Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.04.2021

Rasanter Auftakt einer Krimireihe um einen vom Schicksal gebeutelten Pressefotografen - eigenwillig, spannend, aber am Ende etwas zu einfach

DUNKELKAMMER
0

Der Pressefotograf David Bronski wird eines Winters überraschend von einem ehemaligen Kollegen angerufen, der ihm von einem Leichenfund in einer Wohnung in Innsbruck berichtet. Bronski soll dorthin kommen, ...

Der Pressefotograf David Bronski wird eines Winters überraschend von einem ehemaligen Kollegen angerufen, der ihm von einem Leichenfund in einer Wohnung in Innsbruck berichtet. Bronski soll dorthin kommen, um die Leiche noch vor der Spurensicherung durch die Polizei zu fotografieren und eine Exklusiv-Story zu erlangen. Bronski findet in der Wohnung nicht nur die mumifizierte Leiche einer vor 20 Jahre verschwunden Milliardärin auf, sondern auch eine Fotografie, die den Leichenfund mit seiner eigenen, traurigen Vergangenheit verbindet. Mit Hilfe seiner Schwester Anna, die ein Detektivbüro in Berlin führt, möchte er endlich Gewissheit haben, was in der Vergangenheit passiert ist, um selbst vielleicht Frieden finden zu können.

"Dunkelkammer" ist der Auftakt einer neuen Krimireihe um den Pressefotografen David Bronski, der einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat, der seine Familie zerstörte. Er ist seitdem schwermütig und zurückgezogen und fühlt sich den Toten näher als den Lebenden. Nicht nur beruflich fotografiert er Leichen, für ihn ist es eine Kunst die Leichen mittels analoger Fotografie in Szene zu setzen.
Da es sich um Band 1 der Reihe handelt, erfährt man als Leser viel über den persönlichen Hintergrund der Hauptfigur, was dem Kriminalroman Dramatik verleiht und viele Elemente einer Familientragödie beinhaltet.
Die Aufklärung des Kriminalfalls und insbesondere wie dieser mit Bronskis persönlicher Lebensgeschichte in einem Zusammenhang steht, ist spannend geschildert und mutet durch das Motiv und die Handlungen es Täters, der bald offenbart wird, wie ein Psychothriller an.
Weniger steht die Frage im Raum, wer die millionenschwere Immobilienhändlerin getötet hat, sondern aus welchem Grund und wie die Leiche über 20 Jahre unbemerkt bleiben konnte.

Der Erzählstil ist eigenwillig, denn jedes zweite Kapitel besteht ausschließlich aus einem Dialog verschiedener Protagonisten. Ohne wörtliche Rede und ergänzende Beschreibungen wird einzig das Gespräch zwischen zwei Personen geschildert. Die weiteren Kapitel sind kurz und knackig geschildert, was der Geschichte Dynamik verleiht. Gerade am Anfang gibt es einige überraschende Wendungen, die Spannung steigern, während der Roman ab einem gewissen Punkt vorhersehbarer wird. Der Nervenkitzel geht durch die persönliche Involvierung Bronskis in den Kriminalfall aber nicht verloren.
"Dunkelkammer" ist ein gelungener, rasanter Auftakt einer neuen Krimireihe, die neugierig auf das ungewöhnliche Duo Pressefotograf und Journalistin macht, die sich in Band 1 näher gekommen sind. Enttäuscht hat mich ein wenig die Kürze des Romans, denn die Schrift ist groß und das Buch enthält durch die vielen Kapitel, die nur auf ungeraden Seiten beginnen, unzählige leere Seiten, die den Umfang des Paperbacks deutlich reduzieren, aber auch die schnelle Auflösung am Ende war mir ein wenig zu einfach.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2021

Konfliktgeladene Mutter-Tochter-Beziehungen über alle Generationen hinweg - empathisch, aber leider auch etwas oberflägen über alle Generationen hinweg - empathisch, aber leider auch etwas oberflächlich geschrieben

Die Frauen von Kilcarrion
0

Kate ist Mitte 30 und alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter. Im Streit hatte sie schwanger mit 18 Jahren ihr Elternhaus verlassen und sich geschworen, mit ihrer Tochter alles anders zu machen. ...

