In der Zwischenwelt
Das Buch ist für mich wie aus dem Nichts aufgetaucht – so wie der Geist, der in der Handlung von „Die Flüsse von London“ eine wesentliche Rolle spielt. Ich muss sagen es lässt mich auch nach der Lektüre ...
Das Buch ist für mich wie aus dem Nichts aufgetaucht – so wie der Geist, der in der Handlung von „Die Flüsse von London“ eine wesentliche Rolle spielt. Ich muss sagen es lässt mich auch nach der Lektüre etwas schwebend, in einer Art Lektüre-Zwischenwelt zurück, in der ich mich vor allem mit der einen wesentlichen Frage beschäftige: hat es mir nun gefallen oder nicht? Dass ich mich mit dieser Frage nach Beendigung einer Lektüre beschäftige ist äußerst selten, meistens merke ich schon im ersten Drittel eines Buches ob es etwas für mich ist oder nicht.
Das Seltsame ist: während des Lesens hatte ich immer wieder Phasen in denen mir das Buch keineswegs gefallen, mich verwirrt oder gelangweilt hat und genau diese Phasen wurden kurz danach wie durch Geisterhand ins Gegenteil verkehrt und ich war dann wieder dabei – so als hätte der Autor gemerkt dass ich mich gerade nicht auf seiner Seite befinde und die Handlung an mich angepasst.
„Weird“ kann man da nur sagen, um mal dieses schöne englische Wort zu benutzen, das man mit „komisch-seltsam-verrückt“ nur annähernd übersetzen kann ohne den Sinn zu treffen.
Allerdings habe ich jetzt nach wie vor das Gefühl dass ich nicht sagen kann ob das Buch jetzt toll war oder nicht. Es war auf jeden Fall „nicht schlecht“, aber was heißt das schon?
Ich kann mir durchaus vorstellen dass es Leser gibt die absolut davon begeistert sind, ebenso aber dass es welche gibt die sich unter der Gabaldon-Aussage „ein erwachsen gewordener Harry Potter“ etwas völlig anderes vorgestellt haben.
Aber genug der Unsicherheiten in der Bewertung und kurz zur Handlung: es geht um den englischen Constable Peter Grant, der seine Polizeiausbildung gerade beendet hat und nun in der Londoner Met (Metropolitan Police) seinen Dienst tut. Dort wird er plötzlich als eine Art Zauberlehrling vom Leiter des Zauberei-Departments der Met angeheuert, einem Detective Chief Inspector Thomas Nightingale. Dieser ist ein Zauberer, der polizeiliche Ermittlungsarbeit leistet und seit einiger Zeit tot. Peter soll von ihm ausgebildet werden und muss sich gleich mal mit einem Fall auseinandersetzen, in dem ein Geist scheinbar andere manipuliert und zum Töten animiert. Nebenbei muss er sich noch mit den beiden verfeindeten Göttern des Flusses Themse herumschlagen und lernt auch deren „Nachwuchs“ kennen.
Ja, die Handlung ist wirklich mal erfrischend anders! Ich fand vor allem die Passagen in denen die historischen Zeiten ineinanderfließen interessant und lesenswert.
Gestört hat mich allerdings dass alles ein wenig inkohärent und teilweise verwirrend daherkommt wodurch ich öfters mal den Faden verloren habe: wer ist jetzt wer? Ist das eine fiktive/mythische/magische oder reale Person, ist sie tot oder lebendig? etc. Dieses „Zuviel“ passt aber auch wieder gut zu dem Chaos, das im Plot des Buches vorherrscht, es wird gewissermaßen auf die Erzählebene heruntergebrochen – Inhalt und Form passen demnach eigentlich perfekt zueinander.
Die Verbrechen waren mir zu brutal und zu detailliert beschrieben – ich mag es ja eher weniger blutig und gewalttätig bei Krimis, mir reicht es zu erfahren dass es eine Leiche gibt und dass kurz erklärt bzw. dazu ermittelt wird woran sie gestorben ist (wie in klassischen Agatha Christie-Krimis üblich). Allerdings konnte man auch das irgendwie abstrahieren zumal die Handlung ja viele fantastische Elemente aufweist und man sich einreden konnte: vielleicht ist das ja alles nicht real (in der Realität des Romans).
Die Mischung einer Fantasyhandlung mit Auswirkungen in der realen „Hier-und-Jetzt“-Welt fand ich ziemlich gelungen. Die Hauptfigur Peter Grant wird von seinen magischen Fähigkeiten überrascht, lernt aber schnell damit umzugehen und sie in seinem normalen (Polizei-)Alltag anzuwenden. Den sozialkritischen Hintergrund und die Tatsache, dass Peter aus einer „Problemfamilie“ stammt finde ich tun wenig für die Handlung (aber anscheinend muss man als Zauberlehrling einen dysfunktionalen Background haben, siehe Harry Potter).