Literarisch ansprechend, berührend, unterhaltsam und informativ...
Nachdem ich letztes Jahr voller Begeisterung „Das weite Herz des Landes“ gelesen habe, freute ich mich mich schon auf diesen weiteren Roman von Richard Wagamese, einem kanadischen Autor, der 2017 mit erst ...
Nachdem ich letztes Jahr voller Begeisterung „Das weite Herz des Landes“ gelesen habe, freute ich mich mich schon auf diesen weiteren Roman von Richard Wagamese, einem kanadischen Autor, der 2017 mit erst 62 Jahren verstorben ist.
Ich kann an dieser Stelle nicht umhin, mich zu wiederholen:
Der 1955 geborene Richard Wagamese sah sich innerhalb seines Volkes, dem Stamm der Ojibwe, als Geschichtenerzähler und nach der Lektüre dieses Romans weiß man auch warum.
Er ist sogar ein begnadeter Geschichtenerzähler, dem man gebannt lauscht und in dessen Geschichte man sich gern fallen lässt.
Aber nun erst einmal zum Inhalt:
Der ehemalige Hockeystar Saul ist wegen seiner Alkoholerkrankung in einer Entzugsklinik und dort wird ihm geraten, über sein Leben zu sprechen, um all das Erlebte zu verdauen, sich zu befreien und gesund zu werden.
Der eher wortkarge Saul entscheidet sich stattdessen dafür, seine Geschichte aufrichtig und in all ihrer Brutalität niederzuschreiben.
Richard Wagamese erzählt in „Der gefrorene Himmel“ feinfühlig und mitreißend von der schwierigen Gratwanderung zwischen der indigenen Kultur der Ureinwohner Kanadas und dem vom weißen Mann verordneten Katholizismus einschließlich der fremdartigen neuen Lebensweise. Er konfrontiert uns in seinem Werk in aller Offenheit mit Rassismus, Ungerechtigkeit und Grausamkeit.
Es ist auch eine Zerreißprobe für den heranwachsenden Saul.
Einerseits erlebt er innige und liebevolle Momente mit seiner Großmutter, die Geschichten aus der Vergangenheit erzählt und ihm alte Bräuche und Traditionen nahebringt.
Andererseits leidet er unter den Umständen, fühlt er sich im Stich gelassen und muss er letztlich den Tod seiner geliebten Großmutter verkraften.
Als wäre das nicht genug, wird er von der kanadischen Regierung in ein katholisches Heim gesteckt.
Dort wächst er, wie so viele Kinder indigenen Herkunft, in strenger und frostiger Atmosphäre bei disziplinierenden, demütigenden und oft grausamen Nonnen und Priestern auf.
Lichtblicke und Glücksmomente empfindet er beim Eishockey, einem Spiel auf Schlittschuhen, für das er ein herausragendes Talent mitbringt, was eine gewisse Befreiung aus dem tristen Dasein bedeutet.
Die schöne bildhafte Sprache und der ansprechende Schreibstil des Autors haben mich erneut überzeugt und trugen neben der fesselnden Handlung und den kurzen Kapiteln dazu bei, dass ich regelrecht durch die Seiten flog.
Richard Wagamese unterhält prächtig und niveauvoll, regt zum Mit- und Nachdenken an, schreibt flüssig und erweiterte mit seinem Text meinen Horizont.
Wer sich für Kanadas Geschichte mit seinen indigenen Ureinwohnern interessiert und gleichzeitig eine tiefgründige, berührende, fesselnde und literarisch ansprechende Geschichte lesen möchte, der greife zu dem ganz hervorragenden Werk „Der gefrorene Himmel“.