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Veröffentlicht am 08.05.2021

Konnte mich überzeugen, obwohl Thriller+Krimis nicht mein Genre sind

Die Frau vom Strand
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Rebecca lebt mit ihrer Frau Lucy und der gemeinsamen kleinen Tochter in Rerik an der Ostsee. In den beiden und in dem Haus in Strandnähe hat sie alles, was sie sich wünscht. Trotzdem freut sie sich, als ...

Rebecca lebt mit ihrer Frau Lucy und der gemeinsamen kleinen Tochter in Rerik an der Ostsee. In den beiden und in dem Haus in Strandnähe hat sie alles, was sie sich wünscht. Trotzdem freut sie sich, als sie bei einem Spaziergang Julia kennenlernt und sich auf Anhieb gut mir der anderen Frau versteht, denn da Lucy unter der Woche in Hamburg arbeitet, verbringt Rebecca viel Zeit alleine mit ihrer Tochter Greta. Schnell freundet sie sich mit Julia an, doch dann verschwindet Julia plötzlich ohne Ankündigung und scheint wie vom Erdboden verschluckt. Besorgt setzt Becca alle Hebel in Bewegung, um ihre neue Freundin zu finden, muss dabei jedoch feststellen, dass diese ihr nicht in allen Punkten die Wahrheit erzählt zu haben scheint. Dennoch oder gerade deshalb versucht sie hartnäckig herauszufinden, wohin Julia verschwunden ist, erhält jedoch nicht die erhoffte Unterstützung von Lucy. Eher wirkt es so, als wolle ihre Frau sie von der Suche abhalten...

Ich bin normalerweise gar kein Krimi-/Thrillerfan, hier hat mich aber der Klappentext aus irgendeinem Grund wie magisch angezogen, und nach dem Lesen kann ich sagen - ich habe es nicht bereut.

Die Geschichte setzt ein, als Rebecca Julia kennenlernt und wird zunächst aus Beccas Sicht erzählt. In diesem ersten Teil habe ich die junge Mutter als Protagonistin schätzen gelernt und konnte mich gut in sie hineinversetzen. Das rätselhafte Verschwinden Julias und die Bemühungen, sie zu finden, waren gut und nachvollziehbar beschrieben und die Spannung, die im Laufe des Buches aufgebaut wird, wurde hier bereits angedeutet - doch auf das, was noch alles folgen sollte, war ich trotzdem nicht vorbereitet.

Nach einem recht ruhigen Anfang gibt es einen Cut und die Perspektive schwenkt um auf die zweite Protagonistin und Kriminalhauptkomissarin Edda Timm. Denn diese ermittelt nun in einem Todesfall, der sich in der Zwischenzeit ereignet hat, und wie auch die Polizei tappt man als Leser lange Zeit im Dunkeln, ob es nun ein Unfall oder vielleicht doch Mord war, wer ein Motiv dafür gehabt hätte und warum. Diesen Punkt möchte ich auch gerne als besonders positiv hervorheben: Vielleicht lag es einfach an mir als nicht-krimierprobter Leserin, aber ich habe im Laufe des Buches tatsächlich gefühlt ein Dutzend mal meine Theorie abgeändert, wer denn nun wen weshalb getötet haben könnte. Und das tatsächlich auch bis fast ganz zum Ende des Buches. Der Spannungsaufbau hat mir enorm gut gefallen, die Informationen hat man wohlproportioniert immer nur häppchenweise bekommen, jedoch ohne dass es dabei langweilig geworden wäre. Das Buch gibt einem dazwischen immer wieder Zeit, selbst eine Hypothese aufzustellen, und immer wenn man denkt, so muss es sein - kommt der nächste Hinweis und man muss feststellen, dass man falschgelegen hat. Gerade Zeugenbefragungen und Polizeiarbeit im Allgemeinen empfinde ich persönlich in Büchern eigentlich meistens wahlweise als langatmig oder nicht schlüssig dargelegt (oder beides), hier hat es mir nach ganz kurzen anfänglichen Zweifeln sehr gut gefallen. Und die Zweifel rührten wohl auch eher daher, dass ich enttäuscht war, Rebeccas Sichtweise zu verlassen. Im Nachhinein hat sich diese Konstellation der Erzählperspektiven aber als sehr gelungen herausgestellt.

Das Buch hat mich in vielen Punkten überrascht, allerdings durchweg auf positive Weise. Die vielen Wendungen, der Schreib- und Erzählstil, die authentisch ausgearbeiteten Figuren und auch die Auflösung am Schluss - mir fällt nichts ein, was ich daran aussetzen könnte. Ich bin froh, zu diesem Buch gegriffen zu haben!

