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Veröffentlicht am 29.10.2020

Eine Welt in der man sich verlieren kann

Kaleidra - Wer das Dunkel ruft (Band 1)
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Wenn ich lese, dann möchte ich in eine andere Realität entführt werden, in der andere Regeln gelten und in der ich mich verlieren kann. Und ich muss sagen in diesem Punkt hat Kira Licht bei diesem Buch ...

Wenn ich lese, dann möchte ich in eine andere Realität entführt werden, in der andere Regeln gelten und in der ich mich verlieren kann. Und ich muss sagen in diesem Punkt hat Kira Licht bei diesem Buch ganze Arbeit geleistet. Ich habe zwar etwas gebraucht, bis ich in die alchemistische Welt hineingefunden habe, konnte so aber umso besser mit der Protagonistin Emilia mitfühlen, die von heute auf morgen in diese Welt hineingerissen wird.
Emilia ist die Sorte Charakter, die einem sofort sympathisch ist. Sie ist nicht perfekt, hat so ihre Macken und Kanten und Träume. Besonders gefällt mir, dass sie nicht zu allem Ja und Amen sagt, sondern auch standhaft bleibt und die Konfrontation nicht scheut. Sie ist sehr loyal gegenüber den Personen, die sie gerne hat und Familie und Freunde haben bei ihr einen hohen Stellenwert. Mit dem Eintritt in die Welt der Alchemisten müssen diese allerdings deutlich kürzertreten, denn die Zeit drängt. Die Goldloge, die sie aufgesammelt hat, braucht sie, mit ihrem Faible für Muster und Rätsel, für eine äußerst wichtige Mission, deren Grundlage zu zerfallen droht. Sie als Alchemistin des Silberordens soll gemeinsam mit dem Goldalchemisten Ben, und der Unterstützung der restlichen Goldloge, diese Mission hinter dem Rücken des verfeindeten Quecksilberordens durchführen.
Ben lernt man als den unnahbaren, kalten Kämpfer kennen, der in seiner Rolle gefangen scheint. Auf mich macht er den Eindruck, als wäre er sehr gewissenhaft und jemand, der gerne alles unter Kontrolle haben will, wobei ihm Emilia einen gewaltigen Strich durch die Rechnung macht. Nach außen hin zeigt er sich immer als stark, aber auch er wird an den Punkt kommen, an dem er eine Grenze erreicht. Die übrigen Mitglieder der Loge konnten mich nicht alle vom Hocker reißen, aber jeder ist für sich einzigartig gestaltet und sie geben ein richtig gutes Team ab.
Die Welt, in der sich die Geschichte um Emilia abspielt, ist bis ins kleinste Detail ausgestaltet. Freund und Feind, Gut und Böse, Licht und Dunkelheit. Es ist einzigartig wie diese Welt nach und nach immer weiter aufgebaut wird mit Licht im Dunkeln und Dunkel im Licht. Die Idee einzelne chemische Elemente beherrschen zu können finde ich genial und sie ist sehr gut umgesetzt. Man merkt, dass einiges an Wissen aus der Chemie vorhanden ist, das hier eingeflossen ist.
Im Laufe des Buches kommen immer mehr Fragen auf, die nach und nach beantwortet werden, dennoch bleiben am Ende noch einige Fragen ungeklärt, die dann wohl in den Folgebänden beantwortet werden. Es bleibt genug Raum zu spekulieren und selbst Theorien aufzustellen und nachzugrübeln.
Was die Handlung angeht nimmt sie schnell an Fahrt auf, zwischendurch geht die Spannung und die „Action“ leider etwas verloren, dafür macht wird es am Ende umso spannender gemacht. Bis auf wenige Zeitsprünge ist die Handlung schlüssig und nachvollziehbar. Die Reaktionen der einzelnen Figuren sind, mit wenigen Ausnahmen, nachvollziehbar und realitätsnah gestaltet.
Der Schreibstil ist nicht schwer zu lesen und dennoch merkt man, dass die Geschichte mit Liebe und Leidenschaft geschrieben wurde. Die Autorin schreibt mit Liebe zum Detail und hin und wieder macht sie Andeutungen, die zum Grübeln anregen. Und gerade diese Details und die Gefühle, die zwischen den Zeilen geschrieben sind, sind es, die Buch Leben einhauchen und ihm seine Magie verleihen.
Alles in allem ein sehr gelungener Urban-Fantasy Roman und ein großartiger Auftakt der Reihe, der Lust auf mehr macht.

