Selbstzweck Lüge
Louises Leben kommt ihr allzu häufig zu langweilig vor. Ihre Ambitionen bleiben immer hinter ihren leeren Versprechungen sich selbst gegenüber zurück, dabei ist sie beinahe 30 und hat noch immer keine ...
Louises Leben kommt ihr allzu häufig zu langweilig vor. Ihre Ambitionen bleiben immer hinter ihren leeren Versprechungen sich selbst gegenüber zurück, dabei ist sie beinahe 30 und hat noch immer keine nennenswerte Karriere, dafür aber drei Jobs und dennoch eine ständig knappe Kasse. Ursprünglich wollte sie mal Schriftstellerin werden, aber zum Schreiben kommt sie nie, denn Entschuldigungen vor sich selbst sind der einfachere Weg als sich die Mühe zu machen. Selten gönnt sie sich das Vergnügen des teuersten Cocktails in einer Bar, bei dessen Genuss sie sich wünscht ein so bedeutsames Leben wie die Menschen um sie herum zu führen, die sich diesen Genuss so oft sie wollen leisten können.
Ihre Geldsorgen rücken vorübergehend in den Hintergrund, als sie auf eine Jobanzeige reagiert, die ihr 150 $ pro Stunde – für sie ein kleines Vermögen - bringen könnte. Sie lernt Lavinia kennen, die für ihre jüngere Schwester eine Tutorin für jenen Abend sucht, während sie auf eine Party irgendwo in New York geht. Als Lavinia am nächsten Morgen zurückkommt, freunden sie und Louise sich an und sind bald darauf unzertrennbar. Louise ist fasziniert von Lavinia, die sich offenbar um nichts Gedanken machen muss außer um ihren nächsten Beitrag auf Facebook. In Gesellschaft von Lavinia entflieht Louise der Unzulänglichkeit ihres eigenen Lebens auf angesagten New Yorker Parties, auf denen sie die verschiedensten Menschen kennenlernt, deren Oberflächlichkeit und Bedeutungslosigkeit ihr erst lange, nachdem sie diesen Menschen gefallen und ihnen nah sein möchte, klar wird. Aber alle lieben Lavinia, alle liken sie, und Louise sieht in ihr das, was sie selbst gerne hätte.
Kluge Menschen sind in diesem Roman rar. Ihr Potential erkennt Louise erst dann, als sie von einem bitteren Ereignis dazu gedrängt wird es zu entfalten oder in eine noch größere Bedeutungslosigkeit zu fallen als vor dem Kennenlernen von Lavinia.
Die Geschichte Louises dreht sich tatsächlich um Lügen; kleine Lügen, Notlügen, so schöne Lügen, große Lügen, ganze Lügengebilde. Jeder mit jedem, jeder gegen jeden, bloß gut dastehen wollen alle vor allen anderen. Louise ist fähig ihre Lage zu erkennen, nur entkommen kann sie ihr nicht, bis der Zufall ihr weitere Entscheidungen abnimmt.
Ich bin nur so durch diesen Roman geflogen, der Schreibstil hat mir sehr zugesagt, und ich wollte zu jeder Zeit wissen wie es weitergeht. Interessant stellt die Autorin dar, wie sich Beziehungen zu Menschen verändern mit den Ansichten, die man über sie hat und die Wahrheiten, die man von ihnen kennt. Man wird mit den dunklen Seiten underschiedlicher Charaktere konfrontiert und beobachtet sich als Leser dabei, wie auch man selbst seine Ansicht zu den Figuren verändert. Die Autorin hat da auf interessante Weise fast ein Psychogramm erstellt und in eine spannende Geschichte verpackt.