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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2017

Sehr speziell

Die Verseflüsterin
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Bei der Bewertung der Verseflüsterin schwanke ich zwischen 3,5 und 4 Sternen. Da mir aber einige Aspekte doch sehr gut gefallen haben, gebe ich insgesamt 4 Sterne!
Dieser Roman ist ungewöhnlich, das stimmt. ...

Bei der Bewertung der Verseflüsterin schwanke ich zwischen 3,5 und 4 Sternen. Da mir aber einige Aspekte doch sehr gut gefallen haben, gebe ich insgesamt 4 Sterne!
Dieser Roman ist ungewöhnlich, das stimmt. Man kann auch sagen, er polarisiert, denn viele Leser finden ihn wunderbar und viele andere finden ihn völlig daneben.
Ich bin ohne Erwartungen an den Roman herangegangen, hatte aber von der Leseprobe erstmal einen positiven Eindruck. In dieser geht es vor allem um die Rahmenhandlung mit den Protagonisten Marcus und Isabelle. Diese Geschichte hat mir über das ganze Buch hinweg gut gefallen und gerade Isabelle war für mich ein sehr sympathischer und auch greifbarer Charakter. Beide wirkten authentisch und lebensnah.
Zusätzlich gibt es ziemlich bald eine Hinwendung zur Psychologie. Marcus erhält nicht nur mysteriöse Glücksbotschaften, sondern macht auch die Bekanntschaft mit Angelo, der ihn coacht und ihm neue Dinge aufzeigt. Durch ihn kommt er beispielsweise zum Yoga. Dieser Teil der Geschichte ist sehr speziell. Die Themen sind eigentlich alle interessant, aber es wird dann teilweise doch etwas viel "Lebensberatung". Der Stil schwankt hier plötzlich zwischen Ratgeber, Sachbuch und Roman und für mich passen die Stellen nicht immer gut in den Erzählfluss.
Daher war ich im ersten Teil etwas irritiert von diesem Buch.
Etwa ab der Hälfte gibt es dann eine Wendung. Ohne spoilern zu wollen verändert sich die Beziehung der Figuren durch ein gelüftetes Geheimnis drastisch und es gibt auf einmal eine tiefgreifende neue Geschichte. Diese fand ich wirklich interessant und spannend - auch, wenn das Ganze gegen Ende dann wieder ein wenig ins Spirituelle abdriftet.

Bei diesem Buch war ich hin und her gerissen, allerdings mochte ich den Stil des Autors einfach gern. Jeder Leser sollte sich hier sein eigenes Urteil bilden. Stellt euch auf Stoff zum Nachdenken ein!

Veröffentlicht am 21.03.2017

Auch Alltägliches kann berühren

Unsere Seelen bei Nacht
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"Unsere Seelen bei Nacht" ist die Geschichte zweier Menschen, die trotz fortgeschrittenem Alter und gewissen Schicksalsschlägen in ihrem Leben ihr Recht zu behaupten versuchen, ein spätes Glück zu leben. ...

"Unsere Seelen bei Nacht" ist die Geschichte zweier Menschen, die trotz fortgeschrittenem Alter und gewissen Schicksalsschlägen in ihrem Leben ihr Recht zu behaupten versuchen, ein spätes Glück zu leben.
Addie und Louis waren für mich zwei sehr liebenswerte und authentische Charaktere, die wunderbar miteinander harmonieren.
Man muss sagen, dass viele der Episoden (wie ich es in manchen Rezensionen als Kritik entdeckt habe) in der Tat sehr alltäglich sind. Für mich macht aber gerade diese scheinbare Alltäglichkeit das Buch aus - man denkt, es seien eigentlich banale Handlungen, aber unter der Oberfläche schlummert ganz viel! Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel, als Addie vom Tod ihrer Tochter berichtet. Am Anfang des Buches hätte ich nicht erwartet, dass sich die Handlung überhaupt der Vergangenheit der Figuren zuwenden würde bzw. diese eine solche Erfahrung gemacht haben könnten. Und diese Überraschung, die aus den eigentlich dahinfließenden Episoden entsteht, hat mich immer wieder gefesselt.
Der Schreibstil ist sehr schlicht, aber überzeugt dadurch nicht weniger. Die fehlenden Anführungszeichen sind für mich sonst häufig störend, aber durch die vielen passenden Absätze ist es kein Problem, dem Dialog zu folgen. Ich mag es gerne, dass der größte Teil der Geschichte durch wörtliche Rede dargestellt wird - das hat die Figuren für mich irgendwie greifbar gemacht.
Das Ende war für mich sehr unerwartet und hat mich mit etwas Wehmut erfüllt. Ich hätte es so nicht erwartet und es mir anders gewünscht, vor allem, dass eine einzige Figur nicht den ganzen Ausgang der Geschichte dominieren kann. Aber so kann das Leben natürlich auch spielen, daher wirkte es für mich nicht unauthentisch.

Eine schöne & auch in ihrer leisen Alltäglichkeit berührende Geschichte, die ich gerne mit 4-4,5 Sternen bewerten möchte und für Fans des Diogenes-Verlags weiterempfehlen kann :)

Veröffentlicht am 13.03.2017

Medizinhistorisch sehr interessant

Die dunklen Mauern von Willard State
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Dies ist mein erstes Buch von Ellen Marie Wiseman, allerdings wird es sicher nicht das letzte sein. Gerade ist ein neuer Roman von ihr erschienen, den ich mir bereits zugelegt habe.
"Die dunklen Mauern..." ...