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  • Handlung
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 31.03.2024

Gefühle zwischen den Zeilen und zwischen den Zeiten

A Spark of Time - Rendezvous auf der Titanic
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Lilly deGray ist eine Zeitreisende, wie ihre ganze Familie. Gemeinsam mit ihrem Vater hat sie es sich zur Aufgabe gemacht verlorengegangene Schätze aus verschiedenen Zeiten wiederzubeschaffen. Ein äußerst ...

Lilly deGray ist eine Zeitreisende, wie ihre ganze Familie. Gemeinsam mit ihrem Vater hat sie es sich zur Aufgabe gemacht verlorengegangene Schätze aus verschiedenen Zeiten wiederzubeschaffen. Ein äußerst lukrativer Auftrag könnte die massiven Geldprobleme der Familie lösen, das einzige Problem dabei ist, den letzten Hinweisen zur Folge ist das Schmuckstück gemeinsam mit der Titanic auf den Grund des Atlantischen Ozeans gesunken. Es bleibt Lilly also nicht anderes übrig, als die Reise auf das, dem Untergang geweihte, Schiff zu wagen. Als wären die Umstände der Reise aber noch nicht genug, gibt es da auch noch Ray, einen Passagier der ersten Klasse, der sich still und heimlich in Lillys Herz schleicht, obwohl sie genau weiß, dass er den Untergang der Titanic nicht überleben wird.

Die Handlung wird im New York der Gegenwart rund um Lilly und ihren Vater eröffnet und recht schnell finden wir uns auch 1912 in Southhampton wieder. Bis auf wenige Reize gestaltet sich der Einstieg und auch die erste Zeit in der Vergangenheit als schleppend, manche Umstände scheinen erzwungen, sodass sie nur zu gut in die gewollte Handlung hineinpassen. Der stärkste Spannungsaufbau in diesem Abschnitt ist eindeutig der Wechsel zwischen den Sichtweisen der beiden Figuren. Geübte Lesende können sich aus diesen beiden Sichtweisen bereits zusammenreimen, wie es ausgehen wird - es gilt somit, dass der Weg das Ziel ist. Und dieser Weg nimmt nach dem ersten Drittel auch allmählich an Spannung zu, die spätestens mit dem beginnenden Untergang der Titanic ihren Höhepunkt erreicht, die Emotionen aufwühlt und die Gedanken lebendig werden lässt. Nicht anders als erwartet wird man von der Handlung von einem (dieses Mal emotionalen) Cliffhanger zurückgelassen und jede Menge Frage bleiben offen.

Lilly ist ein Mädchen, das von Liebe begleitet und behütet aufgewachsen ist und sich auf dieser Reise nun als die Frau beweisen will, die sie geworden ist. Nicht nur allen anderen will sie beweisen, dass sie mutig, tapfer und selbstbewusst ist, sondern vor allem sich selbst. Geprägt vom frühen Tod ihrer Mutter ist ihr Vater alles an Familie, was sie noch hat und liebt und für die, die sie liebt würde sie alles tun. Sie ist ein scheuer, introvertierter Mensch und lebt fast nur für sich und die Vergangenheit, nur in dieser und mit einer Mission im Blick scheint sie aufzublühen und aktiv zu werden. Die Vergangenheit ist für sie eine Art Zuflucht geworden, doch als sie Ray immer besser kennenlernt, wird aus dieser Zuflucht mehr - sie wird zu einem Ort ihrer Sehnsucht.
Ray gibt den mustergültigen jungen Mann der oberen Gesellschaft, doch verbirgt er tief in sich einen Schmerz, den er seit Kindertagen in sich trägt. Er ist ein hochemotionaler Mensch und lässt sich durch diese auch nur allzu leicht von seinem Vater kontrollieren. In dessen Ketten gefangen ist er der Rebell, der auszubrechen versucht, doch dabei auf keinen Fall seine Schwester, von der er als Einzige in der Familie je Liebe erfahren hat, zurücklassen will. Und dann ist da noch Lilly, in die er sich vom ersten Augenblick an mehr verliebt und sein Geheimnis, dass sie zerstören könnte.

