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Veröffentlicht am 26.02.2021

Der Abgrund zwischen Sein und Schein ist gefährlicher als man denkt

Zeiten des Aufruhrs
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Frank und April leben mit ihren zwei Kindern das scheinbar perfekte Leben in einer Vorstadt von NYC. Sie haben ein Auto, ein Haus, nette Nachbarn und genug Geld durch die Arbeit, die Frank in NYC hat. ...

Frank und April leben mit ihren zwei Kindern das scheinbar perfekte Leben in einer Vorstadt von NYC. Sie haben ein Auto, ein Haus, nette Nachbarn und genug Geld durch die Arbeit, die Frank in NYC hat. Ihre Träume haben sie schon längst begraben, versuchen das beste aus ihrem unspektakulären Vorstadtleben zu machen, über das sie die ganze Zeit mit ihren Nachbarn schnöden, denn schließlich seien sie alle etwas Besseres und durchschauen die vollständige Leere dieses Lebens vollkommen im Gegensatz zu den meisten anderen, die dort auf die gleiche Art vor sich hinvegetieren. Es sind die 1950er Jahre, der Mann hat das sagen, es fließt viel Alkohol gegen die Langeweile, die Gesellschaft ist stockkonservativ. Deckel drauf und gut verschließen, so dass alles schön ruhig bleibt. Aber leider gärt es im Kochtopf gewaltig. Die Leute sind an sich sehr unzufrieden und unerfüllt, beeinflussen sich gegenseitig mit miesen Spielchen, wollen ausbrechen, scheitern... Aber scheitern ist in dieser Kunstwelt nicht vorgesehen. Und dann geschieht die Katastrophe.

Das Hörbuch- sehr gut gelesen von Christian Brückner - hat mich mitgerissen. Sehr lakonisch wird die Tragik des gegen außen perfekt wirkende Familienlebens von Frank und April sowie dieser an sich selbst krankenden Gesellschaft vorgeführt - und alles in den Abgrund gestoßen. Und das auf eine so geschickte Art, dass das Buch bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Es ist beinahe ungeheuerlich, wie treffend der Autor diese fadenscheinige Stimmung in der Vorstadt seziert und die Leute- jede Person auf ihre Art - in ihrem eigenen Sumpf von Lebenslügen versanden lässt. Und den meisten macht es nicht einmal etwas aus. Man nimmt das eben einfach einmal so hin.
Mit anderen Worten: Das ist ein unglaublich guter Text, der unsere Gesellschaft geschickt demontiert und die Falschheit in unserem gegenseitigen Umgang entlarvt, aber nicht an diesem Punkt stoppt, sondern mögliche Konsequenzen solcher persönlicher Selbstverleugnung aufzuzeigen vermag. Mich hat das Buch jedenfalls voll und ganz zu überzeugen vermocht.

Fazit: Unbedingt lesen (oder hören)

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Veröffentlicht am 08.02.2021

Wenn man dieses Buch gelesen hat, wird man es nie mehr vergessen.

Suzie Wong
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Das Buch spielt größtenteils in der britischen Kronkolonie Hongkong in den 1950er Jahren. Die Stadt ist überfüllt von chinesischen Flüchtlingen aus China nach der Revolution. Die Überbevölkerung ist allgegenwärtig. ...

Das Buch spielt größtenteils in der britischen Kronkolonie Hongkong in den 1950er Jahren. Die Stadt ist überfüllt von chinesischen Flüchtlingen aus China nach der Revolution. Die Überbevölkerung ist allgegenwärtig. Es ist eine klare Klassengesellschaft mit den Engländern an der Spitze gefolgt von den reichen Chinesen. Suzie Wong ist selbst Chinesin aus Shanghai und arbeitet als mittellose Prostitutierte im Hafenviertel von Hongkong. Sie ist also ganz klar am unteren Ende dieser Gesellschaft angesiedelt, Analphabetin und hat eine ziemlich eigene Sicht auf die Welt.
Robert ist ein Engländer, der Maler werden möchte. Da er nicht viel Geld hat und den Engländern überdrüssig ist, lässt er sich just in dem Hotel nieder, in dem auch Suzie arbeitet. Er versteht zuerst gar nicht, dass er sich in einem Stundenhotel für einen Monat eingemietet hat. Die versteckte Prostitution - offene Prostitution ist streng verboten - nimmt er anfänglich nicht war, da er zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist.
Und ganz langsam entwickelt sich eine Anziehung zwischen den beiden, die nach einer scheinbar unmöglichen Liebesbeziehung drängt.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen Liebesroman, der sehr amtmosphärisch, aber keinesfalls romantisierend das Rotlichtmilieu am Hafen mit all seinen Akteuren einfängt. Bei der Lektüre taucht man in eine vergangene Zeit ein und erfährt hautnah, wie die Menschen unter den damals herrschenden widrigen Umständen zu überleben versuchten. Der Schmutz des Rotlichtbezirks beim Hafen, die Ausbeutung der bitterarmen Frauen, die Kankheiten, der Schmerz und die überall herrschende Armut werden ohne je anklagend oder moralisierend aus der Perspektive von Robert geschildert. Und genau in diesem Sumpf am Rande der Zivilisation entwickelt sich eine starke Liebe, mit derer Hilfe Suzie und Robert all die mühseligen Widerstände gegen solch eine Liebe zu überwinden versuchen. Es ist ein Buch, das viele überraschende Wendungen nimmt, nicht zuletzt weil Suzie eine sehr schlaue und witzige Person ist, die sich aber gleichwohl ihrer miserablen Situation bewusst ist, in der sie absolut gefangen ist.

