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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.02.2021

Eine österr. Erfolgsgeschichte

Vom Tellerwäscher zum Visionär
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Wolfgang Maria Gran, den ich schon durch „Legenden des Skisports“ kennengelernt habe, beschreibt in seinem neuen Buch die Karriere des Josef „Sepp“ Dygruber, der die Giganten der Geschirrspültabs herausgefordert ...

Wolfgang Maria Gran, den ich schon durch „Legenden des Skisports“ kennengelernt habe, beschreibt in seinem neuen Buch die Karriere des Josef „Sepp“ Dygruber, der die Giganten der Geschirrspültabs herausgefordert hat.

Kaum jemand macht sich Gedanken über so alltägliche Dinge wie Tabs für den Geschirrspüler. Man verwendet sie, flucht über sie, wenn sie sich nicht gut auflösen und kauft sie meistens im Sonderangebot. Welche Innovation dahinter steckt, bzw. welche umweltfreundlichen Komponenten sie enthalten oder eben nicht, wird gerne vernachlässigt.

Der Autor zeigt den Weg des anfangs als „Öko-Revoluzzer“ verlachten Unternehmers auf. Auch Rückschläge und Misserfolge werden nicht verschwiegen.

Der in einem kleinen Salzburger Ort geborene Dygruber sollte nach den Plänen seines Großvaters, Bankdirektor mit einem dicken Auto werden. Man kann nur froh sein, dass daraus nichts geworden ist.

Der Schreibstil des Autors ist launig und so darf auch ein Blick auf Dygrubers Werbeikone Dagmar Koller nicht fehlen, die ihre Bekanntheit und das Blondchen-Schema gekonnt in Szene setzt.

Dass der Firmengründer nach wie vor geerdet ist und ein Gespür für die kleinen Leute hat, zeigt sein Engagement für den Nachwuchssport. Bevor aus Anna Fenninger die berühmte Anna Veith geworden ist, ist Dygruber als Sponsor eingesprungen.

Auch für die Zukunft hat Josef Dygruber noch einiges vor. Seine Vision ist eine „Öko-Fabrik“.

Fazit:

Diese Erfolgsgeschichte habe ich gerne gelesen und gebe 5 Sterne.

Veröffentlicht am 25.02.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Inspektor Takeda und die stille Schuld
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In einer Vorzeige-Senioren-Residenz in Hamburg kommen bei einem Brand insgesamt neun Bewohner ums Leben. Noch bevor Claudia Harms und Ken Takeda alle Spuren gesichtet haben, brennt es erneut: Diesmal in ...

In einer Vorzeige-Senioren-Residenz in Hamburg kommen bei einem Brand insgesamt neun Bewohner ums Leben. Noch bevor Claudia Harms und Ken Takeda alle Spuren gesichtet haben, brennt es erneut: Diesmal in einer Villa, zwei Tote. Der dritte Brand bringt das sympathische Ermittlerteam, das momentan privat in einer Krise steckt, auf eine Spur. Das Gemeinsame in allen Fällen ist „Lisa“, ein kleiner Pflegeroboter, der dem Pflegepersonal die Arbeit erleichtern soll, aber dem einen oder anderen den Job kosten könnte.

Meine Meinung:

Ich mag die Krimis rund um Claudia Harms und Ken Takeda und freue mich immer auf das Erscheinen einer Fortsetzung.

Diesmal sind viel Fingerspitzengefühl und Akribie sowie ein bisschen Fantasie gefragt, um diesen komplexen Fall zu lösen.

Autor Henrik Siebold führt seine Leser gekonnt an der Nase herum. Nichts ist, wie es scheint. Zahlreiche Personen scheinen ein Motiv zu haben. Doch reicht die Wut auf den Pflegeroboter aus, um den Tod zahlreicher betagter Bewohner der Seniorenresidenz billigend in Kauf zu nehmen? Oder steckt da mehr dahinter?

Trotz ihrer privaten Zores ermitteln Claudia Harms und Ken Takeda souverän. Dass sie nebenbei ein bisschen als Sozialberater fungieren und einem möglichen Tatverdächtigen gute Ratschläge geben, sein aktuelles Leben zu überdenken, macht sie sympathisch.

Fazit:

Diesen Krimi habe ich gerne gelesen, da er mich wieder nach Hamburg, meine Lieblingsstadt in Deutschland, führt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 23.02.2021

Quo vadis, Ungarn?

Orbáns Ungarn
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"Am Beispiel Viktor Orbáns zeigt sich, wohin es führen kann, wenn nationalistische Rechtspopulisten einmal an der Macht sind."

Quo vadis Ungarn?

Der langjährige ORF Korrespondent, Paul Lendvai, ein angesehener ...

"Am Beispiel Viktor Orbáns zeigt sich, wohin es führen kann, wenn nationalistische Rechtspopulisten einmal an der Macht sind."

Quo vadis Ungarn?

