Ein ganzes Leben in nur wenigen Wochen....
Der Ruf des Schamanen1986: Die 13 jährige Naila ist die einzige Tochter eines finnischen Diplomaten, die mit ihren sie liebenden Eltern und dem Familienfaktotum Herrn Tanaka aktuell in Lima/Peru lebt. Sie ist clever, wissbegierig, ...
1986: Die 13 jährige Naila ist die einzige Tochter eines finnischen Diplomaten, die mit ihren sie liebenden Eltern und dem Familienfaktotum Herrn Tanaka aktuell in Lima/Peru lebt. Sie ist clever, wissbegierig, sportlich, spricht 5 Sprachen, doch wächst sie sehr behütet auf und durch das viele Umziehen, hat sie keine richtigen Freunde. Das ändert sich mit einem lächerlichen Skateunfall, der sich nur ereignet, weil sie etwas übersehen hat. Kann ja mal vorkommen, denkt sie. Wie kann das sein, fragt sich ihre Mutter und bringt sie in das beste Krankenhaus der Stadt, in einem Elendsviertel! Die dortige Kinderstation ist sehr einfach und eine Welt für sich. Dort lernt sie El Rato kennen, der dort geboren wurde und dort aufwächst. Er wird ihr erster richtiger Freund, denn als sie erfährt, dass sie unter einer schweren unheilbaren Krankheit leidet, die zu ihrem frühen Tod führen wird, sieht Laila nur eine Chance. Sie will nicht sterben, ehe sie nicht alles versucht hat, denn sie hat ja noch gar nicht richtig gelebt! In einem Tagebuch in der Krankenhausbücherei liest sie von einer verschollen Blume im Amazonasgebiet, die angeblich sämtliche Nervenkrankheiten heilen kann. Nur ein Schamane, weiß, wo man sie findet und wie man sie verwendet. Heimlich begeben sich El Rato und Laila, mit deren ganzen Ersparnissen auf die Reise zu dem Schamanen von K.
Dies ist das dritte Buch von Autor Davide Morisotto und meiner großen Tochter fiel gleich auf, dass hier ein alter Bekannter aus Buch 1 „Die Mississippi Bande“ auftaucht und auch einer der Helden aus Buch 2 „Verschollen in Eis und Schnee“ gibt sich hier die Ehre! Wie die übrigen Bücher, geht es hier um junge Helden, am Wendepunkt ihres Lebens, durch eine Reise, die ihr Schicksal verändern wird. Mit 13 Jahren beim vollem Bewusstsein zu erfahren, welch grausame Entwicklung das eigene Leben nehmen wird, ohne Aussicht auf Besserung oder Heilung ist hart. Auch heute noch gilt die vereinfacht „Kinderdemenz“ genannte Krankheit als nicht therapierbar und führt zu einem frühen Tod nach Erblinden, Sprachverlust, Lähmung und Verlust der geistigen Fähigkeiten – eine grausige Gewissheit! Doch Laila ist zwar privilegiert aufgewachsen, aber auch unglaublich mutig! Sie nimmt ihr Schicksal in die eigenen Hände und da El Rato noch nie das Krankenhaus verlassen hat und die Verwirklichung seiner eigenen Träume für absolut irreal hält, begleitet er sie. So kann er ihr helfen, wenn ihre eigenen Sinne sie im Stich lassen. Der Unterschied zwischen den beiden könnte größer nicht sein und dennoch werden sie ein unschlagbares Team! Sie werden das Ziel ihrer Reise erreichen, nach abenteuerlichen Etappen, auf denen sie die unterschiedlichsten Menschen kennen und schätzen lernen werden. Doch das Ziel sieht anders aus als gedacht und manchmal muss man seine Hoffnungen und Ziele der Realität anpassen und die Zeit nutzen die einem bleibt, ein ganzes Leben in nur wenige Wochen packen! Hier ist der Weg das Ziel und dennoch haben mich am Ende meine Gefühle überwältigt!
Für die Kinder war die Reise in das Jahr 1986 spannend und witzig und für mich einfach nostalgisch! Die Einblicke aber auch in die politische Lage in Peru waren aber auch interessant und für beide schwerer vorstellbar, als ein Wählscheibentelefon oder ein Walkman. Richtig exotisch wurde es dann auf der Flucht und später im Dschungel. Weder Revolutionäre, noch Drogenbarone oder Schamanen sind bisher im Weltbild meiner Kinder vorgekommen, das war sehr aufregend und neu. Die Darstellung vor allem des Dschungels war ebenso aufregend, wie geheimnisvoll. Die Denkweise des Schamanen und seiner Kunst war außergewöhnlich. Aber auch die übrigen Personen, denen Laila und El Rato begegnen sind ganz einzigartig und wirklich gut durchdacht und mit viel Fingerspitzengefühl charakterisiert. Lailas Krankheit ist nicht heilbar, dennoch lernt sie, ihr Schicksal anzunehmen und für ihre neu gefundenen Freunde gibt es tatsächlich ein Happy End!
Die Gestaltung des Buches ist einfach spektakulär! Immer wieder stellt das Schriftbild mehr dar, als es Worte zu sagen vermögen. Es visualisiert das Erlebte! Das ist unglaublich gut gemacht! Da aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, wird auch der jeweilige Perspektivwechsel graphisch gekennzeichnet, indem jede der wichtigen Personen, die auch mal das Geschehen aus ihrer Sicht erzählen darf, ein stilisiertes Seelentier zugeordnet bekommt, anhand dessen man immer gleich sieht, wer gerade erzählt. Was es mit dem Symbol der Fledermaus für Laila und der Libelle für El Rato auf sich hat, erfährt man erst recht spät, als sie denn auch wirklich ihr Ziel im Urwald erreichen.
Die Geschichte spielt 1986 und so kommen für mich als Mutter jede Menge Aha-Erlebnisse vor. Zum Glück kennen meine Töchter viele der hier genannten Anachronismen wie einen Walkman und Telefone mit Wählscheibe ;)
Ein wirklich außergewöhnliches Kinderbuch ab 12 Jahren mit einem ungewöhnlichen Setting und einem seltenen, aber bewegenden Thema. Was tun, wenn man mit 13 Jahren, den Tod vor Augen hat? Beeindruckend und bewegend zugleich, ebenso wie spannend! Man kann dieses Buch unabhängig von den ersten zwei Büchern lesen, aber man sollte sie sich nicht entgehen lassen!