Eine junge Frau lernt ihren Mann ganz neu kennen, als sie zum ersten Mal seine Heimat an der nordirischen Küste besuchen; eine Mutter will verstehen, warum ihr kleiner Sohn so besessen ist von Tierknochen und der Apokalypse … In diesen Geschichten ist die Welt ebenso schön wie fremd. Männer und Frauen, Alt und Jung bewegen sich durchs Leben, wie ein Tourist ein fernes Land erkundet: aufmerksam, mit einer Mischung aus Staunen und Misstrauen. Sie leben in ständiger Gefahr, missverstanden, verletzt oder abgelehnt zu werden, und wollen doch nur begreifen, wer sie sind, in welcher Welt sie leben.
Die irische Autorin Danielle McLaughlin hat mit diesem Buch etliche Preise gewonnen und ich war gespannt, was sich hinter diesem doch sehr ungewöhnlichen Titel verbirgt. Es handelt sich hierbei um eine ...
Die irische Autorin Danielle McLaughlin hat mit diesem Buch etliche Preise gewonnen und ich war gespannt, was sich hinter diesem doch sehr ungewöhnlichen Titel verbirgt. Es handelt sich hierbei um eine Sammlung von elf Kurzgeschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Es sind Momentaufnahmen aus dem Leben verschiedener Menschen, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben. Es gibt keinen richtigen Anfang und auch kein wirkliches Ende, manche Geschichten sind wie ein Gespräch, das, spontan begonnen, unterbrochen wurde, bevor es beendet werden konnte. Nicht immer gibt es eine Auflösung und nicht immer ist klar, wie es weitergeht, aber ich fand es immer spannend, diese kurzen Sequenzen mitzuerleben und wie ein Voyeur zuzuschauen, ohne eingreifen zu können; ohne eingreifen zu müssen. Vieles kann und soll man sich selbst hinzudenken. Das kann frustrierend, aber auch akzeptabel sein. Hier hat die Autorin es wunderbar geschafft, mich zufriedenzustellen.
Was die Menschen gemeinsam haben, ist eine gewisse Ziellosigkeit, ein Verlorensein, das sich durch die Storys zieht. Wie Motten in einem Glas flattern sie hin und her und kommen nicht zum Ziel. Da ist zum Beispiel Janice, die in ihrem Leben feststeckt und sich einredet, dass sie glücklich ist. Die überzeugt davon ist, ihren Mann zur Vernunft gebracht zu haben, indem sie seine Affären toleriert, totgeschwiegen und ausgesessen hat.
„Irgendwie aber hatte sie es durchgestanden, und ihre Ausdauer wurde belohnt. Er war zur Vernunft gekommen, wie sie es schon vorher gewusst hatte…“ (Seite 21)
Es sind Menschen wie du und ich, die teils banale Dinge erleben, die in Situationen kommen, die nichts besonderes sind und doch übt das lesen darüber einen gewissen Reiz aus, weil man selbst froh ist, nicht in dieser Lage zu sein. Es ist quasi der alltägliche Wahnsinn kurz erzählt. Die Autorin schreibt bereits an ihrem ersten Roman und darauf freue ich mich sehr. Für das vorliegende Buch vergebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
Kurzgeschichten haben für mich in letzter Zeit (und mit zunehmendem Alter wie ich vermute) einen besonderen Reiz entwickelt. Ich tauche buchstäblich in ihnen ab und kurz darauf wieder auf, erhasche nur ...
Kurzgeschichten haben für mich in letzter Zeit (und mit zunehmendem Alter wie ich vermute) einen besonderen Reiz entwickelt. Ich tauche buchstäblich in ihnen ab und kurz darauf wieder auf, erhasche nur einen kurzen Blick auf eine Szenerie und spinne sie in Gedanken vor und zurück - oder lasse sie genauso, wie sie ist. Das Unvollendete ist für mich dabei überhaupt kein Manko, im Gegenteil; ich mag dieses Ungewisse, das sich im Verborgenen abspielt, das Sichtbare erscheint mir mitunter langweilig und banal daneben. Alles scheint möglich, wenn (fast) nichts beschrieben wird.
Genau deshalb mag ich auch Danielle McLaughlins Erzählband „Dinosaurier auf anderen Planeten“ ausgesprochen gerne lesen. Der leicht melancholische Klang ihrer Sprache und auch die auf den ersten Blick eher tristen Begebenheiten ziehen mich sofort in den Bann; das Dunkle, Traurige, manchmal fast Verstörende, das zum Leben dazu gehört, fasziniert mich. Die menschlichen Schwächen zu ergründen finde ich interessanter als deren Stärken, ich mag in die Abgründe schauen, mag sehen, was hinter der Fassade lauert. McLaughlins aufmerksamer Blick sieht das, was die Menschen nicht zeigen wollen; was passiert, wenn der Stolz ihnen zwischen den Fingern zerrinnt und den rohen, verletzlichen Menschen zurücklässt. Für mich eine lohnende Leseerfahrung!
Ungeschönte schmerzhaft intensive Alltagsgeschichten, wie nur das Leben sie schreiben kann. Über Frauen und Männer in schwierigen Phasen ihres Lebens im Kampf um Anerkennung, Liebe, Wahrnehmung und Verständnis. ...
Ungeschönte schmerzhaft intensive Alltagsgeschichten, wie nur das Leben sie schreiben kann. Über Frauen und Männer in schwierigen Phasen ihres Lebens im Kampf um Anerkennung, Liebe, Wahrnehmung und Verständnis.
Danielle McLaughlin hat mit ihrem wundervoll raumgreifenden Schreibstil in kurzen Erzählungen ganze Lebensgeschichten erzählt. Trotz aller Düsternis wird man gefesselt und ist sofort bei den Protagonisten. Faszinierend, wie tief man in eine 20-seitige Kurzgeschichte eintauchen kann und diese auch nach dem Lesen noch nachhallt. Nach jeder Geschichte musste ich erst einmal innehalten und das Gelesene ruhen lassen, so intensiv fühlte ich mich in die Handlung hineinversetzt.
"Ich mache mir Sorgen, sagte ihre Mutter. Aileen wartete. Die Währung der Sorge hatte im Munde ihrer Mutter über die Jahre einen so großen Wertverlust erlitten, dass man nicht ahnen konnte, was nun folgen mochte."
Hier kämpfen Menschen ums nackte Überleben oder haben schon aufgegeben. Eine verzweifelte 45-jährige Frau, die auf eine Beziehung hofft, obwohl sie tief im Inneren weiß, dass ihr vorheriges Leben dies nicht mehr möglich macht.
"Einen Riegel vor ihre Vergangenheit schieben, das konnte sie nicht. Die Vergangenheit war eine offene Tür und mehr als im Flur daran vorbeieilen war da nicht zu machen."
Die Geschichten lassen einen nicht los, gehen direkt ins Herz. Man hat das Gefühl, genau dies könnte gerade in der Nachbarschaft stattfinden. Ein kleines Mädchen, dass sich ausgegrenzt fühlt, ein überforderter Ehemann, der sich um seine psychisch kranke Frau sorgt, eine Mutter, die ihren Enkel vielleicht das letzte Mal sehen darf.
Die Autorin hat gegenwärtige Stimmungen in starke, bewegende Worte gefasst. Ein Buch, das lange nachklingt und aufweckt.
Dieses Buch beinhaltet 11 Kurzgeschichten, die einen ganz eigenen und sehr atmosphärischen Schreibstil haben.
Ich persönlich finde nicht das es Kurzgeschichten sind, sondern eher Momentaufnahmen, aber ...
Dieses Buch beinhaltet 11 Kurzgeschichten, die einen ganz eigenen und sehr atmosphärischen Schreibstil haben.
Ich persönlich finde nicht das es Kurzgeschichten sind, sondern eher Momentaufnahmen, aber ich habe es geliebt. Die Geschichten haben etwas ganz spezielles und wirkten auf mich wie aus einem alten Film.
Die Titelgebende Geschichte findet man ganz zum Schluss, diese fand ich nicht ganz so stark, wie andere, dennoch war sie nicht schlecht.
Von dieser Autorin würde ich gerne noch viel mehr lesen!
Man steigt ohne große Vorerklärungen in die 11 Geschichten ein. Zwar gibt der Klappentext einen kleinen Hinweis darauf, was einen erwartet aber was das große Thema hinter den Kurzgeschichten ist bleibt ...
Man steigt ohne große Vorerklärungen in die 11 Geschichten ein. Zwar gibt der Klappentext einen kleinen Hinweis darauf, was einen erwartet aber was das große Thema hinter den Kurzgeschichten ist bleibt etwas im Dunkeln. Dort steht „Männer und Frauen, Alt und Jung bewegen sich durchs Leben, wie ein Tourist ein fernes Land erkundet. Aufmerksam, mit einer Mischung aus Staunen und Misstrauen. Sie leben in ständiger Gefahr, missverstanden, verletzt oder abgelehnt zu werden, und wollen doch nur begreifen, wer sie sind, in welcher Welt sie leben.“
Ich glaube, das ist aber nur ein Aspekt hinter den Geschichten, denn die meisten handeln für mich von Familien, aber nicht immer glückliche, denn oft erfährt man im Laufe der Geschichte ein Geheimnis hinter der Fassade, das versteckt werden möchte oder vielleicht sogar aufgedeckt?
Am Ende der meisten Geschichten bleibt es offen, ob es für die Protagonistinnen gut oder schlecht ausgeht. Es ist wie das Leben selber, in dem man auch weitermacht, obwohl es gerade nicht so gut läuft oder man Dinge erfahren hat, die einen schockieren oder umwerfen können.
Ich mochte es besonders, wie sich die Geschichten aufbauten, meist mit etwas harmloseren Themen, entwickelte sich ein Sog, der deutlich machte, da ist noch mehr als man auf den ersten Blick wahrgenommen hat. Wie zum Beispiel bei der Geschichte Die Kunst des Füßebindens. Hier hat man zunächst einen Konflikt zwischen der Mutter und der Teenagertochter, der sich aber im Laufe der wenigen Seiten vergrößert und noch viel mehr offenbart als den Streit zwischen den beiden über eine Hausaufgabe.
Die Autorin
Danielle McLaughlin hat mit Dinosaurier auf anderen Planeten ihr Debüt geschrieben und ich denke, ich kann getrost sagen, das man sich auf mehr freuen kann.
Sie schreibt sehr fesselnd und ich bin sehr gespannt auf ihren ersten Roman, an dem sie schon schreibt bzw. der schon auf Englisch erschienen ist. Wenn diese kurzen Geschichten schon gut sind, was kann sie dann in einer Geschichte von über 300 oder 400 Seiten schaffen?
Und wenn euch immer noch nicht überzeugt hat, euch diesen Erzählband anzuschauen, dann gibt es hier ein paar harte Fakten: Dinosaurier auf andere Planeten kam 2015 „auf die Shortlist der Irish Book Awards Newcomer of the Year und wurde 2019 mit einem der höchstdotierten literarischen Preise weltweit ausgezeichnet, dem Windham-Campbell Prize.“
Auch privat hat sie bestimmt alle Hände voll zu tun, denn bei drei Kindern ist man auf jeden Fall gut beschäftigt. Und ich weiß zwar nicht wo genau sie in County Cork, Irland wohnt, aber die Bilder die ich gesehen habe, sind sehr eindrucksvoll und idyllisch aus. Da gerät man direkt ins Träumen. :)
Nun möchte ich euch aber zwei Geschichten gesondert vorstellen. Wobei ich vorneweg sagen muss, dass es mir wieder mal schwer gefallen ist meine Auswahl zu treffen, denn fast alle Geschichten konnte mich fesseln und faszinieren.
Hat mir besonders gut gefallen
Auch wenn mir direkt die erste Geschichte, die ich oben erwähnt habe Die Kunst des Füßebindens, manch einen schockierten Moment bereitet hat (denn es wird hier erklärt wie das Füßebinden vonstattengeht, echt ekelhaft, wenn man bedenkt wie lange das noch praktiziert wurde), habe ich mich doch für eine andere Geschichte entschieden.
Die Reiher am Fluss konnte mich doch noch mehr berühren. Wahrscheinlich weil ich es gut nachvollziehen kann, wenn die Autorin beschreibt wie neben der Spur die junge Mutter Cathy ist, die sich nicht anmerken lassen möchte, wie geschafft sie mit der Tochter Gracie ist. Vor allem vor ihrem Mann nicht, der hier nur als Er genannt wird und manchmal wie ein unbeteiligter Zuschauer wirkt. Doch im Laufe der wenigen Seiten erfährt man, dass es noch mehr gibt als einfach nur die „normale“ Erschöpfung mit einem Kleinkind und endlich greift er auch mal ein.
Hier merkt man ganz deutlich, wie nah am Leben die Autorin schreibt und doch gibt es mehr als man auf den ersten Blick sieht, denn wie viele Familien zeigen ihre Geheimnisse offen? Man versucht weiter zu machen, auch wenn man es nicht mehr schafft. Ein Teufelskreis, der schnell schlimm enden könnte. Doch noch rechtzeitig hofft man, merkt er was er an seiner Frau und Tochter hat und handelt anstatt nur dabei zu stehen und zu beobachten.
Ich kann wie gesagt nachvollziehen, wie es als junge Mutter ist und wie man manchmal kämpft um durchzuhalten und wenn es nur bis zum Abend ist, bis der Mann nach Hause kommt. Genau deshalb mochte ich auch viele der anderen Geschichten, sie waren einfach zum Greifen nah.
Hat mir nicht so gut gefallen
Am wenigsten hat mir Die Nacht des Silberfuchses gefallen. Obwohl diese Geschichte auch etwas hatte, konnte sie mich nicht ganz so überzeugen wie die anderen. Kavanagh und Gerard sind auf dem Weg zu Liddy und seiner Tochter. Dieser züchtet Nerze und ist Kavanagh noch Geld schuldig. Doch anstatt Geld gibt es einen weiteren Aufschub und Kavanagh und Gerard fahren unverrichteter Dinge wieder weg.
Das ist so die Kernaussage der Geschichte.
Hier fehlten mir einfach zu viele Informationen, die Geschichte startet und endet und sehr viel passiert nicht zwischendrin. Libbys Tochter ist zwar ein Dreh- und Angelpunkt in der Handlung, aber wirkt nicht sehr greifbar. Natürlich schwingt hier auch wieder eine Art Geheimnis mit, aber am Ende war ich mir nicht sicher, ob sich überhaupt irgendwas verändert hat. Für mich bleibt alles beim Status Quo.
Um es genauer zu sagen, die Entwicklung fehlt mir. Bei der oben vorgestellten Geschichte kann man diese fühlen und auch sehen, aber hier war es für mich nicht ersichtlich. Vielleicht war ich zu unaufmerksam, aber ich konnte keine Entwicklung erkennen.
Aber auch wenn ich Die Nacht des Silberfuchses hier in diesem Abschnitt vorstelle, war der Schreibstil der Autorin trotz allem sehr einnehmend.
Fazit
Ein gelungenes Debüt, das einem Lust auf mehr von der Autorin macht. Ich konnte mich in viele Geschichten sehr hineinfühlen und habe mit den Protagonistinnen mitgefiebert und auch manchmal gerätselt was denn wohl passiert ist, das sie nicht immer offen über alles reden können. Wie zum Beispiel in Alles über Alice, wo man erfährt, dass sie wohl was schlimmes getan hat und man sich fragt, was so schlimm sein könnte, dass sie fast schon gemieden wird. Dasselbe gilt für viele der anderen Geschichten auch, dabei hat jeder doch irgendwie mal was gemacht worauf man nicht so stolz ist, aber wie schlimm das ist, entscheidet man nicht immer selbst.
Auf jeden Fall ein toller Erzählband, den ich sehr gerne weiterempfehlen möchte, wenn man Geschichten mag, die hinter die Fassade blicken.