Zu Beginn unterscheidet sich der Erzählstil der beiden Sichtweisen noch deutlich voneinander, gleicht sich aber immer mehr an - er geht zunehmend zu mehr Emotionalität über. Besonders aus Lillys Sichtweisen erhält man immer wieder Informationen zu den einzelnen Gästen an Bord der Titanic, die eine mehr oder weniger große Rolle einnehmen (auf den letzten Seiten im Buch gibt es außerdem ein Verzeichnis der historischen Personen an Bord, die auch im Buch auftauchen) und mal, mal weniger wird auf verschiedene Weise erwähnt, dass ja die Titanic in x Tagen untergehen wird. Lillys innerer Konflikt bezüglich Ray nimmt zunehmend mehr Raum ein. Zeitweise hatte ich das Gefühl das ursprüngliche Ziel aus den Augen zu verlieren und gegen Ende war es dann wie eine 180-Grad Wende und ihr ursprüngliches Ziel - das Schmuckstück - war wieder das Einzige, woran sie denken konnte, statt zu versuchen Ray auf eines der Rettungsboote zu verfrachten.
Die Sprache ist einfach gehalten, wie ich finde aber gut der Zeit Anfang 20. Jahrhundert angepasst. Am stärksten sind für mich die lebhaften Beschreibungen der Umgebung.

Regeln bestehen, Regeln können gebrochen werden. Ein einzigartiges Schmuckstück ist der Anfang von etwas noch viel wertvollerem, doch die Zeit rast und hat ein Ablaufdatum. Kann die Liebe gegen die Unerbittlichkeit von Zeit und Regeln bestehen oder muss sie sich geschlagen geben?

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Veröffentlicht am 30.10.2022

Briefe können Herzen berühren und Leben verändern

Sleepless in Manhattan
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Es beginnt mit einem Brief, einem herzzerreißenden Brief eines zehnjährigen Mädchens, das sich eine Freundin für seinen Vater wünscht. Dieser hat vor vier Jahren seine Frau an den Krebs verloren und erzieht ...

Es beginnt mit einem Brief, einem herzzerreißenden Brief eines zehnjährigen Mädchens, das sich eine Freundin für seinen Vater wünscht. Dieser hat vor vier Jahren seine Frau an den Krebs verloren und erzieht seine Tochter seitdem allein. Sadie, eine junge Frau, die, als Beauftragte der Weihnachtsrubrik, des Magazins, für das sie schreibt, diese unschuldigen, selbstlosen Briefe der Zehnjährigen erreichen, kann nicht anders, als auf die Briefe zu reagieren, sodass sie sich eines Tages vor der Tür der Adresse findet, von der die Briefe kommen und ehe sie sich versieht hat sie sich in einer Lüge verheddert, aus der sie nicht mehr so leicht herauskommt.

Vom Tempo her plätschert die Geschichte so vor sich hin, ohne zunächst zu wissen, wo es überhaupt entlang geht. Es zeichnet sich das Bild eines typischen Großstadtlebens ab, dessen Hektik und Geschäftigkeit, dessen Eingängigkeit von den Worten eines Kindes unterbrochen werden. Gewisse Teile der Handlung sind schon vorhersehbar und auch das Ende, auf das es hinausläuft, ist klar. Hier gilt also eindeutig die Devise: Der Weg ist das Ziel. Und dieser Weg ist alles andere als gerade. Immer wieder werden kleinere und größere Umwege genommen, ohne, dass sie irgendwie im Kreis gedreht wird. Es gefällt mir, dass es kein ständiges on-off ist, sondern, dass Probleme angesprochen und auf vernünftige Weise geklärt werden - an dieser Stellen ist am deutlichsten zu merken, dass wir hier von reifen Erwachsenen reden, deren geistige Entwicklung nicht mit 16 geendet hat. Anfangs scheint alles noch, als wäre alles ein riesiger Zufall, doch nach und nach baut sich ein Bild auf, dass Sinn zu ergeben scheint, Fragen, die sich im Laufe des Romans auftun, werden beantwortet, wenngleich auch eine entscheidende Frage unbeantwortet bleibt. Dies ist jedoch nachvollziehbar zu erklären, da die Person, die darauf eine Antwort geben könnte, selbige mit ins Grab genommen hat.
Auch wenn natürlich die Beziehung zwischen Sadie und Sebastian im Vordergrund steht, so wird auch dem Thema des Verlustes eines Elternteils in jungen Jahren und dem Sehnen nach einer weiblichen Bezugsperson deutlich Aufmerksamkeit beigemessen, was sich vor allem durch Sadies Beziehung zu Birdie wiederspiegelt.

