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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2021

12 "Familienrucksäcke" als Folge des 20. Juli 1944

Stauffenberg. Folgen
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Nach ihrem Buch „Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter“ hat die Autorin eine Fülle von Zuschriften erhalten. Wildfremde Menschen haben ihr die eigene Familiengeschichte erzählt. Viele davon ...

Nach ihrem Buch „Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter“ hat die Autorin eine Fülle von Zuschriften erhalten. Wildfremde Menschen haben ihr die eigene Familiengeschichte erzählt. Viele davon tragen die Ereignisse der Vergangenheit wie einen „Familienrucksack“ mit sich herum. Manche mit Stolz, manche spüren das Gewicht der Vergangenheit auf ihren Schultern, weil einiges ungesagt oder ungelöst ist. Andere wieder können ihre Vorfahren nicht mehr fragen, sondern schleppen Geheimnisse oder nicht Aufgearbeitetes nach wie vor mit sich herum.

Zwölf ausgewählte, höchst unterschiedliche Menschen bzw. Geschichten werden hier vorgestellt. Da ist zum einen jener Mann, der nun auch die andere Seite sieht, nämlich jene der Widerstandskämpfer und posthum der Gruppe um Stauffenberg Abbitte leistet.

Oder die Tochter von Heinrich Berger, eines jener vier Männer die bei der Bombenexplosion in der Wolfschanze, die Hitler töten sollte, ums Leben kam. Diese Geschichte ist besonders interessant, weil sich hier die Tochter des Attentatsopfers und die Enkelin des Attentäters gegenüberstehen.

Auch der Schwiegervater der Historikerin und Autorin findet Platz, denn alleine die lose Bekanntschaft mit der Familie Stauffenberg bringt jene von Christoph von Bechtolsheim in akute Gefahr. Was wohl in ihm vorgegangen ist, als sein Sohn ausgerechnet Sophie als Ehefrau auserkoren hat?

Fazit:

Ich hätte noch viel mehr solcher Lebensgeschichten lesen mögen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 18.03.2021

Eine Hommage an einen großen Künstler

Ein Lied in allen Dingen – Joseph Schmidt
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Stefan Sprang hat mit diesem Buch einem beinahe Vergessenen ein Denkmal gesetzt: Joseph Schmidt, Beruf: Tenor.

Joseph Schmidt hat ein typisches jüdisches Schicksal erlitten. Geboren am 04.03.1904 in Dawideny, ...

Stefan Sprang hat mit diesem Buch einem beinahe Vergessenen ein Denkmal gesetzt: Joseph Schmidt, Beruf: Tenor.

Joseph Schmidt hat ein typisches jüdisches Schicksal erlitten. Geboren am 04.03.1904 in Dawideny, in der Bukowina, die damals Teil der Donaumonarchie war. Der Sohn jüdischer Eltern lässt sich in Berlin zum lyrischen Tenor ausbilden. Aufgrund seiner geringen Körpergröße (er ist nur 1,54m groß), bleibt ihm die große Opernkarriere verwehrt. Allerdings profitiert er vom boomenden Rundfunk und nimmt mehrere Platten auf. Joseph Schmidt hat weltweit Erfolg und zahlreiche Liebschaften.

Wie viele andere Juden unterschätzt er die Gefahr durch den NS-Staates. Anstatt Europa den Rücken zu kehren und in Amerika zu blieben, reist er wieder nach Deutschland. Dann beginnt seine Flucht über Österreich, Belgien nach Frankreich und von dort illegal in die Schweiz, wo er 1942 in einem Internierungslager stirbt.

Meine Meinung:

Die Lebensgeschichte ist gut und atmosphärisch erzählt. Manchmal lässt der Autor seinen tragischen Helden in seinen Erinnerungen ein wenig durch Zeit und Raum springen.

