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Veröffentlicht am 26.03.2021

Ewald Arenz - Der große Sommer

Der große Sommer
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Nicht versetzt. In Mathe und Latein mangelhaft, damit ist für Friedrich der Sommer gelaufen. Nicht nur dass er für die Nachprüfungen lernen muss, er darf auch nicht mit der Familie in Urlaub fahren, sondern ...

Nicht versetzt. In Mathe und Latein mangelhaft, damit ist für Friedrich der Sommer gelaufen. Nicht nur dass er für die Nachprüfungen lernen muss, er darf auch nicht mit der Familie in Urlaub fahren, sondern muss zu Nana und dem unnahbaren Großvater ziehen. Der Professor wird sich persönlich um seinen Lernerfolg kümmern. Der schlimmste Sommer überhaupt steht ihm bevor. Doch dann wird alles ganz anders. Erst lernt er Beate kennen, dann stellt sich der Großvater als ganz anders raus als gedacht und auch von Nana erfährt Friedrich vieles, was er nicht wusste und was die Oma zu einer bewundernswerten und weisen Frau macht. Und dann sind da noch sein Freund Johann und seine Schwester Alma, die ebenfalls in der Stadt geblieben ist, die dafür sorgen, dass es doch noch der vielleicht nicht beste, aber bestimmt erinnerungswürdigste Sommer seines Lebens wird.

„Manchmal weiß ich nicht, was mir wirklich verloren gegangen ist, worum ich wirklich trauere, wenn ich das Grab suche. (...) Es war dieser eine Sommer, wie es ihn wahrscheinlich nur einmal im Leben gibt. Dieser Sommer, den hoffentlich jeder hatte; dieser eine Sommer, in dem sich alles ändert.“

Ewald Arenz‘ Roman ist eine Hommage an die Jugend, die unbeschwerte Zeit des sich-unbesiegbar-Fühlens und der kleinen und großen Fehler, die sich mit intensiven Emotionen abwechseln. Nur kurze sechs Wochen, die den Protagonisten reifen lassen, in denen er erwachsener wird und vieles von der Welt versteht, von dem er nicht einmal ahnte, dass er es noch nicht versteht. Der Autor ist sehr nah bei seinen Figuren, leicht empfindet man Sympathie für Friedrich und durchlebt mit ihm diese Zeit der großen Umbrüche.

Nichts wirklich Außergewöhnliches durchleben die Figuren, erste Liebe, Freunde treffen, kleine und große Dummheiten. Anfang der 1980er noch ohne die heute so einflussreichen Medien verabreden sie sich draußen, im Schwimmbad, am Kastell und das, was Jugendliche schon immer getan haben. Die vier jugendlichen Figuren sind lebendig und wirken authentisch, weshalb man locker mit ihnen durch die Geschichte gleitet.

„Aber“, sagte er im Hineingehen wie zu sich selbst, „Freundschaft beweist sich nicht in den guten Zeiten. Gute Nacht.“

Dies steht in starkem Kontrast zu den Erwachsenen, die man zunehmend ebenfalls liebgewinnt, je besser man sie und ihre Geschichte kennenlernt. Der Großvater ist dabei sicherlich die interessanteste Figur, unnahbar und doch voller Liebe für seine angeheiratete Familie. Nicht der harte Knochen, der er nach außen scheint. Vor allem sein ungewöhnlicher Weg, um aus Friedrich einen gebildeten und aufrechten jungen Menschen zu machen, ließ mich ein ums andere Mal schmunzeln. Er doziert nicht, er lässt den Jungen erfahren, die Welt mit offenen Augen betrachten und so die essentiellen Fragen stellen. Und wenn Friedrich ihn braucht, ist er für ihn da.

Es genügten wenige Seiten, um gänzlich in der Geschichte zu versinken. Sprachlich auf den Punkt hat Arenz dieses Lebensgefühl eingefangen und aufs Papier gebracht. Gerade wenn die Jugendjahre schon etwas zurückliegen, eine wundervolle Reise zurück in diese Zeit.

Veröffentlicht am 16.03.2021

Tina Uebel – Dann sind wir Helden

Dann sind wir Helden
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Der Held – Figur der klassischen Sagen, der außergewöhnliche Leistung vollbringt und sich dadurch von seinen Mitmenschen abhebt. Herausragende körperliche Fähigkeiten, Mut oder Kampf für höhere Ideale ...

Der Held – Figur der klassischen Sagen, der außergewöhnliche Leistung vollbringt und sich dadurch von seinen Mitmenschen abhebt. Herausragende körperliche Fähigkeiten, Mut oder Kampf für höhere Ideale kennzeichnen ihn. Wer möchte nicht gerne eine solche Beschreibung auch auf sich beziehen? Vielleicht ist ja Ruth eine Heldin, wie sie sich in den Schweizer Bergen in ungeahnte Höhen hervorwagt und ihren Körper an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit führt. Oder auch Jero, der als Bergführer nicht nur Experte für komplizierte Wege ist, sondern seinen Kunden diese besonderen Erlebnisse erst ermöglicht, die sie in einen Rausch versetzen. Kathrin möchte auch etwas in anderen bewegen und wird mit ihrem Videoblog zu einem Internetstar – warum sollte auch nicht eine Hausfrau von ihrer Veranda aus wichtige Messages in die Welt senden können? Ihr 17-jähriger Sohn Simon belächelt dies etwas, aber er ist auch auf der Suche nach den ganz intensiven Erfahrungen, die er in Hannover sicherlich nicht machen kann. Ruth, Jero, Kathrin, Simon – Alltagshelden oder doch eher größenwahnsinnige Spinner?

Tina Uebels Roman spielt mit der Hybris des modernen Menschen und beleuchtet die Facetten, die uns tagtäglich überall begegnen. Die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, das ausufernde Sendungsbewusstsein und die Jagd nach immer größeren und spektakuläreren Erlebnissen lenken die Figuren nicht nur vom Alltag, sondern von den naheliegenden und den essentiellen Dingen ab. Die Heldenfrage ist schnell geklärt, nicht einmal als tragische Helden taugen die Figuren. Aber ihnen zu folgen hat einen unheimlichen Unterhaltungswert, wenn auch Fremdschämen ein Wort ist, an dem man in diesem Zusammenhang nicht vorbeikommt.

„Mißgriff, denkt Ruth, während Frank sich an ihr festsaugt wie ein Putzerfisch. Aber man muß es positiv sehen, mag sich auch ihr Lustgewinn in überschaubaren Grenzen halten, so lassen sich doch seine Bemühungen möglicherweise als Hygiene verbuchen.“

Ruths Männerbekanntschaften können schon lange nicht mehr den Erwartungen Stand halten, urkomisch mit abgeklärt sarkastischem Ton beschreibt die Autorin die verächtlichen Gedanken, die der Frau so durch den Kopf gehen, während der Mann sich gerade an ihr abmüht. Die zwischenmenschlichen Beziehungen liefern weder auf körperlicher noch auf geistiger Ebene Lust oder andere Gewinne. Erst allein mit sich und der abweisenden Natur kann Ruth so etwas wie Erhabenheit spüren und sich dem Eindruck hingeben, noch etwas ganz Großes zu erleben.

Der stärkste Kontrast besteht sicher zwischen ihr und Kathrin, der Gattin ebenjenes Mannes, für den Ruth nur die Bezeichnung „Putzerfisch“ findet. Kathrin ist nicht nur einem zweifelhaften Guru verfallen – dessen Sendungsbewusstsein ebenfalls nur als ganz großes Kino bezeichnet werden kann – sondern sieht sich mit ihrem Blog als Sprachrohr der Frau von nebenan, mit der man sich austauscht und nett plaudert. Kein Klischee, kein Fettnäpfchen lässt sie aus und erobert gerade damit ihre Followers. So mancher Internetstar lässt einem verwundert die Augen reiben, Kathrin wird geradezu zum Paradebeispiel der Spezies.

„Dann sind wir Helden“ hält uns pointiert den Spiegel vor, indem die Laster der Gegenwart personifiziert auf die Spitze getrieben werden. Natürlich sind sie überzeichnet, was es jedoch leichter macht sie anzunehmen und die eigenen Fehlbarkeiten zu erkennen. Natürlich will niemand so sein und doch steckt zugegebenermaßen ja ein wenig von allen in uns selbst. Den Heldenmythos gnadenlos zurück auf den Boden der Tatsachen geholt – so geht Literatur.

Veröffentlicht am 15.03.2021

Carole Fives - Kleine Fluchten

Kleine Fluchten
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Wenn man sie sieht, mit ihrem kleinen Sohn, kann man nur neidisch werden, so hübsch das Kind, sicherlich ein Wunschkind, das die Eltern glücklich macht. Doch hinter der verschlossenen Wohnungstür ist gar ...

Wenn man sie sieht, mit ihrem kleinen Sohn, kann man nur neidisch werden, so hübsch das Kind, sicherlich ein Wunschkind, das die Eltern glücklich macht. Doch hinter der verschlossenen Wohnungstür ist gar nichts glücklich. Der Kindsvater schon seit über einem Jahr spurlos verschwunden und die Mutter am Ende ihrer Kräfte. Alles muss sie alleine managen, keine freie Minute bleibt ihr, der Junge tyrannisiert sie rund um die Uhr. Ihren Job als freiberufliche Grafikerin kann sie schon lange nicht mehr ausüben, keine Zeit, denn immer will das Kind etwas, fordert ihre Aufmerksamkeit ein. Das Geld wird knapp, die Sorgen größer, noch nicht einmal in der Anonymität des Internets kann sie Trost finden. Einzig kleine Fluchten, die sie sich zunehmend erlaubt, schenken ihr die Illusion von einer anderen Möglichkeit, einem anderen Leben als dem ihren.

„Kleine Fluchten“ ist Carole Fives vierter Roman, der zweite, der in deutscher Übersetzung erschienen ist. Die Autorin thematisiert in diesem ein gesellschaftliches Tabu, mit dem ihre Protagonistin allein gelassen wird und das sie an den Rand ihrer Kräfte bringt. Die alleinerziehende Mutter, die sich ausgelaugt und erschöpft fühlt und keineswegs mehr die große Freude über die Mutterschaft empfinden kann, die man von ihr erwartet. Tapfer bemüht sie sich die Rolle der aufopferungsvollen Versorgerin zu spielen, die sich nicht beklagt. Dass sie selbst dabei auf der Strecke bleibt, schein irrelevant.

Die namenlose Protagonistin, die erst am Ende als Madame Leroy einmal identifiziert wird, ist unsichtbar für die Außenwelt. Sie wird über ihre Funktion als Mutter wahrgenommen und hat irgendwann selbst schon den Eindruck, dass der Buggy fast zu ihrem Körper gehört. Sie beugt sich dem gesellschaftlichen Druck, will die Erwartungen erfüllen, um nicht als Problemfall zu gelten, obwohl sie im Hausflur deutlich zu spüren bekommt, dass man mit ihr nichts zu tun haben möchte. Die ausstehenden Mieten, das unerzogene Kind – wer sonst hat dies zu verantworten als die Mutter?

Nachts, wenn der Junge endlich schläft, schleicht sie sich aus der Wohnung, geht zum Fluss, um sich wieder als Mensch zu fühlen, der sie einmal war. Nur wenige Minuten erlaubt sie sich. Dann etwas mehr, es kann ja eigentlich nichts geschehen, wenn der Junge schlafend im Bett liegt. Doch immer schmerzlicher wird ihr dabei auch bewusst, was sie alles nicht mehr ist. Sie hat keine Freunde, keine Kollegen, denn in ihrem Beruf kann man keine Rücksicht auf ihr Muttersein nehmen, warum kann sie sich aber auch nicht besser organisieren?

Nach dem Vater fragt niemand. Auch in den anonymen Foren, die sie immer wieder aufsucht, erleben Frauen, die von ihren Sorgen berichten, Ablehnung und Hass. Statt Solidarität treffen sie auf jene Supermütter, denen scheinbar alles locker gelingt und die sie noch tiefer in den Abgrund stürzen, in den sie eh schon fallen. Immer müssen sie sich rechtfertigen, im Job, auf den Ämtern, man schreibt ihnen allein die Schuld für ihre prekäre Situation zu und für jede Trotzreaktion des Kindes in der Öffentlichkeit ernten sie missbilligende Blicke.

Man spürt, wie sich die Protagonistin einem kritischen Punkt nähert. Bang antizipiert man, wozu sie bereit sein könnte, um diesem Leben, das sie zu erdrücken droht, ein Ende zu setzen. Carole Fives schildert die unschönen Seiten der Elternschaft, schonungslos legt sie offen, wie es zunehmend schwerer wird, den tagtäglichen Kampf zu gewinnen und zu überleben. Die Verzweiflung und Erschöpfung springen einem aus jeder Zeile an und machen den Roman zu einem emotional intensiven Leseerlebnis. Zwei ganz essentielle Fragen resultieren aus der Geschichte: wo sind die Väter? Und warum sind wir nicht ehrlich und reden darüber, dass Kinder und deren Erziehung nicht immer nur eitler Sonnenschein sind.

Veröffentlicht am 14.03.2021

Marc Elsberg - Der Fall des Präsidenten

Der Fall des Präsidenten
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Kaum ist er aus dem Flieger gestiegen, wird der ehemalige US Präsident Douglas Turner in Athen verhaftet. Der Internationale Gerichtshof hat Anklage erhoben und einen Haftbefehl ausgestellt, der durch ...

Kaum ist er aus dem Flieger gestiegen, wird der ehemalige US Präsident Douglas Turner in Athen verhaftet. Der Internationale Gerichtshof hat Anklage erhoben und einen Haftbefehl ausgestellt, der durch die lokalen Behörden ausgeführt werden muss. Dana Marin ist als Vertreterin des ICC vor Ort, um den Vorgang zu überwachen, gerät aber auf das Bildmaterial, das heimlich angefertigt wird und sich sogleich online verbreitet. Damit beginnt dann auch das Kräftemessen: auf der einen Seite der ICC, der die Gerechtigkeit auf seiner Seite hat, jedoch über wenig Macht verfügt, lediglich auf die öffentliche Meinung hoffen kann. Gegenüber steht die mächtigste Nation der Welt, die sogleich die ganze Maschinerie anwirft, nicht nur um das ehemalige Oberhaupt schnell aus griechischer Haft zu befreien, sondern auch um im aktuellen Wahlkampf nicht das Gesicht zu verlieren. Gerade das Land, das für Freiheit und den Kampf gegen den Terrorismus steht, soll nun dafür angeklagt werden?

Marc Elsberg hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen mit spannenden Thrillern gemacht, die insbesondere dadurch herausstechen, dass er aktuelle Themen für seine Szenarien wählt. Sei es die prekäre Stromversorgung im Notfall in „Blackout“ oder auch Gentechnik in „Helix“ – immer treibt er das Gedankenspiel bis an die aushaltbare Grenze. In „Der Fall des Präsidenten“ wirft er nun die ethisch-moralische Frage auf, wie viel den Ländern Recht und Gerechtigkeit wert sind und wie in Zeiten von Deep Fakes und Fake News die öffentliche Meinung beeinflusst und Wahrheit immer perfekter gefälscht werden kann.

Die eigentliche Handlung an der Oberfläche umfasst nur wenige Tage, in denen wiederholt das Gericht tagt, das über die Rechtmäßigkeit des ICC Haftbefehls und der damit verbundenen Auslieferung an Den Haag entscheiden soll. Spannend wird die Angelegenheit durch die Nebenschauplätze, an denen ganz verschiedene Aspekte eskalieren. Die Amerikaner nutzen ihre Vormachtstellung und drohen sogleich mit wirtschaftlichen Sanktionen, erlassen Einreisebeschränkungen und positionieren sich im Streit zwischen Griechen und Türken, um so den Druck auf das Land zu erhöhen. Von der Unabhängigkeit eines Gerichts kann kaum mehr die Rede sein, wenn eine ganze Nation in Sippenhaft genommen wird.

In der Sachfrage steht natürlich die komplexe Problematik im Fokus inwieweit ein Präsident für die Taten der Armee und einzelner Soldaten in Kriegen verantwortlich ist. An Kollateralschäden bei der Zivilbevölkerung hat man sich leider gewöhnt, der vorgebliche Zweck scheint sehr viele Mittel zu rechtfertigen, insbesondere seit 9/11. Einzig der Internationale Gerichtshof könnte hier Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erheben, aber er wirkt wie ein zahnloser Tiger und zahlreiche Ausnahmen und die Nicht-Anerkennung durch Länder wie die USA lassen vernünftige Arbeit kaum zu.

Die noch junge und wenig erfahrene Vertreterin des ICC erfährt die volle Härte der eigentlich juristischen Auseinandersetzung auf ganz anderer Ebene: sofort tauchen Bilder von ihr online auf, die in tendenziöse Zusammenhänge gepackt werden, andere werden direkt skrupellos gefälscht, um so die Öffentlichkeit zu täuschen und Meinungsmache zu betreiben. Verschwörungstheoretiker und verquere Denker lassen sich zudem ungehemmt mit ihren Theorien aus.

Ins Rollen bringt alles ein Whistleblower, der seiner Intuition folgte und sich nun größter Gefahr ausgesetzt sieht. Man weiß, wie insbesondere die USA mit in ihren Augen Vaterlandsverrätern umgeht. Schützen kann ihn kaum wer in dieser Situation, denn bei dem mächtigen Gegner ist sich jeder selbst am nächsten.

Auch wenn das Ende vielleicht durch die plötzliche Action etwas zu dick aufgetragen ist, ein spannender Thriller, dem es gelingt, die Komplexität des Konflikts und der Wirklichkeit unterhaltsam abzubilden.

Veröffentlicht am 01.03.2021

Theresa Prammer – Lockvogel

Lockvogel
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Schauspielschülerin Toni hätte sich nicht vorstellen können, dass ihr das passiert. Ihr Freund Felix ist auf und davon und hat ihre ganzen Ersparnisse sowie den Schmuck ihrer Oma mitgenommen. Zur Polizei ...

Schauspielschülerin Toni hätte sich nicht vorstellen können, dass ihr das passiert. Ihr Freund Felix ist auf und davon und hat ihre ganzen Ersparnisse sowie den Schmuck ihrer Oma mitgenommen. Zur Polizei will sie nicht gehen, da sie dann der Oma beichten müsste, was geschehen ist. Aus diesem Grund sucht sie Hilfe bei Edgar Brehm, seines Zeichens Privatdetektiv. Dieser ist nicht nur gesundheitlich angeschlagen, sondern auch finanziell in einer Notlage, weshalb ihm sein neuer Auftrag gerade Recht kommt: Sybille Steiner, Frau eines erfolgreichen Regisseurs, engagiert ihn, um Anschuldigungen gegen ihren Mann prüfen zu lassen. Dieser soll jahrelang die Situation junger, ambitionierter Schauspielerinnen ausgenutzt haben. Da kommt Toni ins Spiel: sie hat zwar kein Geld, um den Detektiv zu bezahlen, aber als Lockvogel kann sie die Kosten quasi abarbeiten.

Theresa Prammers Krimi ist eine unterhaltsame Mischung aus klassischem Mordfall, immer wieder humorvollen Einschüben und der immer noch aktuellen #metoo Debatte. Die liebevoll gezeichneten Figuren tragen dabei ganz entscheidend zu Gelingen bei: sowohl die bisweilen naive und chaotische Toni wie auch der angeschlagene Detektiv Brehm wirken wie aus dem Leben gesprungen: sie sind keine Superhelden, im Gegenteil, nicht wenig geht bei ihren Ermittlungen auch schief, aber die kleinen und großen Schwächen machen sie schlicht sympathisch und menschlich.

So richtig scheinen in dem Fall die Puzzleteile nicht zusammenzupassen: bei schillernden einer Party im Haus der Steiners wird ein Aushilfskellner getötet. War das Drehbuch, das der verhinderte Autor dem Starregisseur zustecken hat wollen der Anlass? Doch wie brisant sollte dessen Inhalt gewesen sein? Da ist das anonyme Tagebuch, dass man Sybille Steiner zugespielt hat deutlich aufschlussreicher. Das ungleiche Team stürzt sich in die Ermittlungen, wobei Toni bald merkt, dass sie zwar über Schauspieltalent verfügt, aber die Improvisation, die undercover Einsätze erfordern, auch geübt sein will, weshalb sie ein uns andere Mal in durchaus kritische Situationen gerät. So wie Brehm sie aus diesen retten muss, kommt auch sie ihm zu Hilfe, denn mehr als einmal drohen sie gnadenlos aufzufliegen und zu scheitern.

Obwohl es sich um einen Krimi handelt, war die Spannung eher moderat, was für mich aber durch den lockeren Erzählton und die wirklich herausragenden Figuren locker wettgemacht wurde. Die verschiedenen Handlungsstränge wurden überzeugend miteinander verbunden und letztlich auch sauber gelöst. Eine runde und unterhaltsame Angelegenheit.