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Veröffentlicht am 18.03.2017

Südbalkon

Südbalkon
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Haste nix - biste nix ?!

"Südbalkon" ist ein wunderbarer Roman, sprachlich und stilistisch sehr gut geschrieben. Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Die Protagonistin, Ruth Barbara ...

Haste nix - biste nix ?!

"Südbalkon" ist ein wunderbarer Roman, sprachlich und stilistisch sehr gut geschrieben. Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Die Protagonistin, Ruth Barbara Amsel, ist nach einem abgebrochenen Medizinstudium und einem Praktikum in der Traueranzeigenredaktion arbeitslos. Sie lebt mit ihrem Freund Raoul in einer kleinen Wohnung in Wien. Vordergründig ist Ruth eine "Versagerin" - keine Karriere, kein Kind, den Dienst an der Gesellschaft hat sie also nicht erfüllt. Ruth ist das einzige Kind ihrer Eltern und konnte den Traum vom sozialen Aufstieg auch für die Eltern nicht erfüllen. Eine gewisse soziale Aussortiererei gab es bereits in der Schule - Ruth trug die falschen Klamotten, war ergo nicht wohlhabend genug, um in die "Selma - Bande" aufgenommen zu werden. Aus der Schulzeit kennt sie ihre beste Freundin Maja, der der soziale Aufstieg qua Heirat geglückt ist. Die beiden Frauen treffen sich zum Kaffeetrinken im Möbelhaus, denn Ruth muss sparen.
Geht Ruth mal shoppen oder in ein chices Café, so wird ihr mehr oder weniger unterschwellig suggeriert , dass sie nicht "dazu" gehört.
Dann gibt es noch Herrn Othmar, Ruths Fallmanager, und die Nachbarn im Haus. Gestrenge Senioren mit Hund und eine junge Familie, die aber nicht glücklich zu sein scheint. Ausserdem hat Ruth einen Lieblingsmetzger im Viertel.
Isabella Straub hat einen guten Blick für's Detail und seziert menschliche Befindlichkeiten, indem sie scheinbar absurde Situationen entwirft. Teilweise erinnerte mich der Roman an Shalevs "Liebesleben" oder an Kimhis "Die weinende Susannah" (ein Roman, der noch komplexer ist. Susannah wird quasi "wachgeküsst" und traut sich dann ein neues Leben zu,anders als Ruth Barbara).

Teilweise gleicht der Roman "Südbalkon" einem Traum; Reales und Surreales wird vermischt .
Die Frage nach Beständigkeit und Loyalität spiegelt sich auch im Zerfall der elterlichen Ehe, und schliesslich glaubt auch Ruth zu erkennen, dass ihre Beziehung mit Raoul am Ende ist. Das Ende des Romans ist jedoch offen...
"Südbalkon" ist glücklicherweise völlig frei von Klamauk. Eine ernste Geschichte, die jedoch viel Humor zu bieten hat.
Es ist die Geschichte einer Frau; von seichter chicklit jedoch meilenweit entfernt. Ich habe mich während der Lektüre keine Sekunde lang gelangweilt. Es wird zwar Sozialkritik geübt, dies geschieht aber nie in einem anklagenden Ton, eher en passant.
Was mir besonders gut an "Südbalkon" gefällt - Ruth lernt zwar einen neuen Mann kennen & sie hat einen Job in Aussicht, aber es löst sich eben nicht alles in Wohlgefallen auf, denn das Leben an sich ist nun einmal grotesk...

MIt "Südbalkon" hat die Autorin Isabella Straub ein wunderbares Debüt vorgelegt. Den Roman wird man entweder lieben oder hassen.

Ich freue mich schon auf den nächsten Roman aus Isabella Straubs Feder.

Veröffentlicht am 18.03.2017

Wider die Armutsökonomie

Schamland
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Die Erstausgabe des Sachbuches "Schamland" (Hardcover) überschnitt sich interessanterweise mit dem Tod Maggie Thatchers. Die konservative Politikerin war in England als "Eiserne Lady", "Milchräuberin" ...

Die Erstausgabe des Sachbuches "Schamland" (Hardcover) überschnitt sich interessanterweise mit dem Tod Maggie Thatchers. Die konservative Politikerin war in England als "Eiserne Lady", "Milchräuberin" und Totengräberin der Gewerkschaften bekannt. Ihre rigorose, sozial kalte Politik gründete auf der Prämisse, dass es so etwas wie "die Gesellschaft" nicht gebe & dass quasi Jedermann für sein Heil selbst verantwortlich sei ...man fühlt sich an die amerikanische Losung vom "Streben nach Glück" erinnert.

