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Veröffentlicht am 11.04.2021

Familiengeheimnisse und ein Recht auf Schweigen

Klaras Schweigen
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Miriam sorgt sich um ihre Großmutter Klara, die vor kurzem einen Schlaganfall erlitten hat. Denn seitdem konnte die 89-jährige Dame nicht mehr sprechen. Miriams Freude ist dementsprechend groß, als sie ...

Miriam sorgt sich um ihre Großmutter Klara, die vor kurzem einen Schlaganfall erlitten hat. Denn seitdem konnte die 89-jährige Dame nicht mehr sprechen. Miriams Freude ist dementsprechend groß, als sie erfährt, dass die Großmutter nach 6 Wochen Reha-Klinik wieder einzelne Wörter sprechen kann. Verwirrend ist es aber, dass Klara plötzlich Französisch spricht.
Seit langem besteht eine besondere Beziehung zwischen Klara und ihrer Enkelin. Denn im Alter von 2 Jahren hat Miriam ihre Eltern verloren und wuchs seitdem bei den Großeltern auf. Miriam hilft der Großmutter bei den Sprachübungen und erfährt nach und nach Einzelheiten über Klaras Vergangenheit. Auf Wunsch der Großmutter beginnt Miriam mit der Suche nach Klaras ersten großen Liebe. So kommen lange verschwiegene Familiengeheimnisse ans Tageslicht und dabei viele alte Wunden aufgerissen wurden.


„Unsere Mütter und Väter, Großväter und Großmütter haben ein Recht auf die Lücken in ihren Biografien. Sie schulden uns keine Auskunft.“ (107)

Sehr emotional ist der neueste Roman von Bettina Storks. Die Autorin erzählt hier die Geschichte einer sehr starken Frau, die ziemlich früh Verantwortung für ihr Leben übernehmen musste. Um ihre Familie finanziell zu unterstützen unterbrach Klara ihre Schneiderlehre und begann im Herbst 1948 in einem französischen Laden zu arbeiten. Dort traf sie ihre erste Liebe, einen in Freiburg stationierten Französen Pascal. Doch diese Liebe war von Anfang an zum Scheitern verurteilt; den weder das Gesetz noch ihre Familie haben solche Beziehungen erlaubt.

Kurze Zeit später ist Klara gezwungen Freiburg zu verlassen. Sie bekommt Unterstützung ihres Patenonkels in Konstanz, kann ihre Schneiderlehre beenden und heiratet – gegen den Willen ihrer Familie - den Justizschreiber Eduard. Klara hatte viel Glück im Leben, aber sie musste auch viele Schicksalsschläge annehmen, an denen sie leicht zerbrechen könnte. Sie war bestimmt ein gutes Vorbild für ihre Enkelin Miriam, die ihr jetzt treu zu Seite steht.

Auf Klaras Wunsch begibt sich Miriam auf Spuren der Vergangenheit, doch ihre Großtante Lotte reagiert mit Ärger:
„Nichts war…. Jedenfalls nichts, was für deine Ohren bestimmt wäre. Es ist einfach geschehen. Und nach all den Jahren kommst du mit deinen Fragen. Lass es gut sein, Miriam, lass es gut sein. Ich warne dich – du bringst sie ins Grab – das schwöre ich dir! Es hängt zu viel dran.“ (106)

Bei ihrer Recherche stößt Miriam auf Lügen, die vor fast siebzig Jahren gesponnen wurden und das Leben der ganzen Familie verändert haben. Auch Miriam muss die entdeckten Wahrheiten verkraften.

Bettina Storks platziert die Geschichte mit Miriam ins Jahr 2018, Klaras Geschichte erfasst die Nachkriegsjahre bis Jahr 2018. Beide Geschichten wurden abwechselnd erzählt und beide sind unheimlich spannend.

Bildhaft hat die Autorin das Leben der deutschen Familien in der Nachkriegszeit, insbesondere in der französischen Besatzungszone, dargestellt. Interessant und authentisch hat sie über die Rolle der Frau in der Familie und in der Gesellschaft geschrieben.
Der Erzählstil ist sehr ansprechend, extrem anschaulich, emotional und tiefgehend.

„Klaras Schweigen“ ist eine berührende Geschichte, die ich regelrecht verschlungen habe.
Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 27.03.2021

So schön wie die erste Liebe

Der große Sommer
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Diesmal kann sich Frieder auf die Sommerferien nicht freuen. Statt mit der ganzen Familie in Urlaub zu fahren, muss er sechs Wochen bei seinen Großeltern verbringen und für die Nachprüfungen in Mathe und ...

Diesmal kann sich Frieder auf die Sommerferien nicht freuen. Statt mit der ganzen Familie in Urlaub zu fahren, muss er sechs Wochen bei seinen Großeltern verbringen und für die Nachprüfungen in Mathe und Latein lernen. Obwohl der Großvater sehr streng ist, kann Frieder unerwartet seine Freizeit nachmittags genießen. Und die verbringt er meistens im Schwimmbad, wo er seine erste große Liebe trifft. Es ist Beate, das Mädchen mit grünen Augen, die keine Angst vom Sprungturm ins Wasser zu springen hat. Zusammen mit Beate, seiner Schwester Alma und seinem besten Freund Johann verbringt Frieder den bisher schönsten Sommer seines Lebens, einen Sommer, der sein Leben für immer prägt.


Der Erzähler dieser wunderschönen Sommergeschichte ist ein Erwachsener, der auf dem Friedhof nach einem bestimmten Grab sucht. Es ist Frieder, der in seinen Erinnerungen an die unbeschwerte und gleichzeitig lehrreiche Jugendzeit schwelgt. Er denkt an den einmaligen Sommer, an dem so viel geschah, an den Sommer als er erwachsen wurde. Er konnte damals die Zeit voller Freiheit, Glück und Freude genießen. Und er musste oft, ähnlich wie bei einem Sprung von Sprungturm im Freibad, die Entscheidungen treffen und die Verantwortung übernehmen.

Mit viel Feingefühl und unkompliziert erzählt Ewald Arenz die Geschichte über das Verliebtsein, vermittelt meisterhaft die Atmosphäre der fröhlichen und unbeschwerten Tage, spricht über die Freundschaft und die Verantwortung, die daraus resultiert. Auch die Familienzugehörigkeit spielt eine große Rolle in diesem gefühlvollen Roman; die Verpflichtungen und Sorgen, die man miteinander teilen muss, die gemeinsame Geschichte, die verbindet und zusammenschweißt.

Mit dem Roman und mit seiner malerischen und lebhaften Schreibweise, hier und da mit einer Prise Humor gewürzt, hat mich der Autor verzaubert und in die Zeit der eigenen Jugend versetzt. Mit großer Begeisterung habe ich diesen Roman gelesen.

„Der große Sommer“ ist ein Roman voller lebendiger Bilder eines ungewöhnlichen Sommers, so schön und berührend wie die erste Liebe selbst.

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Veröffentlicht am 11.03.2021

Bewegende Schicksale

Der silberne Elefant
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Emily, Vera und Lynn - drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und alle drei stehen auf dem Scheideweg ihres Lebens.

Die 58-jährige Lynn, die eine niederschmetternde Diagnose von ihrem ...

Emily, Vera und Lynn - drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und alle drei stehen auf dem Scheideweg ihres Lebens.

Die 58-jährige Lynn, die eine niederschmetternde Diagnose von ihrem Arzt bekommen hat, blickt verbittert auf ihr Ehefrauendasein zurück, trauert den verpassten Chancen ihres Lebens nach.

Vera dagegen steht vor einer vielversprechenden Zukunft; sie würde bald Luke heiraten, den Mann, den sie über alles liebt. Doch ihre Freude darüber wird von den Gedanken an die schwere „Sünde“, die sie in der Vergangenheit begangen hat, betrübt.

„Manche Worte wiegen schwer. Sie können einen Menschen regelrecht in die Tiefe ziehen.“ (75)

Emily versucht in London ihr neues Leben anzufangen. Sie kommt aus Ruanda und ist auf sich selbst gestellt. Der Anblick einer Kirche jagt ihr eine Todesangst ein und obwohl sie immer noch betet, glaubt sie nicht mehr an Gott. Sie erinnert sich an die Worte ihrer Mutter: „vor einem Verfolger kannst du davonlaufen, nicht aber vor deinen Gedanken“. (105)

Die Frauen scheinen unter der Last ihrer Erfahrungen und den quälenden Gedanken darüber zu zerbrechen. Bis sie einander kennenlernen und unbewusst, oder manchmal sogar gezielt, das Schicksal der anderen beeinflussen.

Emotional und mit viel Einfühlungsvermögen erzählt Jemma Wayne diese drei Lebensgeschichten.
Sie fesselt mit den bildhaften Beschreibungen der Gedankenwelt ihrer Protagonistinnen. Man kann ihre Zweifel, Angst und Verbitterung gut nachvollziehen und sich in ihre Lage hineinversetzen.

Emilys Erinnerungen an die Ereignisse aus der Vergangenheit bewegen am meisten. Es sind tragische Bilder aus Ruanda, Bilder des Schreckens, der Verfolgung und Gewalt, Bilder des Todes, die tief unter die Haut gehen. Sie entstanden nachdem die Autorin des Romans mit den Überlebenden des Völkermords in Ruanda über die Gräueltaten des Krieges sprach.

Diesen Roman habe ich mit großem Interesse gelesen. Die meisterhaft skizzierten Charaktere faszinieren und beeindrucken. Ihre bewegenden Lebensgeschichten regen zum Nachdenken an. Zum Schluss bleiben einige Fäden offen und es bleibt zu hoffen, dass der Elefant, der auch einige Seiten des Buches ziert, das Glück allen Beteiligten bringt.

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Veröffentlicht am 10.03.2021

Ednas Reise mit dem Paradiesvogel im Gepäck

Als wir uns die Welt versprachen
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Jeden Donnerstag bringt Adele ihrer Nachbarin Edna die wöchentlichen Einkäufe vorbei. Jedes Mal freut sich Edna auf ihre Lieblingszeitschrift „Stern“, die sie seit Jahren liest und sammelt. Diesmal entdeckt ...

Jeden Donnerstag bringt Adele ihrer Nachbarin Edna die wöchentlichen Einkäufe vorbei. Jedes Mal freut sich Edna auf ihre Lieblingszeitschrift „Stern“, die sie seit Jahren liest und sammelt. Diesmal entdeckt sie darin ein Foto ihres Freundes aus Kindheitstagen. Jacob und sie mussten vor dem Zweiten Weltkrieg bei einem schwäbischen Großbauer hart arbeiten; die harte Arbeit und gemeinsames Leid haben die beiden Kinder zusammengeschweißt.
Doch dann trennten sich ihre Wege und Edna gibt sich selbst die Schuld daran. Sie will Jacob treffen um diese Schuld zu begleichen. Ihre Reise soll auf die gleiche Weise verlaufen, wie die Reise von damals: vorwiegend zu Fuß mit ihrem Papagei Emil im Reisegepäck.

„Was zählten schon die Träume zweier Kinder, denen man die Welt genommen hatte…..? Was zählten ihre Gespräche, zusammengesponnen aus vermessenen Träumen und überlagert von einer dunklen, albtraumhaften Wirklichkeit? Und was zählte das Versprechen, das sie einander gegeben hatten?“ (23)

Der bewegende Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ erzählt die Geschichte der Schwabenkinder, die von ihren verarmten Familien an einem schwäbischen Großbauer verkauft wurden. Als zehnjähriges Mädchen ist Edna vom Hof zurückgekehrt und bis heute hat sie ihre Sachen von damals aufbewahrt. Denn sie und Jacob haben sich ein Versprechen gegeben und jetzt bekommt Edna die Chance, es einzuhalten.

Ihre Reise nach Ravensburg, wo sie Jacob finden will, ist lang und beschwerlich. Denn sie geht meistens zu Fuß, genauso wie damals als Kind. Sie überquert die Berge, lernt verschiedene Menschen kennen, sammelt neue Erfahrungen und trifft ungewöhnliche Entscheidungen. Sie und ihr Papagei Emil wurden zur Sensation, die schnell Social Media erobert. Obwohl Edna Probleme mit ihren Beinen bekommt, gibt sie nicht auf. Denn ihre Reise, egal wie verrückt sie sein mag, ist „eine Frage von Herz.“ (338)

Diese ganze Geschichte, sehr einfühlsam und bildhaft von Romina Casagrande erzählt, geht auch direkt ins Herz. Die Autorin macht in ihren Roman auf das Schicksal der Schwabenkinder aufmerksam, die ab dem 18. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg die längste Reise ihres Lebens unternehmen mussten. Kinder im Alter von fünf bis fünfzehn Jahren wurden wie Vieh auf den Märkten verkauft um, für ein Stück Brot und eine Matratze zum Schlafen, den ganzen Tag schwer arbeiten mussten. Viele von ihnen kamen nie zurück.

Dieser lesenswerte Roman ist aber nicht nur als Erinnerung an historische Ereignisse gedacht. Außergewöhnlich ist seine Protagonistin Edna; eine bemerkenswerte Figur und eine sehr starke Frau, die ihr Ziel beharrlich verfolgt. Versprechen und Treue sind ihr sehr wichtig, genauso wie Verantwortung und Gerechtigkeit.

Die Geschichte ihrer Reise beweist, dass für die Erfüllung der Träume kein Weg zu lang oder zu beschwerlich ist und dass es nie dafür zu spät ist.
Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 25.02.2021

Spannungsvoll, fesselnd, überwältigend - das 3. Buch mit Tom Babylon

Die Hornisse (Tom-Babylon-Serie 3)
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Der spektakuläre Auftritt des berühmten Rockstars Brad Galloway in der Berliner Waldbühne lässt das Publikum jubeln. Die Fans applaudieren, eine Frau aus dem Publikum überreicht Brad einen Umschlag. Im ...

Der spektakuläre Auftritt des berühmten Rockstars Brad Galloway in der Berliner Waldbühne lässt das Publikum jubeln. Die Fans applaudieren, eine Frau aus dem Publikum überreicht Brad einen Umschlag. Im Gästehaus der Polizei findet man am nächsten Abend die übel zugerichtete Leiche des gefeierten Musikers.

Tom Babylon muss auf einen gemeinsamen Abend mit seiner Frau Anna und dem kleinen Sohn Phil verzichten und bei den Ermittlungen mitmachen. Auch die Psychologin Sita Johanns ist wieder dabei. Die Spuren führen in die Vergangenheit, zu einer geheimnisvollen Person mit dem Decknamen „Hornisse“. Bald ist es offensichtlich, dass Tom Babylon diesmal sehr viel zu verlieren hat.


Der dritte Band aus der Reihe mit dem sympathischen Ermittler Tom Babylon hat mich von Anfang an in Atem gehalten. Auch die vorherigen Bücher mit ihm waren sehr spannend. Aber in dem Fall geht es um viel mehr, als um die hoch spannende Mordermittlungen. Es ist meines Erachtens der bisher persönlichste Fall, in dem Toms Fähigkeiten als Ermittler unter Beweis gestellt wurden.

Denn der jetzige Ermittlungsverlauf zwingt Tom nicht nur nach dem Täter zu fahnden. Bei der Suche nach dem skrupellosen Mörder entdeckt Tom einige Geheimnisse aus der bewegten Vergangenheit seiner Familie. Er muss sich ihnen stellen und schwerwiegende Entscheidungen treffen.

Erneut stehen ihm vor allem Sita und sein Freund Bene, sowie manche Teamkollegen, treu zur Seite.

Ähnlich wie in den zwei vorherigen Büchern der Reihe sind die aktuellen Ereignisse mit den Handlungsfäden aus der Vergangenheit verknüpft. Obwohl das Buch „Die Hornisse“ Ermittlungen in einem neuen Mordfall beschreibt, ist dieser Thriller eine konsequente Fortsetzung der bisherigen Reihe mit Tom Babylon. Deshalb wäre es von großem Vorteil die beiden Vorgänger zu kennen. Es lohnt sich wirklich, denn die Thriller bieten spannende Unterhaltung auf hohem Niveau.

Der sympathische Ermittler Tom Babylon punktet in diesem Ermittlungsfall auch als Vater und Familienmensch: „Zwei kleine Arme schlingen sich um seinen Hals, und Phil drückt seinen warmen Kopf gegen Toms Wange. Wenn es eins gibt, dass das Gefühl von Verloren- und Alleinsein heilt, dann das.“ (72)

Was zählt das Leben deiner Lieben? (32) – wurde in diesem Roman gefragt und Tom Babylon beweist, dass er die Antwort auf diese Frage gut kennt.

FAZIT: spannungsvoll, fesselnd, überwältigend! Unbedingt lesen!!!

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