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Veröffentlicht am 11.05.2021

Befreit

Gefangen und frei
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In dem Buch „Gefangen und frei“ erzählt David Sheff von einem Menschen, der in der Todeszelle Buddhist geworden ist. Dies ist eine wahre Geschichte.
Er hatte keine glückliche Kindheit, ist später ...

In dem Buch „Gefangen und frei“ erzählt David Sheff von einem Menschen, der in der Todeszelle Buddhist geworden ist. Dies ist eine wahre Geschichte.
Er hatte keine glückliche Kindheit, ist später durch falsche Freunde auf die schiefe Bahn geraten und immer weiter versackt in seiner Welt aus Hass und Gewalt. So landete Jarvis Masters immer wieder hinter Gittern, zuletzt als ein zum Tode Verurteilter in einer Todeszelle von San Quentin. Mehr als sein bisheriges halbes Leben ist er schon gefangen – und fühlt sich trotzdem seit vielen Jahren frei.
Der Einstieg ins Buch ist mir nicht ganz leicht gefallen, denn der Schreibstil von David Sheff ist sehr sachlich gehalten. Allerdings war ich bald fasziniert davon zu erfahren, wie es Jarvis gelungen ist, sein Leben zu ändern und in friedliche Bahnen zu lenken. Davor habe ich große Hochachtung. Mit Spannung habe ich verfolgt, wie er es geschafft hat, nicht wieder rückfällig zu werden in seinen Gedanken und Taten.
Das Buch gibt mir einen guten, einfachen Einblick in die Lehren des Buddhismus. Als Christin, die sich, nach ihrer Religion befragt, gern als ökumenisch bezeichnet, habe ich mit großem Interesse die Ähnlichkeiten der Werte von Christentum und Buddhismus zur Kenntnis genommen.
Mich hat das Leben von Jarvis mit seiner Wandlung wirklich fasziniert. Ganz besonders habe ich genossen, von ganz einfachen schönen Dingen zu lesen. So erzählt Jarvis zum Beispiel davon, dass er einmal „auf Gras“ gelaufen ist, was für ihn ein ganz besonderes Erlebnis war, dagegen von Menschen, die nicht in Gefangenschaft leben, gar nicht registriert werden. Ich habe allergrößten Respekt davor, was Jarvis geschafft hat, und ich finde es großartig, dass er seine Lehren in San Quentin verbreitet.
Sehr gern gebe ich meine Empfehlung für eine Geschichte, die mich viel Neues gelehrt hat.

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Veröffentlicht am 09.05.2021

Gut und Böse und eine Menge mehr

Die Perlenprinzessin. Rivalen
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„Rivalen“ ist der Untertitel des ersten Teils der Buchreihe „Die Perlenprinzessin“, erschienen im Verlag Knaur.

Der historische Roman beginnt in Hamburg im Jahr 1771. Da es sich hier um den Auftakt einer ...

„Rivalen“ ist der Untertitel des ersten Teils der Buchreihe „Die Perlenprinzessin“, erschienen im Verlag Knaur.

Der historische Roman beginnt in Hamburg im Jahr 1771. Da es sich hier um den Auftakt einer neuen Reihe handelt, habe ich meine Neugier befriedigt und das Buch gelesen. Für mich ist es nämlich das erste des bekannten Autorenpaares.

In der Buchbeschreibung heißt es: „Im ersten Teil der historischen Familiensaga »Die Perlenprinzessin« von Bestseller-Autorin Iny Lorentz sorgt eine infame Lüge für die erbitterte Feindschaft zweier Reeder-Familien aus Hamburg.“

Der gut verständliche lockere Schreibstil hat mich gleich gefesselt, mich durch die Seiten fliegen lassen und mir unterhaltsame leichte Lesestunden geschenkt. In der Geschichte geht es allerdings nicht immer leicht und locker zu, denn die beiden jungen Männer, Simon Simonsen und Jürgen Mensing, die auf dem Weg sind, sich als Kapitäne zu behaupten, sorgen von Beginn an für große Aufregung. Und es geht nicht immer besonders ehrenhaft dabei zu. Was der eine mit Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit macht, das erreicht der andere mit Lug und Betrug. Es ist mir zwar nicht unbekannt, aber dennoch finde ich es unfassbar, wie schnell Menschen manchmal bereit sind, sich durch „falsche Wahrheiten“ beeinflussen zu lassen.

