind als eigentlich gedacht. Arthur hat das Zeug zum Helden und ich bin sicher, jedes andere Kind auch. Wir können alles sein, wenn wir aufhören, uns selbst im Weg zu stehen.
Bevor sie das Buch schrieb, hat Autorin Lena Havek ihrem Sohn eine Geschichte mit allem versprochen: mit Monstern, Superhelden, Pistolen und sogar Pupsen. Und das ist „Fräulein Kniffkes geheime Heldenschule 1: Stinkesocken auf 12 Uhr “ ohne Zweifel. Eine Geschichte mit allem und extra viel Komik und Action dazu. Ein herrlich schräger, turbulenter Lesespaß.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Herrlich schräges, ultrawitziges TAgeBUch aus zwei Perspektiven und ganz ohne Tabus

Das ungeheimste Tagebuch der Welt!, Band 1: Wie mein bescheuerter Bruder Klassensprecher in meiner Klasse wurde … (Comic-Roman aus zwei Perspektiven für Kinder ab 10 Jahren)
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Dass Paul sitzengeblieben ist, findet seine Patchwork-Schwester Karline genauso ätzend wie Paul selbst. Dummerweise gehen die beiden jetzt nämlich in eine Klasse. Als ob das nicht schon unangenehm genug ...

Dass Paul sitzengeblieben ist, findet seine Patchwork-Schwester Karline genauso ätzend wie Paul selbst. Dummerweise gehen die beiden jetzt nämlich in eine Klasse. Als ob das nicht schon unangenehm genug wäre, werden sie dann auch noch zu Konkurrenten um das Amt des Klassensprechers. Paul stolpert eher unfreiwillig in die Aufgabe hinein, die sich Karline so sehr gewünscht hat. Wie soll das nur weitergehen?

Anja Fröhlich und Patrick Krause schildern abwechselnd aus Karlines und Pauls Sicht, was sich im Leben der beiden gerade tut. Beide formulieren jeweils Tagebucheinträge, schreiben klar, witzig, herrlich direkt und ohne Tabus. Sie verwenden dabei auch viele umgangssprachliche Ausdrücke, so wie eben Elf- und Zwölfjährige sprechen, das wirkt recht authentisch. Der Leser bekommt ein und dieselbe Geschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven serviert, eine kurzweilige und lebendige Erzählweise.
Die einzelnen Seiten sind sehr abwechslungsreich gestaltet, manche Wörter sind dicker oder in anderer Schriftart gedruckt und werden dadurch optisch hervorgehoben. In die Einträgen sind immer wieder Pfeile, eingerahmte Sätze, Sprechblasen, Kritzeleien und zahlreiche individuelle, gelungene und treffende Illustrationen der Zeichnerin Kristina Nowothnig eingearbeitet. Die Seiten sehen zwar sehr phantasievoll und kreativ aus, ich finde sie aber teilweise etwas zu wild und überfrachtet und dadurch ein wenig anstrengend zu lesen. Meine neunjährige Tochter kam mit der äußeren Form der Texte allerdings sofort gut klar. Leser ab neun Jahren können „Das ultraungeheimste Tagebuch der Welt“ sicher problemlos selbständig bewältigen. Es richtet sich an Jungen und Mädchen, Vielleser und Lesemuffel gleichermaßen.

Karline ist witzig, clever und weiß genau, was sie will. Das Mädchen eifert seinem Vorbild Greta Thunberg nach und setzt sich wie sie engagiert für Klimaschutz ein. Ihrem neuen Bruder Paul gegenüber verhält sich Karline oft ganz schön fies, nennt ihn beispielsweise spöttisch „Faul“. Außerdem liest sie heimlich und hinterrücks sein Tage-/Logbuch.
Paul ist ein naiver Träumer, er möchte unbedingt DJ werden. Er gibt sich ziemlich cool und lässig, wirkt grundsätzlich lockerer und entspannter als Karline. Paul gerät öfter mal in peinliche Situationen. Auch er kann durchaus seine Krallen ausfahren, wenn er genervt wird.
Die absurden Kabbeleien der beiden ungleichen Fast-Geschwister sorgen immer wieder für Lacher. Langweilig wird es bei den beiden definitiv nicht

