Wunderbar verstörend und sprachgewaltig
Die wunderbare KälteDie wunderbare Kälte ist der Debütroman von Elisabeth Rettelbach und obwohl ich Kälte alles andere als wunderbar finde, tatsächlich freue ich mich riesig auf den Frühling, hat mich das Buch alleine schon ...
Die wunderbare Kälte ist der Debütroman von Elisabeth Rettelbach und obwohl ich Kälte alles andere als wunderbar finde, tatsächlich freue ich mich riesig auf den Frühling, hat mich das Buch alleine schon deswegen interessiert, da es vom Kirschbuch Verlag herausgegeben wird.
Die vorherigen Bücher dieses Verlages waren alle irgendwie besonders, keine 08/15 Bücher, die man schnell liest und im nächsten Moment schon wieder vergessen hat, sondern Bücher, die noch lange haften bleiben.
Kai ist keine wunderschöne Protagonistin, in die sich jeder verliebt und die ein tolles Leben führt. Kai ist eine Einzelgängerin, die Nähe ablehnt, ja überhaupt nicht zulässt.
Nachts streift sie einsam durch die Dunkelheit. Winter ist ihre liebste Jahreszeit, denn dann kann sie in die erleuchteten Häuser starren und Menschen beobachten. Aber Kai ist nicht nur Beobachterin, sie betrachtet sich selbst als Marionettenspielerin und beeinflusst andere Menschen, mischt sich unerkannt in ihre Leben ein, spielt mit ihnen.
Die Autorin mutet ihren Lesern einiges zu. Ich fühle mich merkwürdig angezogen, eingesogen und ausgespuckt. Bin fasziniert und abgestoßen zugleich. Kai zu mögen ist wirklich nicht einfach. Zu bizarr sind ihre Verhaltensweisen. Und doch rührt sie etwas in mir. Etwas wie Bewunderung keimt auf. Wäre es nicht cool, so zu leben? Alles machen zu können, ohne die Konsequenzen zu fürchten, weil mir eh egal ist, was alle anderen von mir denken? Aber nein, ich selbst möchte dann doch nicht so sein. Ich möchte Gefühle zulassen, Nähe, Liebe empfinden und geben. Ich brauche Wärme und Geborgenheit, Vertrauen und Liebe. Das alles kennt Kai nicht und kann sie nicht.
Ich habe mir Gedanken über Kai gemacht. Was ist sie? Ist sie krank? Psychopathin? Leidet sie am Asperger Syndrom? Sind alle ihre Schilderungen überhaupt real oder passiert vieles auch nur in ihrer Fantasie? Die Autorin lässt das offen, lädt ein, selbst Vermutungen anzustellen und zu diskutieren.
Die wunderbare Kälte mit ihrer Antagonistin Kai hat mich in ihren Bann gezogen, ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen, verharrte in atemloser Spannung. Auch wenn ich nicht wie Kai bin und viele ihrer Handlungen nicht nachvollziehen konnte, war ich dennoch fasziniert und merkwürdig angezogen. Ich hatte Mitleid mit Kai und mein Herz tat weh bei ihren Handlungen. Wie sie sich selbst ihr eigenes Glück zerstört oder ist sie glücklich so, wie sie ist? Auch die anderen Protagonisten waren besonders und sind mir ans Herz gewachsen.
Mein Fazit: Kein Buch für Jedermann, aber wer sich darauf einlässt, entdeckt vielleicht wie ich eine seltsame Faszination, geht auf die Reise in die Abgründe der Seele von Kai und ist begeistert.