Der langjährige ORF Korrespondent, Paul Lendvai, ein angesehener Osteuropa-Experte, hat den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seine Politik ins Visier genommen.

Mit einer Vielzahl durch Quellenangaben gestützter Fakten gelingt ihm eine kurzweilige Charakterisierung Orbáns.

Lendvai schildert den Werdegang des aus einfachsten Verhältnissen stammenden Orbán nicht ohne Respekt. Ist der junge Orbán doch gegen den Sozialismus auf die Barrikaden gestiegen. Wie kann es allerdings sein, dass eine solche Kehrtwende durchgemacht hat? Was treibt ihn an?

Mit seinem gnadenlosen Streben nach Macht und Einfluss, einer militanten Kampfbereitschaft und strategischen Wendigkeit hat Orbán sich und seine Partei in die heutige Position bringen können. Er prangert die Korruption der ehemaligen sozialistischen Regierungen an und bedient sich gleichzeitig aus den Kassen des Staates. Er lässt Freunde an die Futtertröge der Macht und lässt sie, sobald sie nicht mehr nützlich erscheinen, einfach fallen bzw. lässt sie verfolgen. Er spielt mit den nationalistischen Gefühlen der Menschen, wie es ihm gerade passt. Orbàn ist Nutznießer des Zerfalls und der Uneinigkeit der anderen Parteien, die seinem Aufstieg nur hilflos zusehen (können). Seine Hauptinteressen sind Vermehrung von Macht und Geld sowie Fußball.
Aufkeimende Opposition erstickt er im Keim. Selbst die ihm bislang nützliche rechtsradikale Partei „Jobbik“ überholt er durch seine ausländerfeindliche Politik. Und hier ist noch gar nicht seine Flüchtlingspolitik gemeint, sondern „Strafsteuern und „Strafzölle“ für ausländische Unternehmen, die in Ungarn Geschäfte machen woll(t)en. Beginnend mit den Lebensmittelkonzernen wie REWE oder Spar und diversen Banken. Auf den Millionär George Sörös, der einige Universitäten sponsert, hat er eine regelrechte Hexenjagd entfacht.

Zahlreiche Weggefährten werden, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan haben, auf ein Abstellgleis gestellt. So wird János Lázár entmachtet und erhält den Posten eines „Staatssekretärs für Nichtraucherschutz“. Echt, so etwas gibt es in Ungarn.

Was will Orbán mit seiner doppelbödigen Politik bezwecken? Die Rückkehr zu einem totalitären Staat wie einst unter den Kommunisten? Wiedererrichtung des Horthy-Regimes?

Das vorliegende Buch ist die 2020 aktualisierte Ausgabe des 2016 erschienenen Buchs und eine exzellent recherchierte Analyse der ungarischen Politik seit 1989. Einiges hat sich inzwischen weiter zugespitzt und Viktor Orbàns Populismus hat leider zahlreiche Nachahmer gefunden. Die eifrigen Kopisten von Orbáns Politik in Österreich sind inzwischen Geschichte.

„Die Seele des (ungarischen) Volkes wird mit Hass und Furcht vergiftet.“ (Agnes Heller (1929-2019)).

Fazit:

Das vorliegende Buch ist die 2020 aktualisierte Ausgabe der 2016 erschienenen Biografie Viktor Orbáns und eine exzellent recherchierte Analyse der ungarischen Politik seit 1989. Hier gebe ich eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 23.02.2021

Ein gelungenes Experiment

Reigen Reloaded
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Barbara Rieger hat für die Neuauflage von Arthur Schnitzlers „Reigen“ neun Schriftstellerkolleginnen und Kollegen eingeladen, eine Episode in die Gegenwart zu verlagern. Dabei kommen bekannten Namen wie ...

Barbara Rieger hat für die Neuauflage von Arthur Schnitzlers „Reigen“ neun Schriftstellerkolleginnen und Kollegen eingeladen, eine Episode in die Gegenwart zu verlagern. Dabei kommen bekannten Namen wie Gertraud Klemm, Daniel Wisser, Petra Ganglbauer und nicht zuletzt Barbara Rieger selbst zu Wort.

Das Experiment, Schnitzlers skandalumwitterten Theaterstück in einen Prosa Text zu verwandeln, darf man als gelungen ansehen. Zum direkten Vergleich ist im Anschluss der Originaltext zu lesen.

Die Aufmachung des Buches aus dem Verlag Kremayr & Scheriau ist gediegen: Hardcover mit Lesebändchen. Schrift und das Design des Covers erinnern an die Wiener Werkstätte von Joseph Hoffmann.

Fazit:

Ein gelungenes Experiment, das auch Literaturfans gefallen wird. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.02.2021

Hat mich bestens unterhalten

Totentanz im Pulverschnee
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„Wer glaubt, dass nur die Inuit viele Wörter für Schnee kennen, der irrt. Die Tiroler tun das genauso. Neuschnee, Altschnee, Kunstschnee, Pulverschnee, Sulzschnee, Firn, Harsch sowie die im Alltag noch ...