Mehr als 50 Jahre konnte ich Simonsen und Mensing mit ihren Familien und die kommenden Generationen durch alle Geschehnisse der Zeit begleiten und dabei viele (un-)erwartete Überraschungen erleben.

Besonders bewegend waren für mich die historischen Ereignisse in Hamburg. Darüber hatte ich bisher keine großen Kenntnisse. Die Franzosenzeit wurde sehr beeindruckend geschildert.

Was nicht ganz so nach meinem Geschmack und meiner Meinung nach auch nicht ganz lebensnah ist, das ist die strikte Unterscheidung nach Gut und Böse. Ich denke, es gibt keinen Menschen, der nur gut, und niemanden, der nur böse ist.

Ansonsten habe ich mich sehr gern mitnehmen lassen und eine gute Lesezeit gehabt.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Wie ein Kaleidoskop

Die Fremde
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Mit dem Buch „Die Fremde“, erschienen im Verlag Paul Zsolnay, erzählt Claudia Durastanti ihre Geschichte und die ihrer Familie. Sie nutzt dabei den Wechsel zwischen Realität und Fiktion. Vieles dreht sich ...

Mit dem Buch „Die Fremde“, erschienen im Verlag Paul Zsolnay, erzählt Claudia Durastanti ihre Geschichte und die ihrer Familie. Sie nutzt dabei den Wechsel zwischen Realität und Fiktion. Vieles dreht sich um ihre gehörlosen Eltern oder in erster Linie um ihre Mutter, die Claudia manchmal nicht taub, sondern „verrückt“ erscheint, und deren Andersartigkeit nicht im Stummsein begründet sei.

Familie – Reisen – Gesundheit – Arbeit und Geld – Liebe: In diese Bereiche ist das Buch unterteilt und innerhalb der Bereiche finden sich weitere Titel, zu denen Claudia Durastanti erzählt. Was jedoch auf den ersten Blick wohl sortiert aussieht, erscheint im nächsten Augenblick unsortiert wie ein durcheinander geratenes Puzzle. Aus einer Erzählung heraus springen die Gedanken plötzlich in eine andere Szene, zu anderen Menschen, an einen anderen Ort. Oft bekomme ich dadurch nicht alles „auf die Reihe“, aber dennoch bin ich fasziniert.

Das Buch liest sich so „schräg“, dass gerade das die Geschichte besonders macht. Dazu gehört auch, dass ich zeitweise das Gefühl nicht loswerde, keinen wirklichen Zugang zu finden. Manchmal fühle ich mich, als hätte ich mit dem Buch ein Kaleidoskop in der Hand, das bei dem kleinsten Dreh ein anderes Bild erzeugt.

Ich musste mir Zeit und das Buch immer wieder zur Hand nehmen, bevor ich alles – auch mich selbst – sortiert hatte. Am Ende haben mich Sätze überzeugt wie diese:

„…sehe Claudia und ihren Bruder umarmt auf dem Sofa sitzen – mit Mandarinen, dreckigen Socken und Horrorfilmen!“

„…passt sich alles, was meine Eltern berühren, ihrem Verfall an…“

„…Tomatendosen, die als Blumentöpfe für Gemüse benutzt werden, und die langen, meist schon klapprigen Autos – das alles erinnert mich an einen Ort, an dem ich glücklich war.“ Es gibt nicht viele Sätze, aus denen klar wird, dass Claudia glücklich war.

Ich gebe meine Empfehlung für dieses Buch weiter mit dem Rat, sich Zeit zu nehmen für eine besondere Geschichte.

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Veröffentlicht am 13.03.2021

Fragen nach dem Warum

Geteilte Träume
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„Geteilte Träume“ ist eine deutsch-deutsche Familiengeschichte von Ulla Mothes, erschienen im Verlag Lübbe.
Eigentlich wollte Ingke nur helfen, doch genau durch diesen Umstand hat sie zufällig erfahren, ...

