Profilbild von evaczyk

evaczyk

Lesejury Star
offline

evaczyk ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit evaczyk über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.02.2021

Rezepte zwischen Vorzelt und Wohnmobil

Campingküche mit 5 Zutaten
0

Camping???? Bei den derzeitigen Frostgraden kein besonders einladender Gedanke. Aber wir sind ja nur noch gut zwei Wochen vom meteorologischen Frühlingsanfang entfernt. Und da niemand sagen kann, wie lange ...

Camping???? Bei den derzeitigen Frostgraden kein besonders einladender Gedanke. Aber wir sind ja nur noch gut zwei Wochen vom meteorologischen Frühlingsanfang entfernt. Und da niemand sagen kann, wie lange Reisebeschränkungen, geschlossene Hotels oder gar Grenzschließungen noch zu unserer Realität gehören, ist Camping eine gute Sache - autark unterwegs, mit Abstand. Für alle, die bei der Verpflegung andere Ansprüche haben als eine Dose Ravioli zu öffnen oder ein paar Würstchen auf den Grill zu schmeißen, hat Somja Stötzel "Campingküche mit fünf Zutaten" geschrieben.

Ob mit Zelt unterwegs oder im Glamping-Wohnmobil - Platz ist beim Camping bekanntlich immer ein wichtiges Argument, bzw der Mangel an Platz. Dem kommt nicht nur das kompakte Buch mit übersichtlichen 64 Seiten entgegen, sondern auch die Beschränkung auf fünf Zutaten und Rezepte, die auch auf der Gasflamme des Campingkochers gelingen.

Aufgeteilt ist das wie üblich appetitanregend fotografierte Buch in die Kapitel kalte Gerichte, Kochen mit Flamme sowie Snacks und Süßes, ergänzt mit einigen Tipps und Hacks zur Campingküche und dem platzsparenden Verpacken von Gewürzen und anderen Essentials - sicher gerade für Neucamper nützlich.

Dass es auch auf dem Campingplatz nicht einfachst zugehen muss (wie eben mit den kalt gelöffelten Ravioli),dafür stehen beispielsweise ein lauwarmer Möhrensalat oder der orientalisch anmutende Kichererbsen-Tomatensalat. Ziemlich exotische Variante mit womöglich selbst gesammeltem Speiseanteil: Bulgursalat mit Heidelbeeren. Zwischen Rucola und Mais, angemacht mit Olivenöl, hätte ich die blauen Beeren jetzt erst mal nicht vermutet. Das Bauernbrot mit Ziegenfrischkäse und Feige klingt auch für indoors-Aufenthalte super lecker.

Durchaus mediterran lässt sich auch auf der Flamme kochen - Spinat Risotto etwa. Pfannen-Flammkuchen stehen für die Kunst der Improvisation. Und bei der Kartoffelpfanne kann nur Cowboy- und Präriestimmung aufkommen, vor allem wenn man ums Lagerfeuer kauert und direkt aus der Pfanne isst (und nebenher den Abwasch klein hält!)

Veröffentlicht am 13.02.2021

Für die Ermittler wird´s persönlich

Die Schuld der Zeugen
0

Im vierten Band von Joy Ellis´ Fenland-Serie um die Polizisten Jackman und Evans in der ostenglischen Moorlandschaft wird es ganz besonders düster. Denn der neue Fall der Ermittler wird insbesondere für ...

Im vierten Band von Joy Ellis´ Fenland-Serie um die Polizisten Jackman und Evans in der ostenglischen Moorlandschaft wird es ganz besonders düster. Denn der neue Fall der Ermittler wird insbesondere für DI (Detective Inspector) Jackman höchst persönlich: Der Selbstmord seiner Schwägerin Sarah hat die Familie schwer getroffen.