„Wer glaubt, dass nur die Inuit viele Wörter für Schnee kennen, der irrt. Die Tiroler tun das genauso. Neuschnee, Altschnee, Kunstschnee, Pulverschnee, Sulzschnee, Firn, Harsch sowie die im Alltag noch viel gebräuchlicheren Varianten Superschnee, Scheißschnee und Hurenschnee. Aber ganz egal, um welche Form von Schnee es sich gerade handelt, eines ist fix: Der Schnee lässt hier keinen kalt.“ (S. 61)

Arno Bussi, seines Zeichens Kriminalbeamter im BKA Wien fristet nach wie vor sein berufliches Leben in einer Abstellkammer. Warum? Der fesche Arno hat sich ausgerechnet vom Innenminister mit dessen Frau Gemahlin in flagranti erwischen lassen, was dieser so gar nicht goutiert (siehe „Tod im Schnitzelparadies“). Seither ist nichts mit aufregender Mörderjagd, sondern trockene Statistik und Akten abstauben angesagt.

Halt, nein! Stimmt nicht! Immer wenn es scheinbar ausweglose Fälle in Bussis Heimat Tirol zu lösen gilt und niemand anderer zur Verfügung steht, wird der gute Arno, der sich häufig in die falschen Frauen verliebt, in den Westen geschickt, um zu ermitteln.

Nun herrscht wieder einmal Saure-Gurken-Zeit und Bussi muss Urlaubstage abbauen. Deshalb begleitet er (wenn auch widerwillig) seine Mutter nach Maria Schnee, einem kleinen Dorf in Tirol, in dem das jährlich Eisbildhauerspektakel stattfindet. Mutter Bussi ist eine richtige Nervensäge, die nicht einsehen will, dass ihr Bub die Dreißig schon überschritten hat und die mütterliche Fürsorge ziemlich peinlich findet.

Das Alpen-Halligalli, das Arno empfängt, ist noch schlimmer als befürchtet. Am liebsten würde er sofort umkehren. Doch wenig später verschwindet die nette Rezeptionistin Rosa, die auch einen Auftritt als Eisprinzessin hat. Auf Drängen von Mamma Bussi, die eine nächtliche Entführung beobachtet haben will, beginnt Arno auf eigene Faust zu ermitteln. Als dann wenig später die erste Leiche auftaucht, wird es so richtig ernst. Denn neben Frau Major Erna Katz vom LKA Tirol braut sich auch ein Schneesturm über Maria Schnee zusammen....

Meine Meinung:

Ich habe mich sehr über das Wiedersehen mit Arno Bussi gefreut. Es fällt den Leserinnen nicht schwer, den charmanten Ermittler zu mögen.

Die Charaktere sind gut gelungen, auch wenn Mamma Bussi mir persönlich mit ihrer Art, Arno zu gängeln, ein wenig zu üppig geraten ist. Allerdings weist die unser werter Herr Autor dann auch gleich zurecht, wenn sie ihre wenigen Brocken italienisch zum Besten gibt und dabei auf eine echte Muttersprachlerin trifft. Eine liebenswerte Figur ist Anni, die ein lang gehütetes Geheimnis mit sich herumträgt.
Auch Erna Katz hat ihren Anteil am Gelingen dieses humorvollen Krimis, auch wenn ihre (antrainierte) Berliner Schnauze ein wenig überzogen ist. Das macht auch Arno ein wenig zu schaffen, sodass er sie mehrfach dazu anhält, „normales deutsch“ zu sprechen. Das habe ich recht witzig gefunden. Ich habe Ähnliches bei meiner Freundin erlebt, die als Wienerin nach Inzing (nahe Innsbruck) geheiratet hat und ein so gekünsteltes Tirolerisch gesprochen hat, dass es einem die Fußnägel aufgedreht hat. Akzeptiert ist sie deswegen auch nicht geworden. Wie schon Arno bemerkt, gilt man selbst dann noch als „Zuagroaster“ bzw. Fremder, wenn man aus dem Nachbartal kommt und schon seit vier Generationen im selben Ort ansässig ist.

Ob das leichte Gefühl der Schmetterlinge im Bauch von Arno Bussi Bestand haben wird? Frau Major scheint ja auch nicht ganz unempfindlich für Arnos Charme zu sein.

Bei aller Leichtigkeit nimmt sich Joe Fischler eines ernsten Themas an: Dem Ausverkauf von Grund und Boden durch einen einzigen intriganten und machthungrigen, selbst ernannten Dorfkaiser. Im Zusammenspiel mit dem Dorfpolizisten ein unheilvolles Duo.

Der Schreibstil ist wie gewohnt locker und leicht. Dass hier das Präsens als Erzählzeit gewählt wurde, lässt die Leser mittendrin in der Geschichte sein.

Fazit:

Ein unterhaltsamer Krimi aus der Feder von Joe Fischler den ich gerne gelesen habe und dem ich gerne 5 Sterne gebe.