Sadie ist ein herzensguter Mensch, bei stimmt der Spruch das Herz am rechten Fleck zu haben. Es fühlt sich unglaublich leicht an sie in ihrem natürlichen Umfeld kennenzulernen. Sadie ist ein sehr gefühlsbetonter Charakter, meistens ist das Herz schneller und stärker als der Kopf und sie tut Dinge, die sie vielleicht lieber nicht tun sollte. Ihre liebenswerte, herzliche macht es einem nicht schwer sie zu mögen. Ich würde sie nicht unbedingt als impulsiv beschreiben, doch wenn ihre Gefühle mit ihr durchgehen ist sie nicht mehr zu halten. Sie ist eine sehr authentisch gezeichnete Figur, der man gut und gerne auch auf der Straße begegnen kann.

Sebastian ist mir als recht schwermütiger Mensch begegnet. Der Alltag hatte ihn fest in seinen Klauen, sodass er nur zwischen Arbeit und seiner Tochter hin und her gependelt ist. Für alles andere war keine Zeit - er hat sich regelrecht dafür aufgeopfert. Vielleicht auch in Rücksicht auf Birdie, ist er recht misstrauisch und sehr vorsichtig. Seine Tochter ist alles für ihn, da stellt er sich selbst lieber hinten an. Er ist durch und durch ein Familienmensch und blüht durch Sadie mit der Zeit regelrecht auf, man könnte fast gar von einem neuen Menschen sprechen. Auch er ist, wie Sadie, unglaublich authentisch gezeichnet, mit Fehlern, Macken, Wut, Humor und Freude.

Von Birdie war ich von Beginn an einfach nur begeistert. Ihr kindlicher Charakter ist mit viel
Hingabe gezeichnet. Ihre, für Kinder oft typische, Offenheit ist erfrischend und schafft es die Ernsthaftigkeit aufzulockern. Sie ist aufgewecktes, feinfühliges Mädchen, das seinen Vater absolut um den Finger gewickelt hat und dies auch bei mir ziemlich schnell geschafft hat. Man kann nicht anders, man muss sie einfach gern haben.

Erzählt wird in einer offensiven und alltagsnahen Sprache, die den Leser/ die Leserin sofort einnimmt, wenn man sich darauf einlassen will. Mit einer Prise Humor, die in den meisten Fällen von Birdie ausgeht, und hin und wieder einem Moment, der zum Schmunzeln anregt, werden durchaus ernst zu nehmende Themen leicht und spielerisch herübergebracht. Die Offenheit der Autorinnen überrascht mich immer wieder und an manchen Stellen erschlägt sie mich regelrecht - ein bisschen zu viel des Guten.
Ein besonderes Augenmerk möchte ich noch auf Birdies Briefe und die Dialoge mir ihr legen, da ich es alles andere als leicht finde, den Charakter eines Kindes einzufangen, vor allem wenn es eine so bedeutende Rolle im Roman spielt: Von der Ausgestaltung ihrer Sprache bin ich maßlos begeistert. Ihre Worte spiegeln die Unschuld, den Geist und die Logik eines Kindes auf einzigartige Weise wieder, offen bringt sie ihr Herz zwischen den Zeilen auf das Papier. Einfach nur Hut ab!

Von bitter- bis zuckersüß - hier wird jede Facette von Schmerz über Enttäuschung bis Glück mitgenommen. Was unschuldig beginnt entwickelt sich zu einer schmerz-, aber auch humorvollen Liebesgeschichte, die mich und euch in eine kleine Welt, mitten in der Weltstadt New York, entführt und nicht mehr loslässt.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

gefangen, befreit, gebrochen

Goldener Käfig (Die Farben des Blutes 3)
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Dank des Verrats durch den Neublüter-Seher blieb Mare keine Wahl. Um die zu schützen, die sie liebt, begab sie sich in Mavens Hände und ist nun gefangen in einem goldenen Käfig. Während Mare darum kämpft ...