Kate ist Mitte 30 und alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter. Im Streit hatte sie schwanger mit 18 Jahren ihr Elternhaus verlassen und sich geschworen, mit ihrer Tochter alles anders zu machen.
Als Kate ihren langjährigen Freund Geoff verlässt, um mit einem jüngeren Partner wieder neu anzufangen, nehmen die Konflikte mit ihrer Tochter Sabine zu, die dafür kein Verständnis mehr hat. Sabine fährt zu ihren Großeltern nach Irland, die sie vor zehn Jahren zum letzten Mal gesehen hat. Sie weiß nicht, was zwischen ihnen und ihrer Mutter vorgefallen ist und wird von Joy und Edward wenig herzlich in Empfang genommen. Die strengen Regeln auf Gut Kilcarrion schrecken sie ab, dass sie ihren Aufenthalt vorzeitig beenden möchte. Doch dann findet sie alte Fotos von ihren Großeltern und ihrer Mutter und findet damit nach Startschwierigkeiten einen Zugang zu ihrer Großmutter, die ihr von ihrer Liebe zu ihrem Ehemann, einem stattlichen Offizier, und der aufregenden Zeit in den 1950er- und 1960er-Jahren in der britischen Kronkolonie Hongkong erzählt.
Doch erst als Edward im Sterben liegt und auch Kate auf Gut Kilcarrion eintrifft, schafft es Joy sich den Ereignissen der Vergangenheit zu stellen und Kate ein wohl gehütetes Geheimnis zu verraten, das ursächlich für ihr schwieriges Verhältnis zueinander ist.

"Die Frauen von Kilcarrion" ist einer der ersten Romane von Jojo Moyes, der bereits 2002 in Deutschland erschienen ist und nun neu veröffentlicht wurde.
Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt angenehm leise. Die Hauptfiguren sind facettenreich gezeichnet und so empathisch geschildert, dass man sich sehr gut in die drei unterschiedlichen Frauen hineinversetzen kann.
Sabine ist ein typischer Teenager, die gegen ihre Mutter rebelliert und bei den Großeltern hofft, endlich das zu finden, wonach sie sich all die Jahre gesehnt hat: Stabilität und Geborgenheit in einer Familie. Kate ist eine Frau mit Bindungsängsten, die sich nicht festlegen kann, sich gleichzeitig aber nach einem starken Mann an ihrer Seite sehnt. Joy ist eine toughe ältere Dame, die in Edward ihre große Liebe gefunden hat. Doch in der Vergangenheit hat sich ein Schatten auf sie gelegt, den sie nie überwunden hat und der auch das Verhältnis zu ihrer Tochter so schwierig machte.

Das Buch handelt von konfliktgeladenen Mutter-Tochter-Beziehungen über alle Generationen hinweg: Joy mit Alice, Kate mit Joy, Sabine mit Kate. Mangelndes Verständnis für einander, Missverständnisse und eine fehlende Kommunikationsbereitschaft erschweren die Verbindung und errichten Mauern zwischen den Generationen.
Die Geschichte, die auch Rückblenden in die Vergangenheit enthält, ist lebensnah dargestellt. Gerade zu Beginn ist sie jedoch etwas langatmig, da wenig passiert und sich mehr in den Gedanken der Figuren abspielt, die ihre Probleme wälzen.
Das Geheimnis, das am Ende aufgedeckt wird und schon sehr früh zu einem sehr angespannten Verhältnis zwischen Kate und Joy geführt hat, ist wenig spektakulär. Dass eine einzelne Entscheidung für eine Sechsjährige so drastisch ist, um dafür zu sorgen, als Erwachsene den Kontakt zu einander fast vollständig einzustellen, fand ich nicht einleuchtend. Das versöhnliche Ende ging mir dann zu schnell, auch wenn alle Charaktere eine merkliche Entwicklung durchgemacht haben und eine zaghafte Annäherung stattgefunden hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.02.2021

Dramatische Geschichte über eine junge Frau, die sich in einem Leben wiederfindet, in dem sie sich nicht wieder erkennt

Fly, Baby, fly!
0

Nach einem Autounfall erwacht Lea Lamparta in einem Krankenhaus und kann sich aufgrund einer retrograden Amnesie nicht mehr an die letzten 13 Jahre ihres Lebens erinnern. Niemand hat sie bisher offenbar ...