„Geteilte Träume“ ist eine deutsch-deutsche Familiengeschichte von Ulla Mothes, erschienen im Verlag Lübbe.
Eigentlich wollte Ingke nur helfen, doch genau durch diesen Umstand hat sie zufällig erfahren, dass sie bereits im Säuglingsalter adoptiert wurde. Damals gab es noch die DDR. Total am Boden zerstört, kann sie nicht begreifen, warum ihre Eltern niemals mit ihr darüber gesprochen haben. Jetzt hat sie, inzwischen eine junge Frau, gefühlte tausend Fragen zu ihrer Herkunft, zu ihren leiblichen Eltern und, und, und… Sie begibt sich auf die Suche und spricht zunächst mit den Angehörigen aus ihrer jetzigen Familie, die alle gern versuchen, Ingke zu helfen, indem sie ihre eigenen Lebensgeschichten erzählen.
Es sind beeindruckende Schicksale, die Erzählungen reichen oft zurück bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Ulla Mothes ist es gut gelungen, die Lebensumstände zu beschreiben und auch die politischen Verhältnisse und daraus resultierende Auswirkungen und Entscheidungen zu verdeutlichen. Ganz allmählich erschließen sich Ingke viele Zusammenhänge, doch ist sie auch bereit, sich auf ihre eigentliche Familie einzulassen? Und andersherum gefragt: Will ihre Mutter überhaupt etwas von ihr wissen?
Zu Beginn ist es mir schwergefallen, die vielen mitwirkenden Personen einzuordnen und zu sortieren. Nachdem ich allerdings ein Personenregister am Ende des Buches entdeckt hatte, war es übersichtlicher.
Ein gutes Stück deutscher Geschichte wird mit einer interessanten Familiengeschichte übermittelt. Sehr gern empfehle ich das Buch weiter.

„Jetzt weiß ich auch, warum die Stille hinterher viel schlimmer ist als der Knall. Die Stille ist die Einsamkeit!“

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Menschlich durch Fürsorge und Zuneigung?

Sprich mit mir
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Wäre die Studentin Aimee nicht so lustlos und antriebslos gewesen, dann hätte sie Sam wahrscheinlich nie kennengelernt. Den Fernseher hatte sie aus Langeweile eingeschaltet und durch diesen ...

Wäre die Studentin Aimee nicht so lustlos und antriebslos gewesen, dann hätte sie Sam wahrscheinlich nie kennengelernt. Den Fernseher hatte sie aus Langeweile eingeschaltet und durch diesen Zufall Professor Guy Schermerhorn und den Schimpansen Sam in einer Ratesendung entdeckt. Sam beherrscht die Gebärdensprache, der Professor glaubt an das Menschliche in Sam und will das in einer Studie beweisen. Aimee bewirbt sich beim Professor als Hilfskraft…
…und bei einem ersten Treffen ist sofort erkennbar: Sam und Aimee sind auf einer Wellenlänge, es scheint wie Liebe auf den ersten Blick. Natürlich darf sie bleiben.
Ein zweiter Erzählstrang lässt viele Fragezeichen entstehen: ein Käfig, darin ein Wesen, das Angst hat. Ist es ein Schimpanse? Ist es Sam? Wer spricht und wer ist es, der sich „an sie“ erinnert?
„Sprich mit mir“ von T. C. Boyle ist eine faszinierende Geschichte, gewürzt mit einer Prise Humor, voller Fürsorge, Liebe, viel Arbeit und erstaunlichen Erkenntnissen auf der einen Seite – auf der anderen Seite aber traurig, erschreckend und auf jeden Fall nachdenkenswert, vor allem in Hinblick darauf, wie die Tiere zu den Menschen und damit in Gefangenschaft gelangen.
Der Schreibstil hat mir gefallen: einfach, aber fesselnd. Ich liebe Bücher, in denen dieselben Szenen aus verschiedenen Sichtweisen dargestellt werden, das ist T. C. Boyle hervorragend gelungen.
Vom Schutzumschlag des Covers lächelt mich ein Schimpanse an, dargestellt nur durch Augen, Nase, Mund. Auch auf dem Einband, der orange-bräunlich und leicht gescheckt ist, blickt mich derselbe Schimpanse an, auf der Vorderseite des Buches diesmal eher erstaunt oder sogar erschrocken, auf der Rückseite wieder fröhlich.

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