Was konnte die Mutter zweier Kinder zu dem verzweifelten Schritt bewogen haben? Zunächst geht es um die üblichen Fragen, die sich Familienangehörige nach einem für sie völlig unerwarteten Suizid stellen. Doch dann gelingt es Orac, der IT-Spezialistin des Teams, den eigentlich zerstörten Laptop Sarahs wiederherzustellen, um an die dortigen Daten zu kommen. Es stellt sich heraus, dass sie vor ihrem Tod Emails erhielt, in denen nicht nur sie, sondern insbesondere ihre Kinder bedroht wurden. Hat sie mit ihrem Selbstmord versucht, ihre Kinder zu retten, in dem sie ihr eigenes Leben opferte?

Dann wird ein ähnlicher Fall aus einem zweiten Distrikt bekannt. Bei der Zusammenarbeit mit der dortigen Polizei stellt sich heraus, dass beide Frauen nicht nur ähnliche Namen hatten, sondern dass über ihre Vergangenhei und ihre Familie kaum etwas bekannt ist. Keine zufälligen Gemeinsamkeiten: Als 16-Jährige sagten die beiden in einem Mordprozess aus. Ein junger Mann wurde deshalb wegen Vergewaltigung und Mordes verurteilt, beging im Gefängnis Selbstmord. Seine Familie kämpft seit Jahren um seine Rehabilitation - würden sie dazu zu allen Mitteln greifen? Kann die "Schuld" der Zeuginnen nur mit deren Tod bezahlt werden?

Weitere Todesfälle, die in Zusammenhang mit dem damaligen Verfahrem stehen, zeigen: Es ist noch nicht vorbei. Jackman und Evans haben es mit einem hochintelligenten Psychopathen zu tun, der zudem Jackman als seinen ganz persönlichen Gegner bei der Polizei auszumachen scheint. Ist Jackmans Familie dadurch weiter in Gefahr?

Joy Ellis streut immer wieder Hinweise, lässt dabei aber auch genügend Möglichkeiten offen, die die Spannung aufrecht erhalten. Dabei verbindet sie die Ermittlungsarbeit des klassischen Polizeiromans mit Thriller-Elementen - wen sucht sich der Killer als nächstes Opfer, wie inszeniert er seine nächste Tat, wieso ist er trotz aller Ermittlungsfortschritte immer einen Schritt voraus?

Sympatisch ist, dass auch das Team eine wichtige Rolle spielt und nicht nur als Wasserträger Jackmans agieren darf. So können all die unterschiedlichen Charaktere und Persönlichkeiten der Fenland Police ihre jeweilige Rolle ausfüllen und auch das "Menschelnde" zwischen den Arbeitskollegen kommt nicht zu kurz.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.02.2021

Wenig Zeit, wenig Zutaten - trotzdem lecker kochen

Vegetarisch kochen mit 5 Zutaten
0

Mal ganz ehrlich: Nicht immer hat man Zeit und Lust, aufwändig zu kochen. Oder es hat einfach nicht mit dem Einkauf geklappt, weil mal wieder irgendwas dazwischen kam. Was steht noch im Vorratsschrank? ...

Mal ganz ehrlich: Nicht immer hat man Zeit und Lust, aufwändig zu kochen. Oder es hat einfach nicht mit dem Einkauf geklappt, weil mal wieder irgendwas dazwischen kam. Was steht noch im Vorratsschrank? Für solche Situationen mit wenig Zeit und überschaubaren Zutaten hat Martina Kittler wohl auch "Vegetarisch kochen mit fünf Zutaten" geschrieben.

Der Kochratgeber von G+U kann mit der bewährten Mischung aus klarer Rezept-Ansage und appetitanregenden Fotos trumpfen. Mit 64 Seiten handelt es sich um ein eher schmales Büchlein, das ich deshalb auch mehr als Rat in Krisenfällen sehen würde, wenn es wirklich schnell und mit eher wenig gehen soll.

Unterteilt sind die Kapitel in Kleine Gericht, one pot meals (noch mehr Ersparnis, diesmal beim Abwasch - da bin ich immer dafür!), Gerichte aus dem Ofen sowie Süßes.