Nach einem Autounfall erwacht Lea Lamparta in einem Krankenhaus und kann sich aufgrund einer retrograden Amnesie nicht mehr an die letzten 13 Jahre ihres Lebens erinnern. Niemand hat sie bisher offenbar vermisst oder nach ihr gesucht. Ihr Vater lehnt den Kontakt zu ihr ab, weshalb sie sich hilfesuchend an ihre beste Freundin Isabella wendet. Diese nimmt sie bei sich auf, auch wenn sie seit Jahren keinen Kontakt mehr zueinander hatten. Mühevoll versucht Lea herauszufinden, was seit ihrem 18. Lebensjahr passiert ist und erfährt geschockt, dass sowohl ihr jüngerer Bruder Lorenz als auch ihre Mutter gestorben sind und dass sich ihr Ehemann Christopher von ihr scheiden lassen möchte. Ihn hatte sie vor drei Jahren Hals über Kopf verlassen und er ist inzwischen mit seiner besten Freundin Anna Wittmann liiert. Ein Lichtblick ist Leas neunjährige Tochter Felicitas, um die sich Anna die letzten Jahre liebevoll gekümmert hat, die ihre Mutter jedoch vorbehaltlos annimmt.

Lea möchte all ihre Fehler wieder gutmachen und ihr altes Leben zurück. Sie liebt Christopher noch immer und möchte mit ihm wieder eine Familie sein.
Anna hat den Tag gefürchtet, an dem Christophers reiche und wunderschöne Ehefrau wieder vor seiner Tür stehen könnte und hat Angst, alles zu verlieren.
Christopher weiß Anna, mit der er seit der Schulzeit befreundet war, aufgrund ihrer Verlässlichkeit und Treue zu schätzen. Mit ihr führt er ein bequemes, sorgenfreies Leben. Lea ist die Mutter seines Kindes und seine erste große Liebe. Er liebte sie und ihre Verrücktheiten und spürt nach wie vor die Leidenschaft zwischen ihnen.

"Fly, Baby, fly" ist eine dramatische Geschichte über eine junge Frau, die sich in einem Leben wiederfindet, in dem sie sich nicht wieder erkennt. Ihr fehlen alle Erinnerungen an die letzten Jahre, an all die Fehler, die sie begangen hat und mit denen sie die Menschen, die sie am meisten liebte, vor den Kopf gestoßen hat. Ihr sind aber auch die Erinnerungen an all die tragischen Ereignisse, die sie erleben musste, verloren gegangen und vermutlich der Grund für ihre Amnesie.

Der Roman ist aus der Perspektive der drei Hauptfiguren geschrieben, wobei die beiden Frauen Lea und Anna den weitaus größeren Anteil haben, als Christopher. Dabei springt die Geschichte zwischen Vergangenheit, der Kindheit und Jugend von Anna und Lea, und der Gegenwart, seit der Rückkehr von Lea nach Wien.

Es ist eine sehr emotionale Geschichte, bei der man sich in die Situation beider Frauen und ihrer Gefühlswelten sehr gut hineinversetzen kann. Während Anna bodenständig ist und aufgrund ihrer liebenswerten Art die Sympathien zunächst auf ihrer Seite hat, wirkt Lea gerade zu Beginn rücksichtslos und egoistisch.

Für alle Beteiligten ist es eine angespannte Situation, denn Lea bereut ihre Fehler, an die sie sich nicht mehr erinnern kann und möchte Wiedergutmachung leisten. Damit würde das Leben von Anna jedoch in Scherben liegen. Die drei Jahre, in denen Lea weg war, haben Spuren hinterlassen und können nicht so einfach ausgelöscht werden. Auch ist schwierig einzuschätzen, inwieweit Leas Verhalten nur eine Momentaufnahme sein und sie zukünftig nicht wieder den Druck verspüren könnte, aus ihrem Leben auszubrechen.

Auch wenn die Geschichte insbesondere bei der Zeichnung der Charaktere nicht ganz ohne Klischees auskommt, ist der Konflikt dieser ungewöhnlichen Dreiecksbeziehung nachvollziehbar, spannend und hochexplosiv aufgebaut. Bis zum Ende ist nicht vorhersehbar, für welchen Lebensweg sich jeder einzelne von ihnen entscheiden würde. Es ist ein hochemotionales Drama und keine reine Liebesgeschichte, denn im Fokus stehen die innere Zerrissenheit der Charaktere und die Suche Leas nach ihrer Identität und den verdrängten Erinnerungen, die ursächlich für das Dilemma sind. Es geht aber letztlich auch um Partnerschaft, um unterschiedliche Vorstellungen vom Leben, darum, wie viel Schmerz Liebe verursachen kann und ob am Ende Herz oder Verstand entscheidet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.01.2021

