Roman einer Familie
DresdenMit Fabian lernen wir einen sehr sympathischen Protagonisten kennen, der 1975 das erste Mal auf die andere Seite des eisernen Vorhanges fährt. Seine Mutter Laura und Gabi Gersberger sind beide begeisterte ...
Mit Fabian lernen wir einen sehr sympathischen Protagonisten kennen, der 1975 das erste Mal auf die andere Seite des eisernen Vorhanges fährt. Seine Mutter Laura und Gabi Gersberger sind beide begeisterte Chorsängerinnen und schreiben sich seit Jahren Briefe. Fabian ist neugierig auf die Deutschen auf der anderen Seite und möchte auch wissen, wie sich das Leben wirklich in der DDR abspielt. Gemeinsam mit seinem Freund Till machen sich die beiden Studenten mit jeder Menge Bekleidung, Waschpulver, Kaffee und Schokolade Richtung Dresden auf. Während Fabian zuhause Probleme mit seinem Vater hat, begeistert er sich schnell für die Gersbergers. Gabi und Ekkhard nehmen die beiden Jungs gerne für ein paar Tage auf. Er fühlt sich sofort wohl und erfährt erstmal, was Familie wirklich bedeutet. Gabis und Ekkehards Tochter Anne und ihr Sohn Kai sind etwa im selben Alter bzw. jünger. Vorallem Anne gefällt Fabian sehr, doch die junge Frau ist bereits mit einem Jungen, genannt TK, verlobt.
Was als "Abenteuerurlaub" für Fabian beginnt, wird zu einem jährlichen Besuch bei den Gersbergers.
Als Leser lernt man die einzelnen Figuren sehr gut kennen. Während Gabi und Ekki darauf hoffen, dass sich in den Jahren in der DDR etwas verändert und die Wirtschaft ebenso einen Aufschwung nimmt, lehnt sich Kai gegen die Politik auf. Mit der Zeit verliert aber auch der Rest der Familie Gersberger die Hoffnung, obwohl sie sich an die Regeln des Regime halten. Doch vorallem Kai stößt sich immer wieder an der Politik und die Reaktion bekommt nicht nur er, sondern auch der Rest der Familie zu spüren.
Ich bin zwar kein Freund von zu viel Liebesgeschichten in einem Buch, wo es eigentlich um andere Themen geht, aber hier kam sie eindeutig zu kurz. Wenn man als Leser nicht ganz mitbekommt, ob jetzt etwas zwischen zwei Menschen "gelaufen" ist oder nicht, dann ist es meiner Meinung zu wenig. Erst im letzten Drittel wird dieses Rätsel im Laufe der Handlung aufgelöst. Das hätte man anders lösen können...
Der Roman endet mit dem 1. Oktober 1989, also zwei Monate vor dem Mauerfall. Der Autor wechselt immer wieder zwischen diesem Tag im Oktober 1989 und der Vergangenheit ab 1975. Manchmal war ich dadurch etwas verwirrt, obwohl ich sehr viele Bücher auf zwei und drei Zeitebenen lese.
Im Endeffekt passiert nicht wirklich viel mehr, als im Klappentext beschrieben wird. Jedoch gelingt es dem Autor perfekt, die Gefühle und Gedanken seiner Protagonisten zu vermitteln. Es gibt viele Dialoge und Streitgespräche. Es werden beide Seiten von Deutschland beleuchtet. Dabei gelingt es Michael Göring den erhobenen Zeigefinger wegzulassen. Er zeigt die Facetten beider Staaten auf - Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Geschichtliche Eckdaten zieht er dabei genauso heran, wie kleine persönliche Tragödien.
Gefallen haben mir die vielen Ausflüge durch Dresden. Da ich die wunderschöne Stadt vor einigen Jahren selbst besucht habe, konnte ich einige bekannte Plätze und Ecken wiedererkennen.
Vorallem die Figuren des Romans sind sehr lebendig und detailiert gezeichnet. Man fühlt sich mitten drin und von Freunden umgeben. Natürlich kommt die Politik und auch die Umwelt nicht zu kurz. Alle Jüngeren, die denken unsere Generation hat sich keine Gedanken um die Umwelt in den 1980igern gemacht, erfährt hier das Gegenteil. Doch auch schon damals hat die Wirtschaft und die Politik zu ihren Vorteil gehandelt....nicht anders als heute.
Fazit:
Ein ruhiger Familienroman, der beide Seiten des ehemals geteilten Deutschlands aufzeigt. Dem Autor gelingt es besonders gut die Gefühle und Gedanken seiner Protagonisten zu transportieren, sowie die Orte zu beschreiben. Gerne empfehle ich den Roman weiter.