Raufen die zwei sich in der neuen Klasse zusammen oder erhalten sie den Konkurrenzkampf aufrecht?
Eine originelle und ausgezeichnete Idee, eine Geschichte aus der Sicht zweier Figuren in Form von Tagebucheinträgen zu erzählen. Warum sollten sich Mädchen nicht einmal mit der Perspektive eines Jungen auseinandersetzen und umgekehrt? Vielleicht führt das gar zu mehr gegenseitigem Verständnis. Jungs sind schließlich auch nur Menschen und Mädchen ebenso.
Extrem witzig, wie Karline und Paul ihr Leben beschreiben. Die Vorstellung einer familieninternen, heiß umkämpften Hygge-Hose z.B. oder die von Pauls Pupsgang hat meiner Tochter und mich herrlich amüsiert. Da konnten wir gar nicht anders als gute Laune zu bekommen.
Ein irre komischer, turbulenter, schräger, unterhaltsamer, unkonventionell gestalteter Comic-Roman mit Spaßgarantie, auch für Lesemuffel empfehlenswert und motivierend.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Süße romantische Verwechslungskomödie mit chaotischer Heldin

Das Leben braucht mehr Schokoguss
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In Mias Leben tut sich gerade einiges. Sie ist ganz frisch- aber noch nicht offiziell- wieder mit ihrer Jugendliebe Johnny zusammen. Auch beruflich steht eine Veränderung an, als leidenschaftlicher Chocoholic ...

In Mias Leben tut sich gerade einiges. Sie ist ganz frisch- aber noch nicht offiziell- wieder mit ihrer Jugendliebe Johnny zusammen. Auch beruflich steht eine Veränderung an, als leidenschaftlicher Chocoholic freut sich Mia aktuell auf ihr Praktikum bei einer Schokoladenmanufaktur. Dabei hat sie auch endlich Gelegenheit, ihre Halbschwester Annette besser kennenzulernen, bei der sie während des Praktikums wohnen wird. Doch schon der chaotische Flug in die Schweiz, auf dem Mia eine äußerst kuriose Begegnung hat, gibt einen Vorgeschmack auf Mias Praktikum. Nicht alles läuft nach Plan, die Schokoladenmanufaktur entpuppt sich als wesentlich unromantischer als erhofft und Mia muss auch noch schauspielerisches Talent beweisen und in eine für sie eigentlich recht angenehm Rolle schlüpfen. Ob Mias Liebe zu Schokolade reicht, die Beschäftigten in der Schokoladenmanufaktur allen voran den attraktiven Junior-Chef von sich zu überzeugen?

Ella Lindberg schreibt in der ersten Person aus Sicht von Mia. Das tut sie klar, locker und sehr witzig. Über Mias amüsante Schilderungen bekam ich sofort einen Zugang zur Geschichte, fand mich recht schnell in Mias Leben zurecht.

