Eine ganz besondere Geschichte
An den Füßen der Berge, umgeben von Zuckerröhre und Maisfeldern, liegt der kleine Dorf Linares. Hier lebt die Familie Morales wohlhabend auf einem Landgut mit der alten Amme Reja, die schon Generationen ...
An den Füßen der Berge, umgeben von Zuckerröhre und Maisfeldern, liegt der kleine Dorf Linares. Hier lebt die Familie Morales wohlhabend auf einem Landgut mit der alten Amme Reja, die schon Generationen von Morales Kindern genährt und großgezogen hat. Jahrzehnten sitzt Nana Reja stumm mit geschlossenen Augen auf ihrem Schaukelstuhl. Sie ist ein Teil der Landschaft, ihre Haut ist dunkel, hart, wie die getrocknete Rinde. Wenn die Leute vorbeigehen, grüßten sie sie genauso wenig, wie man einen Baum grüßt. Bis sie eines Tages plötzlich aufsteht und verschwindet. Die alarmierende Morales finden die alte Nana unter eine Brücke mit zwei Bündeln. In dem einen ist in ein Bienenschwarm umhülltes Neugeborene mit Gaumenspalte, in der anderen Hunderte von Bienen. Bei den abergläubischen Dorfbewohnern wächst Misstrauen, der Arzt gibt den Jungen nur paar Tage Lebenschance, doch Nana Reja lässt sich von nichts abschrecken. Die Familie Morales nimmt den Jungen, samt mit seiner Bienen, zu sich auf, taufen auf den Namen Simonopio. Er wird niemals in seinem Leben sprechen zu können aber dafür hat er eine Gabe, die ganzen Landgut Bewohner von schlimmen Ereignissen warnt und schützt...
Sofía Segovia hat mich mit ihrem feinfühligen und glaubwürdigen Schreib/Erzählstil auf eine Reise mitgenommen, welche die ich sehr genossen habe. Ich war ein unsichtbarer Gast bei den Morales und fast 500 Seiten lang habe ich mit denen Feiertagen gefeiert, hinter geliebten Menschen getrauert, mit Simonopio samt mit seinen Bienen durch den Wald gewandert. Ich habe die Schrecken der Spanischen Grippe, den Ersten Weltkrieg und mexikanische Revolution miterlebt. Ich hatte das Knarren von Nana Rejas Schaukelstuhl im Ohren, Orangenblütenduft in der Nase, Honigsüße im Mund.
Erzählt wird die Geschichte aus vielen Perspektiven, wobei ich am Anfang etwas irritiert war, doch nach gelesenen paar Kapitel wieder den Faden gefunden hab. Das Setting ist sehr bildhaft, die Sprache ist wortgewaltig, dennoch die Erzählung war für mich sehr detailreich, denn dank den vielen Details hat das Buch seine Länge. Wer eine leichte, historische Familiengeschichte hofft, liegt leider falsch. Man muss hier Zeit und Leselust mitbringen.
„Das Flüstern der Bienen“ ist eine märchenhafte, bildgewaltige, ruhige aber gleichzeitig spannende Geschichte. Isabel Allende Fans werden sich hier sehr wohlfühlen. 4,5 Sterne