Sind Sie genervt von ihren Mitmenschen, erschöpft oder fühlen sich über- oder unterfordert? Kennen Sie den Satz: „Ich bin mir meiner Gefühle nicht sicher?“ Warum ist das so? „Fühlen lernen“ zeigt einen Weg, diesen Signalen auf den Grund zu gehen und empfindsamer zu werden, für das, was in uns vorgeht und erklärt, warum wir oft nicht wissen, was wir fühlen. Gefühle sind schließlich mehr als „oberflächliche, esoterisch angehauchte Gefühlsduselei.“ Frei vom Selbstoptimierung zielt Dr. Carlotta Welding darauf ab, dem Leser alles Wichtige zu vermitteln: was Gefühle uns mitteilen wollen und wie man dieses Wissen nutzt. Sie geht auch darauf ein: warum „enge Kontakte und feste Bindungen einen wichtigen Schutzraum bieten, in dem Emotionen erzeugt, erlernt und eingeübt werden“, weshalb deutlich wird, warum Vereinsamung ein großes Problem darstellen könnte.
10 Prozent der Bevölkerung sind gefühlsblind. Anhand dieses Phänomens erklärt Dr. Carlotta Welding worin das Problem begründet liegt und wie man ihm begegnet. „Denn Fühlen kann man lernen.“ Zwischen den beiden Extremen, keinen Zugang zu den eigenen Gefühlen zu haben und von intensiven Gefühlen überrollt zu werden, gibt es einige Abstufungen, in denen sich jeder wiederfinden wird. Wer Aufgrund unterschiedlicher Ursachen (Genetik, Erziehung, Kindheit, Bindungen) Schwierigkeiten mit dem Fühlen hat, kann in diesem Ratgeber mehr über einen gesunden Umgang mit Gefühlen erfahren und letztlich auch das Verhalten der Mitmenschen besser nachvollziehen.
Als Erstes habe ich mittendrin angefangen und das Interview mit dem gefühlsblinden Mann gelesen (es gibt auch einen entsprechenden Test im Buch). Das fand ich so spannend, dass ich mehr erfahren wollte. Dr. Carlotta Welding schreibt wie man lernt, unangenehme Gefühle zu tolerieren und intensive Gefühle zu regulieren (emotionale Intelligenz). Ganz praktische Informationen, die man in Verbindung mit Achtsamkeit vielleicht schon mal gehört hat und täglich üben kann. Mir hat vor allem der sympathische Schreibstil gefallen, die aufgelisteten Emotionswörter und die zahlreichen Bezüge und Beispiele. Interessant fand ich auch die Einblicke, wie eine therapeutische Behandlung ablaufen könnte. Und natürlich geht es auch um das eigene Stresserleben und die Erkenntnis, dass Gefühle auch wieder vorbei gehen. Als Leser merkt man, dass Dr. Carlotta Welding das Thema am Herzen liegt und sie lange darüber geforscht hat. Zum Glück! Für mich ein sinnvolle Lektüre im Dschungel unnötiger Sachbücher, das wirklich einen Mehrwert hat. Tatsächlich ist der intuitive Umgang mit Gefühlen nicht empfehlenswert, wenn einem in der Kindheit kein gesunder Umgang beigebracht wurde. Es ist also sinnvoll, sich zu informieren. Besonders Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten und Eltern, weil die frühkindliche Entwicklung eine entscheidende Rolle spielt.
Mein Fazit: Der eigene „Umgang mit Gefühlen lässt sich nicht über Nacht ändern“ und das Lesen eines Buches, kann nur die Voraussetzungen dafür schaffen. Aber: Wer zufriedener leben möchte, kommt an der Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen einfach nicht vorbei. Anschaulich und sympathisch zeigt „Fühlen lernen“ aktuelle Erkenntnisse über ein hochkomplexes Thema und ist damit nicht nur für gefühlsblinde Menschen interessant, sondern für jeden.