Mia ist eine herrlich chaotische, recht naive junge Frau, die keine Möglichkeit auslässt, ins Fettnäpfchen zu treten. Das ist zuweilen ein bisschen anstrengend, aber trotzdem ziemlich charmant. Auch wenn ich mitunter den Drang hatte, Mia sanft zur Seite zu nehmen und sie über ihre Situation aufzuklären - von außen betrachtet liegt vieles ja oft deutlich klarer auf der Hand- war mir die Figur sofort sympathisch. Mia „mit dem goldenen Herzen“, die ihre Eltern so früh verlor, ist zweifelsohne einnehmend und eine prima Identifikationsfigur. Ganz spontan kommt sie oft auf sehr unkonventionelle Einfälle, die erstaunliche Effekte haben. Mia ist Mia, lässt sich schnell begeistern und nicht verbiegen, sie ist ehrlich und gefühlsbetont, das ist ihre geheime Superkraft.
Ganz anders Fabian, Juniorchef der Manufaktur. Er wirkt anfangs etwas spröde und blass, zeigt kaum Leidenschaft für das, was er tut. Er weiß nicht so genau, wo er mit seiner Firma hinwill, versucht mit der Zeit zu gehen und würde dafür auch wichtige geltende Prinzipen über Bord werfen. Die Meinung seiner Großmutter Elisabeth, die das Geschäft aufgebaut hat, ist ihm trotzdem sehr wichtig. Mit Fabian wurde ich anfangs nicht recht warm. Erst als er ehrlich über seine Familie und seine Kindheit spricht, platzte der Knoten und er kam mir etwas näher.
Manche Personen werden ziemlich klischeehaft dargestellt, aber einige entwickeln sich im Verlauf ganz anders als angenommen und sorgen für Überraschungen. Das macht den Reiz von Ella Lindbergs Charakteren aus.

Wie wird sich Mia in ihrem Praktikum schlagen? Wie geht es mit der maroden Manufaktur weiter? Wird es zwischen ihr und ihrer Schwester eine Annäherung geben? Und geht da doch mehr mit ihrem Chef Fabian?
Ella Lindbergs Roman „Das Leben braucht mehr Schokoguss“ ist eine nette romantische Verwechslungskomödie mit chaotischer Heldin a la Bridget Jones und etwas Schokolade, der Schokoladenanteil hätte für mich allerdings durchaus noch etwas größer sein können.
Ein unterhaltsamer, leichter, rosa Roman mit Herz und abschließendem Zuckerguss zum Lesen unter der Kuscheldecke, Genießen, Fünfe gerade Sein Lassen und gute Laune Bekommen.

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Veröffentlicht am 12.02.2021

Packender Regionalkrimi mit Alpenflair, unfreiwilligem Ermittlerduo und einem sehr kniffligen Mordfall

Grenzfall - Der Tod in ihren Augen
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„Ich fürchte, wir werden uns die Zähne an diesem Fall ausbeißen- und vielleicht trotz all unserer Bemühungen nicht herausfinden, wer oder was hinter dem Mord steckt. Weil es uns nicht gelingt, so verquer ...

„Ich fürchte, wir werden uns die Zähne an diesem Fall ausbeißen- und vielleicht trotz all unserer Bemühungen nicht herausfinden, wer oder was hinter dem Mord steckt. Weil es uns nicht gelingt, so verquer zu denken wie dieser Kerl. Ich bin ein alter Hund, mir macht es nichts aus was andere über mich denken, ob ich Erfolg habe oder nicht. Aber du stehst noch am Anfang deiner Laufbahn....“

Alexa Jahns erster Tag als Oberkommissarin im oberbayrischen Weilheim hat es in sich. Gerade aus Aschaffenburg hergezogen, bleibt der jungen Frau keine Zeit, sich an die oberbayrischen Gepflogenheiten zu gewöhnen, denn sofort steht die Aufklärung eines grausamen Mordfalls an. Der Oberkörper einer Frau wird am Brauneck in einer Felsspalte gefunden. Später tauchen am Achensee in Österreich weitere Teile der Leiche auf. Während der Bergung der Leiche erleidet Alexas neuer Chef auch noch einen Unfall. Alexa soll daraufhin die Leitung der Ermittlung übernehmen und muss sich mit dem österreichischen Chefinspektor Bernhard Krammer abstimmen, der für die Region Achensee zuständig ist. Krammer hat durch seine berufliche Erfahrung längst seinen Optimismus verloren und gibt sich desillusioniert. Ob die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Ermittler funktioniert?