Sehr eindrucksvoll, fast schon poetisch, obwohl die Wirklichkeit im Schtetl alles andere als rosig ist, schildert Stefan Sprang das Leben der jüdischen Bevölkerung in Dawideny. Sehr interessant ist die enge Bindung Joseph Schmidts
zu seiner Mutter „Mamitschka“, um die er sich bis zuletzt sorgt.

Seine größten Erfolge sind bis heute unvergessen: "Ein Lied geht um die Welt", "Heut´ ist der schönste Tag in meinem Leben" oder "Ein Stern fällt vom Himmel".

Fazit:

Eine Hommage an einen fast vergessenen Künstler, der wie so viele Juden, ein Opfer des NS-Regimes wurde. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 13.03.2021

Neustart für Maddalena Degrassi

Grado in Flammen
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Vor eineinhalb Jahren stirbt Maddalena Degrassis Verlobter Franjo bei einer Schießerei als Unbeteiligter. Die Commissaria ist untröstlich und dienstunfähig. Erst der aufrüttelnde Besuch der Freundin eines ...

Vor eineinhalb Jahren stirbt Maddalena Degrassis Verlobter Franjo bei einer Schießerei als Unbeteiligter. Die Commissaria ist untröstlich und dienstunfähig. Erst der aufrüttelnde Besuch der Freundin eines Kollegen lässt sie langsam aus ihrem Kokon der Trauer auftauchen.

Da kommt dann die Serie von Bränden in Grado gerade recht, denn was zuvor nur Sachschäden verursacht hat, endet nun mit einem toten Österreicher. Comandante Scaramuzza, Degrassis Vorgesetzter und Ehemann ihrer Mutter, holt sie aus der selbst gewählten Einsamkeit zurück, um das Team zu unterstützen.

Meine Meinung:

Dieser 5. Band der Reihe rund um Commissaria Maddalena Degrassi ist weniger ein Krimi als ein Studie über ihre Trauer, ihr Seelenleben nach dem Tod von Franjo. Andrea Nagele, im Brotberuf Psychotherapeutin, kann hier ihr ganzes Wissen und ihre Erfahrung zum Thema Schuldgefühle und Trauerbewältigung ausspielen. Wir Leser können mit Maddalena mitleiden und erfahren, wie man aus diesem tiefen Tal der Trauer wieder herausfinden kann.
Die Charaktere sind wieder komplex angelegt. Über den Comandante Scaramuzza muss ich mich regelmäßig aufregen. Er ist verbal dermaßen übergriffig, dass ich ihn am liebsten von der Terrasse seines Penthouses stoßen möchte. Doch es scheint, als könnte sich Maddalena doch gegen ihn wehren.

Am Ende des Krimis sind ein paar Rezepte angegeben, die ich gerne nachkochen werde.

Fazit:

Mehr Psychogramm als Krimi, daher diesmal nur 4 Sterne.

Veröffentlicht am 28.02.2021

Komplex Zusammenhänge gut erklärt

Iss dich klug!
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Nachdem ich schon von Manuela Macedonia das Buch „Beweg dich! Und dein Gehirn sagt danke!“ gelesen habe, war ich auf ihren neuen Ratgeber sehr gespannt.

Wieder vermittelt die Neurowissenschaftlerin viel ...

Nachdem ich schon von Manuela Macedonia das Buch „Beweg dich! Und dein Gehirn sagt danke!“ gelesen habe, war ich auf ihren neuen Ratgeber sehr gespannt.

Wieder vermittelt die Neurowissenschaftlerin viel Wissen mit Humor und persönlichen Erfahrungen. Faszinierend finde ich vor allem, wie stark sich gesunde Ernährung in der Schwangerschaft auf die kognitiven Fähigkeiten des Kindes auswirken. Dass Alkohol, Medikamente und Drogen während der Schwangerschaften tabu sein sollten, ist ja nichts Neues aber durch welche Nahrungsmittel bestimmte Hirnzellen stimuliert werden können und vielleicht kleine Einsteins hervorbringen, ist schon sehr interessant.

