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Veröffentlicht am 28.02.2021

SPOILER: 4. BAND DER REIHE

Glas
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Inhalt:
Roland und sein Gefährten haben sich um Kopf und Kragen gerätselt und dabei in letzter Sekunde gegen Blaine den Mono gewonnen und somit ihr Leben gerettet. Sie landen in einer verlassenen Gegend ...

Inhalt:
Roland und sein Gefährten haben sich um Kopf und Kragen gerätselt und dabei in letzter Sekunde gegen Blaine den Mono gewonnen und somit ihr Leben gerettet. Sie landen in einer verlassenen Gegend in der wohl eine Krankheit alles Leben vernichtet hat. Ihre Reise durch die staubige Landschaft führt sie zu einem Gebäude aus Glas. Bevor sie erkunden, was es damit auf sich hat, erzählt Roland ihnen von seiner ersten grossen Liebe Susan Delgado und der tragischen Geschichte, welche diese jugendliche Erfahrung getrübt hat. Es wird magisch, es wird düster, es wird gefährlich und romantisch.

Meine Meinung:
"Glas" ist der erste Band der Reihe, den ich als Hardcover gelesen habe und die riesigen Seiten und das schwere Buch haben mich wirklich lange beschäftigt. "Glas" ist nämlich auch der erste Teil der Reihe, der vor allem in den Rückblenden in Rolands Jugendjahre - die etwas mehr als zwei Drittel des Buches ausmachen - ein paar Längen aufweist. Zumindest hat es sich für mich so angefühlt und die Geschichte um Susan hat sich immer mal wieder ein wenig gezogen. Insgesamt aber hat mich auch dieser Band wieder begeistern können. Vor allem die ersten 150 Seiten sind unendlich spannend, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und habe wirklich mitgefiebert und um die Sicherheit des Ka-tets gebangt. Auch die letzten 120 Seiten haben mir noch einmal aufgezeigt, weshalb ich diese Geschichte so sehr liebe und das Nachwort des Autors hat mir gleich Lust auf den nächsten Band gemacht. Schliesslich soll nicht wieder mehr als ein Jahr vergehen, bis ich weiterlese.
Aber natürlich bin ich auch im Mittelteil auf meine Kosten gekommen, habe mich gegruselt, mitgefiebert und so richtig magische und gefährliche Stunden mit Susan und Roland verbringen dürfen. Auch muss ich einmal mehr die wundervollen Landschaften loben, die Stephen King für seine Welten geschaffen hat und ausserdem finden sich auch in "Glas" äusserst humorvolle Situationen, gepfefferte Dialoge und ziemlich viel Wildwest-Feeling und machen das Buch zu einer sehr unterhaltsamen Lektüre.

Meine Empfehlung:
Ich kann gar nicht anders, als diese Reihe zu empfehlen. Über die Längen im Mittelteil kann man problemlos hinweglesen - und ich sage das wirklich selten, weil mich Längen in der Regel extremst stören - und die Geschichten sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit, die tief in Rolands Gefühlswelt blicken lassen, haben mich wieder komplett für sich eingenommen.

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Veröffentlicht am 21.02.2021

Lehrreiche Reise nach Ghana

Die Frauen von Salaga
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Inhalt:
Im heutigen Ghana treffen zwei Welten aufeinander: die Welt von Wurche, der Königstochter, die aus politischen Gründen verheiratet wird und die Welt von Aminah, einer pflichtbewussten jungen Frau, ...

Inhalt:
Im heutigen Ghana treffen zwei Welten aufeinander: die Welt von Wurche, der Königstochter, die aus politischen Gründen verheiratet wird und die Welt von Aminah, einer pflichtbewussten jungen Frau, die beim Überfall auf ihr Dorf versklavt wird. Mitten in einer Zeit des Umbruchs, in der weisse Männer immer mehr Einfluss in zahlreichen Regionen Afrikas gewinnen und sich als Erlöser und Erretter aufspielen, dabei aber ganze Dörfer gegeneinander aufhetzen und damit für noch mehr Leid und Ungleichheit sorgen, kämpfen die beiden Frauen um ihr nacktes Überleben und nähern sich beim Versuch, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, einander an.