Dank des Verrats durch den Neublüter-Seher blieb Mare keine Wahl. Um die zu schützen, die sie liebt, begab sie sich in Mavens Hände und ist nun gefangen in einem goldenen Käfig. Während Mare darum kämpft zwischen Verrat und Intrigen zu überleben, schmieden ihre Freunde Pläne sie zu befreien und die rote Garde strebt weiterhin nach der Vernichtung der Krone Nortas, wobei sie unerwartete Hilfe von weit entfernt erhalten.

Der Einstieg ist dieses Mal, bezogen auf die Handlung, sehr viel ruhiger, als bei Band 2. Allerdings zieht sich die Handlung in der ersten Hälfte des Buches, bis auf ein, zwei Höhepunkte. Hier arbeitet die Autorin sehr stark daran offene Fragen aus den vergangenen Bänden zu beantworten und vor allem Mavens Charakter weiter auszuarbeiten. Mit Mares gelunger Flucht kommt dann wieder Schwung in die Handlung und man hat das Gefühl es geht voran, es passiert etwas. Auch hier geht sie nicht sofort auf das Ganze, aber es wird merklich auf eine weitere Eskalation hingearbeitet.
Durch die verschiedenen Erzähler, neben Mare erzählen auch Cameron und später Evangelina Teile der Handlung, werden parallel laufende Handlungsstränge eröffnet, die dem Leser auch tiefere Einblicke in ein Knäul aus Verrat, Intrigen und Machtgier gewähren.
In sich ist die Handlung schlüssig und gut zu verfolgen, auch wenn sich durch Spaltungen und neue Bündnisse immer neue Möglichkeiten für Verrat und Machtgier ergeben und die Verflechtungen zwischen den einzelnen Akteueren immer enger gesponnen werden. Überraschende Wendungen, mit denen man wirklich nicht gerechnet hätte, stiften zudem immer mehr Unheil, als gut ist.

Mare macht vor allem in der ersten Hälfte, während ihrer Zeit in Mavens Gefangenschaft, charakterlich eine starke Veränderung durch. Sie klammert sich an den Glauben, dass die rote Garde sie befreien wird, während sie sich mit aller, ihr zur Verfügung stehenden, Kraft darum bemüht zu überleben und ihre Freunde nicht mit in den Tod zu reißen. Sie wirkt oft nur wie ein Schatten ihrer Selbst und droht unter dem Gewicht der Stille zu ersticken. Selbst als sie aus ihrer Gefangenschaft entflohen ist bleiben noch Spuren zurück, aber sie wird mehr und mehr wieder zu der Mare, die sie davor war, wenn auch nicht ganz. Trotz ihres unbändigen Hasses auf Maven wirkt sie zunehmend kontrollierter und fährt nicht wegen jeder Kleinigkeit aus der Haut.
Während bei Mare wieder eine Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu erkennen ist, kommt Cal meiner Meinung nach irgendwie zu kurz in diesem Buch. Er wird zunehmend zu einem durchschaubaren Charakter, der es nicht schafft über sich hinauszuwachsen und eigenständige, starke Entscheidungen zu treffen. Er hält an dem fest, was war, und scheint in all der Zeit nichts dazugelernt zu haben.
Vor allem die erste Hälfte der Geschichte hilft sehr zu verstehen, warum Maven so ist, wie er ist. Das rechtfertig allerdings noch lange nicht die Dinge, die er tut. Man hat immer deutlicher den intriganten, herrschsüchtigen und gerissenen König vor Augen, der wirklich alles dafür tut seinen Thron zu erhalten und seine Feinde auf die grausamste Art und Weise loszuwerden.
Aber nicht nur Maven sucht sich Verbündete, die Republik Montfort steht der roten Garde nun zur Seite im Kampf gegen Nortas Krone. Ihr Anführer Premierminister Davidson ist ein recht undurchschaubarer Mann mit großen Ambitionen. Er versteht sich darauf Informationen gezielt einzusetzen und durch Voraussicht und geschicktes Taktieren seine Ziele zu erreichen. Er weiß, dass er manchmal auch einen Schritt zurück machen muss, um zwei nach vorne machen zu können und ist sich dabei auch nicht zu schade sich selbst in die Schlacht zu stürzen.
Da auch Teile der Handlung durch Camerons Augen erzählt werden, wird einem immer bewusster, was so eine Neublüter-Fähigkeit auch bedeuten kann. Man lernt es nachzuvollziehen warum sie so ist, wie sie ist und warum sie sich so dagegen sträubt, das zu tun, was viele von ihr erwarten. Man erhält hier nocheinmal einen ganz anderen Blickwinkel, auch auf die anderen Hauptcharaktere.
Sehr interessant war für mich die Geschichte aus Evangelinas Perspektive zu betrachten, da man sie eigentlich immer als die eiskalte, rücksichtlose Nachfahrin des Samos Clans gesehen und kennengelernt hat. In den Kapiteln, in denen aus ihrer Perspektive erzählt wird, offenbart sie eine ganz neue Seite von sich. Vor allem die starke Bindung zu ihrem Bruder wird deutlich, so wie ihre heimliche Liebe, aber auch die Abhängigkeit von ihren Eltern. Im Kern ist sie ganz anders, als sie sich nach außen hin gibt.