Diese Thesen sind spannend erzählt, allerdings auch gleichzeitig die (in meinen Augen) klitzekleine Schwäche des Buches: Durch gezielte Ernährung können nur Ungeborene eine größere Gehirnleistung erhalten. Wie man seine aktuelle Klugheit behalten oder vielleicht noch ein wenig verbessern könnte, wird erst im letzten Drittel des Buches erklärt. Dabei hält die Autorin ein Plädoyer für bestimmte Fette und lehnt einseitige Diäten ab.

Mit leicht verständlichen Worten erklärt sie, in welchem Gehirnareal unsere Vorliebe für Süßes wohnt, welches Essen gant sicher schadet und, dass der eine oder andere Fasttag auch dem Gehirn nicht schadet.

Jedem Kapitel steht eine kleine persönliche Anekdote aus der Familie Macedonia voran. Die entzückenden Zeichnungen, die mir schon in „Beweg dich!“ angenehm aufgefallen sind, lockern auch dieses Buch auf.

Fazit:

Ein gelungenes Buch über die komplexen Zusammenhänge von Nahrung und Gehirnleistung, dem ich sehr gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 28.02.2021

Ein gelungener Reihenauftakt

Der Stockholm-Code – Die erste Begegnung
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Dieser Roman ist der Auftakt einer Reihe rund um Elisabeth, Iris und Signe, drei höchst unterschiedliche Frauen, die eines gemeinsam haben: eine mathematische Begabung, die der schwedischen Regierung helfen ...

Dieser Roman ist der Auftakt einer Reihe rund um Elisabeth, Iris und Signe, drei höchst unterschiedliche Frauen, die eines gemeinsam haben: eine mathematische Begabung, die der schwedischen Regierung helfen soll, die abgehörten, aber verschlüsselten Nachrichten der Nazis zu dechiffrieren.

Die Hintergründe, warum sich die drei Frauen 1940 in Stockholm aufhalten, erfährt der Leser so nach und nach.

Während Elisabeth eine behütete Tochter aus wohlhabendem Haus ist, muss Signe ihre Familie verlassen, weil sie sich weigert, ihren Schwager zu heiraten, um ihrem Neffen die Mutter zu ersetzen. Iris ist selbst Mutter zweier Söhne und ist mit ihnen aus Estland geflüchtet, das von Nazi-Deutschland bedroht wird. Iris‘ Mann, ein Physiker, ist Halbjude. Dass sie 1938 Zeuge eines spektakulären Selbstmordes wurden, wird erst auf den letzten Seiten des ersten Teils relevant, womit sich der Kreis zum Prolog schließt.

Meine Meinung:

Über die Rolle Schwedens während der NS-Zeit weiß man im Allgemeinen nicht allzu viel. Das Königreich ist neutral, bemüht sich Flüchtlinge aufzunehmen - Österreichs späterer Bundeskanzler Bruno Kreisky war einer von ihnen.

Das Setting gefällt mir gut. Es ist ein Roman der leisen Töne. Wer einen Spionagethriller sucht, ist hier falsch. Hier wird akribisch in abgehörten Funksprüchen recherchiert, auf Auffälligkeiten und mathematische Wiederholungen geachtet. Geheimdienstarbeit besteht nicht aus tollkühnen Aktionen à la James Bond, sondern aus oft langweiliger Detailarbeit.

Es scheint, als diene dieser erste Band lediglich dem Kennenlernen der Protagonistinnen. Der Cliffhanger, mit dem das Trio nun auseinandergerissen werden könnte, zeigt, dass die Schatten der Vergangenheit über jeder bedrohlich hängen.

Die Stimmung ist sehr gut eingefangen. Dass es auch in Schweden Sympathien zum NS-Regime gegeben hat, lässt sich auch erahnen.

Fazit:

Ein gelungener Reihenauftakt, dem ich gerne 4 Sterne gebe.