Veröffentlicht am 29.04.2021

Unglaublich intensiv und atmosphärisch. Highlight!

Der Verdacht
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Blythe hat ein alles andere als einfaches Verhältnis zu ihrer Tochter Violet. Schon während die Kleine noch ein Säugling ist, findet sie keine rechte Freude an der Mutterschaft, im Gegenteil: Sie fühlt ...

Blythe hat ein alles andere als einfaches Verhältnis zu ihrer Tochter Violet. Schon während die Kleine noch ein Säugling ist, findet sie keine rechte Freude an der Mutterschaft, im Gegenteil: Sie fühlt sich unwohl in der Gegenwart ihrer Tochter und kann ihr nicht die typische Liebe einer Mutter bieten. Und je älter das Kind wird, desto schwieriger wird das Leben auch für Blythe, denn immer öfter lässt nun auch Violet sie von sich aus ihre Ablehnung spüren. Während Violet in Gegenwart Anderer ein herzensgutes Kind zu sein scheint, bekommt Blythe das Gefühl, ihre Tochter habe auch eine ganz andere, eine böse Seite. Doch niemand schenkt ihr Glauben.

Aus der Innensicht Blythes bekommen wir Einblick in die Zeit ihrer Mutterschaft. Sie schildert ihre Erlebnisse und Gefühle einem "Du", ihrem Mann Fox, der auch der Vater Violets ist. Schon im Prolog wird klar, dass Blythe und Fox nicht mehr in einer gemeinsamen Ehe leben, wodurch der Text den Charakter eines nachträglichen Berichts erhält, in dem Blythe sich Gehör zu verschaffen und ihre Sicht der Dinge zu schildern versucht. Dazwischen werden auch immer wieder Episoden aus Blythes Kindheit und der Kindheit ihrer Mutter eingeworfen, die deutlich machen, dass die schwierige Beziehung zwischen Mutter und Tochter sich in dieser Familie durch die Generationen zu ziehen scheint. Denn auch Blythe wurde in jungen Jahren von der Ablehnung und Abwesenheit ihrer Mutter geprägt, ebenso wie diese ihrerseits viele schlechte Erfahrungen sammeln musste.

Der Grundton des Buches ist bedrückend, oft geradezu beklemmend. Ich konnte sehr gut mitempfinden mit dieser Frau, die keinerlei Unterstützung von ihrem Mann oder irgendwem sonst erhält und alleine bleibt mit dem Gefühl, dass ihre Tochter sie und später auch andere Kinder absichtlich schikaniert, sich dann in Anwesenheit ihres Vaters aber vollkommen normal und liebevoll verhält. Die Ohnmacht Blythes wird unfassbar greifbar beschrieben, und auch wenn man als Leser mehr als einmal daran zweifelt, ob mit Violet wirklich etwas nicht stimmt oder ob sich vielmehr Blythe alles nur einbildet, sind ihre Verzweiflung und das Gefühl, alleine gelassen zu werden, absolut nachempfindbar.

Das ist dann auch einer der spannendsten Aspekte des Buches: Von den ersten bis zu den letzten Seiten kann man sich nie vollkommen sicher sein, ob man Blythe Glauben schenken darf oder nicht. Mal gibt es Hinweise dafür, dass sie übertreibt, ihre Wahrnehmung, vielleicht auch durch die eigene Vergangenheit, rein subjektiv gefärbt ist und ihre Sicht auf die Dinge verfälscht; dann wieder scheint es unleugbar, dass sie Recht hat, dass Violet absichtlich Grenzen nicht nur austestet, sondern bei Weitem überschreitet, und zwar mit eiskalter präziser Berechnung. Und auch Blythe selbst beginnt irgendwann, an sich zu zweifeln. Kann ein Mensch schon in jungen Jahren so heimtückisch handeln, so berechnend sein? Oder ist es allein ihre Schuld, ihr mangelnder Mutterinstikt, ihre Einbildung?

Und auch das Thema als solches ist ebenso ungewöhnlich wie faszinierend: Denn wir haben hier nicht die nach Außen hin als typisch geltende, harmonische Familie, in der das Kind liebevoll umpflegt aufwächst, auch wenn es immer mal wieder Auseinandersetzungen und kleinere und größere Probleme zu bewältigen gibt. Oder die, in der sich mit der Zeit so große Schwierigkeiten herausbilden, dass die ursprünglich liebevolle Beziehung zerissen wird. Hier ist schon der Ausgangspunkt ein völlig anderer, denn Mutter und Tochter leben sich nicht auseinander - eine wirkliche Beziehung haben sie gar nicht erst ausgebildet, sie sind durch den Akt der Geburt und die ersten gemeisamen Wochen keinerlei Bindung miteinander eingegangen. Und dabei stellen sich immer wieder die Fragen, die Blythe auch an sich selbst richtet: Darf eine Mutter so wenig Liebe für ihr eigenes Kind empfinden? Darf sie es sogar hassen, nicht nur manchmal, sondern grundsätzlich? Und darf dasselbe umgekehrt für das Kind gelten? Kann soetwas möglich sein?

Die Atmosphäre des Buches ist so konzentriert und verdichtet, dass man sie beim Lesen oft wie eine greifbar auf einem lastende, alles lähmende Decke empfindet. Die Gefühle Blythes, ihre Zweifel, ihre innere Zerissenheit und ihre Machtlosigkeit werden unfassbar intensiv beschrieben und haben mehr als einmal dazu geführt, dass ich das Buch beiseitelegen musste - wenn auch nur für kurze Zeit, denn Spannung und Neugierde haben mich stets wieder dazu verleitet, unbedingt weiterlesen zu wollen.

Für mich hat "Der Verdacht" definitiv alles, was ein sehr gutes Buch braucht, und so ist er schon jetzt ohne Zweifel eines meiner absoluten Jahreshighlights. Ganz klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.03.2021

Eine berührende Reise ins Polen der 1980er

Im Wasser sind wir schwerelos
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Als Ludwik am Ende seines Studiums für einige Wochen zu einem Ernteeinsatz aufs Land fährt, begegnet er dort Janusz und ist sofort wie verzaubert. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich zu einem anderen ...

Als Ludwik am Ende seines Studiums für einige Wochen zu einem Ernteeinsatz aufs Land fährt, begegnet er dort Janusz und ist sofort wie verzaubert. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich zu einem anderen Jungen hingezogen fühlt, und als sich der Ernteeinsatz dem Ende zuneigt, beschließt er, im Anschluss mit Janusz gemeinsam für eine Weile wandern zu gehen.

Die Gefühle, die sich zwischen den beiden jungen Männern entwickeln sind tiefer, als Ludwik zu hoffen gewagt hatte; und dennoch kann er sie nie in vollen Zügen ausleben, denn Homosexualität ist im Polen der frühen 1980er Jahre alles andere als gerne gesehen. Auch die politische Lage zu jener Zeit stellt Janusz und Ludwik vor eine harte Probe - denn während Janusz sich vollkommen in das System voller Ungerechtigkeiten einzufügen vermag, ist für Ludwik klar, dass der einzige Ausweg in der Flucht in den Westen besteht.

Erzählt wird die Geschichte Ludwiks und Januszs Jahre später, als Ludwik sich im selbstgewählten Exil in den USA befindet. Die Tragik der Beziehung der beiden ist von Anfang an offensichtlich, und dennoch (oder gerade deshalb?) kann man gar nicht anders, als mit Ludwik mitzuhoffen und mitzutrauern. Die Zeit des Umbruchs, in die er hineingeboren wurde, wäre auch ohne seine Homosexualität schon alles andere als einfach; und dass er einen Jungen liebt, hebt das Maß seiner inneren Zerissenheit noch auf eine viel höhere Ebene. Denn es ist klar, dass die Beziehung der beiden geheim bleiben muss, vor der Öffentlichkeit und auch vor gemeinsamen Freunden.

Die Atmosphäre des Romans hat mich bereits auf den ersten Seiten überwältigt; die Tragik und der Schmerz Ludwiks sind sehr eingängig und nachvollziehbar beschrieben. Man kann sich gut hineinfühlen in seine Lage, in seine schmerzliche, zum Scheitern verurteilte Liebe und in seinen Wunsch, nicht länger in die engen Grenzen eines kommunistischen Systems, das für große Teile der Bevölkerung nur sehr schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen bereithält, hineingezwängt zu werden.

Ludwik hat mir als Protagonist sehr gut gefallen und nimmt den Leser schnell für sich ein. Auch den Schreibstil mochte ich sehr gerne. Insgesamt ein Buch, das mir sicher noch eine Weile im Gedächtnis bleiben wird und das ich sehr gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 26.02.2021

Der Sommer einer Jugend

Hard Land
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Sam hat über den Sommer einen Job im Kino angenommen. Er ist 15 Jahre alt, eher der ruhige Außenseiter und möchte für einige Wochen den Sorgen entkommen, die zuhause auf ihn warten, denn seine Mutter ist ...