Meine Meinung:
Dieses Buch hat mir Jamie vom Blog librovore geschenkt und ich habe mich riesig darüber gefreut. Jamie ist mit dem Buch nicht so ganz warm geworden und dies ist einigen Leserinnen und Lesern vor mir auch so ergangen und ich kann sehr gut nachvollziehen, woran dies gelegen haben könnte. Einerseits tauchen sehr viele Personen auf, deren Namen sich nicht immer ganz einfach merken lassen und andererseits werden auch zahlreiche Sitten und Gebräuche erwähnt, die für westeuropäische Leserinnen und Leser durchaus nicht ganz einfach nachzuvollziehen sind.
Ich selber kann nur von mir sprechen: meine beste Freundin aus Jugendzeiten hat als Kind vier Jahre lang in Ghana gelebt, weshalb ich immer wieder versucht habe, Bücher aus dieser Region und generell aus Afrika zu lesen (war mir natürlich nur ungenügend gelungen ist, die Wände unserer persönlichen Bubble sind oft nicht aus Glas, sondern aus Stahl). Deshalb war "Die Frauen von Salaga" auch schon länger auf meiner Wunschliste und ich wollte unbedingt erfahren, was das Schicksal noch mit Aminah und Wurche vorhatte. Deshalb lag es vielleicht an meinem grossen Interesse oder auch daran, dass ich oft Bücher lese, die viele Personen und deren Geschichte beinhalten und deren Strukturen auf den ersten Blick nicht immer einfach zu verstehen sind, aber ich bin nur so durch die Seiten geflogen und habe das Buch förmlich inhaliert. Ja, einzelne Figuren sind ein wenig blass geblieben und ja, der Klappentext (den ich erst jetzt beim Tippen der Rezension komplett gelesen habe) ist irreführend, aber dieses Buch hat mich mit seiner ganz eigenen, langsamen und beständigen Erzählweise für sich eingenommen.
Bezüglich Klappentext: Im Buch geht es nicht um eine grosse Freundschaft und auch nicht um eine romantische Liebesgeschichte. Es geht um zwei Frauen, die mitten zu einer Zeit des Umbruchs aufeinandertreffen, die auch aneinandergeraten und sich ihren eigenen, neuen Platz in der Gesellschaft suchen müssen. Zwei Frauen, die gegen rassistische und patriarchale Strukturen aufbegehren und dabei zusätzlich mit ungewollten Schwangerschaften, gebrochenen Herzen, homosexuellen (und somit von der Gesellschaft verteufelten) Fantasien und den Erwartungen ihrer Familien jonglieren müssen. Zwei Frauen, die "das Richtige" tun wollen, die aber auch einfach zuerst einmal herausfinden müssen, was das ist.

Schreibstil:
Das Buch liest sich sehr flüssig, was auch daran liegt, dass immer mal wieder scheinbar nüchtern beschrieben wird, was geschieht. Wenn man aber ein wenig zwischen den Zeilen liest, erkennt man sofort die Gräuel der Sklavenmärkte, die Ängste der verschleppten und versklavten Männer und die Unsicherheiten der Frauen, die sich wildfremden Männern ausgeliefert fühlen. Trotzdem lässt sich auch ab und an ein feinsinniger Humor erkennen, der den zwischenmenschlichen Umgang begleitet und mich sehr gut unterhalten hat.
Auch werden zahlreiche Bräuche und Gerichte erwähnt, die mir allesamt fremd waren. Mir persönlich hat es gut gefallen, dass alle diese Details nicht noch ausführlicher erklärt und auseinanderdividiert worden sind. Wenn mich ein Gericht interessiert, oder wenn ich wissen will, was es mit historischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten auf sich hat, bin ich als Leserin in der Pflicht, mich zu informieren, schliesslich will ich ein Buch lesen, das in einer mir komplett unbekannten Region spielt, also kann ich dabei auch durchaus etwas lernen und "Die Frauen von Salaga" lädt wirklich dazu ein. Auch werden die Landschaften mit einer grossen Sprachschönheit beschrieben und ich habe die Liebe der Autorin zu ihrer Heimat förmlich gespürt.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch hat mich in ein warmes, staubiges Ghana entführt, mir die Schönheiten der Lnadschaften und die Gräuel der Sklaverei aufgezeigt und mich zwei Frauen näher gebracht, deren Ausgangslage nicht unterschiedlicher sein könnte, deren Schicksal sie aber zusammenführt. Einige Figuren bleiben blass, manchmal fällt es nicht leicht, den Überblick zu behalten und die im Klappentext angetönten Szenen finden so nie statt (was aber der Fehler des Verlages und definitiv nicht der Autorin ist, was aber verstehen lässt, weshalb einige Leserinnen und Leser wohl nicht so ganz warm geworden sind mit dem Buch), aber der leichte und manchmal aller Gräuel zum Trotz humorvoller Schreibstil sprechen für sich. Ich merke mir die Autorin auf jeden Fall vor und werde gerne wieder etwas von Ayesha Harruna Attah lesen.

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Einfühlsam und sehr bewegend

Vom Atmen unter Wasser
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Inhalt:
Eine ganz normale vierköpfige Familie wird von einem Tag auf den anderen vor das Nichts gestellt. Die bei allen beliebte und hübsche Tochter Sarah wird ermordet und lässt ihre Eltern und ihr Umfeld ...

Inhalt:
Eine ganz normale vierköpfige Familie wird von einem Tag auf den anderen vor das Nichts gestellt. Die bei allen beliebte und hübsche Tochter Sarah wird ermordet und lässt ihre Eltern und ihr Umfeld voller Trauer zurück. Auch ihr Bruder Simon hadert mit dem Schicksal. Als kleines Kind hat er seine Schwester nämlich einmal sogar los werden wollen, weil er immer eifersüchtig auf sie war und nun steht er plötzlich als Einzelkind dar und muss mit dem Verlust der Schwester, der Trauer der Eltern und mit einem unbestimmten Schuldgefühl klar kommen, welches stark an ihm nagt.
Da klingelt bei Simon mitten in der Nacht das Handy, er muss schnell in den Notfall. Dort findet er seine Mutter vor, welche sich die Pulsschlagadern aufgeschnitten hat und nichts mehr vom Leben erwartet und seinen Vater, der hilflos am Bett seiner Frau steht und nicht mehr weiss, wie er weiter machen kann.
Ausgerechnet Simon soll sich nun um seine Mutter kümmern, soll von zu Hause aus lernen und seine Arbeiten schreiben und so versuchen, seine Mutter von weiteren Verzweiflungstaten abzuhalten. Der eigentlich schon längst ausgezogene Sohn findet zurück in seine Familie und beginnt, seine eigene Geschichte und die Geschichte seiner Schwester aufzuarbeiten.

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch aufgrund des Klappentextes gekauft und habe natürlich erwartet, dass es sehr rührend und gut recherchiert sein wird. Dies war auch der Fall, allerdings trotzdem anders, als erwartet. Berührend, statt rührend und so offen und ehrlich, voller Gefühle und Schmerz, dass es genau so gut eine Biografie hätte sein können. Der Autorin muss für ihre Recherchearbeit, ihre genaue Beobachtungsgabe und ihr Einfühlungsvermögen wirklich ein sehr grosses Kompliment gemacht werden.
Die Figuren sind sehr vielschichtig gestaltet. Da ist auf der einen Seite die verzweifelte Mutter, welche keinen Sinn mehr in ihrem Leben sieht und sich krampfhaft an alles klammert, was ihr von ihrer Tochter geblieben ist und der Vater, der seine Frau und seinen Sohn in er Situation nicht mehr erkennt und dabei fast vergisst, dass er auch noch einen Weg finden muss, um glücklich zu werden. Auf der anderen Seite steht Simon, der mit seinem Studium beschäftigt ist, sich verliebt und seine Schwester zwar vermisst, aber nicht genau weiss, wie er mit der neuen Rolle als "Einzelkind" umgehen soll.
Die Vergangenheit wird nicht chronologisch, aber in einer sehr stimmigen Anordnung erzählt und aufgerollt, die Position der verschiedenen Figuren wird genau beschrieben und auch wenn jede Figur immer wieder in der Ich-Form ihre eigene Sicht erklärt, so wirkte es auf mich so, als würden Simon, sein neues Leben und sein Umgang mit der Vergangenheit im Zentrum stehen.
Dies finde ich eine sehr sinnvolle Entscheidung der Autorin. Simon ist nämlich die einzige Figur, die wirklich vorwärts geht, die bereits in der Lage ist, zu reflektieren und die nicht hadert, sondern versucht, einen Weg zu finden.

Fazit:
Dieses Buch ist eine absolut gelungene und sehr einfühlsame Erzählung über das Schlimmste, was einer Familie geschehen kann. Es wird aber nie reisserisch oder gar belehrend, sondern zeigt den Weg der verschiedenen Familienmitgliedern auf und versucht, das Verarbeiten einer solchen Tragödie zu verstehen.

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Veröffentlicht am 06.01.2021

Eine äusserst fesselnde Erzählung

Die Tibeterin
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Gilt für das Hardcover der Ausgabe

Inhalt:
Tara ist eine erfolgreiche Ärztin und lebt in der Schweiz ein glückliches Leben. Sie kommt ursprünglich aus Tibet, von wo sie mit ihrer Familie flüchten musste. ...

Gilt für das Hardcover der Ausgabe

Inhalt:
Tara ist eine erfolgreiche Ärztin und lebt in der Schweiz ein glückliches Leben. Sie kommt ursprünglich aus Tibet, von wo sie mit ihrer Familie flüchten musste. Ihre Zwillingsschwester Chodonla wurde bei der Flucht zurück gelassen und wurde dann chinesisch erzogen. Der Kontakt zur Familie ist seit Jahren abgeschlossen. Aber Tara träumt sehr intensiv und seit einiger Zeit taucht Chodonla in ihren Träumen auf. Diese Träume lassen Tara spüren, dass sie sich ernsthafte Sorgen um ihre Schwester machen muss. Als dann auch noch ihr Vater in seltsamen Rätseln zu sprechen beginnt, weiss sie, dass sie keine Zeit mehr verlieren darf und ihre Schwester sofort suchen muss. Sie kündigt ihre Stelle und macht sich auf nach Tibet, auf eine gefährliche Reise mit ungewissem Ausgang. Unterwegs macht sie die Bekanntschaft von Atan, der sich selber als Reiter und einsamer Wolf bezeichnet und der ebenfalls aus Tibet stammt. Gemeinsam mit ihm macht sie sich auf die Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit und nach ihrer Schwester.

Meine Meinung:
Schon als Kind habe ich die Bücher von Federica de Cesco verschlungen und als ich dieses Buch für nur drei Franken in einer Badeanstalt entdeckte, musste ich es natürlich sofort kaufen.
Am Anfang habe ich nicht so richtig ins Buch hinein gefunden. Federica de Cesco hat einen ganz eigenen Erzählstil, der keine Action sondern viele ausschweifende Erklärungen und lange Beschreibungen beinhaltet. Ich mag diese Art zu erzählen sehr, nur fällt es dann ab und zu schwer, nach einem typischen zeitgemässen und somit eher schnellen Unterhaltungsroman wieder in diese mystische Ruhe und die meditative Sprache hinein zu finden.
Schon nach kurzer Zeit jedoch hatte mich die Geschichte von Tara gefangen. Diese Geschichte ist zugleich die Geschichte von Tibet, von Taras Familie und die Geschichte einer grossen Liebe.
Es ist von de Cesco absolut raffiniert gestaltet, dass dieser Roman eigentlich nur an drei Orten spielt. Dies wäre die Schweiz, vor Taras Aufbruch, eine Höhle mitten auf der Reise und Tibet. Der Schwerpunkt der Handlung passiert aber in dieser Höhle und ich bewundere es, wie die Autorin während so langer Zeit den Spannungsbogen aufrecht erhält. In der Höhle müssen Tara und Atan nämlich vor einem Schneesturm Zuflucht suchen und um sich die Zeit zu verkürzen, erzählt Atan seine und Chodonlas Geschichte, alle Fäden laufen in dieser Erzählung innerhalb der Erzählung zusammen und dieser von einem Protagonisten erzählte Rückblick macht eigentlich den grössten Teil des Buches aus. Der Leser erfährt alles über die historische Vergangenheit von Tibet, die Kindheit und Jugend der Protagonisten und die momentane politische Situation in Tibet. Alle Unklarheiten werden in dieser Höhle aufgeklärt und für alle Fragen werden Antworten gefunden oder zumindest angeboten.
Es leuchtet ein, dass in diesem Roman kein gutes Haar an den Chinesen gelassen wird. Trotzdem ist der Roman keine Anklage sondern einfach nur eine Beschreibung. Missstände werden nicht angeprangert, sondern aufgezeigt, die Opfer erzählen und die Täter kommen nicht zu Wort. Wem aber die Vergangenheit von Tibet und China bekannt ist, wird erkennen, dass die teilweise äusserst brutalen Schilderungen sehr wohl der Wahrheit entsprechen.

Fazit:
Ich empfehle dieses Buch allen, welche sich für die Kultur und Geschichte von Tibet interessieren und welche Freude an detailreichen und tiefgründigen Erzählungen haben.

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Veröffentlicht am 24.12.2020

Überzeugende und inspirierende Anthologie

Schreibtisch mit Aussicht
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Inhalt:
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen. Texte von 24 Schriftstellerinnen, die ...

Inhalt:
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen. Texte von 24 Schriftstellerinnen, die alle ihren einzigartigen Werdegang haben und die sich schreibend eine eigene Welt erschaffen, von ihrem Alltag und ihren Gewohnheiten, ihrer Inspiration und ihren Sorgen erzählen und sich mit Sexismus im Literaturzirkus oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinandersetzen. Und somit ist "Schreibtisch mit Aussicht" ein feministisches Buch, ein kritisches und poetisches Buch, eine Liebeserklärung an das Schreiben (auch wenn es sich dabei manchmal um eine Hass-Liebe handelt) und das geschriebene Wort.

Meine Meinung:
Ich bin so froh, dieses Buch entdeckt zu haben und nachdem es mir bei Instagram einige Male begegnet war, musste ich es mir sofort kaufen. Auch meiner besten Freundin habe ich es gekauft (wir haben uns gemeinsam durch den Advent gelesen) und einigen weiteren lieben Menschen habe ich es ebenfalls schon empfohlen und geschenkt. Nicht nur habe ich zahlreiche weitere Autorinnen entdeckt (im Anhang finden sich übrigens die Kurzbiografien aller Autorinnen), ich habe auch Einblicke in ganz unterschiedliche Leben, Gedankenwelten und Haltungen zur eigenen Arbeit gewinnen dürfen.
Einige Texte sind mir besonders in Erinnerung geblieben. So zum Beispiel das Interview mit Elena Ferrante und die bewegenden Worte von Anne Tyler (die mir vorher zu meiner grossen Schande noch kein Begriff war) Meg Wolitzer, Elif Shafak, Zadie Smith und Mariana Leky. Aber auch Leila Slimanis und Sybille Bergs Texte haben mich für sich eingenommen. Eher nicht so überzeugt hat mich das Kapitel aus der Feder von Olivia Sudjic und je mehr Kapitel ich lesen durfte, desto öfter wiederholten sich auch einige Themen. Wenn nämlich Schriftstellerinnen über ihre Arbeit schreiben, erwähnen sie unverhältnismässig oft die Familienplanung, die Familiensituation (und die daraus folgenden Konflikte, was Aufgabenteilungen, Zuständigkeit und Zeitmanagement anbelangt) und das Gefühl, immer noch im Schatten der Männer in der Literaturwelt zu stehen. Sie schreiben von Ablenkungen während der Arbeit und davon, nicht ernst genommen zu werden. Schreiben gilt in den Augen vieler schliesslich nur als Hobby, vor allem, wenn es Frauen tun, die von ihrem Mann und Ernährer mitfinanziert werden. Aber genau diese Wiederholungen zeigen eben auch auf, wo immer noch strukturelle Benachteiligungen und Sexismus anzutreffen sind und dass noch ein weniger Weg vor uns liegt und genau in diesen Erkenntnissen und klaren Haltungen liegt sehr viel Mut und Stärke.
Aber auch die Texte, welche sich wirklich mit dem Akt des Schreibens selber, dem Suchen und Finden von Inspirationen und dem Kampf um jedes passende Wort erzählen, haben mich fasziniert und mich dazu angeregt, über mein eigenes Arbeiten, meine Inspiration und meine Routinen nachzudenken.

Meine Empfehlung:
Diese Anthologie verschafft zahlreiche Einblicke und regt zum Nachdenken an. Sie versammelt Texte von Autorinnen, die ihre Arbeit, ihr Autorinnensein und ihre Karriereplanung literarisch betrachten und gibt somit Stimmen eine Bühne, die sonst eher ungehört verhallen: Frauen, die schreiben und sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen, Frauen, die nicht mehr länger im Schatten ihrer Männer stehen wollen und Frauen, die sich trotz und ohne Kinder dieser anspruchsvollen und fordernden Arbeit stellen, ihrem inneren Drang folgen und Wort um Wort zu Papier bringen.

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