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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.02.2021

Kaiserschmarrn, Tirol und Bussi – ein guter Fall!

Totentanz im Pulverschnee
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Vor lauter guter Literatur, die wohl ausformuliert ist, kann man ab und an auch schon etwas datschig im Kopf werden. Und dann muss mal was Leichtes her! Zumindest bei mir und ich habe (zum Glück!!!) beherzt ...

Vor lauter guter Literatur, die wohl ausformuliert ist, kann man ab und an auch schon etwas datschig im Kopf werden. Und dann muss mal was Leichtes her! Zumindest bei mir und ich habe (zum Glück!!!) beherzt beim Arno Bussi zugegriffen! Was eine Gaudi und noch dazu ein guter Krimi.
Aber einen Schritt nach dem anderen. Joe Fischler hat mit diesem „Totentanz im Pulverschnee“ bereits den 3. Fall für Arno Bussi vorgelegt. Für mich war es der erste Fall mit Bussi und mir haben die Vorgängerfälle nicht gefehlt beim Lesen, aber da ich nun weiß wie super gut der Fischler schreiben kann, würde ich mit dem ersten Fall beginnen: „Der Tote im Schnitzelparadies“.
Nun aber zum Pulverschnee: Der Bussi ist in Wien und trifft eine Triathletin, die er doch sehr reizend findet und wird ihr Trainingspartner. Ob das so seines ist, werden wir sehen…Dann ruft die Mama an und er muss mit ihr dringendst nach Maria Schnee fahren, da Lorenzo (ihr Liebster) sie im Stich gelassen hat, da gibt es keine Widerrede. Sie will unbedingt zum Event des Jahres dort: eine Art Aprés Ski auf Schlittschuhen. Tja, und wie sollte es anders sein, der Bussi ist in Tirol und es gibt Tot(e). Natürlich ist die Katz nicht weit (das verstehen nur „Eingeweihte“ aus den ersten beiden Fällen).
Es ist ein Unterhaltungskrimi. Er ist zum einen im witzigen Tiroler Dialekt gehalten, keine Sorge, nur die wörtliche Rede ab und an und ein paar lokalkolorierte Wörter. Lustig in vielerlei Hinsicht, mal sprachlich zum Lachen, mal ulkige Aktionen und viele witzige Interaktionen. Einfach herrlich!
Und da wäre natürlich die Hauptsubstanz: Der zu lösende Fall! Auch der ist knifflig und lädt zum Mitraten ein, ich war lange auf einer falschen Fährte unterwegs und hab es in der Tat erst zum Schluss mit der Auflösung vollumfänglich durchblickt. Spricht also auch für diesen Krimi.
Fazit: Wer gerne Krimis als leichte Lektüre liest und bisher bei Rita Falk und Jörg Maurer auf seine Kosten kam, sollte auch mal zum Joe Fischler greifen!

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Veröffentlicht am 16.02.2021

Lecker & gut umsetzbar

Iss besser
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Wir alle haben uns schon sooooo oft den Vorsatz gegeben: ich muss mich gesünder ernähren! Und weil es so einen starken MUSS-Charakter hat, erstickt der gute Vorsatz im Keim.
Wir sollten das Ganze eher ...

Wir alle haben uns schon sooooo oft den Vorsatz gegeben: ich muss mich gesünder ernähren! Und weil es so einen starken MUSS-Charakter hat, erstickt der gute Vorsatz im Keim.
Wir sollten das Ganze eher spielerischer sehen und uns auch mal auf was Neues einlassen. Klar, gesund ist IMMER besser, aber es kann auch super lecker sein! Und somit die Palette der Lebensmittel die wir konsumieren erweitern und uns ungeahnt bereichern. Danach mag man gar nicht mehr ohne bunt! Man wird die große Palette vermissen.
„ISS BESSER! Einfach gesund kochen“ hört sich so simple an und wisst ihr was? Ist es auch! Dieses Kochbuch von den beiden bekannten Autoren aus gleichnamiger NDR-Fernsehserie Tarik Rose & Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl kann hier helfen.
Es enthält eine Einführung für alle die noch etwas unsicher unterwegs sind, die hilfreiches Wissen transportiert. Aber das Schöne an dem Buch ist, dass man gleich in die Rezepte eintauchen kann und bei jedem Gericht gibt es ein „Dr. Riedls Iss-besser-Tipp“. Kurz und knackig, dass kann man sich gut merken. Sprich, wenn man sich mal ein erstes Rezept raussucht, es kocht und den Tipp liest, dann bekommt nicht nur der Magen & Darm gutes Futter, sondern und unser Hirn bekommt auch was zum Kauen!
Klar, auch hier sind exotische (auf den ersten Blick) Gewürze und Lebensmitte enthalten, aber einfach mal machen. Nicht abschrecken lassen!
Die Rezepte sind in Gruppen zusammengefasst:
- Klein, aber fein
- Aud Feld und Flur
- Aus Fluss und Meer
- Aus Weide und Wald
- Süßes für die Seele
Und hinten drin gibt es einen schönen übersichtlichen Saisonkalender und das klassische Register nach Hauptinput sortiert.
PS: Mein großer Favorit ist momentan der Linsensalat und das Ofenhähnchen mit Sesam und Gemüse (was der Sesam für einen Unterschied macht, unglaublich!!!)

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Veröffentlicht am 16.02.2021

Mosaikhafte Erzählung

Das Verschwinden der Erde
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Zwei Schwestern, Aljona und Sofija, die eine 11. Jahre alt, die andere 8 Jahre alt verschwinden und eine Suche beginnt. Ein Plot der zunächst klingt wie bei vielen Thrillern. Doch hier ist schon der Einstieg ...

Zwei Schwestern, Aljona und Sofija, die eine 11. Jahre alt, die andere 8 Jahre alt verschwinden und eine Suche beginnt. Ein Plot der zunächst klingt wie bei vielen Thrillern. Doch hier ist schon der Einstieg kurios, denn wir erleben gleich hautnahe mit wie die beiden von einem Mann getrickt werden und sie in sein Auto lockt. Der Atem stockt einem, wenn der Punkt kommt in dem die Mädchen realisieren, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht und das Handy aus dem Fenster fliegt.
Was noch so gänzlich anders ist, ist der Handlungsort: Kamtschatka – eine Halbinsel in Russland, sie ragt wie eine lange Zunge ins Meer. Durch die Karte zu Beginn des Textes kann man sich hier geografisch immer wieder gut orientieren ohne google maps zu bemühen! Ein so ferner Ort der durchaus auch sehr präsent ist in den Beschreibungen der Landschaft. Ein zentrales Element, das die Handlung daher nicht einfach woanders hin verpflanzen lässt.
Verwundert es doch, dass dieser Roman von einer Amerikanerin geschrieben wurde, Julia Phillips, und nicht von einer russischen Autorin. Noch mehr erstaunt einen, wenn nach der Lektüre klar wird, dass dies in der Tat der Debütroman der Autorin ist und dann verwundert nicht mehr, dass dieses Buch als einer DER besten Bücher des Jahres 2019 gehandelt wurde von diversen wichtigen Kritikern im englischsprachigen Raum. Die New York times hat es unter die TOP 10 des Jahres 2019 gewählt, ein starkes Urteil und in der Tat ein großartiger Roman.
Zurück zu den verschwundenen Mädchen. Wir erleben nun erst einmal mit wie sie verschwinden. Und dann? Dann beginnt „Das Verschwinden der Erde“ und der Leser beginnt zu verstehen was so großartig ist an diesem Roman: die Erzählweise, wie ineinanderfließende und doch fast eigenständige Kurzgeschichten wird hier über Frauen erzählt, die vom Verschwinden der Mädchen betroffen oder beeinflusst werden und die Dimensionen wachsen immer stärker zusammen. Ein Mosaik um das Verschwinden herum.
Aber geht es „nur“ um zwei verschwundene Mädchen? Mit Nichten! Es werden tiefgreifende Themen wie kulturelle, soziale und rassistische Reibungen deutlich. Und hier wird der Bogen zur amerikanischen Autorin dann doch wieder sichtbar. Am anderen Ende der Welt und irgendwie Ähnliches zu bewältigen.
Nur das Ende hätte ein wenig anders sein können, will es da doch eher den spannenden Bogen betonen wie es ein Thriller tun würde. Kritik auf zu hohem Niveau, der Roman hat mich nachhaltig beeindruckt und ist eine Wucht!

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Verführt durch Geld und angestachelt

Krass
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Für mich ist Martin Mosebach, einer DER Gegenwartsautoren überhaupt. Ein Könner seines Fachs, kaum einer spielt so gut mit der Sprache und offenbart uns damit was Literatur sprachgewaltig bei uns als Leser ...