Thatcher stand in Grossbritannien für den sozialen Kahlschlag. Begründete sie den Trend der neoliberalen Politik ? Auf jeden Fall aber gilt sie vielen Analysten als die Person, die "merry old England" zu Grabe trug.

Jahre später sollte sich auch still und leise das Konzept der "sozialen Marktwirtschaft" und "Sozialhilfe" zugunsten von Raubtierkapitalismus und Hartz IV mehr oder weniger aus dem wiedervereinten Deutschland verabschieden. Von der Bonner Republik & katholischer Soziallehre à la Adenauer sollte wenig übrig bleiben.

Doch zurück zu "Schamland".

Diese Publikation hat mich wirklich positiv überrascht. Sie genügt wissenschaftlichen Standards und verfügt über Endnoten. Kein "Blabla" ins Blaue hinein, sondern harte Fakten, für jeden nachvollziehbar!
Der Autor ist Soziologe und lässt seine Forschungen in "Schamland" einfliessen.
Die Gliederung kann mit geistreichen Kapitelüberschriften ("Trostbrot") und kleinen Unterkapiteln überzeugen.

Für eine fast wissenschaftliche Publikation ist "Schamland" ferner extrem gut lesbar! Manchmal quält man sich durch Fachliteratur und Sachbücher ob des knochentrockenen Stils nur so durch. Nicht so hier! Der Autor schreibt pointiert, scharfsinnig und anschaulich.

Ich muss gestehen, dass ich über die "Tafeln" vor der Lektüre ein unkritisches, von Hochglanzmedien und "Charity Ladies" geprägtes Bild hatte.
Selke jedoch stellt den Nutzen der "Tafeln" infrage und zeigt auf, dass diese zu einem System der "Armutsökonomie " gehören. Anhand von Fallbeispielen aus der Feldforschung zeigt er auf, dass in der reichen Industrienation Deutschland mitnichten nur der "Pöbel" arm ist & zur "Tafel" geht: Da gibt es das Studentenpärchen, die Dialysepatientin und auch das ehemalige Unternehmerpärchen, das einst periodisch zum Skilaufen in die Schweiz fuhr, um im Alter mangels Einzahlungen quasi am Hungertuch zu nagen.
Selkes Kernthese besagt, dass das System der "Tafeln" primär sich selbst dient - eine These, die mir einleuchtend erscheint.
Schleichend ist dabei der Prozess, der Aufwendungen der öffentlichen Hand zunehmend privatisiert. Eine Amerikanisierung der Verhältnisse ?

Der Autor behält jedoch durchaus einen scharfen Blick und verfällt nie in Schwarzweissmalerei. Er zeigt auf, mit welchen Mechanismen Armut eher verschlimmert als gemildert wird. Und er redet Tacheles : Armut betrifft mittlerweile alle Gesellschaftsschichten(besser gesagt: auch ehemals scheinbar "krisenfeste" Schichten), Armut generiert Scham.
Selkes Interviewpartner berichten mehr oder weniger einhellig davon, wieviel Überwindung sie der Gang zur "Tafel" kostete und dass sie mit "denen da" eigentlich nicht sprechen wollten. Arm, das seinen die "Anderen". Nur mittels dieser Selbsttäuschung lasse sich ein positives Selbstbild und ein letzter Rest Würde aufrecht erhalten.

Ich muss sagen, dass ich während der Lektüre teils recht überrascht war, da mir viele Sachverhalte unbekannt waren. Vor dem "Umbau" der Republik kann jedoch niemand die Augen verschliessen. Auch ich kann es nicht glauben, dass es in einem Industrieland Kinderarmut (!) gibt.
Der Wissenschaftler Selke stellt seine Erkenntnisse löblicherweise in Buchform der ganzen deutschen Gesellschaft zur Verfügung. Akademischer Elfenbeinturm? Nicht bei Selke! Ich hoffe nur, dass seine Ausführungen Gehör - sprich Leser - finden werden.
Ein wenig schade finde ich, dass ein vergleichsweise "enges" Themengebiet behandelt wird, denn der Autor hat die seltene Gabe, komplexe Phänomene auch dem Laien (Soziologie ist nicht mein metier) verständlich zu erklären.
Ich hoffe, dass "Schamland" viele Leser finden wird, und dass die Diskussion darüber breit geführt werden wird; nicht nur in Fachkreisen oder im Feuilleton.

Veröffentlicht am 18.03.2017

Der Sonne entgegen...