Es geschieht äußerlich gesehen nicht wirklich viel in diesem Buch, in den Personen drinnen werden aber Welten verschoben, zerstört und neu aufgebaut. Und es wird ein Milieu aus einer vergangenen Zeit außerordentlich klug und kritisch geschildert, ohne dass der Autor in die Rolle des Moralapostels abgleitet. Wenn
man dieses Buch gelesen hat, wird man es nie mehr vergessen.

Fazit: Unbedingt lesen

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Sehr interessante Erinnerung, die einen zum Nachdenken anregt

Der Vater eines Mörders
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Die kurze Erzählung beschreibt eine Schulstunde in Altgriechisch Ende der 1920er Jahre an einem Gymnasium in Bayern. Im Zentrum stehen Franz Kien, der ein schlechter Schüler ist, und Oberstudienrat Himmler, ...

Die kurze Erzählung beschreibt eine Schulstunde in Altgriechisch Ende der 1920er Jahre an einem Gymnasium in Bayern. Im Zentrum stehen Franz Kien, der ein schlechter Schüler ist, und Oberstudienrat Himmler, dem Vater von Heinrich Himmler. Der alte Himmler macht Franz Kien und ein paar andere Schüler fertig.
Alfred Andersch, dessen Schreibstil mir wirklich sehr gut gefällt, lieferte mit dieser Erzählung eine nicht abschließende Charakterstudie des Vaters der Nummer zwei im Naziregime basierend auf seinen persönlichen Erinnerungen. Franz Kien steht als Alias für Andersch selbst, wie der Autor im die Erzählung kritisch erläuternden Nachwort festhielt. Das Nachwort stellt aus meiner Sicht einen festen Bestandteil der Erzählung dar, da man so das Gelesene besser einordnen kann und die Intentionen Schriftstellers besser nachvollziehen kann.
Es handelt sich um eine kurze Momentaufnahme aus der Zeit vor der Machtergreifung, die nicht urteilt oder erklärt, aber einen zum Nachdenken anregt.

Fazit: Unbedingt lesen (wie übrigens alles von Alfred Andersch)

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Willkommen in der fantastischen Welt von Jon Barnis

Baronica
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Mit diesem ungewöhnlichen Buch nimmt uns der Autor Jon Barnis auf eine spannende Reise durch eine Welt voller Überraschungen und Abenteuer mit. Vereinfachend gesagt ist es die Geschichte einer Wanderung ...

Mit diesem ungewöhnlichen Buch nimmt uns der Autor Jon Barnis auf eine spannende Reise durch eine Welt voller Überraschungen und Abenteuer mit. Vereinfachend gesagt ist es die Geschichte einer Wanderung von vier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Marsch führt den Trupp durch die sogenannte Wilde Ebene, ein verwunschenes Land mit einer sehr interessanten Vergangenheit. Da wäre der junge Samuel, der mit allen Wassern gewaschen ist, und sowas wie der Reiseleiter darstellt. Weiter Lady Yock, eine Einzelgängerin und sehr erfahrene Kriegerin, die etwas in die Jahre gekommen ist, aber nach wie vor brandgefährlich ist. Nicht zu vergessen, der uralte Golepp, seines Zeichens ein ausgebuffter Alchemist, der sich mit seinen Mixturen rüstig hält. Und dann noch Evlin, die einen Teil ihrer Persönlichkeit verloren hat und darum etwas seltsam unterwegs ist. Nicht zu vergessen Gremschen, ein außerordentliches Pferd. Ach ja, und den halb unsichtbaren kleinen Begleiter hätte ich beinahe vergessen, der die ganze Geschichte aufgeschrieben hat. Er kommt aus einer anderen Welt und ist hier beruflich unterwegs, da er als Beobachter arbeitet. Unglücklicherweise wird er selbst in die Geschichte verwickelt und muss ein paar Mal eingreifen, was seinem Vorgesetzten gar nicht passt.
Auf dem Marsch durch die Wilde Ebene begegnet die Truppe unzähligen Wesen und Erscheinungen in einer wilden Natur, die wiederum selbst für viele Überraschungen gut ist.