Autorin Anna Schneider schreibt gut verständlich, sehr angenehm und flüssig aus der Sicht der beiden Polizisten Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Mitunter werden kurze Passagen eingeschoben, in denen der Mörder zu Wort kommt. Zunächst erzählt er noch sehr nebulös und rätselhaft, später immer klarer von seinen Beweggründen. Die abwechslungsreiche Darstellung des Geschehens aus den unterschiedlichen Perspektiven sorgt für besondere Spannung. Ich konnte mich durch die Erzählweise mühelos in die unterschiedlichen Aspekte des Falls „hineindenken“.

Alexa Jahns Situation wird sehr plausibel und glaubwürdig geschildert. Die junge Frau möchte ihre Chance für berufliches Weiterkommen nutzen, muss sich dazu an einen neuen Arbeitsplatz, ein neues Wirkungsfeld gewöhnen, sofort die Ermittlungsarbeit übernehmen und Mitarbeiter koordinieren. Mit Elan stürzt sie sich in die Aufklärung des Falles. Dabei macht sie sehr vieles aber realistischerweise nicht alles richtig. Wie jeder Mensch hat Alexa Stärken und Schwächen, sie ist tatkräftig, packt Dinge an, ist ehrgeizig, in der Regel sehr professionell, wirkt insgesamt menschlich „nahbar“. Das gefällt mir. Auch wenn ich nicht all ihr Aktionen guthieß, wurde ich recht schnell warm mit ihr.
Oberinspektor Krammer stellt einen ziemlichen Gegenpol zu Alexa dar. Ihm wurde in der Vergangenheit oft vorgeworfen, zu schwerfällig zu sein. Diese Anschuldigung möchte er nicht auf sich sitzenlassen. Er verlässt sich auf seine Erfahrung, sein Bauchgefühl, seine Intuition. Alexa Jahn hingegen geht es rationaler an. Während die junge Deutsche noch motiviert ist, Verbrechen zu verhindern, hält Krammer den Kampf bereits für verloren. Auch Krammer ist für mich nachvollziehbar charakterisiert, verhält sich authentisch und macht einen sympathischen Eindruck.
Zwischen den beiden Ermittlern entsteht durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten eine interessante Dynamik. Sie müssen zwangsläufig miteinander arbeiten, aufeinander eingehen und beeinflussen sich gegenseitig.
Mit dem undurchsichtigen Florian Huber hat Alexa einen weiteren Kollegen an der Seite, der ihr das Arbeiten nicht unbedingt leichter macht.

Dieser Fall hat es in sich. Wie ein Suchspiel, eine Schnitzeljagd hat der Mörder sein Verbrechen inszeniert. Die Ermittler tappen recht lange im Dunkeln, ehe sich alles in einem fulminanten, atemberaubend spannenden Finale auflöst. Auch wenn es anfangs und im Mittelteil viel um die persönliche Situation der Ermittler und Alexas Stand im neuen Team geht und der Fall teils in den Hintergrund rückt, wurde es mir nie langweilig.
Für mich ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe, ein lesenswerter Regionalkrimi mit allem, was dazugehört: einem interessantem Schauplatz, der Urlaubserinnerungen weckt, Ermittlern, bei denen man gerne hinter die dienstliche Fassade blickt, einem gefährlichen Täter ohne Angst, natürlich einem spannenden Fall und einigen verblüffenden Überraschungen. Ich habe mich beim Lesen wohlgefühlt und bin sehr gespannt, wie es für das deutsch-österreichische Gespann weitergeht.

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Veröffentlicht am 09.02.2021

Origineller Waldkrimi mit gewitztem Dachs, dubiosen Kauzen, einigen unfreiwilligen Vegetariern und allerlei anderem geheimnisvollem Getier

Dachs im Dickicht – Hasenhunger
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Hase ist tot! Grausam ermordet! Von ihm sind nur noch ein paar winzig sauber abgenagte Knochen und ein paar Fellbüschel übrig. Die Bewohner des dichten Dickichts sind sich ziemlich schnell einig, dass ...