Ein Buch über das Weiterleben nach einer Tragödie, über Schuldgefühle, Trost und einen Neuanfang - weniger emotional als gedacht

Der Tag, an dem die Zeit stillstand
0

Bei einem Anschlag auf die Chicagoer Hochbahn im März 2016 kommen 22 Menschen ums Leben. Autumn Manning überlebt. Die 31-Jährige quält sich auch ein Jahr später mit dem Gedanken, warum ausgerechnet sie ...

Bei einem Anschlag auf die Chicagoer Hochbahn im März 2016 kommen 22 Menschen ums Leben. Autumn Manning überlebt. Die 31-Jährige quält sich auch ein Jahr später mit dem Gedanken, warum ausgerechnet sie überlebt hat und alle anderen sterben mussten.
Die Tochter eines der Opfer, Reese Elliott schreibt ihr Briefe und steht eines Tages nach einem Streit mit ihrem Vater Paul vor Autumns Tür. Sie lässt auch nicht locker, als Paul den Kontakt unterbinden möchte. Er möchte, dass seine Kinder endlich mit dem schrecklichen Unglück abschließen und in die Zukunft blicken.
Autumn und Reese kommen allerdings gemeinsam auf die Idee eines Videoprojekts zum Gedenken der Toten. Im Vordergrund soll nicht der sinnlose Tod stehen, sondern das Leben der Opfer und was sie ausgemacht hat. Autumn möchte dazu Interviews mit den Angehörigen führen und deckt mit ihren Recherchen unfreiwillig Geheimnisse auf, die nicht nur die Familie Elliott, sondern auch sie selbst betreffen.

Besser als "Der Tag, an dem die Zeit stillstand" passt der englische Titel "Life After" zu dem Roman, denn es geht tatsächlich darum, wie das Leben nach so einer Tragödie wie des Anschlags mit zahlreichen Toten weitergeht. Am Beispiel der einzigen Überlebenden Autumn und der Familie Elliott, die Ehefrau bzw. Mutter verloren haben, wird aufgezeigt, was der Tod mit den Hinterbliebenen macht. Durch die Interviews erhält man jedoch auch kurze Einblicke in die Leben weiterer Opfer und ihrer Angehörigen.

Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Autumn und Paul geschildert, so dass man tiefe Einblicke in ihre Gedanken, ihre Trauer und Schuldgefühle erhält. Die Frage nach dem "Warum?" ist vor allem bei Autumn präsent, während Paul aus Gründen, die sich erst allmählich offenbaren, den Anschlag vergessen möchte und mit seinen Kindern ein normales Leben führen möchte.

Die Geschichte ist weniger emotional, als ich mir zu Beginn vorgestellt hatte, was aber daran liegen kann, dass das Unglück bereits ein Jahr zurückliegt und die Trauer nicht mehr akut ist. Autumn hat sich nach dem Unfall von ihrem Freund Seth getrennt und sich komplett zurückgezogen. Erst durch den Kontakt mit Reese und ihre Arbeit an dem Videoprojekt kommt sie mehr aus sich heraus und wagt den Schritt zurück ins Leben.
Die Geheimnisse, die sich im Laufe der Handlung offenbaren, sorgen für Spannungsmomente, können jedoch auch nicht darüber hinweghelfen, dass sich der Roman wegen der Gedankengänge der Protagonisten häufig im Kreis dreht und nur sehr zögerlich voranschreitet. Gerade im letzten Drittel hatte der Roman einige Länge, da der Leser mehr wusste, als die Protagonisten selbst.