Das Buch ist, wie seine Vorgänger, in einer einfachen, gut verständlichen Sprache geschrieben. Victoria Aveyard beschäftigt sich wieder sehr stark mit dem Innenleben ihrer Charaktere und dies gelingt ihr dieses Mal sehr gut. Die Gefühle haben für mich aber auch in diesem Band noch nicht genug Durchschlagskraft, um wirklich bis zu mir, als Leser, durchzudringen. Die stärksten Passagen sind meiner Meinung nach actionreiche Kampfszenen in denen viel passiert und die Handlung in den Vordergrund rückt.

Mit einer interessanten Mischung aus Action und Ruhe ist auch Goldener Käfig ein Roman, der sich durchaus sehen lassen kann, wenn auch mit einigen Schwächen.
Es steht nun alles im Zeichen einer Revolution, die scheinbar nicht mehr aufzuhalten ist, und dennoch genug Gegenwind bekommt. Tauche ein und kämpfe für eine gerechtere Welt, in der alle Farben gleich sind.

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Veröffentlicht am 16.02.2021

Gespalten durch Verrat und Blut

Die rote Königin (Die Farben des Blutes 1)
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Als "Rote" wächst Mare in der ärmlichen Bevölkerungsschicht auf, die von den "Silbernen"schon seit ewigen Zeiten unterdrückt werden, weil sie minderwertig sind, keine Begabung haben - die "Roten sind schwach. ...

Als "Rote" wächst Mare in der ärmlichen Bevölkerungsschicht auf, die von den "Silbernen"schon seit ewigen Zeiten unterdrückt werden, weil sie minderwertig sind, keine Begabung haben - die "Roten sind schwach. Durch mehr oder weniger glückliche Umstände kommt Mare an den königlichen Hof. Als sie jedoch, zur Überraschung aller, eine Begabung offenbart, beginnt sich ein Netz aus Lügen und Verrat um sie herum aufzubauen, dem sie nicht mehr entkommen kann.

Zu Beginn kommt die Handlung nur schwer in Gang, doch mit Mares Einberufung in den Palast kommt ziemlich schnell Schwung in die Sache. Eine riskante, nervenaufreibende, actionreiche, herzzerreißende oder gefährliche Szene jagt die Nächste. Dabei ist schön zu sehen, wie sich Mare, auch durch den Konflikt, in dem sie sich mit ihrer neuen Identität Mareena, befindet, immer weiter in ein Netz aus Lügen verstrickt und, ohne die Regeln zu kennen, in ein Spiel hineingezogen wird, das sie eigentlich nicht gewinnen kann, weil die, die die Fäden ziehen, weitaus mächtiger sind, als sie zuerst angenommen hat. Schneller als sie es realisiert gibt es nur noch einen Weg: Kämpfen, wofür sie steht. Einstehen, für das, was sie ist. Eine Veränderung, eine Revolution, das Erheben der Roten.
Zu Beginn, als die Autorin uns in die Welt der Roten einführt, werden erst einmal die Grundlagen der Welt, die sie geschaffen hat, erklärt. Durch die Ausführungen zu Politik, Gesellschaftsordnung, usw., auch durch die Einführung in Mares Leben, ihre Familie, ihre Freunde, zieht sich der Roman die ersten Kapitel etwas. Von Vorteil ist jedoch, dass man sich so in dieser Welt zurecht finden kann, bevor die Handlung an Schnelligkeit und Spannung aufnimmt. Denn in der Welt der Silbernen, die auch Mare noch kennen lernen muss, hat man zwar auch noch Zeit zu verarbeiten, was vor sich geht, aber die Ereignisse beginnen sich recht schnell zu überschlagen und man muss als Leser in der Welt, in der dieser Roman spielt, angekommen sein, um nicht abgehängt zu werden.
Die Handlung ist, wenn man bis zu Ende gelesen hat, in sich schlüssig. Da man die ganze Zeit Mares Sichtweise hat, tappt man auch die ganze Zeit über mehr oder weniger im Dunkeln. Durch Andeutungen, die andere Figuren machen, kommt man immer mehr ins grübeln. "Jeder kann jeden verraten.", ist so eine Zeile. Man hat die ganze Zeit über das Gefühl, irgendjemand wird Mare jetzt verraten, aber man kann nie sagen, wer es ist.
Vor allem diese Tatsache hält die Spannung aufrecht und die Tatsache, dass ein ganzes Volk daran hängt, wem Mare vertraut und wem nicht.
Alles in allem ist die Handlung von einigen Dingen geprägt: Gewalt, Verrat, Grenzüberschreitungen, in einer revolutionären Zeit, und einer lange schwelenden Eifersucht.
Die Wendung, die die Handlung am Ende macht, war für mich zu einem gewissen Grad schon offensichtlich, aber im Epilog hat sie mich dann doch noch überrascht und endgültig für den zweiten Teil gewonnen.