Hase ist tot! Grausam ermordet! Von ihm sind nur noch ein paar winzig sauber abgenagte Knochen und ein paar Fellbüschel übrig. Die Bewohner des dichten Dickichts sind sich ziemlich schnell einig, dass Wolf der Mörder sein muss. Zumindest deuten alle Indizien erstaunlich offensichtlich darauf hin. Aber Dachs, der Chef der Waldpolizei, ist von Wolfs Schuld noch nicht überzeugt. Gemeinsam mit seinem Assistenten Dachskatz beginnt er zu ermitteln.

Die russische Autorin Anna Starobinets schreibt witzig und originell, für Kinder anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig. Aber schon nach kurzer Zeit stellte der lebendige, direkte Sprachstil für meine kleinen Zuhörer (Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren) kein Problem mehr da. Sie erfassten das Geschehen vollständig und konnten sich gut in die Geschichte hineinversetzen. Wiederkehrende Formulierungen wie „Das weiß doch jeder Igel“ oder „Das sagt einem der gesunde Tierverstand“ sorgten für Schmunzler, häufig kam es - zum Vergnügen der Zuhörer- beim Lesen von Zungenbrechern wie „lichten“ und „dichtem Dickicht“ zu Versprechern.
Leser ab acht Jahren können den Fall sicher auf eigene Faust angehen und die Geschichte selbstständig lesen. Die lustigen und ausdrucksstarken schwarz-weiß Bilder von Stefanie Jeschke motivieren die Leser zusätzlich und heben definitiv die Stimmung.

Hauptfigur des Buchs „Dachs im Dickicht -Hasenhunger“ ist der Leiter der Waldpolizei, Kommissar Dachs, der nach außen viel gemütlicher wirkt als er eigentlich ist. Er verfügt über einen überaus scharfen gesunden Tierverstand und zieht auch offensichtliche vermeintliche Klarheiten lieber einmal mehr als einmal zuwenig in Zweifel. Bei seiner Arbeit wird er von Dachskatz unterstützt, dessen wahre Identität bis zum Schluss ein Geheimnis bleibt. Assistent Dachskatz hat nicht so viel Erfahrung in der Ermittlungsarbeit wie sein Vorgesetzter und durchschaut manches nicht ganz so schnell, er agiert wesentlich spontaner und instinktiver und lässt sich schon mal von Vorurteilen leiten. Im dichten Dickicht wimmelt es nur so von weiteren dubiosen Bewohnern, allesamt per Gesetz Fleischverächter: ein einsamer Wolf, ein völlig überdrehter Kojote mit unberechenbaren Stimmungsschwankungen, eine überaus aktive, trauernde Häsin, ein Star, der perfekt Stimmen imitiert oder eine findige Füchsin.
Auch manche Nachbarn aus dem lichten Dickicht wie die windigen Käuze, Anwälte, die komischerweise immer dann vor Ort sind, wenn sie gebraucht werden, sorgen für ziemliche Verwirrung. Dass Maulwürfe sich zum Einbau von Fußbodenheizungen eignen und Zitterrochen Elektrofachtiere sind, ist ja eigentlich logisch und nachvollziehbar, aber trotzdem Beweis für die schräge und kreative Figurenkonstellation des Buchs.

Wird Dachs, der eigentlich seinen Winterschlaf herbeisehnt, kühl den Überblick behalten, den Fall lösen und den Mörder überführen?
Ganz schön kompliziert, äußerst vertrackt, ziemlich rätselhaft und wirklich überraschend wie sich das Ganze bis zum turbulenten Finale unter Tage entwickelt. Und so manches Vorurteil entpuppt sich dabei als völlig wahrheitsfremd. Für mich und meine Mitleser war dieser witzige, unterhaltsame Waldkrimi mit vielen Wortspielen ein echtes Lesevergnügen. Obwohl wir Dachs seinen verdienten Winterschlaf durchaus gönnen, freuen wir uns schon auf seinen zweiten Fall.

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