Sam hat über den Sommer einen Job im Kino angenommen. Er ist 15 Jahre alt, eher der ruhige Außenseiter und möchte für einige Wochen den Sorgen entkommen, die zuhause auf ihn warten, denn seine Mutter ist schwerkrank. Und in diesem einen Sommer 1985 wird alles anders, als es zuvor je war. Bald schon freundet er sich mit seinen etwas älteren Arbeitskollegen an und verliebt sich zum ersten Mal. Sam macht in diesem Sommer viele wertvolle Erfahrungen und entdeckt die Welt um sich herum ganz neu, er bekommt die Chance endlich ein fast normales Teenager-Leben zu führen und wird dabei gleichzeitig ein Stück erwachsener.

Mein erstes Buch von Benedict Wells hat mich gleich auf den ersten Seiten in seinen Bann gezogen. Sam als Protagonist war mir sehr nahe, ich konnte mich stets gut in ihn hineinfühlen und finde zudem, dass er im Laufe des Buches eine großartige Entwicklung durchmacht. Auch die anderen Figuren, besonders Sams Arbeitskollegen, aber auch beispielsweise sein Vater sind alle sehr individuell skizziert und schön und authentisch ausgearbeitet.

Die Atmosphäre des Buches hat mir sehr gut gefallen, dieses Gefühl eines vergangenen Jahrzehnts, das da beim Lesen aufkommt, wird sehr greifbar.

Das Buch lässt sich toll lesen, der Schreibstil schwankt ebenso wie Sams Gefühlleben zwischen euphorisch und melancholisch. "Euphancholisch" eben.

Fazit: Eine wunderschöne, überzeugende Coming-of-Age-Geschichte mit sehr schöner Atmosphäre. Sicher nicht mein letzter Wells!

Veröffentlicht am 15.02.2021

Ein berührender Abschluss

Abhängigkeit
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Endlich scheint Toves Traum wahr zu werden - endlich hat sie eine Möglichkeit gefunden, ihre Gedichte regelmäßig zu veröffentlichen. Doch schon bald stellt sie fest, dass die Ehe mit Viggo F., dem Herausgeber ...

Endlich scheint Toves Traum wahr zu werden - endlich hat sie eine Möglichkeit gefunden, ihre Gedichte regelmäßig zu veröffentlichen. Doch schon bald stellt sie fest, dass die Ehe mit Viggo F., dem Herausgeber des Wilden Weizens, sie stark einschränkt. Sie fürchtet den Moment, in dem ihr Mann von der Arbeit nach Hause kommt, müde und schlecht gelaunt und so anders als all die jungen Männer um sie herum. Erneut fühlt sie sich allein, ausgegrenzt von dem Leben, das alle anderen, die sie kennt, führen, und ist unglücklich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ihrer Ehe entfliehen muss.

Bald schon lernt Tove einen anderen Mann kennen, der ihr einen Neuanfang ermöglicht, doch noch immer fühlt sie sich nicht vollständig angekommen. Das einzige, worin sie vollkommen aufgehen kann, ist das Schreiben, obwohl sie im jungen Erwachsenenalter viele Freunde findet und auch eine kleine Familie gründet.

Später gerät Tove jedoch wieder an die falchen Menschen, und um dem Druck des Lebens standhalten zu können, schlittert sie nach und nach hinein in eine Abhängigkeit, die alles andere zu verschlingen droht.

Bereits die Vorgängerbände haben mir wirklich sehr gut gefallen, der Abschluss der Trilogie stellt in meinen Augen jedoch nochmal eine enorme Steigerung dar. Nach wie vor haben wir eine unglaublich sympathische Protagonistin, die für ihren Wunsch, Dichterin zu werden, kämpft, und dabei aus festen Rollenbildern und den Erwartungen anderer auszubrechen versucht. Sie wächst über sich selbst hinaus und ist erfolgreich, und doch findet sie nie vollständige Erfüllung. Leider führt ihr Weg sie nach und nach tief hinein in die Abhängigkeit, erst von einzelnen Männern, dann von Medikamenten. Diese Phase, die erst im zweiten Teil des Buches beschrieben wird, ist sehr eindrücklich beschrieben und sehr erschreckend, da man die Protagonistin mittlerweile wirklich liebgewonnen hat und mit jeder Seite mehr um sie bangt.

Ich habe die Geschichte von Tove sehr gerne gelesen und kann die komplette Trilogie jedem empfehlen!