Gleich am Anfang bin ich auf zwei Salate gestoßen, die bestimmt in nächster Zeit ausprobiert werden (bei den momentanen Temperaturen sollte es schon was Warmes sein) - den Fenchel-Orangen-Salat und den Pilz-Feldsalat mit Paprika, die zeigen, es braucht gar nicht so viel, um trotzdem für interessante Geschmackskontraste zu sorgen. Für Kohlrabi, die ich gerne als Gemüse oder Rohkost verputze, gibt es hier ein Suppenrezept - da kam auch gleich auf die to do-Liste.

Sicherlich auch familienfreundlich ist die scharfe Paprika-Pasta und auch die Gemüsepfanne mit Mozarella verspricht, ein wenig mediterrane Aromen in den kalten deutschen Winter zu bringen. Eine Kombination von Süden und Herbst wäre hingegen der Ofen-Feta auf Kürbisgemüse. Und kommt erst mal die Spargelsaison, ist es sicherlich Zeit für das Spargelgratin mit Walnüssen.

Für Süßmäuler ist meine persönliche Empfehlung der Sauerkirsch-Mohn-Crumble. Nur fünf Zutaten? Passt schon!

Veröffentlicht am 30.01.2021

Von Fremdheit und Dazugehören Wollen

Fast ein neues Leben
0

Vom Leben im neuen Land und dem Gepäck des alten Landes erzählt Anna Prizkau in ihren Kurzgeschichten, die unter dem Titel "Fast ein neues Leben" zusammengefasst sind. Mit der Ich-Erzählerin hat sie so ...

Vom Leben im neuen Land und dem Gepäck des alten Landes erzählt Anna Prizkau in ihren Kurzgeschichten, die unter dem Titel "Fast ein neues Leben" zusammengefasst sind. Mit der Ich-Erzählerin hat sie so manches gemeinsam - In Russland geboren, in den 90-er Jahren nach Deutschland gekommen, das Gefühl der Fremdheit, der Wille, dazu zu gehören, der Kampf mit der fremden Sprache, die sie sich dann zu eigen macht - immerhin ist sie Theaterautorin.

Der Preis, der für das neue Land gezahlt wird, wird eher von der Elterngeneration entrichtet - die psychischen Probleme der Mutter, der Akzent, der sich auch nach vielen Jahren nicht loswerden lässt und der der Tochter peinlich ist. Freunden verschweigt sie die Eltern und ihre Biografie.

Teils geht es in den zwölf Geschichten um diese Migrations- und Fremdheitserfahrungen, teils um Disfunktionalität in der Familie und die üblichen Coming of Age-Probleme. Um unglückliche Beziehungen, Scheitern an sozialen Barrieren oder sexuelle Belästigung braucht es schließlich keinen Migrationshintergrund, das sind universelle Erfahrungen.

Prizkau beherrscht die Kunst, auf wenigen Seiten eine Geschichte zu entwickeln von Hoffungen und zerbrochenen Illusionen, von Ehrgeiz und falscher Liebe. Die Familiengeschichte ist ein roter Faden, der die meisten dieser Episoden verbindet. Sprachlich gibt es immer wieder so einfach klingende wie bildhaft-poetische Formulierungen, die den Reiz dieser Geschichten ausmachen. Zum Beispiel: "Jetzt lächelte ich nur noch, um zu verbergen, dass ich nichts verstand. Um meine Angst vor diesem Land und dieser Sprache hinter den straff gespannten Mund zu stecken."

"Fast ein neues Leben" hat nicht die Wucht und Tiefe etwa von "Herkunft" von Sasa Stanisic, bemüht sich auch relativ wenig um die Identität der "neuen Deutschen", sondern reflektiert eher die individuelle Suche einer jungen Frau nach ihrem Platz im Leben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.12.2020

Verschwörung mit Überlängen

Aus dem Schatten des Vergessens
0

Der kanadische Krimiautor Martin Michaud stürzt sein Ermittlerduo ebenso wie seine Leser in ein vielschichtiges Puzzle mit dem Roman "Aus dem Schatten des Vergessens". Spannend ist der mit 640 Seiten nicht ...