Für mich ist Martin Mosebach, einer DER Gegenwartsautoren überhaupt. Ein Könner seines Fachs, kaum einer spielt so gut mit der Sprache und offenbart uns damit was Literatur sprachgewaltig bei uns als Leser auslösen kann.
Sein neustes Werk heißt nicht nur „Krass“ sondern offenbart auch krasses, wobei hier eigentlich eine Person im Roman gemeint ist: Krass, der Waffenhändler. Wir betrachten das Szenario aus der Brille des Dr. Jüngel. Ihn engagiert Krass als begleitende Reiseleitung nach Neapel, ein sonst arbeitsloser Kunsthistoriker. Dann wird noch eine Escortdame hinzugenommen, die aber den widersinnigen Auftrag hat mit niemandem auf dieser Reise zu schlafen. Der Roman knistert förmlich vor sich hin, nach jeder Seite denkt man und nun geschieht was ungeheuerliches und ….es bleibt aus….
Was sich zu Beginn noch als teuflische Verführung gibt, endet im Gegenteil. Dr. Jüngel wird bis 18 Jahre später noch beeinflusst sein von seiner Begegnung und Verbandelung mit Krass, der es wiederum nicht überlebt.
Wer diesen Roman zur Hand nimmt, tut dies für gute Prosa und wird es lieben. Hier werden Abgründe des Geldes und Verwirrungen der Seelen aufgezeigt. Kantige Sätze treffen ins Schwarze wie fliegende Pfeile. Mir hat der Roman äußerst gut gefallen. Eine Leseempfehlung für alle die mehr als 500 Seiten gute Literatur vertragen!

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Nicht weinerlich, reflektiert und dazu sprachgewaltig

Kindheit
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Tove Ditlevsen hat mit der Kopenhagen Trilogie – Kindheit – Jugend – Abhängigkeit ihr eigenes Leben niedergeschrieben, wobei die Trilogie keinen Anspruch erhebt ein biografisches Abbild ihres Lebens zu ...

Tove Ditlevsen hat mit der Kopenhagen Trilogie – Kindheit – Jugend – Abhängigkeit ihr eigenes Leben niedergeschrieben, wobei die Trilogie keinen Anspruch erhebt ein biografisches Abbild ihres Lebens zu zeichnen. Im ersten Band KINDHEIT lernen wir Tove als kleines Mädchen kennen, ihre freud- und glücklose Kindheit scheint ihr doch trotz einer sehr egoistischen und nichtliebenden Mutter mit harten Umständen besser in Erinnerung zu sein als wir es uns heute vorstellen mögen. Sicher ist das Buch aus der Retroperspektive geschrieben und sind Erinnerungsstücke, die aneinandergereiht mit vielen emotionalen Einsätzen ihr Innen- und Außenleben wiederspiegelt. „“Ich weiß, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit hat, so, wie jedes Kind seine eigene Kindheit hat.“ (S.19)
Mich hat zum einen diese bitterarme Arbeiterkindheit in den 20er Jahren Dänemarks berührt, aber was mich viel viel stärker beeindruckt hat, ist die Stärke mit der Tove Ditlevsen sprachgewaltig ihre Seelenbibliothek (wie sie es selbst im Buch großartig nennt!) zum Leben erweckt! „Die Zeit verging, und die Kindheit wurde dünn und platt wie Papier“ (S. 73).
Der Band ist in der Tat mit etwas mehr als 100 Seiten extrem schmal, aber literarisch unfassbar reich. Hier könnten sich so manche Autoren das „auf-den-Punkt-bringen“ ein wenig abschauen. Nein, hier kann man nichts abschauen, Tove Ditlevsen hat einen so eigenen und überragenden Stil, aus meiner Sicht unkopierbar.
Besonderen dank gilt auch der sehr guten Übersetzung von Ursel Allenstein, die auch das Nachwort verfasste. Ohnehin, wer Tove Ditlevsen nicht kennt, und dazu zählte auch ich vor diesem Buch, sollte vielleicht sogar mit dem Nachwort beginnen. Hier bekommt man ein Gefühl für die Einordnung der Autorin in ihre Zeit und in die dänische Literaturlandschaft.
Wunderbar, dass der Aufbau-Verlag sich diesem Werk noch einmal angenommen hat und uns mit diesem literarischen Feuerwerk beglückt!

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