Es ist ein Buch, das auf christlichen Werten basiert, weshalb auch der Glaube an Gott eine Rolle spielt, jedoch nicht überhand nimmt. Dabei wundert es, dass nicht häufiger die Frage gestellt wurde, warum ein barmherziger Gott so einen Anschlag zulässt. Auch die Wut auf den Attentäter, über den man nicht mehr als den Namen erfährt, wird überhaupt nicht thematisiert, obwohl er der einzig Schuldige an der Tragödie ist. Das fand ich nicht nur schade, sondern auch unrealistisch.
Der Roman schenkt Hoffnung, indem die Menschen am Ende Trost darin finden, dass Gott mit den Leidenden weint, wie sie es von Jesus aus der Bibel kennen. Das mag für den ein oder anderen eine Lösung oder Erklärung sein, um die Trauer zu überwinden und in die Zukunft zu blicken. Für mich ist Mitleid ein schwacher Trost.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.11.2020

Realitätsnahe Schilderung einer Beziehung, bei der die Wertschätzung des Partners verloren gegangen ist; etwas oberflächliche Aufarbeitung

Liebesbriefe für Fortgeschrittene
0

Paulina und Markus kennen sich seit 20 Jahren, sind verheiratet und haben zwei Kinder im Teenageralter. Während Paulina die Familie managt und in Teilzeit die Social Media Präsenz eines Feinkostgeschäfts ...

Paulina und Markus kennen sich seit 20 Jahren, sind verheiratet und haben zwei Kinder im Teenageralter. Während Paulina die Familie managt und in Teilzeit die Social Media Präsenz eines Feinkostgeschäfts pflegt, praktiziert Markus als Herzspezialist. Paulina fühlt sich von Markus nicht mehr richtig wahrgenommen und vermisst die traute Zweisamkeit von früher. Sie schwelgt in Erinnerungen und denkt darüber nach, wie sie sich im Jahr 2000 auf Sizilien kennengelernt haben und an die erste Verliebtheit. Von ihrer besten Freundin Ida erhält sie den Ratschlag, einen Brief an ihren Mann zu schreiben, in dem sie sich alles von der Seele schreibt, diesen jedoch nicht abschicken soll. Markus findet den Brief und verschwindet, um über die Situation nachzudenken. Er hinterlässt Paulina nur die Nachricht, dass er jeden Abend um acht Uhr dort wartet, wo er zuletzt richtig glücklich mit Paulina war. Mit wechselnden Gefühlen zwischen Wut und Sorge grübelt Paulina die nächsten Tage darüber, welcher Ort dies gewesen sein könnte, wartet auf dem Sofa, sucht ihren Stammitaliener auf oder versucht es im Kino, bis ihr Zweifel kommen, ob sie beide überhaupt noch dasselbe Glücksempfinden haben.

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Paulina geschrieben, in deren Situation als berufstätige Frau und Familienmanagerin sich gut hineinversetzen kann. Die Ehe leidet sichtlich unter dem Alltag und offenbar sind sowohl Paulina als auch Markus unzufrieden damit, haben aber nie offen darüber gesprochen. Der Brief von Paulina ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, wenn sie ihre Ehe retten wollen, sorgt aber erst einmal für noch mehr Unsicherheit und Verwirrung.
Die Geschichte ist realitätsnah geschildert, denn wie häufig ertappt man sich in Langzeitbeziehungen selbst dabei, dass man den Partner als zu selbstverständlich nimmt, sich lange nicht mehr so viel Mühe gibt wie in der verliebten Anfangszeit und die Liebe vom Alltag erdrückt wird.
Der Roman handelt vor allem von Paulinas Gedanken und der Frage, ob Markus etwas passiert sein könnte und wo sie ihn treffen soll. Von Markus selbst erfährt man wenig. Seine Reaktion auf Paulinas Brief fand ich nicht nur überzogen, sondern auch nicht ganz realistisch, da sie zu seinem bisherigen Verhalten einfach nicht passen wollte.

Es ist ein Roman, der ein Problem behandelt, das im Kern sicher nicht wenige (Ehe-)paare betrifft und zum Nachdenken anregt. Die persönliche Liebesgeschichte von Paulina und Markus konnte mich dabei allerdings weniger überzeugen. Selbst die Schilderungen ihrer ersten Verliebtheit berührten mich nicht. Wie bei Paulina und Markus in der Beziehung dominiert auch im Buch der Alltag mit Kindererziehung, Ansprüche im Beruf und Pflege von Freundschaften, so dass der Roman sicher nett zu lesen ist, aber zu wenig Überraschendes und keine Spannungsmomente enthält und letztlich auch zu oberflächlich blieb.
Enttäuscht war ich aber insbesondere vom Ende, das mir nach der Beziehungspause einfach zu simpel war, ohne dass es zu einer richtigen Aussprache oder Problemlösungsstrategie gekommen ist. Es blieb bei Worthülsen und dem Vorsatz, nicht in alte Muster zu verfallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere