Aufgeben ist keine Option
Der abgehalfterte unbekannte Schauspieler Stephen McQueen hat im Job nicht gerade eine Glückssträhne, denn er endet in den Produktionen meist als Leiche oder Randfigur mit sehr wenig Text. Dabei sind diese ...
Der abgehalfterte unbekannte Schauspieler Stephen McQueen hat im Job nicht gerade eine Glückssträhne, denn er endet in den Produktionen meist als Leiche oder Randfigur mit sehr wenig Text. Dabei sind diese Erfahrungen gar nicht so schlecht, lernt er doch so einiges, das gerade für sein Umfeld ganz nützlich ist. Aber er wünscht sich nichts mehr als Erfolg, Ruhm und Ehre, die leider auf sich warten lassen. Als Zweitbesetzung des bekannten Schauspielers Josh Harper wartet er am Theater unermüdlich auf seinen Einsatz, sollte Harper doch mal ausfallen. Bis jetzt lässt das allerdings auf sich warten, dafür begegnet ihm in Josh Frau Nora die Liebe…
David Nicholls hat mit „Ewig Zweiter“ nicht nur einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, sondern mit seinem Titel auch noch den Nagel auf den Kopf getroffen. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser in die Welt des Theaters ein, wo er eine Weile als Stephens unsichtbarer Begleiter fungiert und dessen Leben kennenlernt. Das Buch entstammt Nicholls‘ Anfängen, lässt aber sein Talent für spritzige Dialoge und die Mischung aus Komik und Tragik gut hervorblitzen. Auch sein gewähltes Setting am Theater weiß er mit eingestreuten Zitaten und Regieanweisungen zu untermalen, so dass die Geschichte die dort herrschende Aura gut transportiert. Als Leser Stephen zu folgen, ist auf einer Seite etwas deprimierend, andererseits spiegelt es das wirkliche Leben sehr gut wieder und gerade das macht den Reiz der Handlung aus. Stephen spielt immer nur die Notbesetzung oder steht in Parkposition, falls jemand ausfallen sollte. Seine Ex-Frau hat sich einen erfolgreicheren Mann gesucht, dafür liebt ihn seine kleine Tochter Sophie umso mehr. Irgendwie ist er eine tragische Figur, doch lässt er sich nicht unterkriegen und ist als verkappter Optimist fast schon mit dem alten HB-Männchen vergleichbar. Man möchte ihm ständig beistehen, ihn vorwarnen oder zu seinem Glück verhelfen und merkt dabei gar nicht, dass man ihm als Leser immer näher kommt und ihn fast schon wie einen alten Freund betrachtet. Nicholls versteht sich sehr gut darauf, seine Protagonisten mit viel Authentizität und Menschlichkeit auszustatten, so dass sie wie Personen wirken, denen man tagtäglich begegnet. Während man Seite an Seite mit Stephen durch Höhen und Tiefen schreitet, kommt es am Ende doch noch zu einer Überraschung.
Die Charaktere sind lebendig und greifbar gestaltet, mit menschlichen Attributen ausgestattet wissen sie den Leser glaubhaft zu überzeugen, der sich vor allem dem Hauptakteur verbunden fühlt. Stephen ist ein gutmütiger und oftmals naiv wirkender Mann, der noch Wünsche und Träume hat und beharrlich daran festhält. Sein Umfeld hält ihn für einen Verlierer, dem man herumschubsen und ansonsten übersehen kann, doch seine chaotische Art gepaart mit Unsicherheit und einer gewissen Ignoranz machen ihn liebenswert. Tochter Sophie ist sein Lichtblick und lässt ihn an der Hoffnung festhalten, dass auch für ihn das Glück noch kommen wird.
„Ewig Zweiter“ ist eine tragisch-komische Lebensgeschichte, in der sich viele wiedererkennen werden, nämlich all die Träumer, die sich mit dem wahren Leben herumschlagen. Und wer von uns gehört nicht dazu? Verdiente Empfehlung!