Geschichte fantasie- und gefühlvoll aufgearbeitet
Mit großer Furore wurde uns in diesen Tagen der neue Roman von Cornelia Funke vom Fischer Verlag präsentiert. Besonders in den sozialen Medien wurde dieses Buch groß beworben, da es die Hauptnutzer dieser ...
Mit großer Furore wurde uns in diesen Tagen der neue Roman von Cornelia Funke vom Fischer Verlag präsentiert. Besonders in den sozialen Medien wurde dieses Buch groß beworben, da es die Hauptnutzer dieser Medien, also die Jugend und jungen Erwachsenen, als Leser ansprechen soll.
Nach der Lektüre bin ich mir nicht so sicher, welche Altersempfehlung ich für dieses Buch geben sollte. Denn ohne Zweifel handelt es sich bei "Das Labyrinth des Fauns" nicht um eine einfache, märchenhafte Geschichte mit einem jungen Mädchen und ein paar magischen Geschöpfen. Nein, es ist vielmehr die Aufarbeitung der neueren Geschichte im Spanien des Zweiten Weltkriegs, die auf unterhaltsame, aber eben auch brutale und blutige Art und Weise vorgetragen wird. Man muss miterleben, wie gute Menschen sterben und wie grausam die faschistischen Soldaten mit der Bevölkerung umgegangen sind. Cornelia Funke findet dafür auch sehr deutliche und direkte Worte.
Auf der anderen Seite spielt sie mit der poetischen Macht der Worte und erzeugt als Gegenbild die fantastische Welt des Fauns und des unterirdischen Reichs, dem die Prinzessin Moanna entlaufen ist. Diese beiden Erzählstränge - die reale Welt in der Ofelia ihren Vater verloren hat und dem grausamen Stiefvater Vidal ausgeliefert ist, und der magischen Welt des Fauns und der Feen, in die Ofelia vielleicht nach bestandenen Prüfungen eintreten kann - werden mit zarten Fäden verwoben. Jeder neue Abschnitt wird mit einer märchenhaften Kurzgeschichte eingeleitet, die mal mehr, mal weniger mit der tatsächlichen Handlung zu tun hat. Dies freut des Poeten Herz, verwirrt aber auch manchmal, weil Figuren mehrfach vorkommen und man nicht recht weiß, ob diese nun zusammengehören.
Besonders schön gelungen sind die Illustrationsarbeiten, die ebenfalls abschnittsweise eingefügt sind und auch auf dem Cover, sowie Einband erscheinen.
Leider fehlte mir an manchen Stellen der erzählerische Tiefgang. Handlungen wurden äußerst kurz und fast hastig skizziert, was gerade die spannenden Prüfungsaufgaben anbelangt, waren mir die Abenteuer einfach zu kurz dargestellt. Da hätte man locker mehr Faszination und Fülle hinein schreiben können, damit der Leser etwas länger auf die Folter gespannt wird. So wunderte ich mich manchmal über die einfache Lösung und das schnelle Gelingen der Aufgaben.
Trotzdem ist das neue Buch von Cornelia Funke wunderbar zu lesen. Ihre Sprache ist eindeutig ihre Stärke, obwohl man hier auch mit ein paar grausameren Buchstaben vorlieb nehmen muss. Meine Altersempfehlung tendiert daher eher hin zu 16, da man doch an manchen Stellen besser auch ein bisschen Hintergrundwissen zum Zweiten Weltkrieg und der Herrschaft Francos brauchen könnte.
Zum Schluss ist jedoch auch noch anzumerken, dass das Buch im Vergleich zum Film kaum Neuigkeiten parat hält und deshalb Leser, die den Film schon kennen, vielleicht weniger begeistert sein könnten. Dies wohl auch der Grund, weshalb der Drehbuchautor hier als Co-Autor aufgeführt ist.
Für alle anderen ist dieses Genre-Mix-Buch aber sicher ein besonderes Leseerlebnis.