Der kanadische Krimiautor Martin Michaud stürzt sein Ermittlerduo ebenso wie seine Leser in ein vielschichtiges Puzzle mit dem Roman "Aus dem Schatten des Vergessens". Spannend ist der mit 640 Seiten nicht gerade schmal geratene Band durchaus. Allerdings wäre an mancher Stelle weniger mehr gewesen, denn während Verschwörungstheoretiker ihre helle Freunde haben dürften, wirkt für alle anderen manches sehr weit hergeholt. Dass ausgerechnet der Mord an John F. Kennedy mit Verbindungen in die frankokanadische Provinz Quebec den Schlüssel zur Lösung einer Mordserie bieten soll - na ja.

Und wenn wir schon mal beim Thema Plausibilität sind - Michaud gehört offensichtlich zu den leicht sadistisch veranlagten Autoren, die ihren Hauptfiguren ein geballtes Maß an Schicksal, Gewalt und Seelenleid aufbürden, vermutlich um sie um so interessanter zu gestalten. Victor Lessard, Mordermittler aus Montreal, ist auch so einer, wenn auch der größte Teil seiner dramatischen Vorgeschichte in vorangegangenen Romanen spielte und er hier nur mit diversen körperlichen und seelischen Blessuren davon komnt. Dafür ist Victor aber offenbar trotz fortgeschrittenen Alters ein Magnet für supersexy schöne und meist deutlich jüngere Frauen ist. Tja. Ist der Autor da noch spätpubertär oder schon midlifekrisengeschüttelt? Das ist mal wieder alles wie aus dem richtigen Leben. Und wie um den Kontrast noch größer ausfallen zu lassen, ist Victors Partnerin Jacinthe eine ständig futternde, übergewichtige, cholerisch veranlagte lesbische Frau, die als Mensch allerdings eher blass bleibt.

Allerdings geht Michaud nicht nur mit der Holzhammermethode vor, zum Glück. Sowohl der Titel als auch das Leitmotiv - die Suche nach verlorenen Erinnerungen, die Frage manipulierter oder gelöschter Erinnerungen - dürften auch ein Stück weit an das "je me souviens" (ich erinnere mich) anspielen, dass als Motto der Provinz auf allen Autoschildern Quebecs steht, an die historischen Konflikte mit der anglokanadischen Mehrheit. Auf manches wird im Text sogar angespielt, aber ich fürchte, wie wohl viele deutsche Leser weiß ich einfach zu wenig über (frankkanadische Innenpolitik.

Für das Lesen von "Aus dem Schatten des Vergessens" ist das auch gar nicht einmal nötig, denn für die Montrealer Ermittler geht es zunächst darum, was die Morde an einer renommierten Psychologin und dem Seniorpartner einer ebenso renommierten Anwaltspraxis mit dem Selbstmord eines bipolaren Obdachlosen zu tun haben, bei dem die Brieftaschen der Toten gefunden wurden. Dass die Lösung des Falls in der Vergangenheit liegt, macht eine weitere, in der Vergangenheit spielende Erzählebene klar, wobei erst sehr spät Licht ins Dunkel kommt.

Viele Themen, in denen es etwa um Einfluss und Verflechtungen von Geheimdiensten, Politik und Wirtschaft geht, um die Manipulation von Wahrnehmung, um moralischen Kompass und ethische Konflikte, sind spannend und aktuell. Wer schon einmal in Montreal war, kann sich über viel Lokalkolorit und Ortsdetails freuen. Etwas kompakter und etwas weniger verschwörerisch hätte dem Roman allerdings gut getan.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere