Auftakt zur Azuhr Trilogie
Ich habe dem Auftakt von "Die Chroniken von Azuhr" bereits sehnsüchtig entgegen gefiebert und mich voller Neugier in dieses Abenteuer gestürzt. Dabei wurde ich von den Seiten regelrecht verschlungen und ...
Ich habe dem Auftakt von "Die Chroniken von Azuhr" bereits sehnsüchtig entgegen gefiebert und mich voller Neugier in dieses Abenteuer gestürzt. Dabei wurde ich von den Seiten regelrecht verschlungen und bin vollkommen in diese fremde Welt abgetaucht. Bernhard Hennen liefert mit "Der Verfluchte" einen großartigen ersten Teil und macht neugierig auf die Fortsetzungen. Der Leser findet sich in einer liebevoll gestalteten Welt wieder und die vielen kleinen Details zeugen davon, wie aufmerksam und durchdacht Azuhr erschaffen wurde. Für mich war es ein purer Lesegenuss, voller unerwarteter Wendungen und großartiger Charaktere. Bernhard Hennen besitzt einen wunderbaren, lebendigen und anschaulichen Schreibstil, der es schafft den Leser bis zur letzten Seite zu fesseln. Seine größte Stärke liegt aber in den Charakteren, die abwechslungsreich und authentisch zu überzeugen wissen. Dabei fällt besonders auf, dass der Autor nie in das Muster schwarz oder weiß verfällt, sondern Charaktere voller Tiefe erschafft, die Stärken und Schwächen haben, aber sich keiner Seite zuordnen lassen und gerade dadurch so realistisch wirken.
CHARAKTERE
In "Die Chroniken von Azuhr" begleiten wir Milan Tormeno, der durch seine rebellische Art sicherlich die meisten Leserherzen im Sturm erobert. Es macht unglaublich viel Spaß seiner Entwicklung zu folgen, da man deutlich erkennt wie er an seinen Aufgaben wächst und am Ende nicht mehr der naive Junge ist, der sich gegen seinen Vater auflehnt aber eigentlich gar nicht viel Ahnung davon hat wie es in der Welt wirklich zugeht. Besonders das Verhältnis zwischen Vater und Sohn sorgt während der Handlung mehrmals für Spannungen und lässt widersprüchliche Gefühle aufkommen. Dies liegt in erster Linie daran, dass der Leser mehrere Seiten von Nandus kennenlernt und es dadurch schwer fällt ein Urteil über ihn zu fällen. Diesem Phänomen begegnet man innerhalb des Buches mehrmals. Die Charaktere sind in so vielen Graustufen gezeichnet, dass man sie nicht in Schubladen stecken kann. Für mich macht genau dies eine gute Fantasygeschichte aus und es gibt einige Autoren, die sich von Bernhard Hennen noch was abgucken können.
Auf den ersten Blick nicht miteinander zu vergleichen sind Felicia, die Meisterdiebin und Nok, die Konkubine. Oder sind sie vielleicht doch gar nicht so unterschiedlich? Beide umgibt am Anfang eine geheimnisvolle Aura, auf ihre ganz eigene Weise. Man weiß nicht wirklich welche Ziele sie verfolgen und ob man ihnen überhaupt trauen darf und diese Ungewissheit trägt sehr zum einzigartigen Charme der Geschichte bei. Dies lässt sich auch auf die Handlung selbst übertragen. Es macht einfach soviel Spaß die Geschichte zu lesen, die einen ständig mit Rätseln konfrontiert und voller Geheimnisse steckt. Es lässt sich unheimlich schwer vorhersagen was als nächstes passiert, wodurch man jederzeit auf alles gefasst ist und trotzdem mehrmals vollkommen überrascht wird. Ich fand es großartig wie liebevoll die einzelnen Charaktere gestaltet sind und fand es spannend die einzelnen Vorgeschichten zu erkunden und mehr über die Beweggründe und Vergangenheiten herauszufinden.
Selbst die Nebencharaktere kommen dabei nicht zu kurz und bleiben einen im Gedächtnis, besonders Rainulf und der Krähenmann finde ich dabei unglaublich gelungen. Meiner Erfahrung nach schaffen es nicht viele Autoren Nebencharaktere zu erschaffen, die nur auf wenigen Seiten vorkommen und dem Leser trotzdem in Erinnerung bleiben. Bernhard Hennen lässt diese Herausforderung allerdings wie ein Kinderspiel aussehen und meistert sie ohne Probleme. Besonders faszinierend fand ich dabei die einzelnen Märengestalten! Ich bin gespannt darauf wen wir in der Fortsetzung wiedersehen werden und welche Rolle sie dabei spielen. "Die Chroniken von Azuhr" lebt von seinen Charakteren und in meinen Augen sind diese perfekt gelungen. Wenn man nach der letzten Seite zurück blickt, dann stellt man erstmal fest welch große Entwicklungen die einzelnen Personen durchlebt haben. Mir sind die Charaktere richtig ans Herz gewachsen und ich freu mich schon sehr auf ein Wiedersehen.
WELTENBAU
Mit Azuhr und der Insel Cilia hat Bernhard Hennen eine großartige Welt erschaffen! Mich hat der Weltenbau besonders deshalb so begeistert, weil man merkt mit wie viel Liebe der Autor dieses Werk angegangen ist. Zunächst scheint es erstmal als würde die Welt von Azuhr ohne Magie auskommen, erst nach und nach schleicht sich diese in die Geschichte und ist dann nicht mehr wegzudenken. Die Magie kommt in Form der Mären und der einzelnen Gestalten, die mich vom ersten Augenblick an in ihren Bann gezogen haben. Sie sprühen regelrecht über vor Magie und ich kann es kaum erwarten mehr über sie zu erfahren. Die Magie in dieser Welt ist mal etwas ganz anderes und gerade das macht sie so zauberhaft.
Die Insel Cilia strotzt zudem mit einer geschichtsträchtigen Vergangenheit über die der Leser bisher noch längst nicht alles weiß, aber langsam mit mehr Informationen versorgt wird. Der Konflikt zwischen der Liga und dem Schwertwald ist allgegenwärtig und der Leser erhält einige Einblicke in die Vorgeschichte dieses Krieges. Wenn es sich um eine komplexe Reihe handelt, finde ich es immer gut, wenn sich der Autor Zeit nimmt den Leser langsam in die Geschichte einzuführen.
Allgemein begegnen einem viele unterschiedliche Mächte, wie einer Sölderarmee und andere unbekannte Größen. Die Insel gehört zum Reich, doch auch die Großmacht Khanat spielt eine wichtige Rolle. Man merkt also bereits, dass die Welt sehr komplex ist und in "Der Verfluchte" erhaschen wir nur einen kleinen Blick auf das große Ganze. Alles scheint bis ins kleinste Detail ausgearbeitet zu sein und ich hätte gern noch mehr erfahren, was den Umfang aber definitiv gesprengt hätte. Ich bin besonders gespannt welche Rollen Khanat und die weißen Tigerinnen einnehmen werden. Der Weltenbau macht neugierig auf mehr und ich bin gespannt wie all die offenen Handlungsstränge fortgeführt werden.
SCHREIBSTIL
Der Schreibstil von Bernhard Hennen sprüht voller Leben und lässt die Magie vor den Augen seiner Leser auferstehen. Es gelingt nur wenigen Autoren sich mit ihrem Schreibstil deutlich von anderen abzusetzen, aber Bernhard Hennen gehört für mich eindeutig dazu. Ich hatte beim lesen direkt lauter Bilder im Kopf, konnte die Städte und Charaktere vor mir sehen und die Worte konnten mich richtig in ihren Bann ziehen. Mir ist bisher noch kein deutscher Autor untergekommen, der die Erzählkunst so großartig beherrscht. Ich war so gefesselt, dass ich regelrecht in die Geschichte abgetaucht bin und gar nicht bemerkt habe wie schnell ich voran gekommen bin. Zum Ende hin fiel es mir dann richtig schwer mich von Azuhr zu verabschieden!
Obwohl der Großteil der Geschichte aus der Perspektive von Milan und Nandus erzählt wird, treten viele verschiedene Charaktere als Erzähler auf. Neben Nok und Felicia sind das oftmals auch Nebencharaktere und Märengestalten. Dadurch ergibt sich dem Leser ein sehr breites Bild über die Geschehnisse. Die verschiedenen Blickwinkel machen es auch erst möglich die ganze Tiefe der Geschichte zu erkennen. Es gibt keine Seite, die man als gut oder böse bezeichnen kann. Vielmehr verfolgen alle ihre eigenen Ziele und werden durch ihre Vergangenheit geprägt.
COVER
Das Cover ist ein richtiger Eyecatcher! Ich liebe die verschiedenen Blautöne und das Motiv, welches mit der Silberscheibe und Krähe erst Sinn ergibt, wenn man langsam in die Geschichte eintaucht. Dieses Motiv findet sich auch zu Beginn jedes Kapitels und zeigt mit wie viel Liebe zum Detail das Buch gestaltet wurde! Zusätzlich bezaubert das Buch mit einer wunderschönen, farbigen Karte der Insel Cilia, mit der man sich beim lesen direkt viel besser zu Recht finden kann. Neben der Karte finden sich zudem die Wappen der einzelnen Ortschaften, was ich ebenfalls eine sehr schöne Idee finde! Ein besonderes Highlight ist allerdings der azurblaue Buchschnitt, der es jedem schwer machen dürfte das Buch nicht in die Hand zu nehme.
FAZIT
"Die Chroniken von Azuhr – Der Verbannte" ist ein großartiger Auftakt! Die einzigartigen und vielschichtigen Charaktere machen das Buch zu einem absoluten Lesegenuss. Der Schreibstil ist lebendig und fesselnd, weshalb man regelrecht durch die Seiten fliegt. Die Handlung selbst ist eine grandiose Mischung aus Magie und Abenteuer und überrascht mit unerwarteten Wendungen! Wer Fantasy mag, wird dieses Buch lieben!