Mare ist als Charakter ein sehr menschlich gestalteter Charakter. Sie ist nicht übertrieben freundlich, feindselig, mutig, tugendhaft oder Ähnliches. Sie ist keinesfalls perfekt. Familie und Freunde, ebenso Vertrauen, bedeuten ihr sehr viel, was ihr zum Verhängnis wird. Obwohl sie alle andere Glauben machen will, sie wäre so abgehärtet hadert sie immer wieder mit ihren Entscheidungen, die sie aber nicht mehr rückgängig machen kann. Vom ersten zum letzten Kapitel hin ist aber auch eine Entwicklung in ihr zu sehen, was ich immer sehr schätze. Von der unsichtbaren Taschendiebin zu Beginn ist kaum noch etwas übrig. Die Entdeckung ihrer Begabung, aber auch der Verrat derer, denen sie vertraut hat, macht sie willensstark und entschlossen. Anders als im ersten Kapitel hat sie nun ein Ziel, etwas, wofür sich das Kämpfen lohnt.
Die Prinzen von Norta sind recht unterschiedlich gezeichnet: Während Cal der Soldat, ein Mann der Taten ist, ist sein jüngerer Bruder Maven ein Diplomat, der sich auf das Spiel mit Worten versteht. Was sie bewegt, was sie antreibt bleibt allerdings lange ein Geheimnis. Doch so unterschiedlich sie aus sind, eines haben sie gemeinsam: Sie wollen Mares Vertrauen gewinnen.
Die Vielschichtigkeit und das Facettenreichtum von Aveyards Charakteren wird für mich, neben Mare, auch bei der Figur von Königin Elara deutlich. Diese Figur zeigt, dass man beides sein kann: gütig, liebend und grausam.

Geschrieben ist der Roman insgesamt in einer leicht zu lesenden Sprache, auch wenn ich hin und wieder über Satzkonstruktionen oder einzelne Begriffe gestolpert bin. Victoria Aveyard beschäftigt sich hier sehr viel mit dem Innenleben ihrer Hauptfigur oder lässt sie das Innenleben anderer analysieren, wenn sie nicht die Handlung vorantreibt. Die Beschreibung der Umgebung ist nicht sehr detailreich, aber man kann sich dennoch ein grobes Bild davon beim lesen machen. Mir gefällt diese intensive Auseinandersetzung mit Mares Zwiespalt und ihrem inneren Ringen mit sich selbst - tut sie das Notwendige oder das Richtige?

Insgesamt ist "Die rote Königin" ein gelungener Auftakt einer Revolution, die sich nun "Rot wie die Morgendämmerung" erhebt, und Mare ist mittendrin. Der Roman ist ein recht rundes, für ein Debüt äußerst gut gelungenes, Werk. Alle, die Veränderungen anstreben, die bereit sind alles für diese Veränderungen in Kauf nehmen, die sind hier genau richtig.

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