Im Zweifel südwärts
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...fahren Betty, Daphne und Lucy in einem VW - Bus. Mit an Bord: eine Hochzeitstorte und jede Menge mixtapes! Über Belgien und Frankreich geht es nach Spanien und Portugal. Die Protagonistin Daphne denkt ...

...fahren Betty, Daphne und Lucy in einem VW - Bus. Mit an Bord: eine Hochzeitstorte und jede Menge mixtapes! Über Belgien und Frankreich geht es nach Spanien und Portugal. Die Protagonistin Daphne denkt dabei über ihre Beziehung nach: Von den Schmetterlingen ist nicht viel geblieben, vor lauter Arbeit sieht sie ihren Freund gar nicht mehr, und die Wohnung tapeziert sich auch nicht von alleine...

Auf ihrem Trip in den Süden erleben die 3 Freundinnen jede Menge Abenteuer, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. Wer aber ein Gagfeuerwerk erwartet, ein Buch, in welchem ein Lacher den nächsten jagt, wird mit "Im Zweifel südwärts" wenig anfangen können. Für einen Roman, der der Sparte "Frauenliteratur" zugeordnet wird, ist das Buch nämlich recht tiefgründig.

Ich konnte die Gedanken und Aussagen der Protagonistinnen oft sehr gut nachvollziehen.
Handwerklich gibt es an dem Roman absolut nichts auszusetzen - die Figuren sind nicht oberflächlich charakterisiert, sondern "runde" Charaktere. Oft hat man es bei chicklit ja eher mit Typen als mit Figuren zu tun.

Sehr gut gefallen hat mir ausserdem die Tatsache, dass hier komplett auf Schleichwerbung und die Glorifizierung von Konsum verzichtet wird. Hier werden nicht die Ipods gezückt, nein, es kommen mixtapes zum Zug. Auch gibt es kein shop 'til you drop, es wird nicht ständig Prosecco getrunken und es gibt auch keinen Märchenprinzen auf dem weissen Pferd.
Geschickt umschifft die Autorin die meisten genretypischen Klischees - die Mädels sind weder Superweiber noch schusselige girlies. Den Roman kann man flott und zügig lesen, dabei gleitet die Handlung aber nie ins Seichte ab. Nur gegen Ende zieht sich die Erzählung ein wenig in die Länge. Fantastisch ist die subtile Beschreibung der Kraft von wahrer Freundschaft. Während der Lektüre sind mir die Hauptfiguren ans Herz gewachsen - ich freue mich schon auf eine Fortsetzung.
Stilistisch gibt es nichts zu meckern, der Roman ist definitiv einer der besseren im chicklitgenre. Der plot ähnelt nicht einem Märchen.

Der Titel und die optische Aufmachung des Romans passen wunderbar zum Inhalt des Romans, endlich mal kein quietschrosa Cover.

Das Buch hat meine Erwartungen übertroffen,
und so kann ich guten Gewissens
5 verdiente Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 18.03.2017

Tolles Sachbuch

Mein Herz in deinem weiten Land
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Die Hamburgerin Sandra hat einen ganz soliden Lebensplan, mit einem Diplom als Finanzwirtin ist die Zukunft eigentlich gesichert. Doch etwas fehlt. Da lernt sie im Museum für Völkerkunde David Seven Deers ...

Die Hamburgerin Sandra hat einen ganz soliden Lebensplan, mit einem Diplom als Finanzwirtin ist die Zukunft eigentlich gesichert. Doch etwas fehlt. Da lernt sie im Museum für Völkerkunde David Seven Deers kennen, einen kanadischen Künstler indianischer Abstammung. Die beiden
freunden sich an, und aus Freundschaft wird alsbald Liebe. David ist 16 Jahre älter als der Twen, und obwohl Freunde und Familie die Verbindung anfangs nicht gutheißen, heiratet das Paar und schlägt seine Zelte in Kanada auf.
Die Hanseatin kann sich neu erfinden, den Namen "Sanna" annehmen. Das Leben in Kanada ist nicht immer leicht und geht oft einher mit rassistischen Anfeindungen, Geldmangel und harter körperlicher Arbeit. Doch das Paar gibt trotz aller Widrigkeiten nie auf. Sanna überwindet die Sprachbarriere rasch, es wird eine Familie gegründet und das Paar bildet sich auch weiter. David an der Universität, Sanna an der Fernschule zum Thema Naturheilkunde, da ihr deutsches Diplom zur Finanzwirtin mit dem kanadischen System nicht kompatibel ist.

