Durch die Nacht und alle Zeiten
Die 16-Jährige Lori besucht mit ihrer Familie das alljährliche Reenactment eines Feldzugs der Napoleonischen Kriege am Rhein in Deutschland. Im Gegensatz zu ihren Eltern ist sie jedoch nicht allzu begeistert ...
Die 16-Jährige Lori besucht mit ihrer Familie das alljährliche Reenactment eines Feldzugs der Napoleonischen Kriege am Rhein in Deutschland. Im Gegensatz zu ihren Eltern ist sie jedoch nicht allzu begeistert von der authentischen Kostümierung und Nachstellung der geschichtlichen Ereignisse, sodass sie einen Spaziergang in den nahe gelegenen Wald macht. Dort wird sie plötzlich von einem heftigen Gewitter überrascht und verliert im Gewittersturm das Bewusstsein. Als sie wieder erwacht, ist es mitten in der Nacht. Auf dem Heimweg begegnet sie dem Engländer Thomas, der ebenfalls historisch kostümiert zu sein scheint. Wegen seiner Ernsthaftigkeit und altmodischen Formulierungen hält Lori ihn allerdings für einen Spinner. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass Thomas aus dem Jahr 1813 kommt und ungewollt eine Zeitreise gemacht haben muss. Lori nimmt sich seiner an und schon bald merken die beiden, dass Thomas unbedingt ins Jahr 1813 zurückfinden muss – denn in der gegenwärtigen Zeit gibt es plötzlich viele ungewollte Veränderungen. Die beiden begeben sich daher auf die Suche nach einer Möglichkeit, Thomas so schnell wie möglich in der Zeit zurückzusenden. Wenn da nur nicht die aufkeimenden Gefühle füreinander wären…
ACHTUNG Spoiler!
„Durch die Nacht und alle Zeiten“ ist der neue Jugendroman von Eva Völler. Die Geschichte ist anrührend und märchenhaft. Gleichzeitig gibt es einen sich fortwährend verändernden und weiterentwickelnden Handlungsstrang, sodass ein angenehmer Spannungsbogen entsteht. Durch die ständig neuen Impulse verbleibt der Roman sehr kurzweilig. Insbesondere durch Thomas Anwesenheit im 21. Jahrhundert kommt es zu Veränderungen, die Lori und Thomas unbedingt rückgängig machen wollen. Als ihnen der Zeitsprung gelingt, aber Lori versehentlich mit ins Jahr 1813 reist, ist das Chaos perfekt. Die Beschreibungen der Begebenheiten im 19. Jahrhundert sind gelungen und authentisch. Ausgesprochen gut hat mir die Kombination des historischen Hintergrunds der Napoleonischen Kriege mit den Sagen rund die Loreley gefallen.
Die Romanfiguren sind gut ausgearbeitet, wobei ich mir gewünscht hätte, über Lori noch mehr zu erfahren, um die besser einschätzen zu können, bevor die rasante Reise losgeht. Meine Lieblingsfigur ist Thomas, der – ganz englischer Gentleman – mit vielen guten Charaktereigenschaften ausgestattet ist. So beschützt er Lori und stellt sich im Angesicht ihrer Feinde stets schützend vor sie oder rettet sie aus brenzligen Situationen. Zwischen Lori und Thomas herrscht von Beginn an ein Knistern, wodurch es immer wieder zu zauberhaften und süßen Momenten kommt, die einen Schmachten lassen. Die französischen Gegenspieler rund um Montignac sind ebenfalls gut getroffen. Die Motivation der Franzosen, Thomas und Lori aufzuhalten, um eigenen Ruhm zu erlangen, ist für mich zwar persönlich nicht nachvollziehbar, für die damalige Zeit aber glaubhaft. Dass Hugo zuletzt einen Sinneswandel durchmacht und sich auf „die gute Seite“ schlägt, habe ich als sehr sympathisch empfunden.
Der Sprachstil ist grundsätzlich locker und bildhaft. Zu Beginn hat mir das gut gefallen, da der Kontrast zu Thomas' Ausdrucksweise noch verstärkt wurde. Insgesamt habe ich den Sprachstil jedoch als zu salopp empfunden, auch wenn er an die Zielgruppe angepasst ist, und war davon etwas ernüchtert. Denn hierdurch wurde bei mir leider eine Distanz zur Protagonistin Lori generiert, die verhinderte, dass mich die Geschichte so intensiv und allumfassend vereinnahmt, wie ich es mir erhofft und erwartet hatte. Allerdings unterstützte der lockere Sprachstil den jugendlichen Charakter des Romans.
Zusammenfassend handelt es sich bei „Durch die Nacht und alle Zeiten“ um einen unterhaltsamen und fantasievollen Jugendroman. Auch wenn ich den jugendlichen Sprachstil partiell als zäh empfunden habe, bietet der Roman ein nettes und charmantes Märchen für eine kurze Auszeit vom Alltag.