Gleich vorweg: Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da es das Genre des klassischen Fantasyromans sprengt und von einer unglaublichen Vielfalt von Geschichten in der eigentlichen Geschichte beinahe überquillt. Es gibt Elemente des Horror-, Scy-Fi und Abenteuerromans. Und ganz viele fantastische Wesen. Trotz dieser Vielfalt gelingt es dem Autor, einen groß angelegten Spannungsbogen aufzubauen, so dass man immer weiter lesen muss bis die Truppe bei der Letzten Wacht ankommt. Das Buch entführt einen in eine magische Welt, in der man den Alltag völlig vergisst. Obwohl die Story das Genre sprengt, eine etwas wilde Erzählperspektive konstruiert wurde, überzeugt das Buch durch einen unglaublichen Fundus an Ideen, die absolut anschaulich und bildhaft in Szene gesetzt werden. Ich freue mich bereits auf den zweiten Teil der Geschichte, der im ersten Halbjahr 2021 erscheinen soll.

Fazit: Lesen, wenn man auf einem wilden Ritt durch eine wirklich fantastische Welt streifen möchte, um dem Alltag zu entrinnen. Ein einzigartiges Buch - klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 02.11.2020

Richtig spannendes Abenteuermärchen, das mit viel Witz erzählt wird.

Die Romanfabrik von Paris
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Willkommen in der etwas verrückten Welt des impulsiven Alexandre Dumas. Der bekannte Autor ist neben Anna Moll und dem Magnetiseure Lemaitre einer der Hauptproganisten in diesem historischen Abenteuerroman, ...

Willkommen in der etwas verrückten Welt des impulsiven Alexandre Dumas. Der bekannte Autor ist neben Anna Moll und dem Magnetiseure Lemaitre einer der Hauptproganisten in diesem historischen Abenteuerroman, der Mitte des 19. Jahrhunderts spielt. Es ist eine wilde Geschichte, die uns von Paris über London nach St. Petersburg führt. Man erlebt Strassenkämpfe und makabre Salons in Paris, das verregnete London samt Kerker und Buckingham Palast, einen halb verrückten russischen Sammler und die Eremitage in St. Petersburg. Mit anderen Worten ein richtiges Potpourri an Geschichten, Figuren und Orten, die allesamt extrem anschaulich geschildert werden. Es ist ein richtig spannendes Abenteuermärchen, das mit viel Witz erzählt wird.

Die rasante Geschichte ist mit vielen liebevollen Details angereichert, nimmt immer wieder überraschende Wendungen und ist sprachlich sehr interessant umgesetzt. Der Autor hat ein großes Augenmerk darauf verwendet, Sprache und Story den damaligen Abenteuerromanen anzugleichen. Ich finde, das ist im auf eine humorvolle Weise gut gelungen.

Obwohl ich immer gedacht habe, dass bei einem historischen Roman großer Wert auf die historischen Fakten gelegt wird, ist dies hier nur bedingt der Fall. Aber nach dem Lesen des Nachworts, in dem sich der Autor erklärt, kann ich gut nachvollziehen, dass die Fakten zu Gunsten der Story angepasst wurden. Das ist durchaus legitim und bei diesem Buch auch sehr förderlich für die Geschichte, hat mich aber zugegebenermassen etwas überrascht. Ach, man kann nicht immer so streng sein. Und wer eine Biografie über Dumas lesen will, der soll das tun. Dieses Buch ist jedenfalls keine Biografie, dafür eine farbenprächtige Geschichte, die um den sagenumwobenen Alexandre Dumas herum gebaut ist, seines Zeichens Gourmet, Gourmand, Abenteurer und Freuenheld in einem.
Ein rundum gelungenes Buch, das sehr unterhaltsam und spannend ist. Und die rasante Schlittenfahrt durch St. Petersburg werde ich nicht so schnell vergessen.

Fazit: Unbedingt lesen, wenn man man Lust auf ein abenteuerliches Märchen aus dem 19. Jahrhundert hat.

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