Dies ist mein erstes Buch von Ellen Marie Wiseman, allerdings wird es sicher nicht das letzte sein. Gerade ist ein neuer Roman von ihr erschienen, den ich mir bereits zugelegt habe.
"Die dunklen Mauern..." beschäftigen sich mit einem sehr wichtigen und oft verschwiegenen Kapitel der Medizingeschichte. Gerade in der Forschung mit psychiatrischen Patienten wurde früher sehr viel Missbrauch getrieben und sowohl die Diagnosestellung als auch "Therapie" teilweise leichtfertig und mit grauer Unwissenheit umgesetzt.
Die Autorin hat für dieses Buch offensichtlich sehr gut und viel recherchiert (was auch in einem hochinteressanten Interview mit ihr im Anhang des Buches beschrieben wird) und sehr starke Rückblenden geschaffen, die den Flair des dunklen Willard State absolut vor meinem Auge entstehen ließen. Die Geschichte von Clara hat mich stark berührt und war voller einiger unerwarteter Wendungen. Dadurch konnte ich das Buch zeitweise kaum aus der Hand legen!
Die Erzählung in der Gegenwart überzeugt ebenfalls teilweise durch Tiefgang, ist aber andererseits überraschend teeniehaft angelegt. Streiche und Beleidigungen im Schulalltag, Schwärmerei für einen Jungen...als Leser mit einem reiferen Blick auf das Buch mag diese Geschichte etwas oberflächlich erscheinen.
Ich finde, dass es sich aufgrund der Charaktere jedoch auch lohnt, diese Geschichte zu lesen und mochte sehr, wie sich am Ende alles zu einem Gesamtwerk zusammengefügt hat.
Das Ende hat mich tatsächlich noch einmal sehr ergriffen und sogar zu Tränen gerührt, daher bin ich insgesamt bei verdienten 4,5 Sternen!

Veröffentlicht am 13.03.2017

Für Fans des "Rosie-Projekts"

Das Glücksbüro
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"Das Glücksbüro" hat den alltäglichsten Schauplatz von allen, nämlich ein durchschnittliches Amt mit vielen durchschnittlichen Mitarbeitern, die zu ihrem Geburtstag eine Brötchenplatte ausgeben.
Albert ...

"Das Glücksbüro" hat den alltäglichsten Schauplatz von allen, nämlich ein durchschnittliches Amt mit vielen durchschnittlichen Mitarbeitern, die zu ihrem Geburtstag eine Brötchenplatte ausgeben.
Albert (Glück, daher der Name) ist auf den ersten Blick einer der langweiligsten und pedantischsten Mitarbeiter in diesem Amt - aber hinter der Fassade versteckt sich nicht nur ein Hang zum Perfektionismus, sondern ein neurotischer und (gerade deshalb) unheimlich liebenswerter Charakter.
Die Bekanntschaft mit der Künstlerin Anna (und dem Formular E45) stellt seine Welt auf den Kopf und ich habe Albert sehr gerne in diesen Verwicklungen begleitet.
Schön fand ich dabei, dass das Buch gerade gegen Ende mehr Tiefgang hat als erwartet, aber dennoch sehr leicht zu lesen ist.
Der Charakter Albert mag dem Leser des "Rosie-Projekts" von Graeme Simsion vielleicht ein wenig entlehnt vorkommen. Ich denke, dass das Buch für Fans von Simsion durchaus etwas sein könnte, da es einen ähnlichen Charme hat, aber doch nochmal anders ist, für mich kommt es aber nicht ganz an die Faszination heran.

Ein sehr schöner und gut geschriebener Roman, der für mich aber durchaus ein paar Seiten mehr vertragen könnte und einen Tick zu schnell weggelesen war. Dennoch eine klare Leseempfehlung und 4 Sterne!

Veröffentlicht am 12.03.2017

Kleiner Ausschnitt einer anderen Welt

Betrunkene Bäume
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"Betrunkene Bäume" sind ein Phänomen des Klimawandels und kommen beispielsweise in Sibirien vor, wo der Wissenschaftler Erich eine Zeit seines Lebens verbracht hat, die er nie vergessen wird.
Die Zeit ...

"Betrunkene Bäume" sind ein Phänomen des Klimawandels und kommen beispielsweise in Sibirien vor, wo der Wissenschaftler Erich eine Zeit seines Lebens verbracht hat, die er nie vergessen wird.
Die Zeit dort war für ihn bereichernd, aber er hat auch eine Schuld auf sich geladen, die ihn bis ins hohe Alter verfolgt.
Ada Dorian nimmt uns mit auf eine Reise ins kalte Sibirien und obwohl wir natürlich als Leser dieses recht kurzen Buches nur einen kleinen Ausschnitt kennenlernen dürfen, eröffnet sich eine ganz andere Welt. Eine Welt, in der Menschen stark abhängig von der Natur sind, andererseits aber auch in völligem Einklang mit ihr Leben können. Das ist bewundernswert.
Gleichzeitig lernen wir in Deutschland Katharina kennen, die eine Flucht aus ihrem Leben wagt, denn auch sie hat das Gefühl, jemanden an Sibirien verloren zu haben. Hierbei gerät sie in schlechte Gesellschaft, zum Glück aber auch in die von Erich.

Die Geschichte wird in einer sehr schönen Sprache erzählt, die mich wirklich mitgenommen hat und ich konnte das Buch nur schwerlich aus der Hand legen. Es liest sich sehr gut in einem Weg und ist dabei nicht nur interessant, sondern auch ein bisschen lehrreich.
Für mich als Fan längerer Geschichten hätten es am Ende locker 100 Seiten mehr sein können - mehr Infos über die Figuren und noch ein Stück mehr von der Geschichte. Andererseits ist es auch eine Stärke der Erzählung, dass sie genau an dieser Stelle abbricht.
Von mir gibt es wohlverdiente 4 Sterne! Diese Debüt-Autorin werde ich sehr gerne im Auge behalten.