Neben allen Schwierigkeiten gibt es aber auch wunderbare Erlebnisse mit und in der Natur, einen Mix von christlichen Traditionen und 'indianischer' Lebensweise und Mystik; die Kinder der Seven Deers wachsen mit dem Besten aus beiden Welten auf. Und auch der Traum von der eigenen Ranch in der Wildnis kann verwirklicht werden.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen:

Die Ehrlichkeit gefiel mir besonders gut an dieser Autobiographie. Sanna Seven Deers nimmt den Leser mit in eine fremde Welt und erzählt völlig uneitel aus ihrem Leben. Aber es ist schade, dass es keine Fotos zur Illustration des Erzählten gibt.

Auch die Probleme, die es in vielen Reservaten gibt, spart sie nicht aus. Sie beleuchtet gute und schlechte Seiten des Lebens in Kanada und macht ihren Bericht durch eine flüssige und fesselnde Erzählweise zum absoluten Leseerlebnis!

Veröffentlicht am 18.03.2017

Tolles Jugendbuch

Falsche Veilchen
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" Ein ausgeraubter Tresor? Ein schwer verletzter Nachtwächter? Leon hat ein dickes Problem! Nicht nur, dass Laura, seine heimliche Liebe, ihm zunächst nicht vertraut/glaubt und er bei ihren Freunden ständig ...

" Ein ausgeraubter Tresor? Ein schwer verletzter Nachtwächter? Leon hat ein dickes Problem! Nicht nur, dass Laura, seine heimliche Liebe, ihm zunächst nicht vertraut/glaubt und er bei ihren Freunden ständig ins Fettnäpfchen tritt/ihrer Clique ungefähr so wohl fühlt wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Nein, jetzt muss er auch noch seine Unschuld beweisen, um sich den verrückten Hauptkommissar Hauptmeister vom Leib zu halten ... Nach erfolgreich gelöstem ersten Fall lernt Leon endlich Lauras Freunde kennen, allesamt Sprösslinge aus gutem Haus. Deshalb fühlt sich Leon, der im Jugendknast war und dessen Vater irgendwo in Indien in einem Aschram meditiert, in der Clique ungefähr so wohl wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Als dann auch noch der Tresor in der Villa von Lauras Exfreund ausgeraubt wird, hat Leon ein dickes Problem - natürlich glauben alle, dass er der Übeltäter ist. Also muss er seine Unschuld erneut beweisen und versuchen, sich den verrückten Hauptkommissar Hauptmeister vom Leib zu halten ..."

Meine Einschätzung:

Es handelt sich hier um den zweiten Band einer Reihe. Obwohl ich Band eins, "Tote Tulpen", nicht gelesen habe, hatte ich keinerlei Verständnisschwierigkeiten, da der Autor routiniert und flüssig erzählt und wichtige Infos wie zufällig einstreut.

Der Roman hat mich wunderbar unterhalten und konnte mit originellen Figuren und einer interessanten Handlung punkten. Leon ist Lehrling im Blumenladen von Lauras Eltern, André und Camilla. Ausserdem gibt es da noch die Autistin Annabell und den jungen Mann Claudin, die Leons Kollegen sind und ganz normal lieben und leben.
Die Tatsache, dass sie besondere Bedürfnisse haben, ist nicht das, was sie primär auszeichnet.
Bei der Charakterisierung der Figuren legt der Autor besondere Feinfühligkeit an den Tag, ohne in Kitsch und Klischees abzugleiten. Annabell und Claudin waren neben Camilla und André meine Lieblingsfiguren. Nicht ganz so begeistert war ich von den Polizisten, da sie etwas clownesk auf mich wirkten, wobei die Naivität eines Ha - Ha sich an Inspector Columbos Gebaren orientiert und somit die eigentlichen Gedanken der Figur camoufliert. Ich wunderte mich auch etwas über Lauras Begeisterung für Nero Wolfe.

Der Krimi an sich hätte für mein Empfinden ein wenig spannender sein dürfen, die Hauptzielgruppe (Teenies ab 14 Jahren) wird er aber sicher erreichen und begeistern . Man sollte als Leser jedoch keinen blutigen Thriller erwarten. Das Wichtigste steht zwischen den
Zeilen, denn "Falsche Veilchen" ist mehr als ein Krimi.

Es ist ein wunderbares Buch über das Leben und die Liebe, ein Plädoyer für Toleranz und Mitmenschlichkeit. Ein Roman voller Humor und Warmherzigkeit, der mir ein paar schöne Lesestunden beschert hat.